Versuch
über die abbauende Wirkung spezieller Mischungen von Mikroorganismen
in Wasser und Sediment (Mai - Juli 2009)
Motivation
Seit vielen Jahren werden spezielle Mischungen von Mikroorganismen (laut
Beschreibung Bakterien und Pilze) angeboten, welche den Abbau von organischem
Material fördern sollen. Eingesetzt werden solche Präparate
etwa in der Landwirtschaft und im Gartenbau. Auch in Kleingewässern
sollen diese Mittel laut Werbung nützlich sein, indem sie beispielsweise
Schlamm abbauen und das Algenwachstum hemmen.
Um der Sache auf den Grund zu gehen und laufende Anfragen fundiert beantworten
zu können hat das Biologische Labor Wien-Ost einen mehrmonatigen
Labor-Versuch durchgeführt. Dabei sollte vor allem die abbauende
Wirkung der Mikroorganismen getestet werden.
Es wurde dazu ein Präparat einer namhaften Firma eingesetzt und damit
exakt nach den Vorschriften der Gebrauchsanweisung (Lagerung, eingesetzte
Mengen etc.) umgegangen.
Material
und Methode
Getestet wurde der Abbau einer gemischten Sedimentprobe in filtriertem
(Maschenweite 100 µm) Aquarien-Wasser. Die Probe bestand zur Hälfte
aus natürlichem Sediment eines Altarmes der Donau mit geringem organischen
Anteil (10,1 % am Trockengewicht) und zur anderen Hälfte aus zerkleinertem,
homogenisierten Torf mit hohem organischen Anteil (97,4 %). Der organische
Anteil am Gemisch betrug 53,8 %.
Je ein Gramm Sediment und Torf wurde in vier Glasbehälter (Fassungsvermögen
je 1 l) – in Folge G1, G2, G3 und G4 genannt - gegeben und mit 0,5
l Aquarien-Wasser aufgefüllt (Ausgangswerte des Wassers
siehe Tab. 1). Um vor allem die Torfpartikel zum Absinken zu bringen
wurden die gefüllten Behälter im Exsiccator kurz (10 min.) evakuiert.
Nach einer Ruhepause von zwei Wochen wurden dann die Mikroorganismen nach
Vorschrift zugegeben (Wasserwerte nach zwei Wochen mit Sediment und vor
Zugabe der Mikroorganismen siehe Tab. 2).
Um einen Vergleich der mikrobiellen Aktivitität bzw. die Abbauleistung
zu erhalten wurden die Mikroorganismen für G2 und G3 zuvor bei 120°
C unter Druck sterilisiert. Zu G1 und G4 wurden die Mikroorganismen unverändert
beigegeben.
Anschließend wurden alle Behälter im Wärmeschrank bei
30 Grad im Dunkeln und ohne Umrühren insgesamt sechs Wochen inkubiert.
Um Unterschiede durch mögliche Temperaturgradienten im Wärmeschrank
auszuschließen wurden die Gefäße mehrfach umgestellt.
Vier Wochen nach dem Start wurde eine Zwischenanalyse des überstehenden
Wassers auf Total-Phosphor durchgeführt (Tab. 3).
Sechs Wochen nach dem Start erfolgte die Endanalyse des Wassers (Tab.
4) und des Sediments (Wasser in Gefäßen bei 90 °C eingedampft
- Tab. 5). Zur Ermittlung des Trockengewichts wurden
die Sedimentproben über Nacht bei 105 °C getrocknet. Die Bestimmung
des organischen Gehalts erfolgte durch Muffeln bei 550 °C über
Nacht.
Beobachtungen
und Ergebnisse
Temperatur
[°C] |
22 |
pH-Wert |
8,4 |
Leitfähigkeit
[µS/cm] |
159 |
Härte
[°d (Deutsche Härtegrade)] |
7 |
Nitrat
[mg/l (als NO3)] |
<0,1 |
Total-Phosphor[µg/l
(als P)] |
2 |
Tab.
1 – Ausgangswerte Aquarien-Wasser |
Temperatur
[°C] |
22,4 |
pH-Wert |
8,13 |
Leitfähigkeit
[µS/cm] |
311 |
Härte
[°d (Deutsche Härtegrade)] |
12 |
Nitrat
[mg/l (als NO3)] |
<0,1 |
Nitrit
[mg/l (als NO2)] |
0,01 |
Ammonium
[mg/l (als NH4)] |
0,6 |
Total-Phosphor
[µg/l (als P)] |
111 |
Tab.
2 – Wasserwerte mit Sediment ohne Mikroorganismen |
|
G1 |
G2 |
G3 |
G4 |
Total-Phosphor
[µg/l (als P)] |
136 |
143 |
143 |
146 |
Tab.
3 – Total-Phosphor nach 4 Wochen Inkubation mit Mikroorganismen |
|
G1 |
G2 |
G3 |
G4 |
Temperatur
[°C] |
22,4 |
22,4 |
22,4 |
22,4 |
pH-Wert |
8,53 |
8,52 |
8,54 |
8,52 |
Leitfähigkeit
[µS/cm] |
280 |
284 |
280 |
281 |
Härte
[°d (Deutsche Härtegrade)] |
11 |
10 |
9 |
9 |
Nitrat
[mg/l (als NO3)] |
12,6 |
11,2 |
12,3 |
11,9 |
Nitrit
[mg/l (als NO2)] |
0,005 |
0,02 |
0,02 |
0,005 |
Ammonium
[mg/l (als NH4)] |
<0,05 |
<0,05 |
<0,05 |
<0,05 |
Ortho-Phosphat
[µg/l (als P)] |
100 |
120 |
91 |
102 |
Total-Phosphor
[µg/l (als P)] |
106 |
126 |
97 |
110 |
Tab.
4 – Wasserwerte nach 6 Wochen Inkubation mit Mikroorganismen |
|
G1 |
G2 |
G3 |
G4 |
Trockengewicht
[mg] |
1883 |
1758 |
1792 |
1789 |
Organischer
Anteil [%] |
54,3 |
52,7 |
51,7 |
52,3 |
Tab.
5 – Trockengewicht und organischer Anteil des Sediments nach
6 Wochen Inkubation mit Mikroorganismen |
Über
die sechswöchige Dauer des Versuchs konnten weder nennenswerte Unterschiede
im Wasser noch im Sediment zwischen den mit sterilisierten und den mit
lebenden Mikroorganismen beimpften Proben festgestellt werden. Eine Ausnamhe
machten lediglich die Nitrit-Werte. Hier ergaben die nicht-sterilisierten
Proben klar höhere Werte. Das lässt darauf schließen,
dass es sehr wohl unterschiedliche mikrobielle Aktivitäten zwischen
den Proben gab.
In keiner Phase des Experiments ergab sich beim wichtigen Phosphor-Wert
ein signifikanter Unterschied. Bei einem verstärkten Abbau von organischem
Material – Fachausdruck: Mineralisation – hätte ich mir
etwa einen Anstieg des freien Phosphats oder wenigstens des Total-Phosphors
im Wasser erwartet. Ein Absinken des pH-Werts durch die verstärkte
Freisetzung von Kohlendioxid und ein Anstieg der Leitfähigkeit in
den Proben mit den lebenden Mikroorganismen ist ebenfalls ausgeblieben.
Auch rein optisch ergab sich in den 4 Gefäßen während
des Versuchs keine Unterschiede.
Letztendlich hat sich der organische Anteil des Sediments in allen vier
Gefäßen während der Inkubation gegenüber dem Ausgangswert
überhaupt nicht verändert.
Fazit
Nach derzeitigem Stand meines Wissens würde ich den Einsatz derartiger
Mittel in Garten- und Schwimmteichen nicht empfehlen, zumal die Sache
mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist.
Klarstellung
Betonen möchte ich, dass es sich um keinen Blindversuch handelte.
Das heißt, der Experimentator wusste stets, mit welchen Proben er
gerade hantierte. Dennoch kann ich versichern, dass der Versuch nach bestem
Wissen und Gewissen durchgeführt wurde.
Ich kann und will weiters nicht ausschließen, dass die Mikroorganismen
unter anderen Umständen auch anders reagieren, als in den kleinen
Glasgefäßen im Labor. Wie eingangs erwähnt erfolgte der
Versuch zum Großteil in Dunkelheit und ohne Wasserbewegung. Von
einer Belichtung wurde abgesehen, da auch in einem naturnahen Schwimm-
oder Gartenteich ein Großteil des Sediments unbelichtet ist.
Generell sind aber Laborversuche nur bedingt auf Freilandbedingungen umlegbar.
Dr. Heinz Jaksch
Biologisches Labor Wien-Ost
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