Der lange Abschied
(Long Goodbye)
Staffel 2, Folge 16
Sheppard
und Co. finden mitten im Weltall zwei frei herumtreibende Rettungskapseln. Als
man die erste davon birgt und nach Atlantis bringt, um diese näher zu
untersuchen, kommt es zu einem unerwarteten Energieausstoß, der Dr. Weir
erfasst. Kurz darauf wird auch klar, was es damit auf sich hatte: Durch den
Energiestrahl wurde das Bewusstsein von Phoebus, der in der Kapsel geborgenen
Frau - deren Körper zu schwach war, um sie noch viel länger am Leben zu
erhalten - in Dr. Weir's Körper transferiert. Diese Wirkung wird zwar in
einigen Stunden nachlassen - doch das bietet der Frau genug Zeit, sich von
Thalan, ihrem Liebsten, zu verabschieden, der sich in der 2. Kapsel befindet und
in Sheppards Körper kurzfristig wieder zum Leben erweckt wird. Schon bald
stellt sich jedoch heraus, dass Phoebus gelogen hat - denn bei Thalan handelt es
sich nicht etwa um ihren Mann, sondern um ihren Erzfeind aus einem Krieg, der
schon seit Jahrhunderten in Vergessenheit geraten ist. Nun ist sie fest
entschlossen, diese letzte Gelegenheit zur Rache zu nutzen - womit sie jedoch
auch Sheppard töten würde.
Sonderlich einfallsreich ist es ja nicht, gleich zwei solche "fremder Geist im Körper"-Geschichten in einer Staffel zu erzählen - da jedoch auch McKay mit einem herrlich-ironischen "Nicht schon wieder" darauf reagiert, kann und will ich das mal verzeihen. Schlimmer finde ich da schon, dass man in den ersten Minuten eine erstaunlich anspruchsvolle Geschichte mit Tiefgang ankündigt, und dann erst recht wieder die Action in den Mittelpunkt rückt. Sehr schade, denn eine Folge in der zwei Figuren noch ein paar Stunden genießen können, um sich danach für immer zu verabschieden, das wäre echt mal eine originelle und bewegende Geschichte gewesen, die ich gern gesehen hätte - stattdessen gab's wieder Atlantis-Standardkost. Schade finde ich das insofern, als dass man selbst aus der Geschichte rund um zwei verfeindete Parteien, die ihren Konflikt noch Jahrzehnte nachdem der Krieg bereits zu Ende ist noch fortführen einiges hätte machen können. Es geht bei den beiden nicht etwa um den Sieg, es geht lediglich um Rache - dies und der gegenseitige Hass führen dazu, dass sie selbst nachdem der Krieg längst zuende ist noch ihre letzten Lebensstunden dafür verwenden müssen, sich zu bekämpfen. Daraus hätten sich durchaus einige nette Implikationen auf aktuelle Konflikte ableiten lassen, leider sind diese viel zu oberflächlich und rücken gegenüber der actiongeladenen Handlung völlig in den Hintergrund. Allerdings muss ich trotz meiner Enttäuschung ob der Oberflächlichkeit der Folge zugeben, dass die Handlung durchaus spannend und interessant war. Zudem hat mir gefallen, dass sich der in der Vergangenheit eher durch unkooperatives Verhalten aufgefallene Colonel Caldwell endlich beweisen durfte.
Was den Kuss
betrifft.. na ja, ich fand die sich anbahnende Beziehung zwischen Dr. Weir und
Sheppard bzw. auch das angedeutete Dreiecksverhältnis zwischen ihnen und Teyla
ohnehin nie so prickelnd - andererseits, da er in dieser Staffel schon Teyla
abschlabbern durfte als er die Wraith-Gene in sich trug, kann man das wohl als
ausgleichende Gerechtigkeit ansehen .
Weniger gut fand ich Teyla's naiv-arroganten Spruch "Mit der werde ich
schon fertig" - und die Auflösung der "Töte ihn"-Szene. Nicht
nur, dass ich diese "Rettung in letzter Sekunde durch Deus Ex-Machina"
schön langsam echt nicht mehr sehen kann... in einer Zeit, in der Tode auch von
Hauptfiguren von TV-Serien keine Seltenheit mehr sind, darf ich einen Charakter
einfach nicht in solch eine ausweglose Lage bringen, ohne dann auch den Mut zu
haben ihn sterben zu lassen. Wäre man hier konsequent geblieben und hätte
Sheppard's Tod - noch dazu eben nicht in einem Staffelfinale, sondern in einer
ganz gewöhnlichen Episode - durchgezogen, hätte "Der lange Abschied"
trotz der oberflächlichen Handlung zu einer der besten Folgen beider
Stargate-Serien werden können (insbesondere wenn McKay, und nicht die
vergleichsweise uninteressante Teyla abdrücken hätte müssen). Andererseits,
da Stargate ohnehin den aus Star Trek wohlbekannten und verhassten Reset-Button
bemüht und langfristige Auswirkungen und Charakterentwicklungen scheut wie der
Teufel das Weihwasser, war's vielleicht sogar besser so. Denn wäre Sheppard in
dieser Folge tatsächlich gestorben, und in der nächsten Episode ist alles
schon wieder vergessen und es gibt "business as usual" mit einer
Sheppard-Kopie die just in dem Moment wo der alte Sheppard stirbt durch das
Stargate kommt und somit zur Verfügung steht, hätte mich das erst Recht wieder
gestört
Fazit: Sonderlich mutig gehen die Atlantis-Macher nicht gerade zu Werke. Zuerst lassen sie sich die Möglichkeit zu einer erstaunlich originellen, abwechslungsreichen und gehaltvollen Geschichte durch die Lappen gehen, und dann bringen sie Sheppard in eine ausweglose Situation, nur um ihn dann erst recht wieder in letzter Sekunde zu retten. Wenigstens war die Folge durchaus spannend und unterhaltsam...
Wertung:
(6/10)
Verfasser: cornholio
Review veröffentlicht am 05.04.2007
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