Spielbesprechung von Györög Kurt
Die Säulen von Venedig
11.01.2007

von Christian Fiore & Knut Happel
Goldsieber
für 2 - 6 Spieler
ab 10 Jahren

„Venedig entstand aus einer Lagune. Mit Pech bestrichene Pfähle wurden in den sumpfigen Boden geschlagen, darauf wuchs Gebäude um Gebäude und Platz um Platz die Stadt Venedig. Werden Sie spielerisch Zeuge der Entstehung von Venedig und seiner Entwicklung zur weltberühmten Stadt auf Pfählen. Schlüpfen Sie in die Rollen von Baumeistern, Ratsherren, Spionen und Advokaten und sichern Sie sich Ruhm und Ehre als Erbauer der „Säulen von Venedig“.“

Na dann - auf in die Lagune und lassen wir Venedig entstehen …

Spielmaterial:
1 Spielplan, 1 Gondel, 48 Stadtteile (je 10 in folgenden Formen: Quadrat [Größe 2x2 Felder], Rechteck [Größe 1x2 Felder], Rechteck [Größe 1x3 Felder], „L“ [Größe 2x2 Felder, wobei 1 Feld fehlt] und 8 Rechtecke [Größe 1x 3 Felder] mit einer Brücke in der Mitte), 60 Pfähle (in braun = allgemeiner Vorrat), 45 Pfahlmarker (je 9 in den 6 Spielerfarben), 31 Spielkarten und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Ende des Spieles die meisten Siegpunkte gesammelt zu haben.

Spielablauf:
Der Spielplan kommt in die Tischmitte - der allgemeine Vorrat der Pfähle wird daneben bereitgelegt.

Alle Karten, die in der rechten unteren Ecke eine größere Zahl aufgedruckt haben als die Anzahl der Mitspieler beträgt, werden aussortiert und aus dem Spiel genommen. Der Startspieler erhält die Startspielerkarte - die restlichen Karten werden gut gemischt und je 5 an die Spieler ausgeteilt, die diese auf die Hand nehmen.
Außerdem erhält jeder Spieler die 9 Pfahlmarker seiner Farbe - wobei einer davon auf das Startfeld der Siegpunkteleiste am Spielplan gelegt wird.

Die Gondel wird auf den Canale Grande am Spielplan gestellt. Sie wird im Spiel eigentlich nicht bewegt - außer sie behindert einen Spieler beim Bau einer Brücke.

Die Stadtteile werden nach Formen sortiert, gemischt und auf die dafür vorgesehenen Felder am Spielplan bereitgelegt. Sie zeigen jeweils in verschiedener Anordnungen Felder mit Gebäuden bzw. Plätzen. Außerdem ist in der Mitte aufgedruckt, wie viel der Bau eines Plättchens [=Steine] kostet bzw. wie viele Siegpunkte [=Wappen] der Bau einbringt.

Beginnend mit dem Startspieler nimmt sich jeder Spieler nun je 1 Stadtteil mit 2 Steinen und 2 Wappen und 1 Stadtteil mit 4 Steinen und 7 Wappen. Diese werden offen vor dem Spieler auf den Tisch gelegt und als sein Vorrat betrachtet.

Das Spiel läuft nun wie folgt ab:
1. Startspieleraktion: (nur Startspieler)
Der Startspieler darf vor Beginn der Runde bei einem beliebigen Spieler eine Karte ziehen und muss ihm dann dafür eine seiner Karten zurückgeben.

2. Aktionskarten auswählen:
Alle Spieler wählen einer ihrer Handkarten aus und legen diese verdeckt vor sich auf den Tisch.

3. Aktionskarten ausführen:
Nun werden alle Aktionskarten aufgedeckt und beginnend mit dem Startspieler ausgeführt.
Folgende Aktionskarten sind im Spiel:
  • Ratsherr: der Spieler darf sich nun Stadtteile aus dem Vorrat vom Spielplan nehmen und offen zu sich in seinen Vorrat legen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Stadtteile nur jeweils von oben vom allgemeinen Vorrat genommen werden dürfen und insgesamt der Wert der Steine nicht größer sein darf, als die Zahl, die beim Ratsherrn auf der Karte aufgedruckt ist.
  • Pechtunker: der Spieler muss nun so viele Pfähle auf dem Spielplan legen, wie die Zahl auf der Karte des Pechtunkers vorgibt. Dabei ist darauf zu achten, dass alle gelegten Pfähle waagerecht oder senkrecht aneinander grenzen müssen - und nur auf leere Felder des Spielplans gelegt werden dürfen. Der Canale Grande ist tabu - und darf niemals mit Pfählen belegt werden.
    Außerdem muss mindestens einer der in diesem Zug gelegten Pfähle an einen anderen - bereits vorher ausgelegten Pfahl - oder an den Canale Grande angrenzen.
    Danach kann der Spieler noch so viele eigene Pfahlmarker auf leeren - nicht mit Stadtteilen bebauten bzw. mit anderen Pfahlmarker von Mitspielern reservierten - Pfählen am Spielplan platzieren, wie ebenfalls auf der Karte angegeben ist - und sich somit diese Pfähle reservieren
  • Baumeister: der Spieler darf nun Stadtteile aus seinem Vorrat nehmen und am Spielplan verbauen. Diese müssen auf Pfähle am Spielplan platziert werden - dabei ist es egal ob diese mit Pfahlmarker von Spielern reserviert wurden.
    Außerdem ist darauf zu achten, dass nur Stadtteile gebaut werden dürfen, die insgesamt nicht mehr Steine aufgedruckt haben, als die Anzahl auf der Karte des Baumeisters vorgibt.
    Wird ein Stadtteil mit Brücke verbaut, muss der Teil in der Mitte über den Canale Grande gebaut werden.
    Werden bei dieser Aktion Pfahlmarker überbaut, werden diese an den Besitzer zurückgegeben. Handelt es sich dabei um Marker von Mitspielern, erhalten diese für jeden überbauten Marker 3 Siegpunkte gutgeschrieben.
    Außerdem erhält der Spieler sofort für jeden verbauten Stadtteil die aufgedruckten Siegpunkte [=Wappen], die auf der Siegpunkteleiste gekennzeichnet werden. Zusätzliche Siegpunkte gibt es, wenn die Stadtteile so geschickt nebeneinander gebaut werden, sodass gleiche Felder (Gebäude an Gebäude bzw. Plätze an Plätze) grenzen. Ist dies der Fall, so erhält man für jede Übereinstimmung einen zusätzlichen Siegpunkt für den gebauten Stadtteil.
  • Gondollere: der Spieler darf einen seiner Pfahlmarker auf die Gondel legen bzw. wenn die Gondel bereits im Besitz eines Spielers ist, diese für sich in Besitz nehmen. Ein Pfahlmarker - der sich eventuell zuvor auf der Gondel befunden hat- wird an seinen Besitzer zurückgegeben.
    Ist die Gondel im Besitz eines Spielers, erhält dieser jedes Mal 2 Siegpunkte, wenn ein Spieler (auch er selbst) einen Stadtteil mit mindestens einer Kante angrenzend an den Canale Grande verbaut.
  • Erfinder: der Spieler erhält 6 Siegpunkte, wenn in dieser Runde mindestens ein Pechtunker ausgespielt wurde.
  • Spekulant: der Spieler erhält 6 Siegpunkte, wenn in dieser Runde mindestens ein Baumeister ausgespielt wurde.
  • Händler: der Spieler erhält 6 Siegpunkte, wenn in dieser Runde mindestens ein Ratsherr ausgespielt wurde.
  • Saboteur: der Spieler darf einen beliebigen Stadtteil vom Spielplan abreißen und 2 eigene Pfahlmarker auf den frei gewordenen Pfählen platzieren.
  • Bettler: der Spieler darf eine beliebige Aktion ausführen, die in dieser Runde ausgespielt wurde.
  • Spion: der Spieler darf sich aus den Handkarten eines Mitspielers eine beliebige Karte aussuchen und ausführen. Dafür muss er aber diesem Spieler den Spion auf die Hand geben.
  • Advokat: der Spieler darf einen Stadtteil mit maximal 2 Steinen verbauen - wobei überbaute Pfahlmarker an den Besitzer zurückgegeben werden, ohne dass dieser dafür Siegpunkte erhält.

4. Aktionskarten weitergeben:
Nachdem alle Aktionskarten ausgeführt wurden, werden diese nun an den jeweils linken Nachbarn weitergegeben, sodass nun wieder jeder Spieler 5 Karten auf der Hand hat.

5. Eventuell Startspielerkarte weitergeben:
Wenn mindestens eine Aktionskarte ausgespielt wurde, die in der linken unteren Ecke ein Startspielersymbol zeigt, dann wird die Startspielerkarte im Uhrzeigersinn an den nächsten Spieler weitergegeben. Ansonsten bleibt der aktive Startspieler auch weiterhin Startspieler.

Danach beginnt eine neue Runde wieder mit der Startspieleraktion.

Spielende:
Das Spiel endet sofort, wenn ein Spieler durch Ausspielen eines Pechtunkers den letzten Pfahl aus dem allgemeinen Vorrat am Spielplan platziert. Noch nicht ausgeführt Aktionen anderer Mitspieler werden nicht mehr beachtet.

Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat gewonnen. Bei einem Gleichstand gibt es mehrere Gewinner.

Fazit:
Die Säulen von Venedig ist sehr interessantes und lustiges Aufbau-, Lege- und Positionsspiel für die ganze Familie. Es macht einfach Spaß mit anzusehen, wie die Pfähle „im Wasser versenkt“ und die Stadt in der Lagune aufgebaut wird. Es ist aber auch ein - vom Spielablauf - sehr einfaches und leicht zu erlernendes Spiel. Der Mechanismus - dass die ausgespielten Karten sofort wieder an die Mitspieler weitergegeben werden - hat uns sehr gut gefallen.
Aber trotzdem sollte man sich vom einfachen Ablauf nicht ganz täuschen lassen - es gibt ebenso genug taktische Möglichkeiten ins Spiel einzugreifen und für sich Punkte zu holen. Sei es, dass man sich Pfähle rechtzeitig reserviert, die an interessanten Bauplätzen stehen, oder aber auch indem man sich den Gondollere sichert, um immer mitzupunkten, wenn an den Canale Grande gebaut wird.
Auch kann es von Vorteil sein, darauf zu achten, dass man immer wieder auch Bonuspunkte beim Bauen erzielt, indem man die Stadtteile so positioniert, dass Gebäude an Gebäude bzw. Plätze an Plätze grenzen. Hier ist einiges zu holen - und sollte auf keinem Fall außer Acht gelassen werden.

Auch sollten die einzelnen Aktionskarten nicht unterschätzt werden. So ist es von Vorteil, wenn man sich merkt, wer welche Aktionskarten gerade im Besitzt hat - und diese dann eventuell gezielt mit einem Spion für sich zu holen und zu nutzen.
Und genau all diese Feinheiten und Raffinessen machen den Reiz des Spieles aus - und lassen das Spiel bis zum Schluss spannend und interessant verlaufen.

Das Spielmaterial besteht durchwegs aus schönen Holzteilen und kompakten Kartonplättchen. Der Spielplan ist übersichtlich und hat Platz für das gesamte Spielmaterial, das man im Spiel braucht. Die Karten sind handlich - und wie das restliche Spielmaterial auch schön und passend illustriert. Alles passt sehr gut zueinander und bringt auch Atmosphäre ins Spiel. Man sieht die Stadt wirklich auf den Pfählen aus dem Wasser „wachsen“.

Die Spielanleitung ist auf 4 großformatigen Seiten gedruckt, wobei das Spiel aber nur auf 2½ Seiten davon erklärt wird.
Die Struktur der Anleitung ist etwas gewöhnungsbedürftig, da die Aufstellung des Spielmaterials auch - mehr oder weniger - gleichzeitig der Aufbau des Spieles ist. Außerdem werden die einzelnen Aktionskarten etwas eigenartig erklärt bzw. behandelt: Ratsherr, Pechtunker und Baumeister sind ausführlich beschrieben und die Aktionen mit Beispielen und Bildern versehen und gut erklärt. Der Gondollere wird hingegen nur kurz gestreift - Erfinder, Spekulant und Händler nur erwähnt bzw. aufgezählt. Die Aktionskarten Saboteur, Bettler, Spion und Advokat werden dafür in der Spielanleitung nicht einmal erwähnt.
Sicherlich erklären sich die einzelnen Karten - vor allem die nur kurz bzw. gar nicht erwähnten - so gut wie von selbst und auch ist der aufgedruckte Kartentext mehr als ausreichend, aber der Vollständigkeit halber gehören sie - meiner Meinung nach - auch in der Anleitung erwähnt.
Ansonsten gibt es an der Spielanleitung nichts zu beanstanden. Alles wird sehr gut - wenn auch wie erwähnt eigenwillig - erklärt und beschrieben, sodass keine Fragen oder Unklarheiten offen bleiben sollten.

Das Spiel ist für 2 bis 6 Spieler ausgelegt und spielt sich auch in allen Besetzungen sehr gut. Uns hingegen hat aber das Spiel mit mehr Spielern besser gefallen, weil einfach mehr los ist. Die Spieldauer ist mit ca. 45 bis 60 Minuten angenehm und passend, sodass man auf alle Fälle eine Revanche bzw. eine 2. Partie anhängen kann.

Uns hat Die Säulen von Venedig sehr gut gefallen und ist bei allen Spielern auch sehr gut angekommen. Es hat uns einfach Spaß gemacht die Pfähle zu setzen und mit anzusehen, wie Venedig in der Lagune entsteht. Einen Teil davon hat sicher auch das wunderschön anzusehende Spielmaterial beigetragen - und so wird das Spiel wohl noch öfters auf den Spieltisch kommen. Ich würde jedenfalls nichts dagegen haben und mich jederzeit wieder am Aufbau von Venedig beteiligen …

Wer noch weitere Informationen zum Spiel nachlesen möchte, kann dies auf der dazugehörigen Homepage Die Säulen von Venedig tun.

Vielen Dank an GOLDSIEBER für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars