Spielbesprechung von Györög Kurt
Der Turmbau zu Babel
27.10.2005

von Reiner Knizia
Hans im Glück
für 3 - 5 Spieler
ab 10 Jahren

„Wer bewundert sie nicht, die Weltwunder der Antike? Gigantische Monumente von Weltruhm, errichtet von Menschenhand, um die Götter zu ehren oder um sie herauszufordern.
Die berühmtesten sieben haben zumindest in den Legenden bis in die heutige Zeit überdauert.
Die Pyramiden von Gizeh, der Koloss von Rhodos, der Semiramis, das Mausoleum von Halikarnassos, der Leuchtturm von Alexandria und der Artemistempel. Und irgendwo auch der unvollendete Turmbau zu Babel, das achte Weltwunder!

Monumente lassen sicht nicht von einzelnen errichten. Jeder Spieler ist auf die Mithilfe der anderen angewiesen, was sich diese selbstverständlich honorieren lassen. Die Kunst besteht nun darin, die richtige Mithilfe zum richtigen Zeitpunkt auszuwählen.

Wann sollen die Pyramiden fertig werden? Wie viele Bauteile brauche ich im Artemistempel? Soll ich eine Tauschkarte spielen oder nicht?
Dies und einiges mehr gilt es, Zug um Zug abzuwägen. Denn am Ende möchte natürlich jeder als der größte Baumeister dastehen.“


Der Turmbau zu Babel …oder warum das Achte Weltwunder nie gebaut wurde.

Spielmaterial:
1 Spielplan, 100 Bauteile (15x Wert 1 und 5x Wert 3 - je in 5 Farben), 28 Bauscheiben, 5 Säulen, 1 Wertungsmarker, 15 Aktions-, 5 Tausch- und 100 Baukarten (je 25 Karten Kamel, Kran, Schiff und Steinmetz) und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Ende des Spiels die meisten Siegpunkte zu haben.

Spielablauf:
Der Spielplan kommt in die Tischmitte - und man entscheidet noch vor dem Spiel, ob man mit den 4 zweifarbigen Bauscheiben spielen möchte, oder nicht.
  • Wird ohne sie gespielt, so kommen diese einfach in die Schachtel zurück und werden nicht verwendet.
  • Wird mit ihnen gespielt, so ersetzt man je 1 Kamel-, 1 Kran-, 1 Schiff- und 1 Steinmetz-Bauscheibe mit dem Wert 5 durch die 4 zweifarbigen Bauscheiben - und es kommen die 4 ersetzten Bauscheiben in die Schachtel zurück und werden nicht verwendet.
    Alle ausgewählten Bauscheiben werden verdeckt gemischt - und danach je 1 offen auf die Baufelder der 8 Weltwunder gelegt - der Wertungsmarker kommt auf das oberste Feld der Wertungstabelle.
    Nun werden noch die Aktions- und Baukarten jeweils für sich verdeckt gemischt und jeweils als separate verdeckte Stapel bereit gelegt.

    Jeder Spieler erhält 20 Bauteile seiner Farbe (1 Bauteil mit dem Wert 1 kommt als Zählstein auf das Startfeld der Siegpunktleiste), 1 Tauschkarte, 4 Baukarten (vom Baukartenstapel) und 1 Säule.

    Ein Startspieler wird ermittelt - er stellt seine Säule auf das unterste Feld der Reihenfolgeleiste am Spielplan. Die anderen Spieler setzen reihum nun ihre Säulen auf die darüberliegenden Felder.

    Wer an der Reihe ist, wählt zwischen folgenden Möglichkeiten:
  • passen oder
  • bauen.
    Danach ist der nächste Spieler an der Reihe.

    Ablauf beim Passen:
    Der Spieler zieht eine Baukarte und nimmt seine Säule vom Spielplan. Dann schiebt er alle anderen Säulen um 1 Feld nach unten und setzt seine Säule auf das nächste freie Feld darüber.
    Jeder Spieler (auch der Spieler, der soeben eine Karte gezogen hat) erhält 1 Baukarte und der nächste Spieler ist an der Reihe.

    Ablauf beim Bauen:
    Hierbei geht es um den Einsatz von Bauteilen bei den einzelnen Weltwundern und um den Erwerb der Bauscheiben.

    1. Weltwunder auswählen:
    Der Spieler stellt seine Säule auf ein Weltwunder seiner Wahl - und legt danach noch eine beliebige Bauscheibe dieses Weltwunders auf seine Säule. Die Zahl auf der Bauscheibe gibt an, wie viele Baukarten der entsprechenden Sorte für den Bau benötigt werden.
    (Die zweifarbigen Bauscheiben benötigen beide Sorten von Baukarten, in der jeweils angegebenen Zahl.)

    2. Angebot machen:
    Jeder Mitspieler macht nun dem Spieler ein Angebot, wie viele der geforderten Baukarten er zum Bau beisteuern will. Dazu legt er eine Anzahl dieser Baukarten verdeckt vor sich ab - wobei das Angebot die angegebene Menge nicht übersteigen darf.
    Bei diesem Angebot hat jeder Mitspieler folgende Möglichkeiten:
  • er legt nur Baukarten ab oder
  • er legt zu den Baukarten auch noch seine Tauschkarte.
    Haben diese alle Mitspieler gemacht, werden die Angebote aufgedeckt. Versehentlich - oder auch absichtlich falsch angelegte Baukarten (= bluffen) werden sofort wieder auf die Hand genommen.

    3. Mitspieler auswählen:
    Der aktive Spieler kann nun keinen, einen oder auch mehrere Mitspieler am Bau beteiligen, indem er ihre Angebote annimmt oder ablehnt. Dabei ist folgendes zu beachten:
    • Wird ein Angebot angenommen, muss es immer komplett angenommen werden.
    • Von den Mitspielern, die auch die Tauschkarte mitgelegt haben, darf nur maximal einer mit ausgewählt werden.
    • Die Anzahl der Baukarten aller gewählten Mitspieler darf die angegebene Zahl auf der Bauscheibe (bzw. die angegebenen Zahlen auf zweifarbigen Bauscheiben) nicht übersteigen.

    4. Bauen:
    Fehlen dem aktiven Spieler noch Baukarten, so kann er diese aus seiner Hand ergänzen.
    Die ausgewählten Mitspieler und der aktive Spieler legen Bauteile ihrer Farbe entsprechend der Zahl ihrer ausgelegten Baukarten auf das aktuelle Weltwunder. Der aktive Spieler erhält außerdem die Bauscheibe und legt diese verdeckt vor sich ab.
    Hat der Spieler jedoch einen Mitspieler mit Tauschkarte beteiligt, so bekommt dieser Mitspieler die Bauscheibe - der aktive Spieler ersetzt dafür die neu erworbenen Bauteile dieses Mitspielers durch eigene Bauteile.

    5. Ende des Spielzugs:
    Die ausgewählten Mitspieler und der aktive Spieler legen alle ausgespielten Baukarten auf einen Ablagestapel. Mitspieler, deren Angebot nicht ausgewählt wurde, erhalten so viele Siegpunkte, wie sie Baukarten der geforderten Sorte ausgelegt hatten. Ihre Baukarten nehmen diese Spieler wieder auf die Hand zurück.
    Tauschkarten erhalten alle Spieler auf jeden Fall wieder auf die Hand zurück.

    Der aktive Spieler schiebt nun alle Säulen seiner Mitspieler um ein Feld nach unten uns setzt seine Säule auf das oberste freie Feld.
    Jeder Spieler (auch der aktive Spieler) erhält 1 Baukarte - danach ist der nächste Spieler an der Reihe.

    Sonderfall - Bauscheibe nicht erfüllt:
    Kann oder will der aktive Spieler die fehlenden Baukarten nicht beisteuern oder will er aus anderen Gründen nicht bauen, so kommt die Bauscheibe wieder auf ihren Platz zurück.
    Alle Mitspieler, die ein Angebot gemacht haben, erhalten Siegpunkte entsprechend der Anzahl der ausgelegten gültigen Baukarten.
    Auch hier erhalten alle Spieler 1 Baukarte - danach ist der nächste Spieler an der Reihe.

    Wertung eines Weltwunders:
    Wurde die letzte Bauscheibe eines Weltwunders vergeben, so kommt es zur Wertung dieses Weltwunders. Es werden so viele Siegpunkte vergeben, wie aktuell durch den Wertungsmarker auf der Wertungstabelle angezeigt werden.

    Der Spieler mit den meisten Bauteilen erhält den höchsten Wert der angegebenen Siegpunkte, der mit den zweitmeisten den zweithöchsten Wert. Alle übrigen Spieler mit mindestens 1 Bauteil erhalten 3 Siegpunkte.
    Ein etwaiger Gleichstand wird wie folgt aufgelöst:
  • gibt es mehrere erstplatzierte Spieler, so erhalten diese die Siegpunkte des zweiten Platzes - alle anderen erhalten 3 Siegpunkte.
  • gibt es mehrere zweitplatzierte Spieler, so erhält der Spieler mit den meisten Bauteilen wie gehabt die Siegpunkte für den ersten Platz - alle anderen Spieler erhalten 3 Siegpunkte.
    Die Zählsteine der Spieler werden entsprechend auf der Zählleiste weitergerückt. Der Wertungsmarker wird auf der Wertungstabelle um ein Feld nach unten verschoben.
    Außerdem erhält der Spieler, der die Wertung ausgelöst die oberste Aktionskarte, die er auf die Hand nimmt. Die Bauteile des gewerteten Weltwunders werden an die entsprechenden Spieler zurückgegeben.

    Aktionskarten:
    Folgende Aktionskarten gibt es:
    • Kartentausch (2x): der Spieler kann bis zu 5 Baukarten abgeben und erhält dafür die entsprechende Anzahl neuer Karten vom Stapel.
      Von allen Spielern jederzeit einsetzbar.
    • Karten ziehen (3x): der Spieler nimmt sich 3 Baukarten vom Stapel.
      Von allen Spielern jederzeit einsetzbar.
    • Doppelzug (2x): der aktive Spieler kann noch ein zweites Mal passen oder bauen. Alle Spieler ziehen erst nach dem zweiten Passen oder Bauen eine Baukarte nach.
    • Joker (2x): der aktive Spieler kann diese Karte beim Bauen verwenden. Sie zählt exakt wie zwei passende Baukarten.
    • 3er Bonus (2x): wurde das Angebot eines Spielers beim Bauen angelehnt, so erhält er 3 Siegpunkte statt 1 Siegpunkt pro gelegter passender Baukarte.
    • 5 Siegpunkte (2x): der Spieler erhält bei der Schlusswertung 5 Siegpunkte zusätzlich.
    • Bauscheibe 1 Punkt (2x): der Spieler erhält bei der Schlusswertung für jede seiner Bauscheiben einen zusätzlichen Siegpunkt.

    Spielende:
    Das Spiel endet, sobald die letzte Bauscheibe einer Sorte vergeben wurde (zweifarbige Bauscheiben zählen für beide abgebildeten Sorten). Wurde dabei ein Weltwunder fertig gestellt, so wird dieses noch normal gewertet.
    Dann kommt es zur Schlusswertung:
    Dazu kommt der Wertungsmarker auf das helle Feld der Wertungstabelle. Alle unfertigen Weltwunder werden nun noch nach diesen Siegpunkten angerechnet.
    Danach gibt es noch Bonuspunkte für gleichfarbige Bauscheiben, die die Spieler gesammelt haben:
  • 1 Bauscheibe einer Sorte = 0 Punkte
  • 2 Bauscheiben einer Sorte = 5 Punkte
  • 3 Bauscheiben einer Sorte = 10 Punkte
  • 4 (oder mehr) Bauscheiben einer Sorte = 20 Punkte
    (Zweifarbige Bauscheiben müssen einer der abgebildeten Sorten zugeteilt werden.)
    Die Siegpunkte werden entsprechend auf der Siegpunktleiste eingetragen.

    Es gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten.

    Fazit:
    Der Turmbau zu Babel ist ein interessantes, spannendes und taktisches Sammel-, Bau- und Mehrheitenspiel. Der besondere Reiz des Spieles liegt aber vor allem darin, immer genau abzuschätzen und abzuwägen, welche Angebote man annehmen soll bzw. welche man lieber ausschlägt. Auch ist besonders genau darauf zu achte, mit welchem Angebot - oder in welcher Kombination - man am meisten Vorteile und Punkte für sich herausholen kann. Dabei darf man aber wiederum auch nicht außer Acht lassen, das Mitspieler auch für ausgeschlagene und nicht angenommen Angebote Punkte erhalten.
    Dadurch kann es natürlich auch immer wieder zu Wartzeiten kommen, während der Spieler am Tüfteln und Abwägen ist.

    Natürlich spielt auch das Glück beim Kartenziehen ein Rolle, oder wenn man Aktionskarten ziehen kann. Gerade unter diesen sind schon einige mächtige bzw. interessante Karten dabei, die geschickt eingesetzt - natürlich auch einiges bewegen und Punkte bzw. Vorteile einbringen können.
    Auch sollte man immer darauf schauen, dass man möglicht viele gleichfarbige Bauscheiben bekommt, da diese am Spielende noch einiges an Punkte bringen - und so auch die Wertung dementsprechend beeinflussen können.

    Die Idee mit den Säulen anzuzeigen, wer gerade an der Reihe ist bzw. in welcher Reihenfolge gespielt wird, ist zwar nett, aber eher überflüssig. Die Säulen werden eigentlich nur „pro forma“ halber verschoben - unbedingt notwendig oder „sinnvoll“ ist es nicht unbedingt. Man merkt sich so auch recht gut und einfach, wer dran ist.

    Sehr gut hat uns die Umsetzung des Spieles als solches gefallen. Die Idee mit der Tauschkarte - mit der man auch als nicht aktiver Spieler - zu Baucheiben kommen kann - und das gemeinsame Bauen an den Weltwundern, wurde sehr gut umgesetzt.
    Sicherlich könnte man anstatt des Themas mit den Weltwundern auch einige andere Themen über das Spiel „stülpen“ - das gewählte Thema jedenfalls passt bestens zum Spielablauf und -mechanismus.

    Das Spielmaterial besteht aus netten kleinen Tempeln - und recht groß geratenen Säulen, beides aus Holz. Die Karten sind in einem kleinen, aber handlichen Format gehalten und nett und zum Thema gut passend illustriert. Die Bauscheiben werden mit kleinen Pappscheibchen dargestellt, und hätten ruhig etwas größer ausfallen können. Probleme beim Handhaben gibt es aber keine …

    Die Spielanleitung besteht aus 4 großformatigen Seiten und ist ausgezeichnet ausgefallen. Alles ist übersichtlich und gut strukturiert erklärt, und es gibt Bilder und Beispiele - sodass keine Fragen offen bleiben. Der Ablauf selbst scheint zwar anfänglich etwas komplex bzw. kompliziert - sehr schnell merkt man aber dass sich das Spiel recht einfach und schnell erlernen lässt.
    Die Hauptaufgabe besteht aber danach darin, das Spiel mit seinen vielschichtigen Möglichkeiten kennen und spielen zu lernen, sowie das richtige Gefühl für die Angebote und den Zeitpunkt für eine Wertung herauszubekommen.

    Das Spiel ist für 3 bis 5 Spieler ausgelegt, und sicherlich auch in allen Besetzungen gut spielbar. Am meisten Spaß macht es aber, wenn richtig etwas los ist und viele Spieler mit dabei sind. Die Vielfalt der dann vorhandenen Angebote macht mit den Reiz des Spieles aus - und der solle natürlich ausreichend vorhanden sein.
    Die Spieldauer ist mit 45 Minuten angegeben - wird aber (vor allem in voller Besetzung) nicht immer ausreichen. Eine gute Stunde sollte man sich schon Zeit nehmen. Diese wird aber dafür mit einem interessanten und spannenden Spiel belohnt …

    Vielen Dank an HANS IM GLÜCK für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

  • "Der Turmbau zu Babel" bei spielenet.de