Spielbesprechung von Györög Kurt
Feudalherren
18.03.2012

von Tom Wham
Lookout Games
für 2 – 6 Spieler
ab 10 Jahren

„Im tiefen Mittelalter waren die Zeiten in Europa ziemlich düster. Die Verteilung der Reichtümer ließ viel zu wünschen übrig. Gierige Leute verbündeten sich, um anderen Sachen wegzunehmen, damit die Reichen noch reicher werden konnten und die Armen noch weniger hatten. Denn so war es schon immer. Also hinein in den Alltag als Baron oder Baronin irgendwo vor langer Zeit hier in der Gegend. Dank deiner Geburt hast du viele kleine Leute, die arbeiten, damit du reicher wirst, und im Gegenzug machst du deinen König immer reicher. Und falls du alles richtig machst, kannst du eines Tages sogar selbst König werden. Oder Königin. Das kannst du dir dann aussuchen.
Jeder Spieler erhält einen Lehensplan mit 64 Feldern, von denen 49 bebaut werden können. 4 davon werden durch den Bergfried abgedeckt, der Platz für Soldaten und Befestigung hat. Der Rest des Lehens hat genügend Platz für Bewohner und Gebäude, die fleißig Ressourcen und Siegpunkte einsammeln und so für Wachstum und Fortschritt sorgen. Zwischendurch kommen auch immer mal wieder Kriege, Überfälle, Turniere, Steuereintreiber, Ratten und anderer Unsinn vorbei. Und wenn das Spiel schließlich vorbei ist, gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten.“


Feudalherren – das erste Lookout-Spiel mit Würfeln …

Spielmaterial:
1 Wertungstafel, 6 doppelseitige Lehenspläne, 2 Übersichtskarten (Schild und Baron-Aktionen), 2 Würfel (8-seitig, in blau und weiß), 1 Beutel, 208 Bewohner-, 24 Befestigungs- und 6 große Bergfried-Plättchen, 12 Spielfiguren (in 6 Farben), 180 Ressourcen (aus Holz, je 36x Nahrung, Stein, Holz, Eisen und Gold), 50 Ereigniskarten und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Ende des Spieles die meisten Siegpunkte erreicht zu haben.

Spielablauf:
Die Wertungstafel kommt in die Tischmitte.

Jeder Spieler nimmt sich die 2 Spielfiguren einer Farbe, wobei eine davon auf das Feld „1“ (=gelber Stern) der Wertungstafel gestellt wird. Ein Startspieler wird bestimmt – beginnend mit ihm sucht sich jeder Spieler einen Lehensplan aus, denn er vor sich ablegt. Außerdem erhält jeder Spieler 1 Bergfried, 1 Turm, 1 Fort, 1 Burg, 1 Festung und 1 Wald.
Der Wald und der Bergfried kommen auf bebaubare (= hellgrüne) Felder am Spielplan, wobei er Bergfried 4 Felder benötigt – er darf dabei aber Berg- und Flussfelder überdecken. Für jeden Berg, der abgedeckt wird, erhält der Spieler – einmalig – 1 Eisen, für eine Doppelspitze sogar 2 Eisen. Auf diesen Bergfried legt jeder Spieler nun seinen „Turm“ – das Fort, die Burg und die Festung kommen auf die entsprechenden Felder am Lehensplan.
Abschließend wird noch jeder Spieler 3 Einheiten der 5 verschiedenen Ressourcen – egal mit welchem Wert.

Die Bewohner-Plättchen kommen nun in den Beutel und werden gut durchgemischt. Dann werden – der Spielerzahl entsprechend – Plättchen gezogen (es dürfen anfänglich keine mit einem Stern sein) und auf der Wertungstafel ausgelegt.
Beginnend mit dem Startspieler darf sich nun jeder Spieler eines dieser Plättchen nehmen, danach in umgedrehter Reihenfolge ein zweites – die dann auf bebaubare Felder am Lehensplan ausgelegt werden. Das übrig gebliebene Plättchen kommt in den Beutel zurück.

Nun werden noch die Ereigniskarten gut gemischt und als Nachziehstapel bereitgelegt. Der Startspieler erhält die Würfel und das Übersichtsplättchen Schild.

Wer nun an der Reihe ist, führt seinen Zug wie folgt aus:
1. Würfeln:
Der Spieler würfelt mit beiden Würfeln. Der blaue Würfel gibt die Spalte, der weiße Würfel die Zeile vor – und bestimmen damit den Aktionsmittelpunkt. Alle Spieler stellen ihre Spielfigur auf dieses Feld ihres Lehens, dieses und die angrenzenden 8 Felder ergeben das Aktionsgebiet.
Reihum kann nun jeder Spieler eines seiner Plättchen nutzen, das sich in diesem Aktionsgebiet befindet:
  • Plättchen mit Ressourcen bringen die entsprechende Ressource.
  • Plättchen mit Siegpunktsymbol bringen entsprechend viele Siegpunkte, die sofort auf der Wertungstafel mit der Spielfigur angezeigt werden.
  • Befestigungsplättchen bringen – nach Wahl des Spielers – Siegpunkte oder genau 1 Ressource seiner Wahl.

Wurde ein Pasch (=zwei gleiche Zahlen) oder mindestens eine „8“ gewürfelt, folgt sofort eine weitere Würfelphase.

2. Ereigniskarte:
Im allerersten Zug wird keine Ereigniskarte gezogen – ansonsten zieht der Spieler die oberste Karte und führt sie aus.

3. Kaufphase:
Der Spieler zieht doppelt so viele Plättchen aus dem Beutel wie Spieler teilnehmen und legt diese auf die Wertungstafel.
Reihum kann nun jeder Spieler ein Plättchen kaufen – entweder ein Plättchen der Auslage oder die nächste Befestigungsstufe. Die geforderten Ressourcen werden bezahlt und das Plättchen auf ein freies Feld am Lehen ausgelegt – dabei sind eventuelle Bedingungen, wo diese gelegt werden dürfen, zu beachten. Kann diese Bedingung nicht eingehalten werden, darf das Plättchen nicht gekauft werden.
Eine Befestigung kommt auf die bisherige Befestigung (falls vorhanden), ansonsten auf ein freies Feld des Bergfrieds.

Nachdem jeder Spieler an der Reihe war, werden übrig gebliebene Plättchen aus dem Spiel genommen.

4. Baron-Aktionen:
Der Spieler hat 2 Baron-Aktionen zur Verfügung, mit denen er je eines seiner Plättchen aktivieren kann. Auf diese Weise können jedoch nur Ressourcen, jedoch keine Siegpunkte erzeugt werden – es darf auch zweimal das gleiche Plättchen aktiviert werden.

Es besteht außerdem die Möglichkeit, die zweite Baron-Aktion für eine der folgenden Sonderaktionen zu nutzen, wenn der Spieler eine gewisse Anzahl an Siegpunkten riskieren kann und will:
  • Eine geheime Liebschaft mit dem König oder der Königin: der Spieler würfelt mit beiden Würfeln – ergibt die Summe 2, 3 oder 4 verliert der Spieler 1 Siegpunkt, bei 9 oder mehr erhält er 1 Siegpunkt.
  • Sabotage: der Spieler würfelt mich einem Würfel und muss entsprechend viele Goldstücke bezahlen – kann er das nicht, ist die Aktion zu Ende, ansonsten kann er versuchen ein beliebiges Plättchen eines Mitspielers zu zerstören. Dazu würfeln beide mit beiden Würfeln: würfelt der Saboteur höher, wird das Plättchen entfernt – ansonsten verliert der Saboteur 1 Siegpunkt.
  • Attacke!: der Spieler kann einen Mitspieler, oder einen der neutralen Staaten „Santa Paravia“ oder „Fiumaccio“ angreifen. Dazu würfelt er mit beiden Würfeln und zählt dazu die Stärke seiner Truppen (Landsknechte, Bogenschützen und Ritter). Dieser Angriffswert wird mit dem Verteidigungswert (Befestigungswert plus Stärke aller Militäreinheiten) verglichen – ist der Angriffswert höher, hat der Angreifer gewonnen, ansonsten verloren:
    • Gewinnt der Spieler gegen einen Mitspieler und übertrifft den Verteidigungswert um 1-3 Punkte, erhält er entsprechend viele Ressourcen von diesem – bei 4 oder mehr Punkten Unterschied, erhält er 1 Siegpunkt zusätzlich und der Mitspieler verliert 1 Siegpunkt.
      Danach müssen alle angreifenden Einheiten einen Rettungswurf machen: ist das Ergebnis gerade, überlebt die Einheit, ansonsten kommt sie aus dem Spiel.
      Die verteidigenden Einheiten müssen nicht würfeln – sie haben keine Verluste.
    • Gewinnt der Spieler gegen „Santa Paravia“, erhält der 1 Siegpunkt, ansonsten verliert er 1 Siegpunkt.
    • Gewinnt der Spieler gegen „Fiumaccio“ erhält er 2 Siegpunkte, ansonsten verliert er 2 Siegpunkte und es kommt zu einem Krieg (der auch durch Ereigniskarten ausgelöst werden kann):
      • Der König fordert dabei eine bestimmte Truppenstärke an und jeder Spieler muss Militäreinheiten mit mindestens dieser Stärke schicken. Kann er das nicht, verliert er 1 Siegpunkt und muss schicken, was er hat.
        Der aktive Spieler würfelt mit beiden Würfeln: ist die Summe mindestens „8“, wird der Krieg gewonnen und alle Spieler, die Truppen geschickt haben, erhalten 1 Siegpunkt – ist mindestens 1 Ritter dabei, gibt es 1 Siegpunkt zusätzlich. Wurde weniger als „8“ gewürfelt, ist der Krieg verloren – es gibt keine Siegpunkte.
        Nach dem Krieg müssen alle beteiligten Einheiten einen Rettungswurf machen: ist das Ergebnis gerade, überlebt die Einheit, ansonsten kommt sie aus dem Spiel.

Die Zahl der Siegpunkte kann nie unter „0“ fallen.

5. Ernährung:
Der Spieler muss für je 5 angefangene Plättchen (und es gelten alle Plättchen im Lehen) in seinem Lehen (pro 6 angefangene bei 2 oder 3 Spielern) 1 Nahrung abgeben. Für jede Nahrung, die er nicht bezahlen will oder kann, muss ein Plättchen entfernt werden. Die Rattenplage kann man dabei nicht „verhungern“ lassen, sofern es noch andere Plättchen gibt.

6. Zugende:
Der Spieler gibt das Übersichtsplättchen Schild und die Würfel an den nächsten Spieler weiter – dieser ist nun an der Reihe.

Handeln:
Es können jederzeit Ressourcen im Verhältnis 4:1 getauscht werden.

Spielende:
Wenn es einem Spieler bei Zugende gelingt, eine der Spieleranzahl entsprechende Anzahl von Siegpunkten zu besitzen, hat er gewonnen. Gibt es hier einen Gleichstand, gewinnt der Spieler, der die stärkere Armee hat – ansonsten gibt es mehrere Sieger.

Fazit:
Feudalherren ist ein sehr interessantes, lustiges und spannendes Aufbau-, Kampf-, Ärger- und Positionsspiel für die ganze Familie.
Es geht darum, ein funktionierendes Lehen aufzubauen, indem Ressourcen erzeugt werden, mit denen dann Befestigungen, neue Bewohner – aber auch Ritters und sonstige Errungenschaften ins Land geholt werden.
Gleichzeitig – und um zu gewinnen – muss man auch Siegpunkte scheffeln und produzieren, denn wer als Erster eine bestimmte Anzahl davon hat, hat gewonnen.
Auf dem Weg dahin können Mitspieler geärgert und am Sieg gehindert werden, indem man diese in Kriege verwickelt und ihre Ländereien sabotiert.

Umgesetzt ist das ganze so, dass über einen Würfelwurf bestimmte Felder – in allen Lehen aller Spieler – aktiviert werden und dort ausliegenden Plättchen genutzt werden können. Es gilt daher, seine Plättchen in seinem Lehen gut zu streuen und gut verteilt auszulegen, um möglichst immer Plättchen zum Aktivieren zu haben. Dies gelingt zwar nicht immer, da bestimmte Plättchen an Bedingungen (z.B. an einen Fluss) gebunden sind – dem Würfelglück (oder auch –pech) wird etwas Einhalt geboten, indem immer das ausgewürfelte – und die 8 angrenzenden Felder – aktiviert werden und somit immer 9 möglich Felder zur Verfügung stehen.

Unvorhersehbar sind dann aber auch die Ereingiskarten, die ab der zweiten Runde ins Spiel kommen, und allerlei Gemeinheiten, wie eine Rattenplage, Kriege oder aber auch Riesen bzw. Drachen ins Spiel bringen, und die Spieler unter Druck setzen.

Während eines Zuges sind immer alle Spieler beteiligt und ins Geschehen eingebunden – es gibt für alle Erträge bzw. Siegpunkte (sofern Plättchen aktiviert werden können) bzw. alle Spieler können Plättchen kaufen. Wartezeiten und Lagenweile sollte somit keine aufkommen – nur die Baron-Aktionen sind dem aktiven Spieler vorbehalten und können nur von ihm ausgeführt bzw. genutzt werden.

Übersichtliches – und womöglich vorausschauendes Spielen – ist hier von Vorteil, wie auch, wenn man seine Mitspieler immer ein wenig im Auge hat und öfters mal „miteinbezieht“, wenn es darum, wohin ein Monster oder die Ratten gehen sollen ;-) …

Die Spielanleitung besteht aus 8 sehr übersichtlichen, ausführlichen und gut strukturierten Seiten, die aufgrund der vielen Bilder und Beispiele keine Fragen oder Unklarheiten aufkommen lässt. Alles ist genau beschrieben und kann – wenn nötig – auch schnell zum Nachlesen gefunden werden.

Das Spielmaterial besteht aus hölzernen Ressourcen, handlichen Karten und kompakten, funktionellen Plättchen. Alles ist comichaft und sehr schön und ansprechend illustriert, sodass Stimmung und Atmosphäre aufkommt – und vor allem jede Menge Spaß.
Alles ist in einer mittelgroßen Schachtel untergebracht, in der es leider keine Einteilungen und Fächer gibt.

Die Vielzahl an Plättchen und Ereigniskarten lässt den Wiederspielreiz in die Höhe schnellen und man möchte immer gleich eine zweite, wenn nicht dritte Partie bzw. Revanche anhängen. Da die Spieldauer aber ca. 1 bis 1½ beträgt, ist dies leider an einem Abend nicht immer möglich ;-) – obwohl die Zeit für die 2 bis 6 Spieler meist wie im Fluge vergeht.

Uns hat Feudalherren sehr gut gefallen und wurde sehr schnell zu einem unserer Lieblingsspiele – es darf derzeit an keinem unserer Spieleabende fehlen. Und das wird sich sicherlich so schnell nicht ändern …

Vielen Dank an LOOKOUT GAMES für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars