Brutstätte
(The Hatchery)
Staffel 3, Folge 17
Auf
einem Planeten findet die Enterprise ein Wrack der insektoiden Xindi-Spezies.
Anfangs ist man nur an möglichst vielen Informationen in Hinblick auf die von
dieser Unterspezies angewendeten Technologie interessiert, doch dann findet man
eine Brutstätte dieser insektoiden Wesen, in denen sich Eier befinden. Die „Babies“
drohen zu sterben, falls es der Crew der Enterprise nicht gelingt, einige der
Schäden zu reparieren und die Lebenserhaltungssyteme in Gang zu halten. Archer
ist davon überzeugt, dass der Nachwuchs mit allen der Enterprise zur Verfügung
stehenden Mitteln beschützt werden muss, um den Xindi klar zu machen, dass die
Menschen nicht die rücksichtslosen mordlustigen Geschöpfe sind, wie es ihnen
von Seiten der Xindi vorgeworfen wird. Doch mit jedem Tag den sich die
Enterprise dort aufhält wächst der Unmut der Besatzung, und Archer scheint von
der Idee, die Jungen zu retten, mit der Zeit zunehmend besessen zu werden.
Schließlich sehen T’Pol, Trip, Reed und andere nur
mehr eine Möglichkeit: Eine Meuterei...
Bisher dachte ich, Berman und Braga wären das Schlimmste gewesen, was Enterprise passieren konnte - immerhin fallen in letzter Zeit die von ihnen geschriebenen Scripts laufend bei mir durch, während mir andere Folgen der 3. Staffel bisher durchaus gefallen konnten. Doch mit dieser Episode haben Andre Bormanis und Mike Sussman (wobei letzterer mit der eigentlichen Idee hinter dem Script wohl weniger zu tun haben dürfte) wirklich den großen Vogel der Galaxis abgeschossen und selbst die schlechtesten Folgen von Berman und Braga weit in den Schatten gestellt. Dass mit dem Abschuss des großen Vogels der Galaxis ist übrigens nicht nur rein metaphorisch, sondern durchaus auch wörtlich zu verstehen - denn selten wurden Roddenberry's Werte und seine Vision, die er mit Star Trek vermitteln wollte, so torpediert wie hier...
Jetzt
sind wir uns doch mal ehrlich: Sind Archers Absichten nun wirklich so schwer
nachvollziehbar? Ich meine, wir reden hier im Prinzip von BABIES! Um den
Nachwuchs, zu dessen Wohl sich die insektoide Besatzung des Xindi-Raumschiffs
geopfert hatte! Sind diese Kinder wirklich weniger Wert als menschlicher
Nachwuchs, bloß weil sie in Eiern heranwachsen? Ich finde es absolut
schrecklich, dass KEIN EINZIGES BESATZUNGSMITGLIED der Enterprise Archer's
Meinung zu teilen scheint. Noch viel schrecklicher ist natürlich, dass selbst
ER nur dieser Ansicht ist, da ihn dieses komische Mittel manipuliert. Braucht es
in Enterprise-Zeiten wirklich ein außerirdisches Nervenmanipulierdingsbums, um
MENSCHLICHKEIT einzuflößen? Ich verstehe natürlich, dass sich die Enterprise
auf einer überaus wichtigen Mission befindet - aber mal ganz abgesehen davon,
dass Archer's Argumentation wirklich Sinn ergibt und die Rettung dieser
Nachkommen der Mission der Menschen mehr helfen könnte als die Zerstörung der
Waffe (wird damit das Problem doch nur zeitweilig gelöst, bis die Xindi eine
neue solche Waffe erbaut haben), stört mich einfach die extreme Darstellung,
durch die der Zuschauer offenbar unbedingt in Richtung der Meinung der Meuterer
manipuliert werden soll. Kein einziges Besatzungsmitglied zeigt Mitleid für den
Nachwuchs und Interesse an dessen Rettung - DAS ist es, was mich so stört, und
nicht, dass hier generell mal ein moralisch fragwürdigerer Standpunkt vertreten
wird.
Angesichts der Manipulation von Archer durch das Mittel aus den Eiern verlieren natürlich auch so an und für sich nette moralische Reden wie jene von Archer über den eugenischen Krieg jedwede Wirkung - da einfach nicht deutlich ist, wie viel von Archers Absichten auf seinen eigenen Mist gewachsen ist, und wie viel auf die Manipulation zurückzuführen ist. Doch ehrlich gesagt... ganz egal, wie weit Archer gegangen ist, ich hatte nie das Gefühl, dass er zu weit geht. Vielleicht liegt es daran, dass ich generell ein sehr toleranter Mensch bin, und andere mögen anders denken, aber für mich hatte Archer vollkommen recht: Es handelt sich hier um unschuldige Kinder, und diese sollten nicht Opfer eines Krieges werden, für den sie nichts können. Ich meine, stellen wir uns doch mal einen Augenblick vor, hier wäre ein Schiff der Menschen abgestürzt und es würden neugeborene Babies bedroht werden. Dann hätte wohl jeder an Bord der Enterprise zugestimmt, dass alles, und auch wirklich ALLES getan werden muss, um die kleinen zu retten. Aber he, das sind doch nur ein paar Käfer, die können ruhig krepieren...
Wie
gesagt, es ist den Machern nie gelungen, mich davon zu überzeugen, dass Archer
zu weit geht. Ich hatte lediglich das Gefühl, dass er einfachere und/oder
logischere Lösungen übersieht. Gut, ok, Archer war noch nie der Klügste...
außerdem steht er ja unter dem Einfluss der manipulierenden Flüssigkeit...
aber das selbst T'Pol keine Alternativen anzubieten hat und Archers Verhalten
für falsch erachtet, will mir nun wirklich nicht begreiflich werden. Jedenfalls
haben die Macher hier zumindest bei mir vollkommen versagt - denn es ist
natürlich eindeutig, dass die Produzenten eigentlich wollten, dass ihre
Zuschauer Archer's Verhalten mit der Zeit mehr und mehr seltsam vorkommt und sie
schließlich mit den Meuterern einer Meinung sind. Doch eben just das ist bei
"Brutstätte" nicht gelungen. Zu keinem Zeitpunkt stand ich auf der
Seite der Meuterer, stattdessen hielt ich IHR verhalten für übertrieben und
absolut nicht nachvollziehbar. Hier haben die Macher also absolut versagt...
Doch auch wenn die verachtenswerte Message bzw. das fehlende Verständnis für die Meuterei ohne jeden Zweifel das größte Problem der Folge ist, so ist es bei weitem nicht das Einzige. So ist die Folge unheimlich vorhersehbar - was insbesondere für Archers "Besessenheit" gilt. Ich meine, jetzt mal ehrlich: Da wird Archer von so einem Ei angespritzt, und wir sollen Phlox wirklich glauben, dass da nichts weiter passiert ist? Ich bitte euch. Auch gab es von der eigentlichen Geschichte mal abgesehen ein paar wirklich dämliche Aktionen seitens der Crew. Bestes Beispiel ist wohl Reed's Verhalten als Captain der Enterprise: Da erscheint ein Schiff der insektoiden Xindi im Sektor, und anstatt eine Message an sie zu schicken, dass sich auf dem Planeten ein Wrack mit ungeborenen Kindern befindet und sich dann zurückzuziehen und deren Rettung ihnen zu überlassen, schießt der gute Malcolm "Rambo" Reed das fremde Raumschiff lieber mal in Stücke. Und das Phlox sich von Archer einfach so abwimmeln lässt, ist auch nur so zu erklären, dass die Drehbuchautoren mit allen Mitteln eine Meuterei herbeiführen wollten - zu seinem Charakter will dieser Rückzieher aber nicht so recht passen. Auch bleibt die Frage, warum die Crew nicht einen Kompromiss anstrebt, anstatt Archers recht extremer Darstellung ("Wir müssen diese Babies mit allen Mitteln retten!") mit einer gegensätzlichen extremen Darstellung ("Wir müssen sofort weg hier!") zu kontern. Und auch ein paar herrliche Klischees (wie das brav alle Befehle befolgende Militär) hat man uns nicht erspart.
Das
absolut Dümmste an der Folge ist aber wohl das Ende. Denn obwohl die Meuterer
Archer überwältigt und das Schiff der insektoiden Xindi zurückgelassen haben,
werden die Babies noch lange genug überleben, bis sie von einem anderen Schiff
gefunden werden. Bitte WAS? Hieß es nicht zu Beginn der Folge, die Besatzung
der Enterprise muss ihnen sofort helfen, sonst sterben sie? Wurde nicht
dezidiert gesagt, dass der Nachwuchs ohne Hilfe nicht lang genug überleben
wird, bis ein Raumschiff der insektoiden Xindi im Sektor eintrifft? Wenn die
jetzt ohnehin lang genug überleben... dann wozu überhaupt die ganze Scheiße?
Damit haben es die Autoren endgültig geschafft, diese Folge zu einer der
schlechtesten (wenn nicht zu DER schlechtesten) Folge in der gesamten Geschichte
von Star Trek werden zu lassen. Denn nicht nur, dass sie zuvor 40 Minuten lang
eine überaus grauenhafte Message verbreiten, anstatt am Ende daraus auch
wirklich die Konsequenzen zu ziehen, nimmt man den "Cheap way out" -
damit auch ja keinem Zuschauer Zweifel kommen könnten, dass die (meines
Erachtens) verachtende Einstellung der Meuterer falsch gewesen sein könnte.
Fazit: Da wollen die Macher mal einen Konflikt reinbringen und dann machen sie eine derartige Bruchlandung, dass sich selbst Deanna Troi dafür schämen würde. Der Konflikt wirkt aufgrund der extremen Darstellung beider Seiten unrealistisch und damit nicht nachvollziehbar. Erschwerend kommt hinzu, dass ich keine Sekunde auf der Seite der Meuterer war, sondern Archer's Ansicht selbst in den Momenten, als er von der Rettung des Nachwuchses schon richtiggehend besessen schien, noch nachvollziehen konnte. Dementsprechend grauslich fand ich die Message der Episode, mit der man so ziemlich alles, was Roddenberry mit Star Trek aussagen wollte, mit Füßen tritt. "Brutstätte" ist eine absolute Schande für das Franchise!
Wertung:
(1/10)
Verfasser: cornholio
3x18 - Azati Prime
3x16 - Auf ärztliche Anweisung
Wir bedanken uns bei treknews für die Genehmigung zur Verwendung der Screenshots