Spider-Man 2

USA 2004, 121 Min.

Regie: Sam Raimi

Wer erwartet, dass es in "Spider-Man 2" (wie bei einer Fortsetzung üblich) relativ schnell zur Sache geht, da die Figuren und die "Welt" im ersten Teil bereits in Ruhe eingeführt wurden, wird enttäuscht sein. Denn Sam Raimi hat sich bemüht, einen Comic-Film mit Anspruch zu schaffen... und war damit in meinen Augen nur teilweise erfolgreich...

Das Doppelleben als Student und Retter in Not gestaltet sich für Peter Parker (Tobey Maguire) schwieriger als erwartet. Er verliert seinen Job als Pizza-Lieferant und Dr. Conners droht ihn durchfallen zu lassen, falls er auch weiterhin dessen Vorlesungen verpasst. Nachdem er schließlich auch seine große Liebe Mary-Jane Watson (Kirsten Dunst) erneut schwer enttäuscht und sich der Hass von Harry Osborn (James Franco) auf Spider-Man auch negativ auf deren Freundschaft auszuwirken droht, beschließt Peter, das rot-blaue Spinnenkostüm an den Nagel zu hängen. Den Zeitpunkt dafür hat der Wandkrabbler jedoch höchst ungünstig gewählt, terrorisiert doch der nach einem misslungenen Experiment mit vier mechanischen Tentakel-Armen ausgestattete Doctor Octavius (Alfred Molina) die Stadt. Sein Ziel: allen zu beweisen, dass der Fehlschlag nicht auf ihn zurückzuführen ist, und der Menschheit die Fusionsenergie zum Geschenk zu machen. Doch falls das Experiment erneut schief geht, droht "Doc Ock" halb New York in Schutt und Asche zu legen. Um einen erneuten Versuch zu starten, braucht er jedoch ein seltenes Metall... welches sein ehemaliger Finanzier Harry Osborn für ihn besorgen soll. Dessen Preis für den Gefallen: Spider-Man.

Achtung! Im Zuge meiner Filmbesprechung gehe ich auch auf den Inhalt des Films ein. Dabei wurden nur Informationen als Spoiler gekennzeichnet, die nicht zur allgemeinen Handlung gehören oder bereits aus dem Trailer bekannt sind. Wer vor dem Filmgenuss noch GAR NICHTS über die Handlung wissen will, sollte daher lieber gleich zum Fazit springen...

Mehr als die Hälfte der Zeit  über dreht sich alles um die Frage, warum sich Peter Parker das stressige Doppelleben überhaupt antut, warum er diese Verantwortung auf sich nimmt, und ob er seine eigenen Bedürfnisse ständig hintanstellen muss. Diese Thematik hatten wir schon in kurzer und dafür äußerst prägnanter Form, und man sollte meinen, Peter hätte die Message schon während des 1. Films geschnallt, so oft, wie sie dort wiederholt wurde. Ganz im für Amerikaner so typischen Schwarz-Weiß-Denken verfangen, meint Peter, eine Entscheidung zwischen seinem Leben und jenem als Spider-Man treffen zu müssen... so als könnten beide nicht auf einmal existieren. Das es auch einen gesunden Mittelweg geben könnte, daran denkt der gute Peter leider nicht... und genau da sind wir schon beim Hauptproblem des Films: Ein Großteil der Zeit wird für dieses Drama rund um Peter Parker aufgewendet... nur ist eben dieses meiner Ansicht nach etwas konstruiert und wenig überzeugend. Selbst als Spider-Man kann er ja nicht überall sein und jeden retten, was ihm eigentlich klar sein sollte. Es ist ja schön und gut, wenn er glaubt, seine außergewöhnliche Fähigkeiten in den Dienst der New Yorker stellen zu müssen... doch das heißt doch noch lange nicht, dass diese Entscheidung auch bedeutet, sein eigenes Leben völlig aufzugeben. Da ich dieses Drama einfach nicht nachvollziehen konnte, hat dieser Teil des Films für mich einfach nicht funktioniert... und da eben diese Dramaturgie in den ersten 1-1/2 Stunden absolut tonangebend ist und nur selten durch andere (weitaus besser gelungenere) Thematiken oder auch Action unterbrochen wird, hatte der Film für mich (von ein paar gelungenen Szenen abgesehen... dazu gleich) bis zur Szene mit Peter Parker und MJ im Restaurant relativ wenig zu bieten.

Was ist in dieser ersten, von mir eher gescholtenen Hälfte des Films gelungen? Nun, da wäre zuerst einmal die wirklich geniale Intro-Sequenz zu nennen, die in gezeichneten Comic-Bildern die Geschichte des 1. Films noch einmal erzählt. Ebenfalls gelungen sind die kleinen Gags (wie die Alarm-Anlage), die das Geschehen immer wieder auflockern und für einige Lacher sorgen. Das Beste in diesem Film ist aber eindeutig das Drama rund um Peter und Harry... man merkt richtig, wie sich diese auseinandergelebt haben. Harry kann Spider-Man, trotz seiner sonstigen guten Taten die Ermordung seines Vaters nicht verzeihen... und da Peter ihn deckt, macht er ihn mitverantwortlich. (Achtung, Spoiler!) Ebenfalls toll ist Peter's Geständnis gegenüber seiner Tante May, als er ihr die wahren Geschehnisse am Tag von Ben's Tod schildert. (Spoiler Ende) Schade nur, dass der Film trotz des eher langsamen Erzähltempos hier etwas überhastet erscheint... in der einen Szene zieht sich Tante May geschockt zurück, und in der nächsten lächelt sie schon wieder freudestrahlend, ist glücklich und verzeiht Peter. Das ging dann doch etwas plötzlich... doch halt, wollte ich nicht eigentlich über die positiven Aspekte sprechen? Nun... unbedingt erwähnt werden muss der erste Kampf zwischen Doc Ock und Spider-Man, der zugleich in meinen Augen auch (leider) der Spektakulärste und insgesamt Beste des ganzen Films ist.

Womit wir schon beim neuen Bösewicht wären. Doc Ock wird ebenfalls erstaunlich spät während des Films erschaffen, zuvor lernen wir ihn noch als zwar leicht besessenen Wissenschaftler, gleichzeitig aber auch sehr liebenswerten Gatten kennen. Doch trotz der längeren Einführung von Otto Octavius ist es mir nicht gelungen, eine Verbindung zu ihm aufzubauen und ob seines späteren Schicksals auch nur einen Funken Mitleid oder gar Sympathie zu empfinden. Und obwohl ich Alfred Molina eigentlich für einen guten Schauspieler halte, muss doch festgehalten werden, das Willem Dafoe's Grüner Kobold selbst in seinem lächerlichen Kostüm deutlich mehr Ausstrahlung hatte als Doc Ock während des ganzen Films. (Achtung, Spoiler!) Bezeichnend: Die kurze Szene mit Willem Dafoe am Ende gehört zu den besten des ganzen Films, und sticht locker jede einzelne Szene aus, die Doc Ock zuvor hatte. Ich war richtig erfreut, ihn wieder zu sehen, und hoffe sehr, dass man ihn auch für den 3. Teil (wenn sein Sohn offenbar da anfangen dürfte, wo sein Vater aufgehört hatte) verpflichten wird. (Spoiler Ende)

Schließlich verliert Peter aufgrund seiner ständigen Zweifel und seiner Unzufriedenheit seine Kräfte. Auch dieser Teil des Films konnte mich weniger überzeugen, immerhin handelt es sich doch um genetische Veränderungen, inwiefern sollen sich die von psychologischen Problemen beeinflussen lassen? Dass er kein Netz mehr aus seinem Handgelenk schießen kann, ließe sich ja noch erklären... doch warum ihm die Härchen auf seinen Fingern plötzlich den Dienst versagen, ist nur schwer verständlich. Dem Krone wird dies schließlich dadurch aufgesetzt, dass Peter auch seine Sehkraft wieder verliert... damit ist dann endgültig die Grenze zum Schwachsinn überschritten. Eben bei diesem Teil des Films fällt auch eine weitere Schwäche auf: Vieles aus dem 1. Teil wiederholt sich, und das teilweise sogar 1:1. Neben den verlorenen und wiedererlangten Kräften ähnelt natürlich auch die grundsätzliche Thematik jener des Vorgängers, und auch das Hick-Hack rund um Mary Jane wird wieder aufgewärmt: Zuerst will MJ, aber Peter nicht, dann will Peter, aber MJ nicht, dann will wieder MJ, aber Peter nicht... und so weiter und so fort... weshalb auch dieser Konflikt teilweise sehr konstruiert erscheint. Was mir indes schon im 1. Teil etwas gefehlt hat, und diesmal leider fast völlig abstinent ist, sind die lässig-coolen Sprüche von Spider-Man... ein absolutes Markenzeichen seines Charakters und wohl sicher einer der Hauptgründe für seine große Popularität. Zusammen mit dieser Charaktereigenschaft ging leider auch viel vom Charme der Figur verloren...

Der Film dreht dann schließlich endlich wieder auf, als sich MJ und Peter im Restaurant treffen. Der darauffolgende Kampf zwischen Doc Ock und Spider-Man ist zwar längst nicht mehr so gut wie der erste, ist aber immer noch spannend und kann durchaus überzeugen. Etwas übertrieben dann die Szene mit dem Zug... und der Rettung in allerletzter Sekunde. Hier hat Raimi dann doch ein bisschen zu dick aufgetragen, und dass so viele Leute Spider-Man ohne Maske zu sehen bekommen, fand ich persönlich auch ein wenig seltsam. Doch darüber wollen wir uns nicht lange stören, denn nur kurz darauf kommt es zur besten Szene des ganzen Films, auf die ich mich seit dem Trailer schon wahnsinnig gefreut habe: Spider-Man wird von Doc Ock gefangen und zu Harry Osbourne gebracht... (Achtung, Spoiler!) welcher schließlich das Geheimnis seiner Identität lüftet... ich will an dieser Szene nicht groß Kritik üben, da sie einfach nur großartig ist und von einer solchen Intensität, die ich den Rest des Films über leider vermisst habe, aber... irgendwie ist es schon schade, wenn man bedenkt, für wie viele deutlich unwichtigere Szenen sich Raimi oftmals verhältnismäßig viel Zeit gelassen hat, und dann verabschiedet sich Peter mit einem "das ist wichtiger als du und ich, also wo ist der Doc?" und das war's... Da hätte man nun wirklich mehr draus machen können. (Spoiler Ende)

Kommen wir zum großen Showdown... wobei groß eventuell nicht das richtige Wort ist. Zwar war auch der Endkampf aus Teil 1 nicht ganz gelungen, da ich die Idee mit der Wahl, vor die Peter gestellt wurde, schon etwas ausgelutscht fand... doch dafür war der Kampf danach wenigstens spektakulär. Bei "Spider-Man 2" ist der Endkampf deutlich schlechter geglückt... (Achtung, Spoiler!) insbesondere, dass der Bösewicht am Ende dann durch gut zureden wieder einmal von seinen bösen Taten abgebracht werden kann, und noch dazu mittels Heldentod ganz New York rettet, hinterlässt schon einen sehr fahlen Beigeschmack. Deutlich besser gelungen ist die Szene danach, als Harry Osborn das Kostüm seines Vaters entdeckt. (Spoiler Ende) Hier zeigt James Franco auch wieder sein großes schauspielerisches Können, dass er eigentlich über den ganzen Film hinweg zur Schau gestellt hat. Womit wir bei einer der größten Stärken des Films wären: Die Schauspieler. Neben James Franco liefern vor allem die beiden anderen Hauptdarsteller Tobey Maguire und Kirsten Dunst wirklich tolle Leistungen ab, während mich, wie schon erwähnt, Alfred Molina weniger überzeugen konnte. Ebenfalls glänzen können die Nebendarsteller, allen voran Rosemary Harris als Tante May und J.K. Simmons als hektisch-zynischer Verleger J.J. Jameson. Vor allem letzterer stiehlt den anderen mit seiner energischen Darstellung in jeder Szene die Show. Der Soundtrack von Danny Elfman ist diesmal zwar etwas besser gelungen als beim Vorgänger, schafft es aber immer noch nicht so recht, aufzufallen. Da fand ich seine Komposition zu "Hulk" deutlich gelungener. 

Wenn ich schon die ganze Zeit dabei bin, Vergleiche mit dem Vorgänger zu ziehen, will ich mein Review auch so beenden. Und da ist vor allem folgendes festzustellen: Insgesamt betrachtet hatte der 1. Teil einfach die stärkeren Szenen: Die Konfrontation Spidey - Goblin im brennenden Haus, die geniale Thanksgiving-Szene, der Showdown, die Szene am Ende mit Harry... derartiges fehlt dem 2. Teil leider fast völlig. Lediglich die geniale Szene zwischen Harry und Spider-Man spielt in einer ähnlichen Liga... ist aber leider auch schon wieder viel zu früh vorüber. Dafür muss man dem 2. attestieren, dass er, für eine Fortsetzung ungewöhnlich, erstaunlich viel Zeit und Energie dafür aufwendet, sich auf die Charaktere und die Beziehung untereinander zu konzentrieren... was natürlich etwas positives ist. Schade nur, dass mich das Drama einfach nicht so recht überzeugen konnte, und einiges teilweise auch arg konstruiert erschien.

Fazit: Die Handlung ist diesmal nicht mehr ganz so interessant wie beim Vorgänger, und auch die Dramatik war im 1. Teil mit dem grünen Kobold als Feind etwas besser. Dafür gibt es diesmal ein bisschen mehr Action, und vor allem die Szenen zwischen Peter und Harry sind großartig gelungen. Auch ein ähnlich dämliches Ende wie beim Vorgänger hat man sich erspart, dafür haben sich diesmal doch einige Längen eingeschlichen. Unterm Strich macht dies eine Fortsetzung mit ganz anderen Stärken und Schwächen im Vergleich zum Vorgänger, wo es jedoch im Endeffekt auf die gleiche Wertung hinaus läuft. Wer ein großes und reines Action-Spektakel erwartet, wird jedenfalls enttäuscht werden, denn Raimi würzt seinen 2. Ausflug in die Welt des Wandkrabblers mit einem ordentlichen Schuss Anspruch, wobei er sich leider manchmal für die falschen Szenen zu viel Zeit nimmt, einiges arg konstruiert erscheint und auch diesmal der Holzhammer ordentlich Verwendung findet. Unterm Strich nicht das Highlight, das man nach dem großartigen Trailer erhoffen durfte, aber dennoch durchaus einen Kinobesuch wert... 

Wertung:    (7/10)             

 

Verfasser: cornholio

 

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Titelbild und Filmausschnitte © 2004 Columbia Pictures