Andrea Zimmermann-Brugg

geb. 10.3.1959

Kindertagesheimleitung

verheiratet

2 Söhne

Ein Leben mit Puppen

Seit ich mich erinnern kann, habe ich eine besondere Beziehung zur Puppe. Alle Puppen meiner Kindheit wurden gehegt und gepflegt und da ich noch solche aus Celluloid hatte, auch mit besonderer Sorgfalt behandelt. Sie konnten ja kaputtgehen. Meine Eltern trugen wesentlich dazu bei ,dass ich meine Freude im Puppenspiel voll ausleben konnte. Meine Mutter nähte Unmengen an Kleidung, mein Vater baute Möbel um diese zu verstauen. Ich besaß eine Ausstattung für meine "Kinder",die noch vom Herzen und nicht vom Kaufhaus kam. Ich erinnere mich noch heute an das Drama, als ein etwa 20cm  kleines Celluloid-Negerpüppchen im Streit mit meinem Bruder kaputtging .

Als ich später mit dem Gründen meiner Familie,(ich bin verheiratet und habe zwei erwachsene Söhne) beschäftigt war, gerieten die Puppen ein wenig in Vergessenheit .

1983 fand in Wien eine Ausstellung über antike Puppen und erstmals Antikreproduktionen statt. Als ich diese besuchte, meine Kinder waren gerade 1,5 und 3 Jahre alt, erfasste mich die alte Leidenschaft wieder mit voller Wucht. Ich kramte am Dachboden meiner Großmutter eine alte Celluloidpuppe hervor und legte mit ihr den Grundstein zu einer kleinen Sammlung. Wegen der Horrorpreise, die in den nächsten Jahren die Antikpuppenszene erfassten, blieb sie auch bis heute sehr klein . Ich buchte damals einen Kurs bei Frau Margit Gieszer (sie ist heute eine der berühmtesten Antikreprokünstlerinnen der Welt), und fertigte zwei Antikreproduktionen an. Schon damals wurde mir klar : Ich möchte meinen eigenen Kreationen gestalten . Es gab jedoch weder Fachliteratur noch entsprechendes Material in Österreich , um diesen Traum zu verwirklichen . So blieb es vorläufig bei Modellierübungen aus Ton . Bis auf ein wenig Erfahrung im Umgang mit verschiedenen Materialien und textilen Techniken aus der Schulzeit (ich bin Kindergärtnerin und Horterzieherin und leite zur Zeit ein Kindertagesheim in Wien, mit Kindern im Alter von 6-10Jahren ), musste ich mir mühsam alles autodidaktisch  erarbeiten .

1992 hatte ich das Glück einen Kurs zu finden, in dem ich zumindest die Grundkenntnisse des Formenbaus vermittelt bekam. Leider war die Kursleiterin , wie sich später herausstellte , zu diesem Zeitpunkt auch nur Laie und so lag noch ein langer Weg des Erfahrungen sammelns vor mir. Ich erinnere mich noch gut an die Tränen, wenn sich wieder einmal eine Form nicht öffnen ließ,oder wenn der Gips, statt fest zu werden, seitlich aus der Form floss und mein Modell unbrauchbar geworden war. Gottseidank richtete mich meine Familie immer wieder auf, und wenn ich guter Stimmung, war äußerte sie Kritik, die mich anfangs bedrückte doch später zu einem wichtigen Gradmesser für meinen Fortschritt  wurde .

Mit der Zeit war es notwendig geworden in unserem Keller eine Werkstatt einzurichten, in der ich ungestört arbeiten konnte. Leider bleibt mir oft, wegen Berufstätigkeit und Familie, zu wenig Zeit um meine Leidenschaft auszuleben .

Heute entwickle ich etwa ein bis zwei neue Puppenkinder im Jahr, fast immer auch mit den dazugehörigen Gliedmaßen. Ich baue alle Formen selbst und entwerfe und nähe auch meist die Kleidung. Meine Modelle entstehen nach Skizzen und meiner Phantasie . Wenn ich ein "Kind" zu modellieren beginne ,weiß ich meist nur ungefähr welches Alter es haben wird, da dies ja für die Proportionen unumgänglich ist. Erst während meiner Arbeit, beginne ich das Gesicht zu sehen und den Ausdruck, der sicher auch von meiner momentanen persönlichen Stimmung abhängt, festzulegen. Dieser Teil der Arbeit ist der schönste und ist mit sehr viel Gefühl verbunden. Ein zweiter, sehr emotionaler Augenblick ist das Einsetzen der Augen . Ein Moment, den wahrscheinlich nur Puppenmacher nachempfinden können. Es ist fast , als würde der Puppe Leben eingehaucht .

Ich merke mit jedem neuen Puppenkind eine Weiterentwicklung meiner Fähigkeiten und hoffe, dass ich in meiner Arbeit nie am Ziel sein werde, mich so lange ich diese Tätigkeit ausübe, verbessern kann. Bei meinen Ausstellungen freut es mich immer ganz besonders, wenn Menschen stehenbleiben und die Gesichter meiner Puppen betrachten. Nicht immer stehen sie meiner Arbeit positiv gegenüber, manchmal üben sie auch offene Kritik, doch mit jeder Reaktion auf meine Puppen sind Gefühle verbunden und das ist es, was ich mit meiner Kunst bewegen möchte, die Menschen gefühlsmäßig anzusprechen.