Spielbesprechung von Györög Kurt
Atlantis
16.05.2010

von Leo Colovini
Amigo
für 2 - 4 Spieler
ab 10 Jahren

„Dem griechischen Philosophen Platon zufolge gab es vor 11.000 Jahren das sagenumwobene Inselreich Atlantis. Die Hauptinsel versank der Sage nach in kurzer Zeit, während die Bewohner versuchten, so schnell wie möglich ihr Hab und Gut von der Insel zu retten.
Den Weg von Atlantis zum sicheren Festland bilden die Wegeplättchen, auf denen die Spieler ihre Figuren gemäß den ausgespielten Bewegungskarten ziehen. Plättchen und Karten zeigen verschiedene Gegenstände, die die Spieler auf ihrem Weg zum Festland mitnehmen.
Es kommt darauf an, die eigenen Karten geschickt einzusetzen, den Mitspielern die lukrativen Plättchen wegzuschnappen und die eigenen Figuren mit den meisten Punkten zum Festland zu bringen.“


Jetzt aber schnell – bevor Atlantis wieder versinkt …

Spielmaterial:
84 Wegeplättchen (mit den Werten 1 – 7, 42x mit Rückseite „A“ und 42x mit Rückseite „B“), 24 Wasserplättchen, 4 Brücken, 12 Spielfiguren (je 3 in blau, weiß, schwarz und rot), 1 Startfeld „Atlantis“, 1 Zielfeld „Festland“, 105 Bewegungskarten (je 15x mit 7 verschiedenen Gegenständen) und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Ende des Spieles die meisten Siegpunkte erzielt zu haben.

Spielablauf:
Die Wegeplättchen werden nach den Rückseiten getrennt verdeckt gemischt und mit den Wasserplättchen bereitgelegt. Das Startfeld wird in die Tischmitte gelegt und daran anschließend die Wegeplättchen wie folgt – offen – angelegt: 10x je 2 „A“-Plättchen übereinander, 10x je 1 „A“-Plättchen, 6x je 2 „A“-Plättchen übereinander, 1 Wasserplättchen, 6x je 2 „B“-Plättchen übereinander, 10x je 1 „B“-Plättchen, 10x je 2 „B“-Plättchen übereinander und als Abschluss das Zielfeld.
Die Bewegungskarten werden gut gemischt und als verdeckter Nachziehstapel bereitgelegt.

Jeder Spieler erhält die 3 Spielfiguren einer Farbe, die er auf das Startfeld stellt – und eine Brücke, die er vor sich auf den Tisch legt. Der Startspieler erhält außerdem 4 Bewegungskarten, und jeder nachfolgende Spieler je 1 Karte mehr, die die Spieler auf die Hand nehmen.

Wer an der Reihe ist, führt nacheinander folgende Aktionen aus:
1. Eigene Figur wählen:
Der Spieler bestimmt einer seiner Spielfiguren – die sich noch nicht auf dem Festland befindet – und bestimmt damit, welche Figur er nun ziehen wird.

2. Karte ausspielen und die gewählte Figur vorwärts bewegen:
Der Spieler spielt eine seiner Handkarten offen aus – und zieht dann seine gewählte Spielfigur solange vorwärts, bis sie ein Feld erreicht, dass den gleichen Gegenstand wie die ausgespielte Karte zeigt.
Ist das Feld frei, bleibt die Figur dort stehen – ansonsten muss der Spieler eine weitere Bewegungskarte ausspielen und seine Figur entsprechend weiterziehen.
Am Ende seines Zuges muss die Figur alleine auf einem Feld zum Stehen kommen.

Kann ein Spieler nicht ziehen, muss er alle Karten vorzeigen und darf danach 2 Karten nachziehen – sein Zug endet damit sofort.

3. Wegeplättchen nehmen:
Der Spieler nimmt sich nun der erste freie Plättchen, das hinter seiner Spielfigur ausliegt und legt es offen vor sich auf den Tisch. Liegen Plättchen übereinander, nimmt sich der Spieler das oberste der beiden.
Entsteht durch das Nehmen des Plättchens eine Lücke, wird diese mit einem Wasserplättchen gefüllt.

4. Neue Karte(n) nachziehen:
Der Spieler darf genau 1 Karte nachziehen.

Danach ist der nächste Spieler an der Reihe.

Karten kaufen:
Zu Beginn seines Zuges kann ein Spieler neue Karten „kaufen“, indem er eines seiner bereits gesammelten Wegeplättchen in die Schachtel zurücklegt und sich dafür halb so viele Karten (abgerundet) vom Nachziehstapel nimmt, wie der Wert des Plättchens angibt.

Lücken (= Wasserplättchen) im Weg:
Es gibt zwei Möglichkeiten solche Wasserplättchen zu überqueren:
A) Wasserplättchen ohne Brücke:
Um ein – oder mehrere hintereinander liegende Wasserplättchen – ohne Brücke zu überqueren zu können, muss der Spieler Punkte bezahlen. Und zwar so viele, wie der kleinere der beiden Werte der Wegeplättchen angibt, die die Wasserplättchen begrenzen.
Siegpunkte können mit gesammelten Plättchen oder mit Handkarten bezahlt werden, wobei jede Handkarte 1 Punkt wert ist – wobei es keine Punkte zurückgibt, wenn man „überzahlen“ muss.
Es können jedoch mehrere Lücken zugleich überquert und gemeinsam bezahlt werden.

B) Wasserplättchen mit Brücke:
Um ein – oder mehrere hintereinander liegende Wasserplättchen – überqueren zu können, kann der Spieler auch seine Brücke einsetzen. Dazu stellt er seine Brücke auf eines der Wasserfelder und darf diese Lücke dann kostenlos überqueren.
Die Brücke bleibt jedoch auf dem Wasserfeld stehen und kann ab sofort von jedem Spieler – kostenlos – genutzt werden.

Das Festland:
Zieht ein Spieler seine Figur auf das Festland, darf er sich noch – wie beschrieben – ein Wegeplättchen nehmen, danach darf der Spieler diese Figur nicht mehr bewegen.
Hat ein Spieler bereits 1 Figur am Festland stehen, darf er ab sofort jedes Mal 2 Karten am Ende seines Zuges nachziehen – und hat er bereits 2 Figuren am Festland stehen, sogar 3 Karten.

Spielende:
Sobald ein Spieler seine letzte Figur auf das Festland zieht, endet das Spiel sofort – als Belohnung erhält der Spieler 4 Karten auf die Hand.

Nun müssen noch alle Spieler ihre restlichen Spielfiguren auf das Festland bringen und die dafür notwendigen Kosten bezahlen. Karten müssen dazu keine mehr ausgespielt werden – es gibt aber auch keine Wegeplättchen als Belohnung und Brücken dürfen nicht mehr eingesetzt werden. Auf diese Weise kann es durchaus auch zu Minuspunkten für Spieler kommen.

Nun zählen die Spieler ihre verbliebenen Punkte zusammen, wobei jede Handkarte 1 Punkt wert ist. Der Spieler mit den meisten Punkten hat gewonnen – bei einem Gleichstand gibt es mehrere Sieger.

Fazit:
Atlantis ist ein unterhaltsames, interessantes und spannendes Lauf-, Sammel- und Positionsspiel für die ganze Familie. Es ist recht einfach und schnell zu erlernen – und kann mehr oder weniger in einer paar Sätzen erklärt werden. Am einfachsten ist es aber, wenn man einfach darauf losspielt: „learning by doing“. Wenn man dabei den Startspieler macht, kann man alles bild- und beispielhaft vormachen und damit erklären.
Der Ablauf und die Spielmechanismen sind aber auch schnell und einfach zu erlernen und verinnerlichen – auf die taktischen Raffinessen muss jeder aber selbst draufkommen. Schaut man eher darauf, dass man seine Figuren recht gleichmäßig zieht und ins Spiel bringt – oder macht man mit einer Figur eine „Durchlauf“ und setzt so auf mehr Handkarten, da man mehr als eine Nachziehen kann?
Verwende ich meine Brücke recht früh, mit dem Risiko, dass ich auch meinen Mitspielern etwas Gutes tue, oder behalte ich sie mir solange zurück, bis nur ich daraus Nutzen ziehen kann? Denn richtigen Zeitpunkt zu finden, kann oft dazu führen, dass man auf der Brücke sitzen bleibt und gar nicht nutzen kann, wenn ein Spieler auf ein schnelles Ende spielt.

Wichtig ist es somit auch, auf seine Mitspieler zu achten, um deren Taktik durchschauen zu können – und eventuell daraus nutzen zu ziehen. Richtig ab- und einschätzen muss man auch, ob es sinnvoll ist, am Anfang seines Zuges gesammelte Punkte in Karten umzusetzen. Habe ich genug Auswahl um auch „richtig“ vorwärts zu kommen, oder sollte ich die Auswahl vergrößern, um so an wertvollere Wegeplättchen zu kommen? Wie groß ist die Gefahr, dass meine Mitspieler die wertvollsten Plättchen einsammeln, ohne dass ich selbst eingreifen kann – oder kann das auf den nächsten Zug warten?

Es gibt viele Entscheidungen zu treffen und Möglichkeiten abzuschätzen – und immer wieder wird man es in der nächsten Partie anders und besser machen wollen. Der Wiederspielreiz ist somit gegeben und auch recht groß, sodass es sicherlich nie bei nur einer Partie bleiben wird.

Aber auch das ansprechende und passend illustrierte Spielmaterial tut das seinige – und bringt Atmosphäre ins Spiel. Die Plättchen sind kompakt, die Spielfiguren aus Holz und die Spielkarten zwar etwas kleiner, aber durchaus funktionell und handlich ausgefallen.
Die Spielanleitung besteht aus 6 Seiten, wobei ein Großteil davon für Bilder und Beispiele verwendet wird – und in welcher der Spielablauf gut strukturiert und übersichtlich erklärt wird. Fragen oder Unklarheiten sollte es eigentlich keine geben – der Spielablauf ist wirklich einfach und fast selbsterklärend.
Alles ist in einer mittelgroßen Schachtel untergebracht …

Das Spiel ist für 2 bis 4 Spieler ausgelegt und spielt sich in jeder Besetzung sehr gut. Die Partien sind bis zum Schluss spannend und interessant – und die ca. 30 Minuten pro Spiels sind angenehm kurz und vergehen wie im Flug. Und ohne Revanche oder weitere Partie wird man Atlantis sicher nicht vom Tisch nehmen.

Uns hat Atlantis sehr gut gefallen und schon viele spannende und interessante Stunden beschert. Aufgrund seiner angenehmen Spieldauer kann man es jederzeit und fast auch überall auf den Tisch bringen – sei es zum Auftakt oder Ausklang eines Spieleabends, oder aber auch nur für zwischendurch oder als Lückebüßer.
Mit Atlantis haben wird wieder einmal ein interessantes Lauf- und Legespiel gefunden, auf das wir nicht mehr verzichten wollen …

Vielen Dank an AMIGO für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars