SALIGE, WEISSE &
WILDE FRAUEN
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Die Saligen Frauen vom
Rosental
Es ist schon lange her, da lebten im Rosental
die Saligen Frauen. Sie waren groß wie Riesinnen und gutmütig
und klug. Wann immer ein Mensch in Not war, halfen sie, keine/r
bat sie vergeblich um Rat.
Trotzdem hatten sie Scheu vor den Menschen und
zeigten sich nur selten. Ihre Wohnungen waren Felshöhlen,
wo sie in steinernen Mulden schliefen. Von Zeit zu Zeit kame es
vor, dass es einer von ihnen nicht mehr gefiel, immer auf dem
harten Stein zu ruhen. Dann ging sie zu einem Bäurinnenhaus
und legte sich dort ins weiche Federbett.
Damals lebte bei St. Egyden an der Drau eine
arme Bäurin. Sie stand auf, bevor die Sonne aufging und rackerte
und plagte sich den ganzen Tag bis spät in die Nacht hinein.
Trotzdem hatte sie kaum genug zum leben.
Einmal, als sie zu MIttag müde vom Kartoffelacker
heimkehrte, schlief in ihrem Bett eine Salige Frau. Die Bäurin
trat leise näher. Die Salige war wunderschön anzusehen:
Ihre Zöpfe glänzten wie Gold und waren so lang, dass
sie auf den Stubenboden herunterhingen.
Der Bäurin tat es leid um das schöne
Haar, sie bückte sich, hob die Zöpfe auf und legte sie
vorsichtig aufs Bett. Davon erwachte die Salige. Als sie sah,
was die Bäurin tat, lächelte sie und stieg aus dem Bett.
Sie zupfte sich ein goldenes Haar aus und reichte es der Bäurin.
"Wickle das Haar um den Spinnrocken",
sagte sie, "dann wird in deinem Haus das Leinen nie mehr
ausgehen. Nur darfst du niemals die Geduld verlieren. "
Als die Salige fortgegangen war, wickelte die
Bäurin das Haar um den Spinnrocken und setzte sich ans Spinnrad.
Sie spann und spann und der Faden nahm kein Ende.
Das Leinen aber, das sie aus dem Saligenhaar
webte, war das schönste im ganzen Land und die Bäurin
brauchte nie wieder mehr Not zu leiden.
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