Spielbesprechung von Györög Kurt
Patrizier
04.01.2008

von Michael Schacht
Amigo
für 2 - 5 Spieler
ab 10 Jahren

„Patrizier- oder Geschlechtertürme werden die turmartigen Wohnhäuser des Mittelalters genannt, welche vor allem in Italien das Stadtbild für viele hundert Jahre prägten. Als Zeichen von Wohlstand und Macht repräsentierten die prächtigen Türme den Status der Patrizierfamilien: Je größer der politische Einfluss, desto höher der Turm. Doch nahm einmal die Macht ab, wurde ein Turm auch schnell wieder gekürzt.
Die Spieler sind Baumeister und profitieren von den Eitelkeiten der Patrizierfamilien. Sie streiten um die Aufträge, errichten Stockwerk um Stockwerk die Türme, und wenn ein Turm fertig ist, zeigt sich, wer den Ruhm kassiert.
Der Spieler, der die meisten Stockwerke in einem Turm gebaut hat, erhält Ruhmespunkte. Für das Sammeln von drei gleichen Patrizierköpfen bekommt man ebenfalls Ruhmespunkte. Gewonnen hat derjenige Spieler, der bei Spielende den meisten Ruhm ernten konnte.“


Auf nach Italien – lasst uns Ruhm und Ehre einheimsen …

Spielmaterial:
1 Spielplan (Vorderseite für 2 bis 4 Spieler – ohne Pistoia / Rückseite für 5 Spieler – mit Pistoia), 149 Stockwerek (in 5 Farben: 39x schwarz, 39x weiß, 29x rot, 21x gelb und 21x blau), 20 Ruhmesplättchen (je 2 in 10 Farbe/Wappen), 55 Auftragskarten (in 10 Farben/Wappen – 7x Bologna, 7x Firenze, 4x Ferrara, 5x Lucca, 5x Siena, 5x Milano, 4x Parma, 7x Pistoia, 7x Roma und 4x Verona) und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Ende des Spieles die meisten Ruhmespunkte eingeheimst zu haben.

Spielablauf:
Je nach Spieleranzahl wird der Spielplan mit der Vorder- bzw. Rückseite nach oben in die Tischmitte gelegt. Wird mit der Vorderseite (= ohne Pistoia) gespielt, müssen die 7 entsprechenden Auftragskarten und Ruhmesplättchen aussortiert – und in die Schachtel zurückgelegt werden.
Die restlichen Ruhmesplättchen werden nach Farben/Wappen sortiert und mit der Zahl nach oben auf die beiden Felder der dazugehörigen Stadt am Spielplan gelegt.

Die Auftragskarten mit einem *-Symbol in der rechten oberen Ecke werden von den anderen Karten aussortiert und gemischt. Verdeckt bekommt jeder Spieler davon nun 3 Auftragskarten zugeteilt, die er auf die Hand nimmt.
Die übrig gebliebenen Karten mit *-Symbol werden unter die restlichen Auftragskarten gemischt und als verdeckter Nachziehstapel bereitgelegt. Je eine Karte kommt offen auf das entsprechende Feld neben jeder Stadt am Spielplan.

Je nach Spieleranzahl wird mit folgender Anzahl und Stockwerksfarbe gespielt: 2 Spieler – je 39x schwarz und weiß, 3 Spieler – je 29x schwarz, weiß und rot, 4 und 5 Spieler – je 21x schwarz, weiß, rot, gelb und blau. Überzähliges Spielmaterial kommt in die Schachtel zurück. Spielfarben und Stadtfarben sind voneinander unabhängig.
Jeder Spieler nimmt die Stockwerke einer Farbe und legt diese vor sich auf den Tisch.

Wer an der Reihe ist, führt folgende Aktionen – genau in dieser Reihenfolge – aus:
1. Auftragskarte ausspielen:
Der Spieler spielt eine seiner Auftragskarten aus der Hand offen vor sich auf den Tisch aus. Eine eventuell bereits ausliegende Karte wird überdeckt.

2. Stockwerk(e) bauen:
Für jedes Stadtwappen auf der ausgespielten Karte darf der Spieler nun 1 Stockwerk seiner Farbe in die entsprechende Stadt stellen. Dabei kann er frei wählen, auf welchen der beiden Bauplätze er sein Stockwerk aufstellen will.
Ist auf einem Bauplatz bereits ein Stockwerk vorhanden, so kann das eigene Stockwerk auf das andere gebaut – und somit ein Turm erstellt – werden. Sind auf einer Karte 2 Stadtwappen zu sehen, hat der Spieler die freie Wahl, ob er beide Stockwerke auf einem Bauplatz verbaut – oder auf beide Bauplätze verteilt.
Auf jeder Auftragskarte ist außerdem angegeben (römische Zahl ganz oben auf der Karte), wie viele Stockwerke insgesamt in einer Stadt errichtet werden dürfen. Dabei ist aber zu beachten, dass auf jedem Bauplatz mindestens 1 Stockwerk errichtet werden muss – d.h. das letzte Stockwerk einer Stadt muss auf einen - eventuell noch freien Bauplatz - gestellt werden.

3. Sonderaktion durchführen:
Ist auf der ausgespielten Auftragskarte kein Patrizierkopf, sondern ein Stockwerk aufgedruckt, darf der Spieler nun diese Sonderaktion ausführen. Der Spieler darf nun das oberste Stockwerk eines Turmes – egal welcher Farbe – versetzen. Dazu wird das entsprechende Stockwerk auf den anderen Bauplatz der betroffenen Stadt versetzt.
Es darf dies aber nicht in der Stadt passieren, in der der Spieler soeben gebaut hat – und es muss sich um eine Stadt handeln, in der der Spieler mindestens ein Stockwerk besitzt – und die noch nicht gewertet wurde (= in der noch nicht alle Stockwerke errichtet wurden).
Der Spieler kann die Sonderaktion auch verfallen lassen.

4. Auftragskarten nachziehen:
Der Spieler darf die Auftragskarte, die neben der Stadt liegt - in der er soeben gebaut hat - auf die Hand nehmen. Ist der Platz neben der Stadt jedoch leer – oder hat der Spieler auf seiner ausgespielten Auftragskarte ein Fragezeichen als Sonderaktion abgebildet, darf er sich eine beliebige offen ausliegende Auftragskarte vom Spielplan nehmen.

5. Auftragskarte auffüllen:
Der freigewordene Platz wird durch Nachziehen einer Auftragskarte vom Nachziehstapel wieder aufgefüllt – solange es dort noch Karten zum Nachziehen gibt.

Danach ist der nächste Spieler an der Reihe.

Stadt werten:
Wurden in einer Stadt alle Stockwerke gebaut, die erlaubt sind, kommt es dort sofort zu einer Wertung:
  • Der Spieler, der die meisten Stockwerke im höheren der beiden Türme hat, bekommt das wertvollere Plättchen dieser Stadt.
  • Der Spieler, der die meisten Stockwerke im niedrigeren der beiden Türme hat, bekommt das verbliebene Plättchen dieser Stadt.
    Bei einem Gleichstand erhält der Spieler das entsprechende Plättchen, der das höher gelegene Stockwerk im Turm besitzt.

    Spielende:
    Das Spiel endet, wenn alle Auftragskarten ausgespielt wurden. Eventuell vergessene Wertungen werden nun noch nachgeholt.
    Für je 3 gleiche Patrizierköpfe aus seinen ausgespielten Auftragskarten erhält nun jeder Spieler noch je 6 Ruhmespunkte.

    Wer nun insgesamt die meisten Ruhmespunkte (aus Plättchen und Patrizierköpfen) besitzt, hat das Spiel gewonnen.

    Fazit:
    Patrizier ist ein äußerst interessantes Positions- und Mehrheitenspiel mit angenehmer Spieldauer und sehr einfachen und schnell zu erlernenden Spielregeln – an dem die ganze Familie ihren Spaß haben kann.
    Neu und interessant ist vor allem, dass man mit seinen vorhandenen Auftragskarten gezielt auf neue Auftragskarten spielen kann und muss, um immer am Geschehen und damit im Spiel um den Sieg bleiben zu können. Sicherlich braucht man dabei auch ein Quäntchen Glück, um an die richtigen Karten zu kommen – aber vieles kann man doch beeinflussen und vorausschauend planen.

    Beim Mehrheitenbau in den Türmen sollte man immer die maximale Anzahl an möglichen Stockwerken in der Stadt im Auge haben. Hat man in einem Turm die absolute Mehrheit, kann einem diese – eigentlich nicht mehr genommen werden und man kann sich auf andere Städte konzentrieren, sofern man die passenden Karten auf der Hand hat. Vorausschauend sollte man vor allem hinsichtlich der zu gewinnenden Auftragskarten spielen – denn auch die Mitspieler schlafen nicht und nutzen jeden Vorteil für sich.

    Etwas ungewohnt ist in dem Spiel auch, dass die Farben der Städte nichts mit den Spielerfarben zu tun haben. Aber auch bei den Farben selbst – vor allem bei den bläulichen Farben - sollte man sehr sorgfältig sein, um diese nicht zu verwechseln und in der falschen Stadt tätig zu werden. Zwar ist auf den Auftragskarten auch immer das entsprechende Stadtwappen aufgedruckt – aber immer schaut man in der „Hitze des Gefechts“ auch nicht darauf …
    Ein nachträgliches Korrigieren ist dann sehr mühsam – und kann einem doch die Freude an der gerade gespielten Partie trüben …

    Ansonsten handelt es sich bei Patrizier um ein interessantes und spannendes Spiel, dass aufgrund der Sonderaktionen auf den einzelnen Auftragskarten noch zusätzliche Würze bekommt. Diese Sonderaktionen sollte man auf keinem Fall außer Acht lassen – und durchaus auch in sein Spiel gezielt einplanen.

    Als letztes sollte man dann noch die Patrizierköpfe auf seinen ausgespielten Auftragskarten im Auge behalten. Mit ihnen können doch einige zusätzliche Ruhmespunkte erspielt werden –die das Spiel am Ende noch überraschend wenden können.

    Die Spielanleitung zu Patrizier ist sehr übersichtlich und ausführlich ausgefallen. Auf 6 Seiten wird mit vielen Bildern und Beispielen der leicht zu erlernende Spielablauf genauestens erklärt. Fragen und Unklarheiten sollte keine aufkommen – mehr oder weniger kann man gleich darauf losspielen und das Spiel während der ersten Proberunde erlernen.

    Das Spiel ist für 2 bis 5 Spieler gedacht und spielt sich auch in allen Besetzungen sehr gut. Je mehr Spieler jedoch teilnehmen, desto weniger kann man dann vorausplanen – da sich bis zum eigenen nächsten Zug doch recht viel ändern kann. Die 45 Minuten Spielzeit sind aber angenehm – und laden gleich zu einer Revanche oder weiteren Partie ein.
    Schon auch deshalb, weil man immer mehr Feinheiten und Raffinessen des Spieles kennen lernt und ausprobieren möchte.

    Das Spielmaterial ist schön, passend und funktionell ausgefallen. Die hölzernen Stockwerke sind schön verarbeitet – und lassen sich einfach und leicht stapeln.

    Uns hat Patrizier sehr gut gefallen – und Spieler, die gerne Spiele dieser Art spielen sollte auf alle Fälle ein Auge darauf werfen. Es macht einfach Spaß Türme zu bauen und um die Mehrheit in Italien zu kämpfen – Spaß und Spannung ist bis zum Schluss garantiert …

    Vielen Dank an AMIGO für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars