Dr. Heinz Jaksch
Spezialgebiet: Biologische Wasseraufbereitung für Badegewässer

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Test eines Fadenalgenmittels auf Basis von Fruchtsäuren und Chelatoren

Vorbemerkung

In mehreren Versuchen sollte getestet werden, ob ein bestimmtes Mittel gegen Fadenalgen auch in Schwimm- und Gartenteichen eingesetzt werden kann. Das Mittel ist lt. Hersteller ungiftig und basiert auf Fruchtsäuren und Chelatoren. Durch die Zusammensetzung sollen Nährstoffe - wie Phosphor - den Algen zugänglich gemacht und von diesen ins "Kalkgerüst" eingebaut werden. Anschließend sollen die Algen absterben.

Um die etwas kryptischen Angaben zu überprüfen, wurden im Biologischen Labor Wien-Ost ein Toxizitätstest mit Daphnien (Simocephalus vetulus) sowie ein mehrmonatiger kontrollierter Test im Aquarium mit mehreren Fadenalgen-Arten und zweimaliger Zugabe des Mittels durchgeführt.

Diese Studie wurde in Eigenregie des Biologischen Labors Wien-Ost durchgeführt und weder vom Hersteller noch von sonst einer Einrichtung finanziell unterstützt. Das untersuchte Mittel wurde freundlicherweise von Hrn. Glenk (Schwimmteich-Selbstbau "http://www.schwimmteich-selbstbau.de/") zur Verfügung gestellt.

Durchführung und Ergebnisse

Toxizitätstest
Für den Toxizitätstest (Gifttext) wurden 8 Bechergläser zu je 250 Milliliter mit filtriertem Wasser aus einem Donaualtarm gefüllt. In jeden Behälter kamen 5 erwachsene Daphnien (Simocephalus vetulus) aus eigener Zucht. In 4 der Gläser wurde das zu testende Mittel gegeben. Die Daphnien in allen 8 Behältern wurden während des dreiwöchigen Versuchs regelmäßig mit definierten Mengen an Hefesuspension gefüttert.

Der Versuch ergab weder bezüglich des Überlebens der Daphnien noch bezüglich der Nachkommenschaft einen signifikanten Unterschied zwischen den mit Mittel versetzten Daphnien und den Kontrolltieren. Da Daphnien bekanntermaßen empfindlich auf Schadstoffe reagieren, kann davon ausgegangen werden, dass das Mittel aus toxikologischer Sicht tatsächlich unbedenklich ist. Eine Überdosierung wurde allerdings nicht getestet.

Phosphormessung
Im Zuge des Toxizitätstests wurde auch eine Analyse auf Totalphosphor durchgeführt und die brachte ein heftiges Ergebnis: Durch vorschriftsgemäße Zugabe kommt es zu einer Aufdüngung bezüglich des Phosphors auf 2.200 µg/l oder 2,2 mg/l. Das ist das 250- bis 500-fache dessen, was ich für einen Schwimmteich empfehlenswert ist. Seitens des Herstellers wird zwar behauptet, dass dieser Phosphor nicht verfügbar ist bzw. falsch eingebaut wird (so klar wird es nicht beschrieben). Allerdings muss man bedenken, dass jedes Molekül durch die Mikrobiologie im Teich ständig ab- und umgebaut wird und irgendwann wird der Phosphor auch wieder in eine für Pflanzen verfügbare Form verwandelt. Letztendlich bleibt ein Phosphor-Atom ein Phosphor-Atom und ein Entkommen aus dem Teich gibt es nicht. Phosphor hat keine Gasphase und das Sediment bleibt Teil des biologischen Kreislaufs.

Kontrollierter Aquarienversuch
Um der Sache weiter auf den Grund zu gehen, wurde im Biologischen Labor Wien-Ost dann über mehrere Monate ein kontrollier Aquarienversuch (250 l Becken) mit verschiedenen Algen (Mischprobe aus einem Altarm der Donau) durchgeführt. Zu Beginn des Versuchs waren sowohl Algenbärte (Cladophora sp., Oedogonium sp., Geminella sp., Tribonema sp.) als auch Beläge (hauptsächlich Gloeocystis ampla) im Becken. Aufgefüllt wurde das Becken mit Leitungswasser, das in Wien nachweislich keine nennenswerten Phosphor-Mengen enthält.

Becken vor Beginn des Versuchs mit dem Fadenalgen-Mittel

Am 28. Dezember 2006 habe ich dann erstmals das Mittel genau nach Vorschrift dazu gegeben und abgewartet. Bereits am 31. Dezember 2006 zeigte sich eine deutliche Wirkung, die ursprünglich grünen Algenbärte waren deutlich verblasst und zerfielen teilweise. Ich habe zwischendurch immer wieder Algenproben untersucht, den einzelnen Algenzellen ging es sichtlich nicht gut. Alle Arten blieben aber prinzipiell am Leben. Bis Mitte Jänner 2007 änderte sich wenig, die verbliebenen kleinen Bärte waren nach wie vor blass. Zwischendrin entstanden allerdings Nester von Blaualgen (Anabaena sp., Stickstoff-fixierend, was erstmals auf eine Überdüngung mit Phosphor hinwies).

Situation der Algen 2 Wochen nach Zugabe des Mittels, Fäden sind deutlich verblasst


Gegen Ende Jänner 2007 erholten sich die Fadenalgen dann wieder, die Bärte wurden wieder deutlich grün und wuchsen auch wieder. Der mikroskopische Befund brachte alle bereits bekannten Algen zu Tage, mit Ausnahme der kokkalen Gloeocystis ampla. Dafür war in den Bärten zusätzlich die Jochalge Spirogyra sp. massiv vertreten.
Am 24. Februar wurde dann zum zweiten Mal die vorgeschriebene Dosis verabreicht. Diesmal gab es keine sichtbare Reduktion der Bärte. Ganz im Gegenteil wachsen die Algen seither (das Becken ist im Labor immer noch in Betrieb) immer dichter. Mittlerweile ist praktisch alles zugewuchert.

Aquarium etwa 5 Wochen nach Zugabe des Mittels, Algen erholen sich zunehmend, wachsen dichter als zu Beginn des Experiments

Der Versuch bestätigt den Verdacht, dass der Phosphor für die Algen mittel- und langfristig sehr wohl verfügbar und zu einer brauchbaren Nährstoffquelle wird.

Fazit

Alles in Allem muss ich vor einem Einsatz des Mittels in einem Bade-, Schwimm- oder Gartenteich dringend abraten. So wie ich die Sache jetzt sehe, muss die Sache mittel- bis langfristig in einer Katastrophe enden, den Teich wird man früher oder später mehrfach komplett auspumpen müssen. Mehrfach deshalb, weil selbst eine zehnfache Verdünnung immer noch eine extrem hohe Phosphor-Konzentration bedeuten würde.

 

Dr. Heinz Jaksch, Biologisches Labor Wien-Ost