Auf ärztliche Anweisung

(Doctor's Orders)

 

Staffel 3, Folge 16

Erneut sieht die Enterprise ihren Weg nach Azati Prime (und damit zur Hauptwaffe der Xindi) durch eine Anomalie blockiert: Sie zu umfliegen würde Wochen dauern, doch Archer scheint keine andere Wahl zu bleiben, immerhin drohen die Menschen an Bord durch die Auswirkungen der Anomalie wahnsinnig zu werden. Da wendet sich Phlox mit einer Idee an den Captain: Wenn die Crew tief im Koma schlummern würde, ließen sich Hirnschäden vermeiden – das Schiff könne er die paar Tage schon allein steuern. Doch als es schließlich soweit ist, setzt Phlox sowohl die Verantwortung seiner Aufgabe als auch die Einsamkeit sehr zu. Gott sei Dank ist ja auch noch T’Pol da, die wie Phlox gegen die Auswirkungen der Anomalie immun ist. Doch schon bald ist sich Phlox sicher, dass Eindringlinge die Enterprise heimsuchen. Sieht sich die Enterprise tatsächlich solch einer Gefahr gegenüber, oder droht Phlox, seinen Verstand zu verlieren?

Betrachten wir diese Episode völlig unabhängig von eventuellen bereits vorhandenen "ähnlichen" (vorsichtig ausgedrückt) Geschichten des Star Trek-Universums, dann fällt das Zeugnis durchaus ansprechend aus. Besonders hervorzuheben ist hier meines Erachtens die Inszenierung. Wo man bei "Impulsiv" leider die gewünschte Wirkung völlig verfehlt hat, gelang es hier doch tatsächlich, stellenweise so etwas wie eine bedrohliche und beängstigende Atmosphäre aufzubauen... zwar nichts, was sich mit den besseren Horrorfilmen messen könnte, für eine Fernsehserie, insbesondere aber für eine Star Trek-Serie, ist das Ergebnis nichtsdestotrotz beachtlich und lobenswert. Was ich "Auf ärztliche Anweisung" ebenfalls positiv anrechnen muss, ist die Tatsache, dass es hier wirklich mal gelungen ist, mich mit der Wendung am Ende zu überraschen - was in Zeiten, wo ich bei fast jedem Krimi den Täter viel zu früh erahne, schon besonderes Lob verdient. Doch die Wendung überrascht nicht nur, sondern sie überzeugte auch auf ganzer Linie und lässt einen wohlig an solch gelungene Schockmomente wie der Auflösung in "The Sixth Sense" zurückerinnern, wo man einfach nur baff auf den Fernsehschirm/die Leinwand starrte - zwar natürlich längst nicht in dieser Intensität, aber zumindest ansatzweise - auch das ist in Zeiten der auf Twists spezialisierten Serie "24" (wo nur wenige Wendungen einen ähnlichen Effekt erzielen konnten) eine beachtliche Leistung. Zuletzt darf bei den positiven Aspekten auch keinesfalls auf den Humor vergessen werden. Wenn Phlox seine Tiere in der Krankenstation nackt füttert, hat das schon fast einen selbstironischen Touch - als würden sich die Macher über ihre ständigen Erotikeinlagen lustig machen. 

So toll die Atmosphäre der Folge auch ist, für die eigentliche Geschichte kann ich leider keine positiven Punkte vergeben. Es ist ja nun wirklich nichts neues, dass Enterprise entweder aus früheren Star Trek-Serien oder auch anderen SF-Produktionen gerne mal Ideen... sagen wir mal als Inspirationsquelle nutzt. Selten bis nie jedoch wurde eine Handlung derart schamlos und eindeutig geklaut wie hier. Mal sehen, was haben wir denn da: Die Enterprise sieht sich auf ihrem Weg zur Waffe der Xindi einer Anomalie gegenüber, die droht, die Crew verrückt zu machen. Doktor Phlox schlägt vor, die Crew in ein künstliches Koma zu versetzen. Da Phlox gegen die Auswirkungen immun ist, bleibt er allein zurück. Da die Denobulaner jedoch eher ein geselliges Völkchen sind und er die Einsamkeit nicht gewohnt ist, beginnt Phlox schon bald, zu halluzinieren, und sieht u.a. einen Insektoiden-Xindi, der die Enterprise bedroht. Und nun wollen wir uns doch mal kurz die Handlung der Voyager-Folge "Eine" ansehen: Die Voyager sieht sich auf ihrem Heimweg zur Erde einem Nebel gegenüber, der droht, die Crew umzubringen. Das medizinisch-holographische Notfallprogramm schlägt vor, die Crew in Stasis zu versetzen. Da Seven of Nine gegen die Auswirkungen immun ist, bleibt sie allein zurück. Da die Borg jedoch normalerweise in einem Kollektiv leben und sie die Einsamkeit nicht gewohnt ist, beginnt Seven of Nine schon bald, zu halluzinieren, und sieht einen mysteriösen Eindringling an Bord. Ich denke, die Ähnlichkeiten sprechen für sich. Neu hinzugekommen ist bei dieser Story eigentlich nur der gelungene Twist am Ende - doch der kann auch nichts mehr daran ändern, dass dies einer der extremsten Auswüchse von Ideenklau war, den die Enterprise-Macher bisher begangen haben. Und noch eine kleine Kritik (wenn sie auch im Vergleich zur kopierten Handlung fast kleinlich erscheint): Erst vor kurzem hatte ich mich über die ständigen Rückblenden à la "soundsoviele Tage früher" beschwert, und auch diesmal wird man davon leider nicht gänzlich verschont. Auch wenn das ganze durch Phlox' Tagebuch noch halbwegs erträglich eingebaut wurde, hier handelt es sich einfach um ein derart abgenutztes Stilmittel, dass es mich mittlerweile einfach nur mehr nervt.

Fazit: Zwar ist die Folge atmosphärisch erstaunlich dicht und kann mit netter Wendung am Ende aufwarten, trotzdem kann ich nicht einfach darüber hinweg sehen, dass diese Folge fast 1:1 von der Voyager-Episode „Eine“ geklaut wurde, und muss entsprechend Abstriche bei der Bewertung machen...

Wertung:   (5/10)

 

Verfasser: cornholio

  3x17 - Brutstätte

  3x15 - Der Vorbote

 

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