Spielbesprechung von Györög Kurt
Mesopotamien
12.02.2007

von Klaus-Jürgen Wrede
Phalanx Games
für 2 - 4 Spieler
ab 10 Jahren

„In grauer Vorzeit haben sich in Mesopotamien mehrere Eingeborenenstämme angesiedelt. Jeder Spieler führt einen Stamm, der neues Land entdeckt, durch bekannte Gebiete zieht und Hütten und Kulturplätze errichtet, um das wertvolle und begehrte Mana zu erhalten.
Alle Spieler bauen gemeinsam an einem großen Tempel für ihre Gottheit Baal. Dorthin bringen die Eingeborenen ihre Opfergaben. Der Spieler, der zuerst alle 4 eigenen Opfergaben in den Tempel gebracht hat, erhält den besonderen Schutz der Gottheit und gewinnt so das Spiel.“


Ein faszinierendes Brettspiel um die Wiege der Menschheit …

Spielmaterial:
41 Sechseckfelder (Ebene, Wald, Steinbruch, Vulkan und Tempelplatz), 18 Spielkarten, 4 Manaskalen, 4 Zylinder (in blau, rot, gelb und grün), 4 Balken (in blau, rot, gelb und grün), 20 Hütten (je 5 in blau, rot, gelb und grün), 12 Kulturplatz-Marker (je 3 in blau, rot, gelb und grün), 16 Opfer-Marker (je 4 in blau, rot, gelb und grün), 32 Spieler-Figuren (je 8 in blau, rot, gelb und grün), 20 Bausteine „Holz“, 20 Bausteine „Stein“, 1 Tempelfigur, 1 illustriertes Kurzregel-Faltblatt (mit Startaufbau auf der Rückseite) und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Als erster Spieler alle 4 eigenen Opfer-Marker auf dem Tempelplatz abzulegen.

Spielablauf:
Jeder Spieler wählt eine Farbe und erhält die Spieler-Figuren und –Marker der entsprechenden Farbe, die er vor sich ablegt. Die Opfermarker werden dabei verdeckt abgelegt - sodass die Mitspieler deren Wert nicht erkennen können.
Außerdem erhält jeder Spieler eine Manaskala, sowie einen Zylinder und eine Balken in der dazugehörigen Farbe. Der Zylinder kommt auf das Feld „0“ der Skala - jeder Spieler beginnt somit ohne Mana. Der Balken kommt hinter das Feld „3“ der Skala - und gibt somit die momentane maximale Manamenge (= 3) für diesen Spieler vor.

Je nach Spieleranzahl wird die entsprechende Startaufstellung - die sich hinten auf dem Kurzregel-Faltblatt befindet - aufgebaut.
Je nach Spieleranzahl werden nun noch - eventuell - einige Spielkarten und Sechseckfelder aussortiert - und in die Schachtel zurückgelegt. Die restlichen Sechseckfelder werden dann - ebenso wie die restlichen Spielkarten - gut gemischt und als verdeckte Stapel bereitgelegt.
Ebenso werden - wie in der Startaufstellung vorgegeben - einige Hütten und Figuren der Spieler, sowie „Hölzer“ und „Steine“ - und der Tempel - auf den ausgelegten Sechseckfelder platziert - und geben so die Ausgangslage für das Spiel vor.

Nun werden noch die restlichen „Hölzer“ und „Steine“ als Vorrat gut erreichbar auf den Tisch gelegt.

Wer nun an der Reihe ist, führt seinen Spielzug - der aus 3 Phasen besteht - wie folgt aus:

1. Bewegung der Eingeborenen:
In dieser Phase bewegt der Spieler seine Eingeborenen (=Spieler-Figuren). Dazu hat er insgesamt 5 Bewegungspunkte zur Verfügung, die er beliebig auf seine Eingeborenen verteilen kann. Die Bewegung von einem Feld zu einem anderen kostet je einen Bewegungspunkt. Auf einem Feld können beliebig viele Eingeborenen stehen. Es müssen dabei nicht alle Bewegungspunkte verbraucht werden - nicht verwendete Punkte verfallen jedoch.
Bei der Bewegung ist auf Folgendes zu achten:
  • Vulkan-Felder: können niemals betreten werden.
  • Tempelplatz: durch diesen können niemals Rohstoffe hindurch getragen werden. Es ist jedoch erlaubt mit „Steinen“ auf den Tempelplatz zu ziehen und diese dort abzulegen. Ohne Rohstoffe können Eingeborene auch jederzeit durch den Tempelplatz hindurch laufen.
    Während der Bewegung können Eingeborene folgende Aktivitäten durchführen:
  • Tragen: jeder Eingeborene kann währen der Bewegung 1 „Holz“ oder 1 „Stein“ aufnehmen und mit sich tragen. Rohstoffe können auch jederzeit und überall wieder abgelegt bzw. mit anderen Eingeborenen ausgetauscht werden. Als Zeichen, dass ein Eingeborener einen Rohstoff trägt, wird dieser auf die Spielfigur gelegt.
  • Rohstoffe abnehmen: wenn ein Spieler auf einem Feld mehr Eingeborene besitzt als ein anderer Spieler, so kann er diesem pro eigenem freien Eingeborenen einen Rohstoff abnehmen.
  • Tempelbau: dazu lädt ein Eingeborener einen „Stein“ auf dem Tempelplatz ab. Als Belohnung steigt die maximale Manamenge um 1 - dazu wird der Balken auf der Manaskala um ein Feld nach rechts verschoben. Außerdem erhält der Spieler einen Manapunkt - dazu wird der Zylinder auf der Manaskala um ein Feld nach rechts verschoben.
  • Opfern: dazu bringt ein Eingeborener einen Opfer-Marker zum Tempelplatz und lädt in dort ab. Nachdem der Spieler nun noch so viele Manapunkte gezahlt hat, wie auf dem Opfer-Marker angegeben sind, gilt dieses Opfer als erbracht. Dazu muss der Zylinder auf der Manaskala um entsprechend viele Felder nach links bewegt werden.
    Hat ein Spieler nicht genügend Manapunkte, darf er den Opfer-Marker nicht ablegen - und muss den Tempelplatz sofort wieder verlassen.
  • Entdecken: ein Eingeborener kann auch vom einem Feld ins „Leere“ hinausgezogen werden. Dann wird an dieser Stelle sofort ein neues Sechseckfeld aufgedeckt und an dieser Stelle angelegt. Dabei ist Folgendes zu beachten:
    • wurde ein Vulkan aufgedeckt: darf der Spieler dieses Feld an einer beliebigen Stelle an ein beliebiges anderes Feld anlegen. Danach wird sofort noch ein Sechseckfeld als Ersatz aufgedeckt.
    • wurde ein Wald aufgedeckt: werden sofort so viele neue „Hölzer“ auf beliebige Waldfelder gelegt, wie Spieler teilnehmen.
    • wurde ein Steinbruch aufgedeckt: werden sofort so viele neue „Steine“ auf beliebige Steinbruchfelder gelegt, wie Spieler teilnehmen.
    • wurde eine Ebene aufgedeckt: wird diese einfach an die Stelle angelegt.
      Danach zieht der Spieler seine Spielfigur auf das soeben entdeckte Feld.
      Ein Spieler darf pro Zug maximal 3 Felder entdecken - Vulkan-Felder zählen dabei nicht mit.

2. Aktion(en) durchführen:
In dieser Phase darf der Spieler eine der folgenden Aktionen ausführen:
  • Hütten bauen: auf einem Ebenenfeld können maximal 2 Hütten gebaut werden. Dazu benötigt der Spieler auf diesem Feld 2 Eingeborene mit 1 „Holz“. Dann wird das „Holz“ in den allgemeine Vorrat zurückgelegt - und der Spieler darf eine seiner Hütten auf dieses Feld stellen. Unter diese Hütte kommt sofort noch - verdeckt - ein Opfer-Marker des Spielers.
    Diese Aktion kann während eines Zuges auch mehrfach durchgeführt werden.
  • Kultplatz errichten: ein Kultplatz kann nur auf einem leeren, unbebauten Ebenenfeld gebaut werden. Dazu benötigt der Spieler auf diesem Feld 2 Eingeborene mit 1 „Stein“. Dann wird der „Stein“ in den allgemeinen Vorrat zurückgelegt - und der Spieler darf einen seiner Kultplätze auf das Feld legen.
    Diese Aktion kann während eines Zuges auch mehrfach durchgeführt werden.
  • Nachkommen zeugen: dazu benötigt ein Spieler 2 Eingeborene auf einem Feld mit einer eigenen Hütte. Dazu wird eine Figur des Spielers auf diesem Feld eingesetzt - die er von Vorrat vor sich auf dem Tisch nimmt.
    Diese Aktion kann während eines Zuges auch mehrfach durchgeführt werden.
  • 1 Karte ziehen: der Spieler zieht eine Karte und nimmt diese auf die Hand. Er kann diese Karte ab seinem nächsten Spielzug jederzeit einsetzen.
    Diese Aktion kann während eines Zuges nur einmal durchgeführt werden.

3. Manapunkte erhalten:
In dieser Phase bekommt ein Spieler Manapunkte, wenn sich seine eigenen Eingeborenen an eigenen oder fremden Kultplätzen aufhalten:
  • 1 Manapunkt an jedem eigenem Kultplatz, an dem mindestens 1 eigener Eingeborener steht.
  • 1 Manapunkt an jedem fremden Kultplatz, an dem mindestens 2 eigene Eingeborene stehen.
    Der Zylinder auf der Manaskala wird entsprechend nach rechts verschoben - maximal aber soweit, wie es der Balken auf der Manaskala erlaubt.

    Hat ein Spieler seinen Zug beendet, ist der nächste Spieler an der Reihe.

    Spielende:
    Das Spiel endet sofort, wenn ein Spieler seinen 4 Opfer-Marker am Tempelplatz abladen konnte. Dieser Spieler hat gewonnen.

    Variante: Spielkarte zu Beginn:
    Im Unterschied zum „normalen“ Spiel erhält hier jeder Spieler schon zu Spielbeginn eine Karte auf die Hand.

    Variante: Kartenstapel nicht mischen:
    Im Unterschied zum „normalen“ Spiel - wo der Ablagestapel, sollte er geleert sein, neu gemischt wird und einen neuen Nachziehstapel bildet - kommt in dieser Variante jede Karte genau einem zum Einsatz und ist danach aus dem Spiel.

    Fazit:
    Mesopotamien ist ein ausgesprochen schönes, spannendes und interessantes Lauf-, Sammel- und Aufbauspiel, das sowohl für Viel- aber auch für Gelegenheitsspieler gleichermaßen geeignet ist. Es hat einen einfachen und leicht zu erlernenden Spielablauf - es gibt aber viele, viele Möglichkeiten und Aktionen, die man ausführen kann und möchte. Mehrere Strategien führen ans Ziel und wollen getestet und ausprobiert werden. Mit jeder neuen Runde lernt man das Spiel besser kennen und neue Möglichkeiten ins Spielgeschehen einzugreifen. Vieles will ausprobiert und studiert werden - womit natürlich auch ein hoher Wiederspielreiz verbunden ist.
    Die Aktionen - die zusätzlich durch die Karten ins Spiel kommen - haben ebenfalls ihren eigenen Reiz und sind immer wieder für Überraschungen gut. Der Spaß und die Spannung steigen dadurch nochmals an.
    Der Wiederspielreiz wird aber auch noch durch das ausgezeichnete Spielmaterial verstärkt, das Stimmung und Atmosphäre auf den Spieltisch bringt. Echtes „Holz“ und echte „Steine“ werden am Spielplan herumgetragen und „verbaut“ - aber auch das restliche Spielmaterial ist sehr ansprechend und schön. Alles passt sehr gut zum Spiel - und vor allem hat auch jedes Teil seinen Platz in der Spielschachtel, die gut gefüllt ist.
    Die kompakten Sechseckfelder haben einen „gezahnten“ Rand - und lassen sich beim Aufbau ineinander stecken. Dadurch gibt es kein verrutschen oder verschieben. Diese fabelhafte Idee könnte wirklich „Schule“ machen.

    Die Spielanleitung ist auf 5 großformatigen Seiten untergebracht. Alles wird aber ausführlich und leicht verständlich erklärt. Es gibt genügend Bilder und Beispiele, sodass es keine Fragen oder Unklarheiten geben sollte. Die Startaufstellung - sowie eine Kurzregel - findet sich auf einem separaten Faltblatt wieder - und dieser hilft schnell und einfach wieder ins Spiel, wenn man es denn wirklich für längere Zeit nicht auf den Tisch bringen sollte.

    Das Spiel ist für 2 bis 4 Spieler ausgelegt und spielt sich in allen Besetzungen sehr gut. Auch das Spiel zu zweit ist äußerst interessant und spannend - und hat und sehr gut gefallen. Die Spieldauer ist mit ca. 45 Minuten angegeben - diese Zeit konnte von uns aber eigentlich nie so recht eingehalten werden. 60 spannende und „wie im Flug vergangene Minuten“ waren es meistens, die bei uns eine Partei gedauert hat.

    Mesopotamien ist bei uns recht schnell zu einem unserer Lieblingsspiele aufgestiegen - und kommt nun auch nach langer Zeit noch immer sehr regelmäßig auf den Spieltisch. Es macht einfach Spaß - und ist bis zum Schluss jeder Partie spannend und interessant.
    Mit diesem Spiel ist Klaus-Jürgen Wrede wieder ein kleines Meisterwerk gelungen …

    Vielen Dank an PHALANX-GAMES für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars