Spielbesprechung von Györög Kurt
Der Große Gallier
22.12.2003

von Wolfgang Kramer und Udo Nawratil
CLEMENTONI
für 2 - 6 Spieler
ab 10 Jahren

„Jedes Jahr wird in ganz Gallien ein großer Wettstreit veranstaltet und der oder die Größte unter allen Galliern gesucht. Jeder Spieler nimmt als Gallier bzw. Gallierin an dem Wettstreit teil, der 5 Disziplinen umfasst, in denen sich die Spieler messen:
- Esselrennen
- Steine stemmen
- Bullen ziehen
- Wildschweine jagen und
- Auf Bäume klettern.
Jede Auseinandersetzung findet als Turnier statt und die Turnierveranstalter bestimmen, um welche Disziplin es geht. Wer in einem Turnier unter die Ersten kommt, erhält Punkte, die auf der Erfolgsleiste festgehalten werden. Wer am Spielende auf der Erfolgsleiste vorne liegt, ist Sieger und darf ein Jahr den Titel „Der Große Gallier“ tragen.“


Ein verrücktes Spiel um Bluff, Bullen und Bäume ...

Spielmaterial:
6 Gallier (=Spielfiguren), 6 Spielerkärtchen, 6 Bluffsteine (für Bluffversion), 6 „Turnierveranstalter“-Scheiben, 110 Turnierkarten (in 5 Farben = Disziplinen), 30 Turnierchips, 5 Würfel, 6 Kurzspielregeln, 1 Startspielerstein und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Ende des Spieles am meisten Punkte gesammelt zu haben.

Spielablauf:
BLUFFVERSION (ab 12 Jahren)
Der Spielplan kommt in die Tischmitte und jeder Spieler erhält seinen „Gallier“ (=Spielfigur), das passende Spielerkärtchen, 1 Bluffstein und 1 Kurzspielanleitung. Die Spielfigur kommt auf das Startfeld der Erfolgsleiste am Spielplan, Bluffstein und Spielerkärtchen werden vor dem Spieler am Tisch abgelegt.

Die Turnierkarten werden nach Farben (=Disziplinen) getrennt gemischt und verdeckt, als eigene Stapel, in die Spielplanmitte gelegt. Jeder Spieler nimmt sich von jedem Stapel 1 Karte.
Die „Turnierveranstalter“-Scheiben kommen auf das große gallische Dorf Lugdunum - die Turnierchips werden neben dem Spielplan bereit gelegt.

Der Startspieler wird bestimmt, erhält den Startspielerstein und die 5 Würfel, und führt die folgenden Aktionen aus:
Turnierkarten erwerben:
Der Startspieler beginnt und nimmt als Erste eine beliebige Turnierkarte. Danach reihum auch die anderen Mitspieler. Als Letzter darf sich der Startspieler noch eine zweite beliebige Karte nehmen.

Die Turnierkarten werden benötigt, um überhaupt an einem Turnier teilnehmen zu können.
Die Rückseite zeigt, zu welcher Disziplin die Karte gehört, die Vorderseite zeigt ebenfalls die Disziplin und den Wert der Karte (1 - 6). Die Summe der Werte der eingesetzten Karten entscheidet, wer ein Turnier gewinnt. Dabei gilt folgende Sonderregelung:
  • ein Paar (=zwei gleichwertige Karten) haben den Wert 8 und
  • ein Drilling (=drei gleichwertige Karten) haben den Wert 12.

Karten können immer nur für die zugehörige Disziplin eingesetzt werden, mit Ausnahme der Jokerkarten (=zeigen auf der Vorderseite ein gallisches Dorf und haben den Wert 1 oder 2) - diese Karten können für jede beliebige Disziplin verwendet werden.

Würfeln und „Turnierveranstalter“-Scheiben vorwärts ziehen:
Der Startspieler würfelt mit allen 5 Würfeln, und ordnet danach jeden Würfel einem der 5 „Turnierveranstalter“-Scheiben zu. Diese werden - entsprechend der gewürfelten Augenzahl - im Uhrzeigersinn vorwärts gezogen.
Dabei dürfen auch mehrere Scheiben auf einem Feld zum Stehen kommen.

Turniere durchführen und werten:
Steht eine oder mehrere Scheibe(n) nach dem Ziehen in einem Dorf, so kommt es zu einem oder mehreren Turnier(en). Die Farbe der jeweiligen Scheibe gibt die Disziplin vor, in der sich die Mitspieler messen müssen.

Bei einem Turnier muss sich immer zuerst der Startspieler entscheiden, ob er teilnehmen möchte:
  • Wenn nein, dann passt er.
  • Wenn ja, dann legt er (von der aktuellen Disziplin) eine oder mehrere Turnier- oder Jokerkarten verdeckt vor sich ab, sagt die Punktezahl an, und markiert diese mit seinem Bluffstein auf der Bluffskala am Spielplan. (Die angesagte Zahl kann mit dem ausgespielten Wert übereinstimmen, muss aber nicht. Der Spieler begeht dann eben einen Bluff.)

Danach entscheiden die anderen Mitspieler ebenfalls, ob sie am Turnier teilnehmen wollen oder nicht.

Da auf der Bluffskala nie zwei Steine auf einem Feld liegen dürfen, darf auch nicht zweimal der gleiche Wert angesagt werden.

Ein Bluff kann auf 2 Arten erfolgen:
  • der Spieler sagt einen anderen Wert an, als mit den verdeckten Karten auslegt wird, oder
  • der Spieler spielt Karten einer anderen Disziplin.

Wer beim Bluffen erwischt wird, darf mit seiner Figur nicht vorrücken, und muss trotzdem eine seiner ausgelegten Karten abgeben. Die restlichen Karten darf er wieder auf die Hand nehmen.
Wird er nicht erwischt, werden seine angegebenen Punkte voll gewertet.

Bei jedem Turnier wird deshalb ein Juror bestimmt, der einen Spieler des Bluffs verdächtigen darf.
Das ist entweder der Spieler,
  • der als erster Spieler gepasst hat, oder
  • der Spieler, der den niedrigsten Wert auf der Bluffskala markiert hat.

Der Juror hat folgende Möglichkeiten:
  • Er bestimmt einen Spieler, von dem er annimmt, dass er geblufft hat, oder
  • er sagt an, das er glaubt, dass keiner der Mitspieler geblufft hat.

Liegt der Juror mit seiner Aussage richtig, so erhält er 1 Turnierchip - ist seine Aussage falsch passiert nichts weiter. Der Juror geht also kein Risiko ein.

Gallier auf der Erfolgsleiste vorrücken:
Jetzt findet die Wertung statt, an der alle - bis auf einen eventuell erwischten Bluffer - teilnehmen.
Je nach Position der Bluffsteine erhalten die Spieler eine vorgegebene Anzahl von Punkte, die sie mit ihren Spielsteinen auf der Erfolgsleiste vorrücken dürfen.
Nicht erwischte Bluffer erhalten nun noch zusätzlich 1 Turnierchip als Belohnung.

Bei der Wertung sind noch folgende Punkte zu beachten:
  • Die „Loser“-Regel: nimmt ein Spieler allein den letzten Platz auf der Erfolgsleiste ein, so erhält er bei der Wertung die doppelte Punktezahl - außer er hat mehr als 10 Turnierkarten auf der Hand.
  • Im Dorf Lugdunum gibt es für jeden Spieler die doppelte Punktezahl - dafür gilt hier die „Loser“-Regel nicht.

Jeder Spieler muss nach der Wertung eine seiner ausgelegten Turnierkarten abgeben, die restlichen Karten werden wieder auf die Hand genommen. Diese Karte darf eine beliebige der ausgelegten Karten sein, ausgenommen es gibt dabei einen Joker-Zwilling oder Joker-Drilling - dann muss es eine Jokerkarte sein.

Auf der Erfolgsleiste gibt es einige Sonderfelder, die immer dann zum Zug kommen, wenn eine Spielfigur direkt darauf gezogen wird. Dies kann zur Folge haben, das man einen Turnierchip oder Turnierkarte erhält, 4 Felder nach vor - oder aber auch zurück ziehen muss.

Turnierchips können im Laufe des Spieles gegen Turnierkarten eingetauscht werden (2:1), oder aber auch zum Weiterziehen auf der Erfolgsleiste (1:1) verwendet werden.

Nachdem alle Turniere durchgeführt und gewertet wurden, wird der Startspielerstein und die Würfel an den nächsten Spieler weitergegeben, der eine weitere Runde eröffnet.

Spielende:
Das Spiel endet nach der Runde, in der eine Spielfigur das Zielfeld der Erfolgsleiste erreicht oder überschreitet.

Die Runde wird noch zu Ende gespielt. Sieger ist, wer danach auf der Erfolgsleiste am weitesten vorne liegt.

GRUNDVERSION (ab 10 Jahren)
Diese Variante spielt sich grundsätzlich gleich, wie die Bluffvariante – nur eben ohne „Bluff“.

Wird ein Turnier veranstaltet, so werden die Karten sofort offen ausgelegt - wobei von mehreren Spielern keine gleich hohen Kartenwerte ausgelegt werden dürfen.

Fazit:
Der Große Gallier ist ein lustiges Lauf-, Bluff- und Mehrheitenspiel, ohne allzu großen Anspruch. Daher ist es aber auch für die ganze Familie geeignet – und macht auch allen Spaß, sofern man Bluffspiele bzw. Spiele mit hohem Glückfaktor mag.

Die Spielanleitung ist sehr ausführlich ausgefallen, und umfasst 20 A5-Seiten, von denen man sich aber nicht abschrecken lassen darf und soll. Es wurden nämlich beide Varianten (Bluffspiel und Gundversion) extra erklärt, und somit kürzt sich die Spielanleitung auf effektive 10 Seiten, auf denen aber auch Beispiele und Bilder untergebracht sind.

Die Bluffversion wird ab 12 Jahren, das Grundspiel ab 10 Jahren empfohlen, wobei ich sagen möchte, dass das Spiel in der Grundversion sicher einiges von seinem Reiz verliert. Ohne Bluffen ist „Der Große Gallier“ nicht „Der Große Gallier“.
Das Spiel zu Zweit funktioniert zwar ebenfalls – wie auch die Grundversion – macht aber auch nicht unbedingt den Spaß, wie ein Spiel mit mehr Spielern.

Das Spielmaterial ist – vor allem vom der Grafik her – etwas gewöhnungsbedürftig, und nicht unbedingt ein „Blickfänger“.
Die Spielsteine, -scheiben und –kegel sind aus Holz und einfach aber zweckmäßig. Die Spielerkärtchen aus dickem, robusten Karten – aber mehr oder weniger überflüssig. Die Karten sind wie bei Clementoni schont gewohnt, glatt ausgefallen und mit netten, zum Spiel passenden Bilder versehen. Alles ist ordentlich in der Schachtel untergebracht und hat „seinen Platz“.

Der Große Gallier ist sicher kein Spiel für Leute, die gerne gefordert werden und sich ein taktisches bzw. strategisches Spiel erwarten. Auch wird das Spiel sicher keine Freunde finden, wenn man keinen Glücks- bzw. Bluffspiele mag. Auch nicht, wenn man durch geschicktes Vorgehen bei den Turnieren auch einige taktische Elementen mittels den Sonderfunktionen auf der Erfolgsleiste ins Spiel bringen kann. Und auch mit den Turnierchips kann man sich ab und zu einige gute Vorteile herausholen. Ebenfalls die „Loser“-Regel, die besagt, dass der Letztplatzierte die doppelte Punkteanzahl erhält, kann durchaus „taktisch“ eingesetzt werden.

Der Große Gallier bleibt aber trotz alledem ein Bluff- und Glücksspiel. Eben ein nettes Spiel für zwischendurch, für Spieler die eben diese Elemente mögen. Dann aber vor allem in der Bluffvariante - das Grundspiel ist bei uns nicht so gut angekommen und nur ganz selten (zur Einführung) gespielt worden …

Vielen Dank an CLEMENTONI für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

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