Einleitende Worte zu den Reviews von "Star Trek - The Next Generation"

 

Natürlich war es die allererste Serie rund um Captain Kirk, Spock und Pille, die mich zum ersten Mal mit der Welt von Star Trek vertraut gemacht hat. Doch zum wahren ST-Fan wurde ich erst durch "Das nächste Jahrhundert", bin ich doch quasi mit dieser Serie aufgewachsen. Meiner Ansicht nach war sie wohl die letzte große SF-Serie, denn alle, die danach erschienen sind (egal ob ST oder andere SF-Serien) legten eigentlich schon andere Schwerpunkte als die "reine" Science Fiction. Die SF-Elemente in Deep Space 9 wurden schon in den ersten Staffeln durch Übersinnliches wie die Propheten sowie eine ordentliche Portion Seifenoper verwässert, in späteren Staffeln hat sich die Serie immer mehr und mehr in Richtung Action orientiert. Voyager hatte zwar ein paar nette SF-Folgen zu bieten, war jedoch schon größtenteils eine Abenteuerserie, die Science Fiction eigentlich nur mehr für den Schauplatz, und nicht mehr für die Handlung verwendet hat. Die bisher letzte ST-Serie "Enterprise" ist diesen Weg konsequent weitergegangen, verzichtet mittlerweile fast vollständig auf SF-Themen und zieht es vor, den Abenteuer-Aspekt von Voyager mit dem Kriegs- und Actionthema aus "Deep Space 9" zu kombinieren. Andere Serien wie Stargate oder insbesondere Babylon 5 schätze ich zwar sehr, doch auch dort fristet die Science Fiction als Thematik eher ein Schattendasein (wenn sie auch in dieser Hinsicht immer noch mehr zu bieten haben als der letzte ST-Ableger, was wie ich finde wirklich eine Schande ist).

Ich will mich hier nicht groß über die Fehler der jüngsten ST-Vergangenheit auslassen und lange ausschweifen, warum Star Trek meiner Meinung nach in der Krise steckt, daher wirklich nur kurz: Das große Problem des ST-Universums ist es meiner Ansicht nach, dass man die "wahren", alten ST-Fans, welche die Serien vor allem aufgrund des starken SF-Bezugs so geschätzt haben, kontinuierlich vertrieben hat, nur um größere Einschaltquoten zu schaffen, wozu man halt mehr und mehr auf andere Zielgruppen wie z.B. die "reinen" Actionfreaks angewiesen war. Dadurch wurde aber das Erfolgsrezept von Star Trek so lange verwässert, bis im Endeffekt nun bei Enterprise davon eigentlich nichts mehr übrig ist. Kein Wunder, dass die alten Fans in Scharen davonlaufen, und auch den Actionfreak kann man durch reines "more of the same" einfach nicht ewig bei der Stange halten, vor allem dann nicht, wenn andere Serien mit interessanteren Grundideen oder neuen Konzepten (z.B. "24") aufwarten können. 

Eben dies, nämlich wie sehr sich Star Trek in den Jahren verändert hat (und zwar nicht zum Positiven), führen einen schon die ersten Folgen von "Das nächste Jahrhundert" sehr deutlich vor Augen. Als ich mir die ersten Folgen der ersten Staffel dieser Serie noch einmal angeschaut habe, dachte ich mir: "Eigentlich weiß man erst, wie gut selbst die schlechten STTNG-Folgen waren, wenn man Enterprise gesehen hat". Tatsächlich denke ich heutzutage über viele Episoden, die mir früher weniger gefallen haben, beim erneuten Betrachten ganz anders. Ein "Gedankengift" oder "Ehrenkodex" wäre früher wohl über 2, höchstens 3 Sterne nicht hinausgekommen. Heutzutage blicke ich hinter die Fassade, und erkenne, nun... "Größe"... und insgesamt all das, was den jüngsten ST-Serien einfach fehlt: Die wunderbaren Charaktere, allen voran der wirklich herausragende Captain Picard, der genau das Gegenteil von Kirk ist (und den Zuschauer wohl auch genau deshalb so fasziniert), auf gar wundervolle und beeindruckende Art zum Leben erweckt vom absoluten Glücksgriff Patrick Stewart, der jeder Situation, egal wie "dumm" sie auch wirkt, durch sein herrliches Schauspiel eine positive Note verleiht und eine ungeheure Bildschirmpräsenz besitzt, die sowohl in humorigen als auch in ernsten Situationen überzeugen kann. Der herrliche Humor, der leider in der synchronisierten Fassung oftmals nur mehr halb so gut zur Geltung kommt. Die wunderbaren und originellen Ideen, die schon allein viele der Folgen zu einem Erlebnis machen. Die herausragenden Effekte, die selbst heute noch, wenn auch manchmal die technischen Beschränkungen und das geringe Budget erkennbar sind, immer noch real aussehen und mich mehr überzeugen können als die Effekte von Enterprise, denen man ihre Computerherkunft zu oft ansieht. Die Musik, die im Pilotfilm zwar durch die Synthesizerklänge manchmal noch etwas billig wirkt, ansonsten die Atmosphäre der Szenen aber immer grandios verstärkt...

Natürlich will ich bei der ganzen Schwärmerei nicht verschweigen, dass es auch Schattenseiten gibt. Allen voran Marina Sirtis zieht in jeder Szene wo sie wieder mal etwas "fühlt" (noch schlimmer ist es sogar wenn sie nichts fühlt, siehe "Das kosmische Band") den Eindruck durch ihr wahrhaft unterirdisches schauspielerisches Talent herunter. Die Vermutung, mein negativer Eindruck über den Charakter bzw. die Schauspielerin könnte durch eine schlechte Synchronisation entstanden sein, musste ich dieser Tage ebenfalls ad acta legen, im Gegenteil... im Original ist es eigentlich sogar noch schlimmer. Zweiter negativer Punkt ist natürlich Wesley Crusher, wobei dies eher an der Figur an sich (naseweise junge Leute waren einfach schon damals ein unheimlich nerviges Klischee) als an Will Wheaton's schauspielerischem Können liegt.

Wozu ich das alles schreibe? Nun, um klar zu machen, dass ich "Das nächste Jahrhundert" einfach nicht auf die gleiche Art und Weise wie andere Serien betrachten und bewerten kann, und genau davor möchte ich warnen. So sehr ich es auch versuche, es will mir nicht wirklich gelingen, die Serie mit allzu kritischen Augen zu betrachten, vielmehr sehe ich sie aus dem möglicherweise etwas verklärten Blickwinkel des sie vermissenden und glorifizierenden Fans. Ich bemerke auf einmal positive Aspekte, die mir früher nicht aufgefallen sind, während mich das Negative kaum mehr stört und daher auch wenig erwähnenswert erscheint. Viel zu sehr vermisse ich diese Crew, diese Serie, dieses Star Trek. Eine Serie, die uns dort hingeführt hat, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist... und wo, wie zu befürchten ist, uns auch nie wieder eine Serie hinführen wird...

In diesem Sinne: Auf in die große Unendlichkeit der unerforschten Galaxis. Energie!

 

Verfasser: cornholio

 

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