Das
Räubermädchen von Baden
Es ist nun schon viele hundert Jahre her, da
kam eine große Not über das Land, weil der Herzog Albrecht
noch nicht volljährig war und seine beiden Onkeln sich nicht
einigen konnten, wer die Vormundschaft führen solle. Überall
zogen bewaffnete Banden umher und plünderten die geplagten
Österreicher einmal im Namen dieses, dann wieder im Namen
jenes Herzogs aus. So schlecht ging es zuletzt den Leuten, daß
viele Räuber wurden. Als aber Herzog Albrecht die Regierung
übernahm, sandte er sogleich seine Getreuen aus, um wieder
Ordnung im Land zu schaffen.
In einer Höhle am Kalvarienberg lebte damals
eine streitbare Maid, die als Räubermädchen von Baden
in der ganzen Gegend gefürchtet war. Sie war angeblich die
Tochter des Ritters Friedrich von Rauheneck. Überdies war
sie eine gewandte Reiterin und ging mit ihrer Waffe so geschickt
um, daß sie mancher junge Ritter beneiden konnte. Und während
das Volk ringsum darbte, hatte sich das Räubermädchen
ein schönes Vermögen zusammen geraubt.
Eines Tages aber erschienen die Krieger des Herzogs
vor ihrer Höhle und forderten sie auf, sich selbst, ihr Schwert
und alle ihre Besitztümer dem rechtmäßigen Herzog
zu übergeben. Statt einer Antwort trat das beherzte Mädchen
in den schmalen Eingang ihrer Höhle und schlug kurzerhand
den nächst stehenden Ritter nieder. Da drangen die anderen
erzürnt auf sie ein, aber da der Zugang zur Höhle so
schmal war, konnte nur einer auf einmal an die Maid herankommen,
und streckte einen nach dem anderen nieder.
Da wurden die Ritter des leidigen Spiels müde
und griffen zu einen andern Mittel: Sie entzündeten vor der
Höhle der Räuberin ein riesiges Feuer, das von Mittag
bis Abend mächtig qualmen ließen. Als sie am Abend
in die Höhle eintraten, lag da das Räubermädchen
in voller Rüstung, mit aufgeklappten Visier. Noch im Tod
sah das Räubermädchen so grimmig aus, daß niemand
es wagte, es zu berühren oder auch nur die reichen Schätze,
die unter einer eisernen Falltür verborgen waren, anzutasten.
Man ließ vielmehr die Höhle in aller
Eile vermauern und war froh darüber, die Landplage so billig
losgeworden zu sein. Vor zweihundert Jahren aber brach man die
Höhle wieder auf, um zu sehen, ob an dieser alten Geschichte
etwas Wahres dran sei. Da lag tatsächlich ein mächtiges
Gerippe in einer verrosteten Rüstung auf dem feuchten Boden
des Felslochs. Das Schwert aber lag noch immer drohend über
einer rostzerfressenen Falltür im Felsboden. Da packte selbst
die Neugierigsten ein solches Grausen, daß die Höhle
flugs wieder vermauert wurde.
Und so wird der Schatz dort noch heute in der
Tiefe liegen.
zur
Übersicht
|