Bernhard Lang
DIE GLÄSERNE KAPELLE

INTERAKTIVE KLANGINSTALLATION IN DER GLÄSERNEN MANUFAKTUR
ANLÄSSLICH DES 460. GEBURTSTAGES DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN

Die Architektonik der Gläsernen Manufaktur assoziierte ich, schon beim ersten Betreten, mit einem sakralen Kuppelbau, hörte Stimmen durch den Raum schweben, entstofflicht, ungreifbar, sich in den Glasflächen reflektierend, vermittelnd zwischen den Materialien Glas und Stahl einerseits, dem Raum und seinem Licht andererseits.

Auf die Präsenz einer virtuellen Kapelle in ihrem musikalisch – architektonischen Doppelsinn verweisend verwende ich keine selbstgenerierten Materialien, sondern die Motette 'Jauchzet dem Herren' von Heinrich Schütz, einem der berühmten Kapellmeister in Dresden.

Die der Motette bereits inhärente Räumlichkeit verdichte ich durch weitere Verdopplungen und Kanon-Delays, bis zu den granularen Zerstäubungen des originalen Chormaterials, das einer Einspielung der Staatskapelle entnommen wurde. Die Motette wurde dabei in ihre motettischen Abschnitte zerlegt, diese einzeln behandelt und komprimiert. Jeder Einzelteil der Installation führt eine komplex auskomponierte Raumbewegung über ein Achtkanalsystem und den damit verbundenen Lautsprechern aus. Letztere hängen an sehr hohen Punkten des Raumes, entfernen den Klang weiter vom Boden, von der Schwerkraft.

Die Einsatzpunkte der einzelnen Abschnitte sind mit den Rhythmen der Fertigungsstraße gekoppelt, deren Bewegungen über Lasersensoren zunächst in abstrakte Tonhöhen codiert werden, letztere wiederum werden als Steuerimpulse für die Klänge interpretiert. Es entsteht dabei kein Klangkontinuum, sondern ein punktuelles Aufblitzen und Entschwinden einzelner Klänge, kurze Momente von gespiegelter Musik.

Bernhard Lang, Wien, 28.09.2008