Spielbesprechung von Györög Kurt
Notre Dame
01.10.2007

von Stefan Feld
Alea
für 2 - 5 Spieler
ab 10 Jahren

„Paris, im ausgehenden 14. Jahrhundert. Im Schatten der alles überragenden Kathedrale „Notre Dame“ wetteifern einflussreiche Bürger um die Vorherrschaft in der Hauptstadt. Schlüpft in deren Rolle. Gelangt zu Wohlstand und Ansehen. Holt euch Unterstützung in den zahlreichen Gebäuden eures Viertels. Und bestecht die richtigen Persönlichkeiten auf eurem Weg nach oben. Doch aufgepasst, achtet auch auf eure Gesundheit! Denn den Letzten beißen die Ratten …“

Macht und Machenschaften im Schatten der Kathedrale …

Spielmaterial:
1 Spielplanteile, 3 Notre-Dame-Kärtchen (je ein Drei-, Vier- und Fünfeck), 45 Aktionskarten (je 1x Hospital, Residenz, Klosterschule, Gasthaus, Bank, Kutscherei, Park, Notre Dame und Vertrauter in 5 Farben), 15 Personenkarten (6 braune und 9 graue), 70 Einlusssteine (je 14 in 5 Farben), 5 schwarze Rattensteine, 5 Spielfiguren (in 5 Farben), 5 Kutschen (je 1 in 5 Farben), 1 Glöckner (mit Stellfuß = Startspielerfigur), 20 Botschaften (8-eckig – je 4 in 5 Farben), 25 Geldmünzen, 84 Prestigepunkte-Plättchen (6-seckig – 35x 1, 18x 3, 18x 5 und 13x 10) und 1 Spielanleitung, sowie 1 Übersichtblatt für die Personenkarten.

Spielziel:
Am Ende des Spieles die meisten Prestigepunkte gesammelt zu haben.

Spielablauf:
Je nach Spieleranzahl wird das entsprechende Notre-Dame-Kärtchen in die Tischmitte gelegt und für jeden Spieler ein Spielplanteil angelegt - jedem Spieler ist ein Spielplanteil zugeordnet. (Bei 4 Spielern verwendet man das quadratische Notre-Dame-Kärtchen, auf dem 4 Männchen zu sehen sind.) Die Prestigepunkte-Plättchen werden nach Werten sortiert und – so wie die Geldmünzen – bereitgelegt.

Jeder Spieler erhält den Vertrauten, die Kutsche, 4 Einflusssteine, die 4 Botschaften und die 9 Aktionskarten einer Farbe, sowie 3 Geldmünzen und 1 Rattenstein – der auf das „0“er-Feld der Seuchenleiste (0 bis 9) in seinem Hafen seines Spielplanteil gelegt wird. Die restlichen Einflusssteine jedes Spielers kommen als allgemeiner Vorrat neben die Spielplanteile.
Der Vertraute und die 4 Einflusssteine legt der Spieler vor sich auf den Tisch, ebenfalls die 9 Aktionskarten – verdeckt, und gut gemischt. Die Kutsche kommt auf den Marktplatz des Spielplanes des Spielers, die 4 Botschaften werden verdeckt gut gemischt und beliebige auf die Marktplätze des Spielers verteilt und aufgedeckt.

Die 6 braunen Personenkarten werden gut gemischt und als verdeckter Stapel bereitgelegt. Die 9 grauen Personenkarten werden entsprechend des Buchstaben auf der Rückseite sortiert, gut gemischt und schließlich so als verdeckter Stapel auf den Tisch gelegt, sodass A auf B und diese auf C zu liegen kommen.

Der Startspieler bekommt die Glöcknerfigur und beginnt das Spiel, das über 3 Durchgänge (A, B und C) verläuft, die wiederum aus 3 Runden bestehen. Jede Runde ist in folgende 5 Phasen unterteilt:
Phase 1: Personenkarten auslegen:
Der Startspieler deckt die beiden obersten braunen und die oberste graue Personenkarte auf – und legt diese offen nebeneinander auf den Tisch.

Phase 2: Aktionskarten auswählen:
Nun nehmen sich alle Spieler die 3 obersten Aktionskarten ihrer Stapel, sehen diese an und entscheiden sich für eine davon, die sie auf die Hand nehmen. Die restlichen beiden Karten werden verdeckt an den linken Nachbarn weitergegeben. Dieser sieht sich diese beide Karten an, entscheidet sich wieder für eine und gibt die letzte Karte wieder an seinen linken Nachbar weiter.
Die gesamte Phase wird von allen Spielern immer gleichzeitig abgehandelt.
Am Ende der Phase besitzt jeder Spiele 3 Aktionskarten, die er auf der Hand hat.

Phase 3: Aktionskarten ausspielen:
Beginnend mit dem Startspieler spielt nun reihum jeder Spieler eine seiner 3 Aktionskarten aus und führt die darauf angegebene Aktion aus. Wenn der Spieler ein weiteres Mal an die Reihe kommt, darf er nur mehr eine der beiden verbliebenen Karten nutzen und ausspielen – die 3. Karte wird unter diese Karte gelegt und ausgespielt, aber nicht genutzt. Jeder Spieler hat somit in dieser Phase 2 Aktionen, die er ausführen kann.

Folgende Aktionen gibt es:
  • Klosterschule: der Spieler setzt einen Einflussstein aus seinem Vorrat in die Klosterschule seines Spielplanteiles und darf sich dann so viele eigene Einflusssteine aus dem allgemeinen Vorrat nehmen, wie sich nun insgesamt Einflusssteine in seiner Klosterschule befinden.
  • Bank: der Spieler setzt einen Einflussstein aus seinem Vorrat in die Bank seines Spielplanteiles und darf sich dann so viele Goldmünzen aus dem allgemeinen Vorrat nehmen, wie sich nun insgesamt Einflusssteine in seiner Bank befinden.
  • Residenz: der Spieler setzt einen Einflussstein aus seinem Vorrat in die Residenz seines Spielplanteiles und darf sich dann so viele Prestigepunkte nehmen, wie sich nun insgesamt Einflusssteine in seiner Residenz befinden.
  • Kutscherei: der Spieler setzt einen Einflussstein aus seinem Vorrat in die Kutscherei seines Spielplanteiles und darf nun seine Kutsche um bis zu so viele Felder weit bewegen, wie sich nun insgesamt Einflusssteine in seiner Kutscherei befinden.
    Kutschen fahren immer über die Strassen von einem Marktplatz zum anderen – wobei auf einem Marktplatz beliebig viele Kutschen stehen dürfen. Liegt auf dem Marktplatz, auf dem der Spieler die Bewegung seiner Kutsche beendet, eine Botschaft, so darf er diese nehmen, aufdecken und den darauf angegebene Bonus kassieren:
    • 1 Prestigepunkt und 1 Münze
    • 2 Prestigepunkte und 1 Einflussstein
    • 3 Prestigepunkte und die Möglichkeit, den Rattenstein um 1 Feld zurück zu ziehen
    • 4 Prestigepunkte
    Die Botschaften werden danach verdeckt vor dem Spieler abgelegt. Eine weitere Botschaft dieser Farbe darf erst wieder eingesammelt werden, wenn der Spieler mindestens von jeder anderen mitspielenden Farbe gleich viele Botschaften besitzt.
  • Gasthaus: der Spieler setzt einen Einflussstein aus seinem Vorrat in das Gasthaus seines Spielplanteiles. Ist dies der 1., 2. oder 3. Stein, darf er sich einen der folgenden Boni aussuchen:
    • 1 Münze
    • 1 Einflussstein
    • die Möglichkeit, den Rattenstein um 1 Feld zurück zu ziehen
    Ab dem 4. Stein kann der Spieler sich 2 der angegebenen Boni aussuchen.
  • Vertrauter: der Spieler setzt anstatt eines Einflusssteines seinen Vertrauten in ein beliebiges der 7 Felder seines Spielplanteiles und führt die entsprechende Aktion aus. Beim ersten Mal kommt der Vertraute ins Spiel, danach kann er beliebig versetzt werden.
    Der Vertraute zählt während des gesamten Spieles wie ein normaler Einflussstein des Spielers.
  • Park: der Spieler setzt einen seiner Einflusssteine aus seinem Vorrat in den Park seines Spielplanteiles und darf dann den Rattenstein um 1 Feld zurückziehen. Zusätzlich erhält der Spieler für jeweils 2 Einflusssteine im Park immer wenn er im weiteren Verlauf des Spieles Prestigepunkte erhält, 1 zusätzlichen Punkt.
  • Hospital: der Spieler setzt einen seiner Einflusssteine aus seinem Vorrat in das Hospital seines Spielplanteiles und darf dann den Rattenstein um 1 Feld zurückziehen. Außerdem hat der Spieler in der Phase 5 den Vorteil, dass er den Seuchenwert um die Anzahl der im Hospital liegenden Einflusssteine reduzieren darf. Entsteht dabei sogar ein negativer Wert, darf er seinen Rattenstein dementsprechend zurückziehen.
  • Notre Dame: der Spieler setzt einen seiner Einflusssteine aus seinem Vorrat auf das Notre-Dame-Kärtchen. Zusätzlich muss der Spieler aber mindestens 1 und höchstens 3 Goldmünzen an die Kirche spenden (=in den allgemeinen Vorrat zurücklegen). Dementsprechend bekommt er aber 1, 3 oder 6 Prestigepunkte.
    Will ein Spieler nichts spenden, darf er zwar die Karte spielen, aber keinen Einflussstein setzen.

Sollte ein Spieler keinen Einflussstein mehr im eigenen Vorrat haben, darf er einen beliebigen anderen – am Spielplanteil liegenden – Einflussstein versetzen. Wer dies nicht will, darf die Karte zwar spielen, die Aktion jedoch nicht ausführen.

Phase 4: Eine Person bestechen:
In dieser Phase kann jeder Spieler – gegen Bezahlung 1 Goldmünze – wieder reihum, beim Startspieler beginnend – eine beliebige der offen ausliegenden Personen einmal bestechen und die entsprechende Aktion ausführen.

Folgende Personen gibt es:
  • Wirtin (braun): der Spieler erhält 3 Prestigepunkte oder 1 Münze oder 1 Einflussstein oder darf seinen Rattenstein um 1 Feld zurückziehen.
  • Mönch (braun): der Spieler erhält 2 Einflusssteine und 1 Prestigepunkt.
  • Geldverleiher (braun): der Spieler erhält 2 Münzen und 1 Prestigepunkt.
  • Minnesänger (braun): der Spieler darf bis zu 3 seiner in einem Feld befindlichen Einflusssteine seines Spielplanteiles auf ein beliebiges anderes Feld seines Spielplanteiles versetzen und die Aktion dort ausführen.
  • Gaukler (braun): der Spieler darf 1 seiner in einem Feld befindlichen Einflusssteine seines Spielplanteiles auf ein beliebiges anderes Feld seines Spielplanteiles versetzen und die Aktion dort ausführen.
  • Medikus (braun): der Spieler darf für sich den Seuchenwert dieser Runde auf 0 reduzieren. Einflusssteine im Hospital werden erst danach berücksichtigt.
  • Stadtwache (A): der Spieler erhält für jeden seiner Einflusssteine die sich seines Spielplanteil und der Notre Dame befinden 1 Prestigepunkt.
  • Nachtwächter (A): der Spieler erhält für jedes leere Feld seines Spielplanteiles 1 Prestigepunkt.
  • Bischof (A): der Spieler darf 1 Einflussstein aus dem allgemeinen Vorrat in eine beliebiges leeres Feld seines Spielplanteiles legen
  • Gildemeister (B): der Spieler erhält für jedes Feld seines Spielplanteiles, das mit mindestens 2 Einflusssteinen belegt ist, 2 Prestigepunkte.
  • Bettlerkönig (B): der Spieler erhält für jedes Feld vor seinem Rattenstein 1 Prestigepunkt.
  • Advokat (B):der Spieler erhält für je 2 Botschaften, die er vor sich liegen hat, 3 Prestigepunkte.
  • Hofdame (C): der Spieler erhält für jeden seiner Einflusssteine indem Feld seines Spielplanteiles, in dem sich die meisten seiner Einflusssteine befinden, 1 Prestigepunkt.
  • Bürgermeister (C): der Spieler erhält für jedes Feld seines Spielplanteiles, das mit mindestens 3 Einflusssteinen belegt ist, 3 Prestigepunkte.
  • Tischlermeister (C): der Spieler erhält für jedes Feld seines Spielplanteiles, das mit mindestens 1 Einflussstein belegt ist, 1 Prestigepunkt.

Phase 5: Seuchenwert ermitteln:
In dieser Phase wird der Seuchenwert ermittelt, indem die Anzahl der aufgedruckten Ratten auf den offen ausliegenden Personenkarten zusammengezählt wird.
Jeder Spieler muss nun seinen Rattenstein um die ermittelte Anzahl Felder (Hospital beachten) weiterziehen.

Müsste ein Spieler seinen Rattenstein über das 9. Feld hinausziehen, hat das Folgen für den Spieler:
  • der Rattenstein kommt auf das Feld 9.
  • der Spieler muss 2 Prestigepunkte in den allgemeinen Vorrat zurücklegen.
  • der Spieler muss 1 Einflussstein von dem Feld seines Spielplanteiles entfernen, indem er die meisten Einflusssteine liegen hat und in den allgemeinen Vorrat zurücklegen.

    Am Ende jeder Runde: werden die ausliegenden offenen Personenkarten unter ihre jeweiligen Stapel geschoben und Glöckner an den nächsten Spieler weitergegeben, der zum neuen Startspieler wird und eine neue Runde startet.

    Am Ende jeder 3. Runde: werden außerdem die 6 braunen Personenkarten neu gemischt und wieder als verdeckter Stapel bereitgelegt, die Aktionskarten an die entsprechenden Spieler zurückgegeben und von ihnen erneut gemischt und als verdeckter Stapel bereitgelegt und alle Einflusssteine in der Notre Dame – wie folgt – abgerechnet:
  • die auf dem Kärtchen angegebene Anzahl von Prestigepunkten wird durch die Anzahl der darauf liegenden Einflusssteine dividiert.
  • jeder Spieler erhält die – seiner Anzahl Einflusssteine entsprechende Anzahl – Prestigepunkte.
  • alle Einflusssteine kommen in den allgemeinen Vorrat zurück.

    Spielende:
    Am Ende der 9. Runde – nachdem die Einflusssteine in der Notre Dame noch abgerechnet wurden – ist das Spiel zu Ende.
    Es gewinnt der Spieler mit den meisten Prestigepunkten – bei einem Gleichstand entscheidet noch das Geld und die Einflusssteine, die der Spieler vor sich liegen hat.

    Das Spiel zu zweit:
    Folgende Ausnahmen sind zu beachten:
  • das Spiel wird für 4 Spieler vorbereitet, jedoch mit der Seite des quadratischen Notre-Dame-Kärtchens nach oben, auf dem 2 Männchen zu sehen sind. Die Spieler spielen auf gegenüberliegenden Spielplanteilen.
  • auf den beiden - nicht vergebenen Spielplanteilen - werden die 4 Botschaften ausgelegt und mit ins Spiel eingebunden.

    Fazit:
    Notre Dame ist ein sehr interessantes und schönes Spiel mit vielen Möglichkeiten, indem es vor allem darum geht, seinen Spielzug so gut als möglich auszunutzen und damit zu punkten. Das man immer nur recht kurzfristig weiß – durch die eigenwillige Art der Aktionskartenverteilung – muss man sich immer wieder neuen Herausforderungen und Gegebenheiten stellen und darauf reagieren.
    Aber genau das macht auch den Reiz dieses Spieles aus, das neben dem eigenwilligen Kartenverteilen auch noch auf einem eigenwillig erstellten Spielplan gespielt wird.

    Schon beim Zusammenstellen bzw. Erhalten der Aktionskarten kann man schon darauf achten und mit einbeziehen, welche notwendigen Aktionen man in dieser Runde ausführen will bzw. muss. Zwar gehört hier sicherlich auch Portion Kartenglück dazu, aber im Endeffekt kommen alle Karten – und das mehrfach - ins Spiel und in den Umlauf, sodass die Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Karte und damit Aktion zu bekommen, doch gar nicht so gering ist, wie anfangs geglaubt wird.
    Und da es sehr viele Möglichkeiten gibt zu Punkten zu kommen, kann – und muss – man eben entsprechend der Karten agieren.

    Auch sollte man immer die Rattenplage – und ganz wichtig, auch die gerade ausliegenden Personenkarten - im Auge behalten. Durch ihre Aktionen kann man sich schon mal einige Punkte holen, oder aber auch die Rattenplage abwehren oder reduzieren – und so während des Spieles sein Augenmerk auf andere Dinge lenken.

    Anfänglich wird man sich etwas schwer tun – aber mit der Zeit bekommt man immer mehr den Überblick über alles – und kann sich mehr und mehr auf das Spiel konzentrieren. Und mit jeder neuen Partie erkennt man neue Möglichkeiten und Strategien, die man anwenden möchte. Der Wiederspielreiz ist deshalb auch dementsprechend groß.

    Dazu trägt aber auch noch das schöne und funktionelle Spielmaterial bei. Schön illustriert und zum Spielablauf, sowie zur Spielgeschichte passend, macht es einfach Spaß. Die Spielanleitung ist zwar umfangreich (8 Seiten und 1 doppelseitiges Übersichtsblatt) ausgefallen – aber gut strukturiert, gegliedert und übersichtlich ausgefallen. Wie bei Alea üblich gibt es durchgehend im linken Rand eine Kurzübersicht der im rechten Drittel geschriebenen Erklärungen. Ein Wiedereinstieg nach längerer Zeit wird somit sehr erleichtert. Abgerundet wird das Ganze durch Bilder und Beispiele…

    Das Spiel ist für 2 bis 5 Spieler ausgelegt – und spielt sich in allen Besetzungen sehr gut. Die Spieldauer richtet sich dabei an der Spieleranzahl und sollte sich so zwischen ca. 45 und 75 Minuten belaufen.

    Uns hat das Spiel sehr gut gefallen. Es macht Spaß, ist spannend und reizt zum immer und immer wieder spielen – und ist sowohl für Familien, als auch versiertere Spieler geeignet. Wieder einmal ein ausgezeichnetes Spiel aus dem Hause Alea …

    Vielen Dank an ALEA/RAVENSBURGER für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars