SCHLANGEN & DRACHINNEN

 

Notburga und die Schlange

Im siebten Jahrhundert herrschte im Neckartal der Frankenkönig Dagobert der Erste, der auf der Burg Hornberg mit seiner Tochter Notburga wohnte.

In jener Zeit führte der Wendenfürst Samo mehrmals Krieg gegen das Frankenreich. Er hatte von der Schönheit Notburgas gehört und war in "Liebe" zu ihr entbrannt. Er kam nach Hornberg und warb um die Hand der Prinzessin. Dagobert war nichts dagegen, dem Wendenfürsten seine Tochter zur Frau zu geben, doch Notburga hatte nicht die geringste Lust dazu - sie wollte weder den Wendenfürsten noch sonst irgend jemanden heiraten.

Trotzdem richtete ihr Vater ein großes Verlobungsfest aus, dem sie aber fernblieb. Notburga flüchtete aus dem Schloss und eilte an den Neckar.

Von ihrer frühen Mädchenzeit an hatte Notburga eine Hirschkuh gepflegt und behütet. Diese stand nun plötzlich vor ihr und wies sie zu der Felswand am anderen Neckarufer. Notburga setzte sich auf den Rücken des Tieres, das sogleich ans andere Ufer des Flusses schwamm. Dort fand Notburga mit Hilfe der Hirschkuh eine Höhle. Sie löschte ihren Durst an einer Quelle, und die Hirschkuh brachte ihr täglich das Essen, das sie in der Schlossküche zu Hornberg holte. So lebte Notburga längere Zeit.

In Hornberg wusste man nicht, wo sich des Königs Tochter aufhalte. Doch der Küchenmeister merkte mit der Zeit, dass Speisen fehlten, und versuchte herauszufinden, wer der Dieb war. Schließlich entdeckte er, dass eine Hirschkuh die Speisen holte und mit ihnen an den Neckar lief. Von nun an beobachtete er das Tier und sah, wie es mit den Speisen täglich über den Neckar schwamm und in einer Höhle am andern Ufer verschwand. Er meldete das sonderbare Verhalten der Hirschkuh dem König. Dieser begab sich mit dem Küchenmeister über den Fluss und fand seine Tochter in der Höhle.

Als der König sah, in welch dürftiger Behausung seine Tochter lebte, bat er sie, wieder ins Schloss zurückzukommen. Notburga aber hatte keine Lust dazu, sondern wollte lieber weiter in der Höhle wohnen.

Über diese Widersetzlichkeit wurde König Dagobert zornig und wollte seine Tochter mit Gewalt aus der Höhle zerren. Er packte Notburga am Arm - aber, o Wunder, er hielt den Arm allein in seinen Händen, Notburga fiel, aus schwerer Wunde blutend, bewusstlos zu Boden. Zornig verließ der Vater die Höhle.

Als Notburga wieder zu sich kam, sah sie eine Schlange neben sich in der Sonne
ruhen, die ein Krönlein auf dem Kopf trug und ein Kräutlein im Munde hatte. Damit heilte Notburga ihre tiefe Wunde. Ihr Vater, der König, verließ das Schloss, um sich die Zeit mit Kriegsführung zu vertreiben.

Notburga lebte noch viele Jahre in ihrer Höhle und wurde von den UmwohnerInnen sehr verehrt.

Als sie dann ihr Ende nahen fühlte, bat sie, man möge ihren Leichnam dereinst auf einen Wagen laden, diesen mit zwei weißen Stieren bespannen, die noch kein Joch getragen hätten, und die Tiere frei ziehen lassen. An der Stelle, wo sie halten würden, wolle sie begraben werden. Bald darauf starb sie.

Alle Glocken der Kirchen ringsum läuteten von selbst, als der Leichenzug sich in Bewegung setzte. Die Stiere hielten in Hochhausen, wo die Menschen Notburga bestatteten und später eine Kirche bauten.

Dort steht, in Stein gehauen, über Notburgas Grab ihr Standbild. Die Figur weist nur einen Arm auf, ihr Haupt ist mit der Königinnenkrone geschmückt.

Neben Notburga ist auch die Schlange mit dem Heilkräutlein im Munde dargestellt.

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