SICHELFRAUEN &
ERDGÖTTINNEN
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Notburga lässt die
Sichel fallen
Notburga wurde um das Jahr
1265 in Rattenberg am Inn geboren. Ihre Eltern waren HutmacherInnen.
Als sie 18 Jahre alt wurde, trat sie in den Dienst der Herren von
Rottenburg. Sie war eine tüchtige und umsichtige Magd und als
Köchin auf der Burg beliebt und geschätzt.
Aber auch außerhalb der Burgmauern hatte
sie einen guten Ruf, weil sie sich um die Armen kümmerte, die
sich jeden Nachmittag vor dem Tor einfanden. Mit Erlaubnis ihrer
DienstgeberInnen Jutta und Heinrich durfte sie diese mit Speiseresten
versorgen.
Aber als die alten DienstgeberInnen starben, wurde
alles anders. Der Sohn des Ritters, der ebenfalls Heinrich hieß,
übernahm die Herrschaft. Er heiratete eine Frau namens Ottilie.
Diese wollte nicht mitansehen, wie Notburga Essensreste zu den Hungernden
brachte. Die Wohltätigkeit ihrer Magd war für sie nur
Verschwendung und so befahl Ottilie, die Speisenreste an die Schweine
zu verfüttern. Notburga musste gehorchen. Doch weil sie sich
um die hungernden Menschen sorgte, ließ sie sich etws einfallen:
So verfütterte sie die Reste der Mahlzeiten ordungsgemäß
an die Schweine, aber sie sparte von ihrem eigenen Essen immer etwas
ab und brachte es weiterhin den Armen.
Auf dem Weg zu den Hungernden wurde Notburga eines
Tages vo ihrem Dienstherrn Heinrich überrascht.
"Was hast du da in deiner Schürze?",
fragte er sie schroff.
"Brot und Wein" antwortete Notburga wahrheitsgemäß.
Doch als der Schlossherr nachsah, fand er statt Brot nur Hobelspäne
und der Wein, den er kostete, schmeckte übel nach Lauge. Heinrich
wurde wütend, da er dachte, Notburga würde ihn verspotten
und zudem auch hintergehen. Somit entließ er sie aus seinene
Diensten.
Notburga zog weiter und verdingte sich als Magd
zu einem Bauern nach Eben am Achensee. Sie vereinbarte mit ihm,
dass sie nach dem Feierabendläuten keine Feldarbeit mehr verichten
müsse.
Eines Tages kam es zwischen Notburga und dem Bauern
zum Streit. Die Kirchenglocke läutete zum Feierabend, aber
der Bauer wollte das Feld unbedingt fertigmähen lassen. Das
Korn war reif, das Wetter gut. "Heute", sagte der Bauer,
"musst du zuerst das Korn fertigschneiden und dann erst wird
Feierabend gemacht."
Aber Notburga weigerte sich! Sie warf die Sichel
in die Luft und diese blieb über ihrem Kopf an einem Sonnenstrahl
hängen. Der Bauer war davon so überrascht, dass er ihr
die Freizeit gewährte.
Auf der Rottenburg hatte sich in der Zwischenzeit
alles geändert. Seit der Entlassung Notburgas war viel Unglück
geschehen. Die Burg war heruntergewirtschaftet, innerhalb der Familie
gab es heftigen Streit zwischen dem Schlossherrn und seinem Halbbruder,
und Ottilie war gestorben.
Heinrich erkannte, dass er falsch gehandelt hatte,
als er Notburga entließ und bat sie, wieder auf seine Burg
zurück zukommen. Mit Notburga zogen auch wieder Glück
& Wohlstand auf der Burg ein. Sie durfte sich nun auch ganz
offiziell, also mit der Erlaubnis Heinrichs, wieder um die Armen
und Notleidenden kümmern.
Wirtschaftlich ging es bergauf. Der Schlossherr
wurde wieder vermögend und Notburgas Vorbild wirkte: Er versprach,
einmal im Jahr 500 Arme mit Brot, Fleisch und Käse versorgen
zu lassen. Notburga arbeitete noch weitere 18 Jahre für das
Schloss und sie versorgte die Hungerleidenden mit Essen.
Als sie dann ihren Tod nahen fühlte, bat sie,
man möge ihren Leichnam dereinst auf einen Wagen laden, diesen
mit zwei weißen Stieren bespannen, die noch kein Joch getragen
hätten, und die Tiere frei ziehen lassen. An der Stelle, wo
sie halten würden, wolle sie begraben werden. Bald darauf starb
sie.
Alle Glocken der Kirchen ringsum läuteten
ganz von selbst, als der Leichenzug sich in Bewegung setzte. Die
Stiere hielten in Hochhausen, wo die Menschen Notburga bestatteten
und später eine Kirche bauten.
Dort steht, in Stein gehauen, über Notburgas
Grab ihr Standbild. Die Figur weist nur einen Arm auf, ihr Haupt
ist mit der Königinnenkrone geschmückt.
Nach ihrem Tod breitete sich die Verehrung Notburgas
sehr rasch in Tirol und Bayern aus. Wegen der vielen PilgerInnen
wurde das Rupertikirchlein 1434 in eine größere Notburgakirche
umgewandelt.
Lies auch die Sage: Notburga
mit der Schlange
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