Weihnachtsbaum, Weihnachtsstern und Weihnachtsmann - drei himmlische Symbole

Ursprung und Herkunft

Ein Report von Walter Hain

f W. Hain 2004

   

     Jedes Jahr feiern wir das Weihnachtsfest und dabei fehlt nicht der Weihnachtsbaum. Meist ist es eine Fichte aber auch eine Tanne, die wir uns ins Heim holen und die wir mit zahlreichen Gaben und auch mit Lichtern schmücken. Das ganze soll eine feierliche Stimmung vermitteln und ist eigentlich als Krönung einer unter diesem Baum stehenden Krippe mit dem Jesuskind gedacht. Jesus, mit seinen Eltern Joseph und Maria, mit den drei Weisen aus dem Morgenland und einigen Hirten mit Schafen, liegt also symbolisch unter diesem Lichterbaum. Wer kennt aber schon den wahren Ursprung dieses Brauches, dieses Symbols des christlichen Freudenfestes am 24. Dezember.

    Der Lichterbaum als Tannenbaum ist erst seit dem Jahr 1605 n. Chr. belegt und als "Weihnachtsbaum" überhaupt erst seit 1652 n. Chr. in Straßburg, im Elsass, bekannt geworden. Schon Jahrhunderte zuvor gab es aber zahlreiche Bräuche von "Baumverehrungen". Fast alle Völker der Erde kennen "Kultbäume". Den Sumerern, den Assyrern, den Babyloniern, den Ägyptern, den Griechen sowie den Germanen wie auch den alten Völkern in Amerika waren "heilige Bäume" bekannt. Bei den Sumerern war es der große Baum "gischgana", der sich über alle Länder erhebt. Aus dem assyrischen und babylonischen Raum kennen wir zahlreiche Darstellungen von so genannten "Lebensbäumen". Die Finnen kannten eine "große Eiche" namens "iso tammi" und die Germanen verehrten eine heilige Esche unter dem Namen "Yggdrasil".

Der Weihnachtsbaum als Lichterbaum.

 

 

    Die germanische Mythologie bezieht sich dabei auf einen Ursprung, nach dem das ganze Universum ein Baum ist, von gewaltigen Ausmaßen und wunderbaren Eigenschaften, dessen Zweige einen Schatten auf die ganze Erde wirft und dessen Wurzel sich tief in die Erde senkt. Seine Krone reicht bis in den Himmel, wo sie in einer "Wolke von Licht schwimmt", wie es heißt. Diese wundersame Esche reicht in alle Teile des Universums. Die "große Eiche" der Finnen soll so groß sein, dass sie das Licht der Sonne, des Mondes und der Sterne verdunkelt. Die Bezeichnung "Weihnachten" kommt übrigens von den germanischen "wihen nechten", den "heiligen Nächten".

Der himmlische Baum, unsere Milchstraße (Aufnahme: G. Garradd, Australien).

    In den mythologischen Vorstellungen der Sibirier, der alten russischen Völker, ist die Achse des Universums eine Birke, Lärche oder Eiche aus Gold. Sie durchdringt den Mittelpunkt oder Nabel der Welt und den Himmel, dort wo der Polarstern steht. Die Äste dieses gewaltigen Baumes reichen in alle Himmelssphären und seine Wurzeln bis in die Erde hinab.

Die Himmelgöttin Nut gestützt vom Luftgott Schu, darunter liegend der Erdgott Geb.

    Die alten Völker waren eng mit den Sternen verbunden. Sie studierten die Gestirne, ihre Bewegungen und ihren Lauf über den Himmel. Sie sahen dort auch eine riesige Ansammlung von unzähligen Lichtern, die wie ein gewaltiger Baum geformt ist. Mitunter zeigt sich dieser Baum mit Verzweigungen, mit riesigen Ästen. Diese Ansammlung von Sternen wurde auch als gewaltige "Himmelssäule" angesehen und damit auch das Vorbild für viele "heilige Pfähle", für Kultpfähle in den verschiedensten Formen aber auch für Säulen und Obelisken an Tempeln und Grabstätten. Auch die "Menhire", die Steinsäulen in der Bretagne und Steinsäulen in andere Gegenden, sind das Abbild dieser himmlischen Lichtersäule. Die Sumerer haben diese Säule als "Lebensbaum", umgeben von Sonne, Mond und "Schöpferwesen" auf Rollsiegeln für die Nachwelt erhalten. Auch die Assyrer stellten diesen kosmischen Baum auf zahlreichen Reliefs dar und auch die indoamerikanischen Völker haben ihn in ihre Kunstwerke aufgenommen.

Der Ded-Pfeiler.

    Es handelt sich dabei um unsere Milchstraße, unsere Galaxis, wie wir heute wissen. Eine gewaltige Anhäufung von etwa 200 Milliarden Sternen und einer Ausdehnung von 100.000 Lichtjahren (ein Lichtjahr ist die Entfernung, die das Licht mit 300.000 km/sec in einem Jahr zurücklegt nämlich 9,461 Billionen km). Uns heutigen Menschen ist dieses Bild, durch die vielen Neon gefüllten Lichtquellen in den Nächten, nicht mehr so geläufig. Doch die alten Völker, denen diese modernen Errungenschaften nicht zur Verfügung standen, wussten um die Bedeutung dieses gewaltigen Himmelsbaumes.

    Im alten Ägypten wurde daraus der so genannte "Ded-Pfeiler", der zugleich zu den häufigsten Totenamuletten zählte. Er zeigt fast immer ein säulenartiges Gebilde mit vier Querbalken, welche die vier Himmelsrichtungen oder Himmelsgegenden darstellen. Darauf befindet sich das "Lebenskreuz", das so genannte "Ankh-Zeichen", das dem Träger magischen Schutz geben soll. Daraus ragen zwei Arme, die beiden Äste des kosmischen Lichterbaumes, entsprechend dem "Ka-Symbol", dem Zeichen für Lebensenergie. Diese beiden Arme halten die Sonnenscheibe, die am Himmel scheinbar durch die Zweige der Milchstraße zieht. Zu Beginn des Sommers z.B. beherrschen die beiden Äste des Baumes den Himmel schon bei Sonnenuntergang. Der Baumstamm hingegen ist ganz verschwunden, und er taucht auch während der folgenden Nachtstunden nicht mehr auf. Dies erklärt sich durch den scheinbaren Lauf der Sonne durch das Jahr. Sie steht um die Sommersonnenwende so nahe am Baumstamm, dass dieser im engsten Strahlenbereich des Sonnenlichts nicht mehr zu sehen ist. Erst wenn sich die Sonne wieder weit genug entfernt hat, erscheint auch dieser Baumstamm wieder - gegen Herbst zu. In den Herbstmonaten wächst der Baumstamm mehr und mehr wieder heran. Nach Mitternacht leuchtet er breit und mächtig bis vor Sonnenaufgang zur Erde herab. Im Winter ist es dann umgekehrt: Die Äste bleiben unsichtbar, weil um diese Zeit die Sonne über sie hinweg zieht. Die Sonne steht also sozusagen zwischen den Zweigen, sie krönt den Wipfel des mächtigen Baumes. Auf ähnliche Weise erscheint auch der Mond zwischen oder auf den Zweigen. Daraus entstand auch die Legende von den "Äpfeln der Hesperiden", die in der griechischen Sage Herakles aus einem "Garten am Ende der Welt" holen sollte. Logischerweise leuchten diese wie Gold.

Milchstraße, Tierkreis und Himmelsäquator bilden einen Baumstamm mit ausgebreiteten Armen.

    Auch die Krippe unter dem Himmelsbaum erklärt sich aus diesen Vorstellungen. Wenn man den Nachthimmel genau beobachtet, dann kann einem nicht entgehen, dass sich der Ort, an dem die abnehmende Mondsichel zuletzt erscheint - und der Ort der neuen Mondsichel - im Laufe des Jahres durch einen großen Kreis bewegt. Nun, zwischen dieser "sterbenden" j und der "auferstehenden"  k Mondsichel liegt der Stamm e des himmlischen Baumes, und dies erweckt den Eindruck eines Kastens, einer Krippe oder auch einer "Lade", wie sie Moses auf Geheiß des Herrn anfertigen sollte. Es erscheint daher ebenfalls logisch, dass die Krippe Jesu unter diesem "Lebensbaum" liegen muss.

    Wenn wir also zum Weihnachtsfest auf den mit Süßigkeiten und Lichtern geschmückten glitzernden Baum in unseren Wohnzimmern blicken, dann blicken wir in Wahrheit auf den kosmischen Lichterbaum im Weltraum: auf unsere Milchstraße. Es zeigt, dass wir Kinder des Weltalls sind und dass wir Menschen schon immer mit den Sternen verbunden waren.

    So ähnlich ist es beim Weihnachtsstern. Bekanntlich folgten die “Weisen aus dem Morgenland“ einem Stern, den sie “im Aufgehen gesehen hatten“. Er sollte sie zu dem neu geborenen Messias führen, wie sie glaubten. Das war in Bethlehem, wo ein Zimmermann und eine Jungfrau ein kleines Kind zur Welt brachten, das Jesus heißen und in die Geschichte eingehen sollte. Folgt man den Angaben in der Bibel, dann zog dort ein Stern vor den weisen Königen her, “bis er ankam und stehen blieb über dem Ort wo das Kind war“ (Matth. Ev. 2/9).

    Nun haben schon viele Forscher gerätselt um was für einen Stern es sich dabei handelt. In vorwiegend ländlichen Kunstwerken findet man häufig einen Stern mit einem Schweif oberhalb der Krippe von dem Jesuskind, was auf einen Kometen hindeuten könnte. Aus den geschichtlichen Quellen wissen wir, dass König Herodes der Große in der Zeit von 37 bis 4 v. Chr. regierte, als die genannten Ereignisse statt fanden. Aus astronomischen Quellen wiederum wissen wir, dass in dieser Zeit der Halleysche Komet zu sehen war – und zwar im Jahr 11 v. Chr. Da dieser Komet eine Umlaufbahn von 76 Jahre hat, war er auch 76 Jahre zuvor und im Jahr 68 n. Chr. zu sehen. Diese Daten stimmen aber nicht mit dem Geburtsjahr Jesu um das Jahr 1 unserer Zeitrechung überein. Ein anderer Komet ist damals nicht gesichtet worden.

    Das Bild links zeigt den Kometen Halley, aufgenommen 1986 von der Raumsonde Giotto (Bild: ESA),

   

 

 

 

 

   

    Auch eine Sternexplosion, eine Supernova – wie manche vermuten – ist damals nicht aufgetreten. Chinesische Quellen, die bis ins Jahr 466 v. Chr. zurückgehen, erwähnen kein diesbezügliches Ereignis zur Geburt Jesu. Es muss daher schon etwas anderes gewesen sein, will man dem Ereignis einen geschichtlich realen Hintergrund geben.

    Dazu hatte der Astronom Johannes Kepler im Jahr 1603 eine Entdeckung gemacht. Nach seinen Berechnungen kam nur ein kosmisches Ereignis zur damaligen Zeit in Frage: eine deutlich am Nachthimmel sichtbare Stellung eines oder mehrerer Planeten. Und Kepler fand schließlich heraus, dass die beiden Planeten Jupiter und Saturn im Jahr 7 v. Chr. deutlich sichtbar waren und so nah beieinander standen, dass sie als ein einziger großer Stern zu sehen waren. Dieses Datum kam auch den biblischen Ereignissen am nächsten. König Herodes der Große starb ja im Jahr 4 v. Chr. Außerdem standen die beiden Planeten im Sternbild Fische, was ja in der Folge vielfach mit dem “Menschenfischer“ Jesus in Verbindung gebracht wurde (Bild: NASA/JPL).

    Johannes Kepler gab allerdings für das Jahr 7 v. Chr. drei dieser Planetenkonstellationen an: eine am 29. Mai, eine am 3. Oktober und eine am 4. Dezember. Tatsächlich waren die beiden Planeten von Juni bis Anfang Dezember 7 v. Chr. vor Mitternacht deutlich am Himmel zu sehen. Ihre beste Zusammenkunft erreichten sie wahrscheinlich am 30. August um 23 Uhr Ortszeit, als sie auch ihren höchsten Stand am Himmel erreichten. Dies deckt sich auch mit den Angaben in der Bibel, da ja bei der Ankunft der Könige beim Jesuskind noch „Hirten auf dem Felde“ (Luk.Ev. 2/8) waren. Will man dem Stern von Bethlehem also einen realen Hintergrund geben, dann deutet alles auf dieses Himmelsereignis hin. Die heiligen drei Könige sahen einen "Stern" am Himmel "aufgehen", dem sie dann folgten, bis sie beim Jesuskind angekommen sind.

Die wahrscheinliche Himmelserscheinung im Jahr 7 v. Chr. (Grafik: W. Hain).

    Die katholische Kirche hat dieses Ereignis ans Ende unseres Kalenderjahres gesetzt, entsprechend der jüdischen Tradition der Beschneidung, die erst eine Woche nach der Geburt stattzufinden hatte. Demzufolge legte der Mönch Dionysius Exiguus im Jahr 525 den Beginn der christlichen Zeitrechung fest, ab der "Inkarnation Jesu Christ" anni ab incarnatione domini Jesu Christi, was dem Tag zu Maria Verkündigung, dem 25. März entspricht. Erst im späten Mittelalter setzte sich der 1. Januar, entsprechend dem Julianischen Kalender, als Jahresbeginn durch.

    Die Figur des Weihnachtsmannes, der mit Schlitten und Rentieren über den Himmel braust, hat seinen Ursprung im nordosteuropäischen Kulturraum vor 5000 Jahren. In der Mythologie der finnisch-ugrischen Völker sind die Sternbilder Tiere, die in den Himmel gekommen sind, vor allem als Elch. Dieser wird mit dem Sternbild des Großen Bären gleichgesetzt. Der Polarstern ist der Jäger, der den Elch jagt. Mit seinen Skiern hinterlässt der Jäger eine Spur - die Milchstraße. Später wurde daraus bei den Germanen der himmlische Jäger mit Rentieren und Schlitten in der "Wilden Jagd", wo Wodan (Odin) mit gewaltigem Getöse über den Himmel rast und dort eine feurige Spur - die Milchstraße- hinterlässt. Die Amerikaner haben diese Figur übernommen, so wie auch das keltische Halloween. Der Weihnachtsmann wie wir ihn heute kennen hat Elemente des Sankt Nikolaus, dem wohltätigen Bischof aus Kleinasien, aus dem 4. Jahrhundert, dessen Namenstag am 6. Dezember gefeiert wird, und Elemente des Knecht Ruprecht, der als wilder Geselle manchmal an Stelle des Krampus den Nikolaus begleitet. Er wird als bärtiger, älterer Herr dargestellt und ist eine Form verschiedener Wintergestalten aus den nordeuropäischen Sagen und Märchen, wie auch der russische "Väterchen Frost". Dass er ein rotes Gewand anhat, ist nicht die Erfindung von Coca Cola, denn schon auf Postkarten aus dem Jahr 1897 wird ein Weihnachtsmann mit rotweißrotem Mantel dargestellt. Populär wurde diese Darstellung allerdings durch die Coca-Cola-Werbung ab 1931.

    Das Christkind hat seinen Ursprung vermutlich in weihnachtlichen Umzugsbräuchen und Krippenspielen, bei denen häufig eine Engelsschar von einem "Christkind" angeführt wird. Im 16. Jahrhundert ersetzte Martin Luther die Figur des Nikolaus durch den "Heiligen Christ" und legte den Tag der Beschenkung auf den 25. Dezember fest. Mit "Heiliger Christ" war Jesus Christus gemeint, das neugeborene Jesuskind. Erst im Laufe der Jahre entwickelte sich die Vorstellung von einem "Christkind" in engelsgleicher Erscheinung.

    Die Menschen waren immer schon mit den Vorgängen am Himmel stark verbunden. Besonders die Lichter am Nachthimmel hinterließen ihre Spuren in Mythen und Legenden.

(Ende)

Quellen:

Hain, Walter: Irrwege der Geschichte, Wien 1981.

Hain, Walter: Sein Reich war nicht von dieser Welt, München 1997.

Zehren, Erich: Der gehenkte Gott, München 1959.

Grimal, Pierre (Hrsg): Mythen der Völker 3, Frankfurt am Main 1967.

 

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