SALIGE, WEISSE & WILDE FRAUEN

 

Die Ehe mit der Saligen

Ganz zuhinterst in dem Tale, das von Kals hinauf zu den Abhängen des Großglockners führt, steht ein Bauernhaus, "zum Spöttling" genannt. Einmal war ein junger, schöner Mann dort Bauer; weil er aber jähzornig war und allzu gerne dem Branntweine zusprach, konnte er keine Braut finden, denn keine wollte ihn heiraten. Schließlich hat er sich damit abgefunden.

Da kam einmal eine unbekannte Frau in das Dorf und fragte ihn , ob sie bei ihm in Dienst treten könne. Da sie schön, groß und stark war, gefiel sie dem Bauern, und er nahm sie als Magd auf. Es zeigte sich bald, daß sie sehr fleißig und zu allen Arbeiten geschickt, außerdem aber immer lustig und guter Dinge war. Schließlich übertrug ihr der Bauer die gesamte Hauswirtschaft, und es währte nicht länger, so machte er ihr einen Heiratsantrag. Sie nahm an, doch erklärte sie ihm sehr ernst, dass sie eine Bedingung stelle: Er dürfe sie niemals schlagen. Der Bauer dachte nicht daran, dasss jemals dazu kommen könne, und antwortete, daß er diese Bedingung gerne annehme.

So heiraten die beiden und lebten mehrere Jahre in glücklicher Ehe. Als den beiden zwei Töchter geboren wurden, dachte der Bauer nicht mehr an die geheimnisvolle Herkunft seines Weibes, und auch nicht mehr an die Bedingung, die sie ihm einst gestellt hatte. Als er aber einmal im Wirtshause zuviel getrunken hatte, kam ihm in den Sinn, was wohl geschehen werde, wenn er seine Frau schlage.

Er versuchte daher, zu Hause angelangt, mit ihr Streit zu beginnen, und als sie ihm auswich, wurde er noch zorniger. Schließlich versetzte er ihr mit der Faust einen derben Schlag auf den Rücken. Da verhüllte die Frau ihr Gesicht mit ihrer Schürze und ging fort. Der Bauer achtete nicht weiter auf sie, doch als er am nächsten Tag ernüchtert aufwachte, suchte er überall nach ihr. Doch vergeblich! Sie blieb verschwunden und kam nie wieder zurück.

Als dann der nächste Samstag kam, gingen zur Feierabendzeit seine beiden Töchterlein, deren eines vier, das andere fünf Jahre alt war, hinaus in den Wald.

Als sie am Abend wieder nach Hause kamen, waren sie sauber gewaschen und gekämmt, und ihr Haar war in schönen Zöpfen geflochten. Als man sie fragte, wer das getan habe, antworteten sie, das habe ihre liebe Mutter getan, die im Walde draußen sei. So ging es alle Samstage, solange bis die Töchter sich selbst waschen und zopfen konnten.

Der Bauer aber bekam, seit seine Frau ihn verlassen hatte, das Stottern, und das Übel ging auf alle späteren Besitzer des Hofes über.

Es hieß, die Unbekannte sei eine Salige gewesen...

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