Panic Room

 

USA 2002, 112 Min.

Regie: David Fincher

Mit David Fincher’s Filmen war das bei mir bisher immer so eine Sache. Irgendwie kam ich mit der Meinung der Allgemeinheit zu seinen Filmen bisher nie auf einen grünen Zweig: „Alien³“ fand ich großartig, Mit „Sieben“ hatte ich so meine Probleme, und „The Game“ war schließlich eine einzige Enttäuschung. Insofern waren meine Erwartungen gegenüber „Panic Room“ nicht sehr groß, als ich zusammen mit einem Freund von mir an einem Nachmittag im April 2002 im Kino saß. Ich erwartete einfach, einen soliden Thriller zu sehen. Doch selbst diese ohnehin schon eher mageren Erwartungen wurden noch unterboten, und schon bald wusste ich nicht mehr, ob ich angesichts der Geschehnisse auf der Kinoleinwand lachen oder mit dem Kopf schütteln sollte... 

Meg Altman (Jodie Foster) steckt gerade mitten in der Scheidung mit ihren Mann, und sucht deshalb für sich und ihre Tochter Sarah (Kristen Stewart) eine schöne Wohnung in New York. Schon bald ist ein ansprechendes Appartement gefunden, dass sogar über einen Panic Room verfügt, in den sich die Bewohner bei Gefahr zurückziehen können. Meg nimmt die Wohnung, und schon in der ersten Nacht dringen Einbrecher in ihr neues Zuhause ein. Schnell weckt sie ihre Tochter auf und gemeinsam flieht man in den doch recht engen Panic Room. Über ein Mikrofon versucht man nun, die Einbrecher dazu zu überreden, die neuen Besitzer in Ruhe zu lassen. Sollen sie doch nehmen, weshalb sie hier sind, und dann wieder verschwinden, Hauptsache, niemand passiert etwas. Doch leider gibt es da einen Haken: Das versteckte Geld, hinter dem die 3 Einbrecher her sind, befindet sich im Panic Room. 

!! ACHTUNG !!!

Es ist für mich unmöglich, eine Kritik zu diesem Film zu schreiben, ohne ausführlich auf Teile der Handlung einzugehen. Daher befinden sich unter dieser Warnung

!! SPOILER !!

Ich empfehle, nur weiter zu lesen, wenn ihr den Film schon gesehen habt.

Ich halte mich nicht unbedingt für überdurchschnittlich intelligent, und dennoch kam mir vieles, was in Panic Room abgelaufen ist, irgendwie unlogisch vor. Ich meine, immerhin ist das eine Situation, in die sich jeder schnell hineinversetzen kann, der Film lädt ja geradezu dazu ein, sich zu fragen "Wie würde ich reagieren??" Ich weiß schon, bei den betreffenden Personen kommt natürlich der Stress, die Panik hinzu, in so einer Situation ist es bestimmt schwerer, logisch zu denken und intelligente Entscheidungen zu treffen. Dennoch, wenn man ein bisschen gesunden Menschenverstand besitzt und ihn auch anwendet, während man sich den Film anschaut, kommt man nicht umhin, des öfteren den Kopf zu schütteln. 

Irgendwie habe ich mich während des Films oft an Blair Witch Project zurückerinnert: Die 3 Studenten haben sich im Wald verirrt, und kommen auf einmal wieder an diesem Fluss an, den sie bereits Tage zuvor gekreuzt hatten. Gerade diese Szene verdeutlicht ihnen doch, dass sie ihren Orientierungssinn komplett verloren haben, und was tun sie? Nein, sie folgen nicht etwa dem Fluss (vielleicht haben sie ja Angst, er könnte im Kreis laufen?!?!?!), sie irren lieber weiter ziellos durch den Wald... *kopfschüttel*

Und genau so etwas meine ich: Das hat nicht wirklich mit Intelligenz zu tun, das ist einfach gesunder Menschenverstand. Und eben der hat während Panic Room des öfteren laut aufgeschrien "Das is aber nicht sonderlich gscheit". Doch bevor wir das fröhliche „Über Panic Room-herziehen“ beginnen, zuerst die positiven Aspekte des Films: Die schauspielerischen Leistungen aller Beteiligten können sich durchaus sehen lassen. Die Grundidee ist wirklich recht interessant, und die Kamerafahrten, die Fincher vor allem zu Beginn recht ausführlich einsetzt, wirklich genial. Überhaupt kann man Fincher an dieser filmischen Katastrophe kaum eine Schuld geben: Er hat sein Bestes getan, um die für ihn so typische düstere, Hilflosigkeit suggerierende Atmosphäre zu erzeugen. Doch an einer derartigen Ansammlung von subjektiven und objektiven Fehlern, gewürzt mit außerordentlich unoriginellen Charakteren konnte er eigentlich nur scheitern. 

Wo soll ich bei den negativen Aspekten dieses Filmes nur beginnen?!?! Vielleicht fange ich am besten mal mit den grundsätzlichen Dingen an, die mir sauer aufgestoßen sind:

·        Das Gangstertrio. Noch mehr 08/15 geht's ja nun wirklich nicht mehr. Mal sehen, wen haben wir denn da: Den vernünftigen, ehrenhaften Dieb, der alles möglichst ohne Gewaltanwendung erledigen will. Den Vollidioten, der von nichts ‘ne Ahnung hat, und dann gibt's da natürlich noch den gewalttätigen Irren. Na wenn DAS mal nicht originell ist...... *augenverdreh*

·        Meg’s Klaustrophobie: Diese entpuppt sich im Lauf des Films als „roter Hering“, denn zwar wird sie in den ersten Minuten angedeutet, danach verschwinden allerdings alle Symptome auf einmal wieder, und geraten für den Rest des Films in Vergessenheit.

·        Dann gab's noch 2 Szenen, die mich wirklich an der Intelligenz der von Foster gespielten Figur zweifeln lies. Gut ok, ich weiß, der Durchschnittsami kennt das Morsealphabet nicht, ja nicht mal so "berühmte" Zeichen wie S.O.S., aber warum musste man unbedingt Foster's Charakter danach fragen lassen, was das eigentlich soll?? Hätte man das nicht anders einbauen können, damit ihre Figur weniger... äh... DUMM rüberkommt?? Und das mit dem Handy... Ich bitte euch, das hätte ich ihr aber auch sagen können das es in einem von mehreren Zentimeter dicken Stahlwänden umgebenen Raum mit dem Empfang unter Umständen ein KLEINES BISSCHEN Probleme geben könnte....

·        Zu guter Letzt: Was sollte Meg's seltsamer Blick am Ende? Es fühlte sich irgendwie so an, als hätte danach noch irgendwas passieren sollen, doch stattdessen wurde abgeblendet und diese (meiner Ansicht nach völlig unnötige) Szene mit Meg und ihrer Tochter auf dieser Bank gezeigt. 

Soweit zu dem, was mich am Film generell gestört hat. Kommen wir nun zu der Reihe von sogenannten „subjektiven“ Fehlern, die ich ja vorhin schon angesprochen hatte: 

Beginnen wir gleich mal mit einer der schlimmsten Szenen: Der Auftritt von Meg‘s Ex-Mann. Er sieht 2 Einbrecher, einer von ihnen hat eine Waffe in der Hand, und was macht er? Er rennt NICHT davon, er greift NICHT an, er steht einfach wie belämmert in der Tür und sagt: "Was soll das hier?" Na wirklich prima, ungeheuer geschickt... 

Nächstes Problem, was gleich indirekt damit zu tun hat: Warum halten die Verbrecher ihm nicht einfach die Waffe an den Kopf und drohen Meg damit, ihn umzubringen, wenn sie den Raum nicht verlässt? DAS hätte wirklich interessant werden können!! Ich hatte es ja eigentlich schon erwartet, dass eben das passiert, aber dann haben es die Einbrecher doch dabei belassen, ihn windelweich zu prügeln (was sie im Endeffekt ihrem Ziel kein bisschen näher gebracht hat). 

Bereits einige Zeit davor haben die Einbrecher versucht, die beiden Insassen des "Panik Raums" durch Gas dazu zu bewegen, sich aus dem Raum zu entfernen. Das dies nicht unbedingt die beste Methode ist (sie könnten ohnmächtig werden, und wer macht dann auf?), wird vom „guten“ Einbrecher zwar angemerkt, der verrückte Kerl hört aber dennoch nicht damit auf, Gas in den Raum zu lassen. Nun gut, ok, ich kann ja verstehen, warum diese Szene da ist. Sie soll uns zeigen, WIE VERDAMMT VERRÜCKT UND UNBERECHENBAR dieser Kerl wirklich ist (als hätten wir das nicht schon vorher gewusst), dennoch ist diese Szene schon seeeeehr unlogisch. Ich meine, der Kerl mag ja ein wenig durchgedreht sein, aber er macht den Einbruch dennoch nur wegen einem Grund, nämlich um AN DAS GELD ZU KOMMEN, insofern müsste selbst IHM das Argument einleuchten. Und selbst wenn nicht, warum stehen die anderen 2 nur blöd rum und tun nichts, außer zu versuchen, ihn zu überreden, auf sie zu hören?? Wirklich ziemlich schwach, diese Szene... 

Nächste Szene, in der nicht sehr klug gehandelt wurde: Die Cops an der Tür. Ganz egal was sie ihnen gesagt hätte, die Einbrecher hätten keine Chance gehabt es zu hören, da die Kameras ja ganz offensichtlich nur Bilder übertragen haben. Warum zum Teufel weiht sie sie also nicht ein??? Nicht mal durch den penetrant nachfragenden Polizisten lässt sie sich dazu "überreden", mit der Wahrheit rauszurücken. Warum denn nicht?? Ein MÖGLICHER Grund wäre, dass sie nicht unbedingt großes Vertrauen in die Polizei setzt, und nicht will, dass die Einbrecher wütend werden und ihre Tochter umbringen. Das wäre sogar noch einzusehen, wenn sie nicht 2 Minuten später wie ein Berserker eine Kamera nach der anderen zerstören würde (ich mein, dass das den Einbrecher UNTER UMSTÄNDEN nicht so gut gefallen könnte, und sie somit ihre Tochter in Gefahr bringen könnte, liegt ja wohl auf der Hand; übrigens: War schon sehr geschickt, wie das ihre Tochter gemacht hat, dauernd auf die Bildschirme starren, damit die Einbrecher auch ja bemerken, dass da irgend etwas los ist... *kopfschüttel*)... 

Letzte ebenfalls durchaus erwähnenswerte "dem gesunden Menschenverstand widersprechende" Szene: Sie gibt ihrem Ex-Mann, der einen gebrochenen Arm hat (und wohl somit nur bedingt zielen kann), die Waffe, und dieser nimmt sie noch dazu nicht in den GESUNDEN Arm, nein, weil er Rechtshänder ist, und außerdem seiner Ex mit seinem männlichen Macho-Gehabe à la "Das schaff ich doch mit links... äh, rechts!" imponieren will, benutzt er den gebrochenen Arm. Was dabei herauskommt, haben wir ja dann am Ende gesehen. 

Gut, kommen wir nun zu den objektiv nachvollziehbaren Fehlern, denn auch diese sind in Panic Room zur Genüge vertreten: Der Typ bekommt bitte schön mit einem VORSCHLAGHAMMER mit voller Wucht einen Schlag ins Gesicht, UND STEHT NOCH MAL AUF! Normalerweise hätt's ihm dabei den Schädel zertrümmern müssen, so dass sich das Gehirn im ganzen Haus verteilt... 

Ebenfalls toll: Foster zündet das Gas an, ihre Hand befindet sich AUSSERHALB von dieser Schutzdecke, trotzdem bekommt sie nicht mal eine leichte Verbrennung ab. Ist doch was schönes wenn sogar Gas ein Bewusstsein erschaffen und erkennen kann, wer gut ist und somit beschützt gehört, und wer die Bösen sind, die ruhig brennen dürfen... 

Wenn wir schon mal bei der Szene sind: Ein weiterer Fehler (den ich dem Film allerdings nicht vorwerfe, da ich ihn nicht bemerkt hätte) ist das an der Decke schwebende Gas, denn da dieses schwerer ist als Luft, hätten Meg und ihre Tochter im Panic Room eigentlich armselig verbrennen müssen... 

Und nun, der Schlimmste und absolut unbestreitbarste Fehler von Panic Room: Die Insulin-Spritze (Achtung, wichtige Anmerkung: Lest zu diesem Punkt bitte unbedingt mein Update!). Ich weiß nicht, wie gut ihr euch mit Diabetes auskennt, jedenfalls handelt es sich dabei um eine Krankheit, bei der die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genug Insulin produzieren kann, um den Zucker zu "verbrennen". Was Foster's Tochter in dem Film hatte war UNTERZUCKER, soll heißen sie brauchte (das wurde im Film ja auch klar dargestellt) dringend Zucker, um nicht in einen Schock und in weiterer Folge in ein Koma zu fallen.  

So, wiederholen wir das Ganze nochmal: Ihre Tochter braucht ZUCKER, weil sich ZU WENIG ZUCKER in ihrem Körper befindet. Und was macht ihre Mutter? Die will ihr doch tatsächlich eine Insulin-Injektion geben, wodurch die Bauchspeicheldrüse den noch im Körper vorhandenen Zucker NOCH SCHNELLER abbaut, und sie also in Folge NOCH WENIGER ZUCKER hat! Na wenn das mal klug is... Aber in Good ol' Hollywood geht alles, sogar, dass sich ihre Tochter nach einer Spritze, die sie eigentlich hätte umbringen müssen, wieder besser fühlt...  

Dieser Fehler hat dem ganzen schließlich die Krone aufgesetzt. Man hat sich voll und ganz auf die „Dummheit“, oder nennen wir es lieber „Unwissenheit“, des Publikums verlassen. Die paar Leute, die über die Zuckerkrankheit besser Bescheid wissen, scheinen den Filmemachern in diesem Fall egal zu sein, und so ein Verhalten verachte ich (sofern es sich nicht gerade um einen dieser „No-Brainer“ handelt, bei dem ohnehin von vornherein verlangt/erwartet wird, das Gehirn an der Kinokassa abzugeben) zutiefst. Es wäre so einfach gewesen, den Fehler zu umgehen, Meg hätte nur einmal anmerken müssen, dass ihre Tochter unbedingt Zucker braucht, da sie sonst stirbt. Tatsächlich (und das ist ja das absurde an dem ganzen) hat Meg’s Tochter noch Minuten zuvor alle Karton’s abgesucht, um nach irgend etwas zuckerhaltigem zu suchen. Verstehe das, wer will... 

Fazit: Als Thrillerparodie hätte „Panic Room“ wahrlich eine hervorragende Figur gemacht, doch in Anbetracht der Tatsache, dass dieser Film tatsächlich VOLLKOMMEN ERNST gemeint ist, grenzt Finchers 5. Regiearbeit an eine filmische Katastrophe, die nur durch Fincher’s tolle Kamerafahrten, die für ihn so typische Atmosphäre und die Tatsache, dass einiges in diesem Film doch recht (wenn auch unfreiwillig) amüsant ist, verhindert werden kann.

Wertung:     (2/10)             

 

Update 25. 03. 2005:

Mr.Floppy aus dem GIGA-Forum hat mich auf einen eklatanten Fehler in meinem Review hingewiesen, der mir angesichts meiner ausfallenden Kritik bezüglich der Insulin-Spritze ziemlich peinlich ist, wie ich gestehen muss. So hat er (mit tatkräftiger Unterstützung von lynx77 sowie meines eigenen HP-Kollegen Evildead - ach ja, schön zu sehen wie viel Loyalität in unserer heutigen Zeit noch bedeutet ) nachgewiesen, dass Jodie Foster in diesem Film ihrer Tochter keine Insulin-Spritze verabreicht, wie von mir angemerkt und kritisiert, sondern eine Glucose-Injektion - die natürlich angesichts des Unterzuckers der Tochter genau die richtige Behandlungsmethode darstellt. Zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass Glukose-Spritzen zwar seit Jahren in den USA Gang und gebe, hierzulande jedoch erst seit 1-2 Jahren geläufig sind (davor hatte man sich mit einfachen Tabletten begnügt). Auch war die Beschriftung der Spritze selbst im Kino auf der großen Leinwand nicht zu erkennen, und was denn nun genau darin enthalten ist, wurde auch in den Dialogen nicht erwähnt. Und so kommt es interessanterweise zu der Situation, dass ich den Machern vorwerfe, sie würden sich einen Dreck darum kümmern, Diabetes korrekt darzustellen, und ein "verdummtes" Krankheitsbild zu präsentieren - und das genaue Gegenteil ist der Fall (wobei ich schon erwähnen will, dass ich es etwas inkonsequent finde, die Diabetes-Frage kaum zu behandeln aber den Amis das S.O.S.-Zeichen in aller Ausführlichkeit zu erklären).

Im Endeffekt bleibt mir nichts anderes übrig, als mich bei den Filmemachern zu entschuldigen und die Wertung (da dieser angebliche Fehler rund um die Insulin-Spritze für mich ja die größte Schwäche des Films dargestellt hat) nachträglich zu korrigieren. Die weiterhin (noch nicht beanstandeten ) vorhandenen Fehler, das teilweise überhaupt nicht nachvollziehbare Verhalten der Charaktere und die arg klischeehaften Figuren verhindern jedoch eine Anhebung der Wertung über "The Game"-Niveau.

Korrigierte Wertung:   (3/10)  

 

Verfasser: cornholio

Themenverwandte Reviews:

Sieben

The Game

 

Zurück zur Übersicht

 

Titelbild  © 2002 Columbia