Spielbesprechung von Györög Kurt
Auf nach Indien!
03.07.2015

von Hisashi Hayashi
Pegasus Spiele
für 3 - 4 Spieler
ab 10 Jahren

„Wir befinden uns im Zeitalter der Entdeckungen! Das Mittelmeer wird vom Osmanischen Reich kontrolliert, daher suchen die Portugiesen nach Alternativen, um nach Ostindien zu gelangen und dort Gold, Gewürze und andere Güter zu erhandeln. Bessere Schiffe und eine zentralisierte Staatsordnung treiben die Portugiesen raus auf den Atlantik. Entdecker wie Heinrich der Seefahrer, Bartolomeu Dias und Vasco da Gama stechen in See. In Auf nach Indien! verkörpert ihr Adlige, die diesen Entdeckern auf ihrer Suche nach einem Weg nach Indien Unterstützung gewähren, um für sich selbst den größten Wohlstand und die meisten Siegpunkte zu erlangen!“

Auf nach Indien! – mal sehen, was wir alles entdecken werden …

Spielmaterial:
4 Siegpunkt-, 4 Verwaltungs- und 3 Technologiekarten, 1 Karte „Lissabon“, 12 Küstenstadt- und 4 Übersichtskarten, 52 Holzwürfel (je 13 in rot, blau, grün und gelb) und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Ende des Spieles die meisten Siegpunkte erzielt zu haben.

Spielablauf:
Die Karte „Lissabon“ wird in die Tischmitte gelegt. Die Küstenstadtkarten werden gut gemischt und verdeckt neben der Karte „Lissabon“ ausgelegt – die ersten drei Karten werden aufgedeckt (und bei 3 Spielern kommen die letzten drei Karten unbesehen in die Schachtel zurück).
Die 3 Technologiekarten werden für alle gut sicht- und erreichbar offen aufgelegt.

Jeder Spieler bekommt eine Siegpunkt-, eine Verwaltungs- und eine Übersichtskarte, die er vor sich auslegt. Außerdem erhält jeder Spieler 13 Holzwürfel einer Farbe, wobei 3 davon auf das Feld „Wissenschaftler“ seiner Verwaltungskarte gelegt werden (die für die Entwicklung und Nutzung der Sonderfähigkeiten auf der Technologiekarte verwendet werden), 1 Würfel auf das Feld „1“ des Schiffsbauers seiner Verwaltungskarte (der anzeigt, wie weit die Schiffe im Spiel gezogen werden dürfen) und 1 Würfel auf die Geldleiste der Verwaltungskarte (mit dem das Geld des Spielers angezeigt wird [Startspieler und linker Nachbar starten mit 2 Geld, jeder weitere Spieler mit einem Geld mehr als sein rechter Nachbar]).
Zuletzt legt noch jeder Spieler 1 Würfel auf die Karte „Lissabon“ – Würfel auf dieser Karte haben keine spezielle Funktion, diese bekommen sie erst, wenn sie von dort genommen und verwendet werden.

Die restlichen Würfel aller Spieler bilden einen allgemeinen Vorrat und werden neben „Lissabon“ bereitgelegt.

Auf der Verwaltungskarte können mit einem Würfel bis zu 5 Geld angezeigt bzw. mit dem Schiffsbauer die Zugweite der Schiffe auf maximal 3 erhöht werden. Auf der Siegpunktkarte können mit einem Würfel bis zu 5 Siegpunkte angezeigt werden. Die Übersichtkarte enthält Informationen über den Spielzug, Spielendebedingungen, Gebäudefunktionen und eine Handelstabelle für den Verkauf von Handelsgütern.
Auf den Technologiekarten sind einzelne Technologien mit ihren Sonderfunktionen abgebildet, die während des Spieles von den Spielern gekauft werden können und ihnen dann Vorteile einbringen.

Wer an der Reihe ist, führt in seinem Spielzug 2 Aktionen aus – es darf auch 2mal die gleiche Aktion aus den folgenden Möglichkeiten gewählt werden:
1 Holzwürfel nach „Lissabon“ stellen:
Der Spieler zahlt 1 Geld und stellt dann (genau) einen Würfel aus dem allgemeinen Vorrat nach „Lissabon“. Dazu muss er seinen „Geldwürfel“ entsprechend verschoben werden. Das Geld muss immer mit so wenig als möglichen Holzwürfeln angezeigt werden – überschüssige Holzwürfel werden nach „Lissabon“ gestellt.
Mit jeder dieser Aktionen kann immer nur genau 1 Würfel nach „Lissabon“ geholt werden.

Schiffe bewegen:
Bei der Bewegung der „Schiffe“ sind folgende 3 Schritte einzuhalten:
  • 1. Holzwürfel bewegen: jeder Holzwürfel in „Lissabon“ bzw. unter einer Küstenstadtkarte stellt ein Schiff dar und darf um maximal so viele Felder (nach links oder rechts) bewegt werden, wie durch den Schiffbauer angegeben wird. Dabei dürfen so viele Schiffe wie gewünscht bewegt werden – aber jedes Schiff nur einmal. Erreicht dabei ein Schiff eine unentdeckte (verdeckt liegende) Küstenstadtkarte, endet die Bewegung dort sofort. Pro Spielzug darf nur eine Küstenstadtkarte vom Spieler entdeckt werden.
  • 2. Unentdeckte Küstenstadt aufdecken: gibt es eine unentdeckte Küstenstadtkarte, unter der sich ein Schiff befindet, wird diese nun aufgedeckt und der Spieler erhält sofort 1 Siegpunkt, den er auf seiner Siegpunktkarte anzeigen muss. Ist es die letzte unentdeckte Küstenstadtkarte gibt es dafür sogar 2 Siegpunkte. Können oder wollen Siegpunkte nicht sofort angezeigt werden, verfallen diese.
  • 3. Schiffe in Handelsgüter umwandeln: der Spieler darf nun beliebig viele seiner Schiffe die unter Küstenstadtkarten liegen auf freie Handelsgutfelder verschieben. Ab sofort zeigt der Holzwürfel keine Schiff sondern eine Handelsware der aufgedruckten Art an.

    Handelsgüter verkaufen:
    Der Spieler kann beliebig viele seiner Handelsgüter verkaufen (die Holzwürfeln nach „Lissabon“ legen) – er erhält dafür entsprechend der Anzahl verschiedener Handelsgüter Geld und eventuell Siegpunkt, die er auf seiner Verwaltungs- bzw. Siegpunktkarte anzeigen muss. Kann oder will der Spieler Geld oder Siegpunkte nicht anzeigen, verfallen diese. Zum Anzeigen können aber auch die soeben zurückgelegten Holzwürfel aus „Lissabon“ genommen werden.
    Wieviel Geld und eventuell Siegpunkte man für wie viele verschiedene Handelsgüter erhält, kann man der Handelstabelle auf der Übersichtskarte entnehmen.

    1 Gebäude bauen:
    Der Spieler zahlt 2 Geld und darf dafür einen seiner Holzwürfel unter bzw. auf einer Küstenstadtkarte auf ein freies Gebäude verschieben. Auf jeder Küstenstadtkarte sind 2 Gebäude abgebildet – folgende Gebäude gibt es:
  • Festung: bringt am Spielende 1 Siegpunkt – außerdem darf der Spieler, bevor er Schiffe bewegt, beliebig viele Holzwürfel aus „Lissabon“ unter diese Küstenstadtkarte legen und die Bewegung der Schiffe von dort aus beginnen.
  • Markt: bringt am Spielende 1 Siegpunkt – außerdem besitzt der Spieler das auf dem Gebäude angegebene Handelsgut, der er beim Warenverkauf mitverwenden kann, ohne den Würfel abgeben zu müssen.
  • Kirche: bringt am Spielende 2 Siegpunkte.

    1 Technologie erwerben:
    Der Spieler zahlt die, auf der jeweiligen Technologie angegebenen Kosten und stellt einen seiner Wissenschaftler von seiner Verwaltungskarte auf das entsprechende freie Feld der Technologiekarte. Der Spieler kann die darauf angegebene Sonderfunktion sofort für sich nutzen. Jedem Spieler stellen insgesamt nur 3 Wissenschaftler zur Verfügung um Technologien zu entwickeln.

    Reichweite der Schiffe erhöhen:
    Der Spieler zahlt 2 bzw. 4 Geld und darf dann seinen Schiffbauer auf seiner Verwaltungskarte um ein Feld nach rechts verschieben und so seine Reichweite der Schiffe verbessern. Mit jeder Aktion kann nur um 1 Feld aufgewertet werden.

    Danach ist der nächste Spieler an der Reihe.

    „Jederzeit“-Aktionen:
    Folgende Aktionen können jederzeit und beliebig währenden des Spielzuges eines Spielers durchgeführt werden und zählen nicht zu den 2 Aktionen die einem Spieler pro Zug zur Verfügung stehen:
  • man darf jederzeit ein Schiff, ein Handelsgut, ein Gebäude, einen „Geldwürfel“ oder einen „Siegpunktwürfel“ nach „Lissabon“ stellen, um ihn dann beliebig verwenden zu können.
  • man darf jederzeit die Funktion einer seiner Technologie nutzen.

    Spielende:
    Das Spiel endet, wenn eine der beiden folgenden Bedingungen zutrifft:
  • ein Spieler hat die letzte unentdeckte Küstenstadtkarte aufgedeckt (und somit Indien entdeckt).
  • 2 oder mehr Spieler haben keine Holzwürfel mehr im allgemeinen Vorrat.

    Der Spieler, der eine der Bedingungen auslöst, spielt seinen Zug normal zu Ende, dann ist genau noch jeder andere Spieler einmal am Zug. Danach endet das Spiel.

    Die Spieler ermitteln dann die Anzahl ihrer Siegpunkt, indem sie folgende Werte zusammenzählen:
  • Anzahl der Siegpunkte
  • 1 Siegpunkt je eigenem Markt bzw. eigener Festung
  • Siegpunkte die durch erworbene Technologie erzeugt werden

    Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat gewonnen. Bei einem Gleichstand gewinnt der Spieler, der Indien entdeckt hat bzw. der Spieler der mehr Geld besitzt. Gibt es noch immer einen Gleichstand gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten auf der Siegpunktkarte – ansonsten gibt es mehrere Gewinner.

    Fazit:
    Auf nach Indien! ist ein kleines, aber sehr feines Lauf-, Sammel-, Aufbau- und Positionsspiel, dem man seine „Größe“ zuerst gar nicht ansieht. Und es ist aber auch ein Spiel, das einfach zu spielen (zu erlernen), aber gar nicht einfach zu spielen (was mache ich wann zu welcher Zeit, und was zuerst) ist ;))

    Zu „einfach zu spielen“: der Spielablauf von „Auf nach Indien!“ ist in einem 16-seitigem Heftchen sehr ausführlich, übersichtlich und gut strukturiert erklärt. Es gibt viele Bilder und Beispiele, sodass man leicht und schnell ins Spiel findet, der Spielablauf selbst ist eigentlich auch sehr einfach, logisch und einleuchtend, sodass es keine Fragen oder Unklarheiten geben sollte. Noch einfacher wird es, wenn man es bei einer Proberunde erklärt bekommt.

    Zu „gar nicht einfach zu spielen“: in „Auf nach Indien!“ gibt es sehr viel, was man tun möchte, aber immer nur 2 Aktionen die man ausführen kann. So ist es dann ganz und gar nicht einfach zu entscheiden, was man zuerst machen sollte – auch dann nicht, wenn man eigentlich genau weiß, was man tun muss. Ist es wichtiger doch noch zuerst seine Schiffe zu bewegen, um damit an das Handelsgut zu kommen, das man braucht, um neben Geld auch noch Siegpunkte bei einem Kauf zu generieren? Oder doch lieber zuerst, um weniger Geld und eventuell ohne Siegpunkte zu verkaufen um dann als erster eine bestimmte Technologie zu ergattern?
    Soll ich zuerst darauf schauen, eine Festung ziemlich in der Mitte der „Auslage“ zu kaufen, um eine bessere Startposition meiner Schiffe zu gewährleisten? Oder doch zuerst den Markt besetzten und leichter und schneller an Geld zu kommen?

    Jede der möglichen 6 Aktionen ist wichtig und kann gebraucht werden, und so muss man jedes Mal ab- und einschätzen, was wichtiger und dringender benötigt wird – und was muss ich eventuell auch tun, um einen Mitspieler etwas einzubremsen. So kann es auch wichtig sein, das man einem Spieler, der Kirchen „sammelt“, die Technologie „Missionskirche“ wegzuschnappen, sodass dieser nicht für jede Kirche die doppelte Siegpunkteanzahl bei Spielende bekommt. Dann muss man seine Strategie eben darauf ausrichten, doch auch ein oder zwei Kirchen zu kaufen, um die Technologie auch für sich zu nutzen.

    Flexibilität steht in diesem Spiel somit auch an oberster Stelle, wie auch das Beobachten und Reagieren auf Aktionen seiner Mitspieler. Und wenn man dann mal gut dasteht (siegpunktemäßig), dann kann es auch von Vorteil sein, wenn man das Spielende beschleunigt, indem man entweder auch noch seine letzten Würfel aus dem allgemeinen Vorrat nach „Lissabon“ holt oder eben die letzte unentdeckte Küstenstadtkarte (und somit Indien) aufdeckt.

    All das macht aus diesem kleinen Spiel ein „großartiges“ Spiel, das man auf keinem Fall unterschätzen sollte. Es steckt mehr in und hinter diesem Spiel, als man anfänglich vermutet …

    Das Spielmaterial besteht mehr oder weniger aus ein paar Karten und Holzwürfelchen, die in einer kleinen Schachtel untergebracht sind und so leicht und einfach (fast) überall hin mitgenommen werden können.
    Auch der Platzbedarf zum Spielen ist nicht unbedingt groß (man kann die Karten auch mehrreihig auslegen).
    Die Illustrationen sind passend und nett ausgefallen, alles ist funktionell und handlich.
    Da auf den Übersichtskarten fast das ganze Spiel erklärt und die wichtigsten Werte und Funktionen abgelesen werden können, ist ein nachblättern und nachlesen in der Spielanleitung nach dem ersten Spiel nicht mehr notwendig.

    Das Spiel ist für 3 bis 4 Spieler ausgelegt und spielt sich in allen Besetzungen sehr gut. Die Spieldauer beträgt 30 bis 45 Minuten, und ist somit so angenehm kurz, sodass man sicherlich nicht ohne die eine oder andere Revanche bzw. weitere Partie vom Tisch gehen wird.

    Uns hat Auf nach Indien! von Anfang an begeistert – und hat sich ganz schnell zu einem unserer Lieblingsspiele entwickelt. Aufgrund der Spieldauer eignet es sich hervorragend als Auftakt oder Ausklang eines Spieleabends, auf auch zwischendurch würden wir es jederzeit auf den Tisch bringen.

    Wer Spiele dieser Art mag, sollte unbedingt ein Auge auf das Spiel werfen und ein Probespiel machen – man könnte sonst eine Perle der Spielewelt übersehen …

    Vielen Dank an PEGASUS SPIELE für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars