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UND SIE BEWEGT SICH DOCH

Seit Juli 2001 kennt die VolxTheaterKarawane jede/r. Beim Namen. Dieser wird mit dem Ruf verbunden, es handle sich um eine „gefährliche Vereinigung“. Stichwort Genua. Da ihre Mitglieder seither jedoch nicht mehr verhaftet worden sind, ist es in den Medien um die Gruppe still geworden. Sie bewegt sich aber doch.

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Zur Geschichte: Bei dem OrganisatorInnen und Mit-Reisenden der VolxTheaterKarawane handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe - sie stammen aus unterschiedlichen kulturellen und politischen Kontexten. Die Initiative zur Bildung der Karawane ging vor allem von Mitgliedern des „Volxtheater Favoriten“ aus. Diese 1994 gegründete, unabhängige Bühnen- und Straßentheatergruppe mit Sitz im Ernst Kirchweger-Haus in Wien/Favoriten hat kein fixes Ensemble. Es gibt keine RegisseurInnen, die Stücke werden gemeinsam durch lange Diskussionen (und nie ohne Meinungsverschiedenheiten) erarbeitet. Daneben versteht sich das Volxtheater aber auch als Aktionsgruppe, die versucht, „durch spontane oder geplante künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum politische Verantwortung und Zivilcourage zu beweisen“.

Im Sommer 2000 entstand zum ersten Mal die Idee, den politischen Aktionismus des Volxtheater in Form einer ziehenden Karawane nach außen zu tragen. Als Teil der „Kulturkarawane durch Kärnten und die Steiermark“, im Rahmen derer im Oktober 2000 kulturelle Veranstaltungen in Dörfern und Kleinstädten Kärntens und der Steiermark und internationale Widerstandstage in Klagenfurt stattfanden, zog die Theatergruppe als fahrende Karawane durchs Land. Ziel war es, mittels Theater Aktionismus und Information zu verbinden. Diese Idee wurde ab 2001 mit der VolxTheaterKarawane fortgesetzt.

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Die Volxtheaterkarawane wurde gemeinsam mit der Plattform „Für eine Welt ohne Rassismus“ entwickelt, ist Teil des europaweiten noborder-Netzwerks und arbeitet mit politischen Gruppen an den besuchten Orten zusammen. Die Karawane versteht Theater als „Work-in-progress“-Prozess im Spannungsfeld der Politik, eine Kombination aus Straßentheater und Performances, unabhaengiger Medienarbeit, Dokumentation, Information und Diskussionen über Migration und Globalisierung und der Forderung nach Bewegungsfreiheit für alle. Für die Volxtheaterkarawane gilt das Prinzip der Selbstorganisation (wie auch der Organisierung von Schlafplätzen und Küche). Auf fixe Rollen wird verzichtet, die diversen Aufgaben routieren innerhalb der Gruppe. Denn auch der Gruppenprozess selbst wird als politisches Projekt verstanden, das strukturelle Hierachien zu vermeiden sucht. Es gibt keine „FührerInnen“ - es gilt, Konflikte in Dialoge umzuwandeln. „Noborder“ heißt auch, eigene Grenzen zu überschreiten.

Provokationen, Irritationen


Auf die Straße zu gehen bedeutet für die Volxtheaterkarawane also, Provokationen und Irritationen zu setzen und die Strukturen von Hierarchien und Gewalt in Frage zu stellen. Mit dieser Karawane zu verschiedenen politischen und kulturellen Events zu reisen, wird als Symbol für den Diskurs über Migration und Globalisierung verstanden. Jedes dieser sozialen Treffen ist für die Karawane ein Ort und eine Möglichkeit für offene Diskussionen zum Thema „Recht auf Bewegungsfreiheit“.

Materialien, die bei Aufführungen zum Einsatz kommen, umfassen unter anderem eine Volxküche, Info-Material, Bücher, Computer, ein Soundsystem, Transparente, orange Overals und Helme (mit VolxTheaterKarawane-Logo), SoldatInnenuniformen mit blauen UNO-Helmen, Unmengen an Reifenschläuchen, diverse Kostüme oder Jonglier-Austrüstungen. Was davon bei den Aufführungen konkret verwendet wird, hängt von der jeweiligen Situation und dem jeweiligen Ort ab, aber auch von der Anzahl an Personen, die daran mitwirken.

Unter anderem diese Materialien wurden der VolxTheaterKarawane damals in Genua zum Verhängnis. Aber über die Inhaftierung der Mitglieder ist schon genug berichtet worden. Wohl jede/r kann sich daran erinnern - mangels öffentlicher Berichterstattung kaum an die Aktionen im letzten Jahr. Dafür kann sich jede/r bald davon selbst überzeugen, wie gefährlich diese VolxTheaterKarawane wirklich ist:

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(Hinweis: Veranstaltungen aus dem Jahr 2003.) Am 22. und am 25. Mai tritt sie - im Nachtasyl und bei „SOHO in Ottakring“ - wieder auf: Mit einem Liederabend. Selbstverständlich nicht mit einem gewöhnlichen: Gespielt werden in den USA „verbotene“ Songs, d.h. es gibt in Amerika eine Liste, mittels derer Rundfunkstationen davon abgehalten werden sollen, z.B. „Lucy in the Sky with Diamonds“ von den Beatles nicht zu senden. Eine obskur anmutende Liste ist das, mit Liedern, die vom Fliegen (11. September!), Krieg und Bomben (Golfkrieg 2!) handeln.

Bei SOHO in Ottakring kommt auch der Volxtheaterkarawanen-Bus mit Netzanschluss und Soundsystem zum Einsatz, der die Karawane auf ihren weiteren Aktivitäten im heurigen Jahr begleiten wird.

Beim Austrian Social Forum etwa (29. Mai bis 1. Juni in Hallein), in dessen Rahmen ein Projekt namens „Ananas social factory“ geplant ist. Dort wird im Bus (neben Computern, Radiostation, kleinem Kino und Lounge) erstmals auch die Ausstellung über die so kurze wie bewegte Geschichte der VolxTheaterKarawane gezeigt.

Anschließend geht‘s zum noborder-Camp in Rumändien (9. bis 15. Juni), danach werden im Rahmen des oberösterreichischen „Festivals der Regionen“ (27. Juni bis 5. Juli) Projekte unter anderem mit der „Karamelkarawane“ gezeigt, schließlich wird beim Grazer Projekt „Schengenblick“ im „Dom im Berg“ die Premiere des neuen Volkxheater-Stücks „Bukaka“ gezeigt, bei dem der noborder-Begriff auf Geschlechter-Identitäten ausgeweitet werden soll. ###

© Augustin 2003

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