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In einer Reihe von fünf wissenschaftlichen
Veranstaltungen ging webbrain der Frage nach, wie unter den Bedingungen
der gegenwärtigen (Wirtschafts)Krise die Kunst in Richtung größerer
oder beschränkter Handlungsfähigkeit wirkt. Sie kann die Sprache
der Macht oder der Ohnmacht annehmen, dabei wird ideologisch entschieden,
ob sie zur Emanzipation der Individuen beiträgt. In jeder Krise verbirgt
sich immerhin die Chance zum Paradigmenwechsel.
1_
Als Ausdruck selbstbewusst-zukunftsgewandter
Arbeiterkultur etwa interpretiert Stephanie Matuszak-Gross
Kinderfiguren und Putti, die als Sujet in den Gemeindebauten des Roten
Wien verwendet wurden. Sie verweisen visionär auf die "neuen
Menschen" - Hoffnung auf die "neue Zeit" [s. "Otto
Bauer und der Austromarxismus. >Integraler Sozialismus< und die
heutige Linke", Hgg. Von Walter Baier/Lisbeth N. Trallori/ Derek
Weber, Berlin (Dietz-Verlag) 2008]
2_
Der Begriff des "virtuellen (mit der Zukunft und Vergangenheit aufgeladenen)
Realismus" wird vom Galeristen und Ökonomen Reinhold
Sturm in die Kunstdebatte eingeführt. Mit der Kunstentwicklung
im 20. Jh. gehe parallel oder als Reflex auf historische Entwicklungs-Stockungen
und Krisen des kapitalistischen Weltsystem (Weltkriege, Faschismus und
Revolutionen) die Destruktion der Sinne und der Sinnlichkeit einher. Analog
zu Erkenntnissen in der Physik nimmt die Kunst Multi-Zentrizität
und Relativität (Sterne, Dostojewskij, Carroll) als Stilmittel auf
[mehr]
3_
Schuberts "Winterreise", bzw. die Texte von Wilhelm Müller
(veröffentlicht 1823) standen im Zentrum von Otto
Brusattis musikhistorischer und Bertl Mütters
außergewöhnlicher Interpretation auf Posaune und exotischeren
Instrumenten (Muschel). Sind Rückzug oder Verschlüsselung Antwort
auf die gesellschaftliche Krise der Zeit nach dem Wiener Kongress? "Winter",
"Hunde an ihren Ketten", "Krähen" können
auch als Metaphern für eine unerträgliche politische Situation,
staatliche Autorität und Spitzelwesen gelesen werden, wie der "Mai"
und die "geliebte Frauengestalt" als Gegenbilder einer besseren
Gesellschaft. [mehr]
4_
Den ökonomischen Wurzeln der Krise des gegenwärtigen Wirtschaftens
ging Peter Fleissner im Gespräch mit
Matthias Meinharter (Künstler, mehr)
auf den Grund. Die zentralen ökonomischen Kreisläufe (Reproduktion
der Arbeitskräfte, Akkumulation von Realkapital und Finanztransaktionen)
steuern zwischen den Polen "Effektivierung" und "Humanisierung",
aber nicht "automatisch", sondern beeinflusst von politischen
Machtkonstellationen [mehr].
5_
Am Schluss spannte Karin Dupuy in
ihrem Vortrag, ausgehend von einem österreichischen kunsthistorischen
Spezifikum, den Wiener Aktionisten, den Bogen von den 60er bis in die
90 Jahre. Die Skandale schadeten nicht selten den KünstlerInnen und
machten ihre Gegner populärer. Immer wieder ging es neben sexuellen
Tabubrüchen um die Bemühungen zur Überwindung des Österreichischen
Nachkriegsfaschismus auf (z. B. Jelinek, Bernhard, Hrdlicka).
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