Der Immobilienstreit

Karmi und Tochni - zwei Beispiele zum Nachdenken

Karmi (türk. Karaman) ist ein idyllisches Dorf am

Nordabhang des Kyrenia-Gebirges mit einem herrlichen

Blick auf das Meer und die Stadt Kyrenia / Girne.

1974, als es infolge eines mehr als 10 Jahre andauernden

Volksgruppenkonfliktes zur Teilung der Insel kam, wurden

die griechisch-zyprischen Bewohner des Dorfes

zwangsweise in den Süden der Insel umgesiedelt. Die

meisten Häuser des Dorfes schienen dem Verfall preis-

gegeben. Als sich die politische Lage auf der Insel

einigermaßen stabilisiert hatte und der Tourismus

wieder in Schwung kam, entdeckten britische und

deutsche Gäste die Schönheit des Dorfes. Von der

türkisch-zyprischen Administration erhielten sie die

Möglichkeit, die bereits stark in Mitleidenschaft

gezogenen Häuser gegen ein geringes Entgelt zu

mieten und mußten sich dafür verpflichten, sie zu

renovieren und instand zu halten. Was daraus

wurde ist heute zweifellos das schönste und sau-

berste Dorf auf ganz Zypern. Die kommunalen

Angelegenheit werden nicht von einem Bürger-

meister, sondern von einem Dorfkomitee erle-

digt, dam alle Bewohner/innen von Karmi unab-

hängig von ihrem Herkunftsland angehören.

Nach der Öffnung der green line für den innerzyprischen Per-

sonenverkehr dauerte es naturgemäß nicht lange, bis die frü-

heren Besitzer kamen um zu sehen, was aus den Häusern wur-

de, die sie 30 Jahre zuvor verlassen mußten. Und sie be-

gnügten sich nicht damit, sich über den exzellenten Bauzu-

stand der Häuser zu freuen, was nicht selbstverständlich ist,

denn an manch anderen Orten haben die Menschen nur

Ruinen vorgefunden, sondern stellen auch Ansrpüche ge-

gen die derzeitigen Bewohner. Dem Vernehmen nach soll es

hier bereits zu einem Eklat gekommen sein. Bis zu einer po-

litischen Lösung der Zypernfrage sind die heutigen Bewohner

von Karmi verunsichert, da sie nicht wissen, ob

sie auch in Zukunft in ihren Häusern verbleiben

werden dürfen. Daß sie jedoch diejenigen sind,

denen der erstklassige Zustand dieses

malerischen Dorfes zu verdanken ist und ohne

deren Investition an dieser Stelle ein ver-

lassenes Ruinendeorf stünde, daran denkt dabei

offensichtlich niemand.

In Tochni (türk. Taskent), einem idyllischen Dorf an der Süd-

küste auf halbem Wege zwischen Limassol und Larnaca

sieht die Sache ein bischen anders aus. Land developers reno-

vieren die schönen alten Häuser, statten sie mit zeitgemäßem

Komfort und Swimmingpools aus um sie an Nord- und Mittel-

europäische Interessenten zu verkaufen. Wer hier ein Haus

erwerben will, braucht keine Angst zu haben, einmal mit

Besitzansprüchen früherer Besitzer konfrontiert zu werden.

Dies hat einen sehr einfachen aber makabren Grund:

Am 14. August 1974 drangen die Terroristen der EOKA-B in

Tochni ein, trieben die türkischen Männer zusammen, fuhren

sie nach Agia Fila zu einem vorbereiteten Massengrab und

schossen sie dort nieder.

Heute erinnert man sich nur ungern daran. Für die Immobilien-

käufer bedeutet dies Sicherheit. Tote können keine Ansprüche

mehr stellen.

 

Ihre Meinung zum Thema

zurück zur Startseite