Von den Schrazen in Untervierau
Die Schrazen sind hilfreiche kleine Waldgeisterinnen
und sind den Menschen in allem behilflich, überall, wo Arbeit
zu tun ist, greifen sie zu und helfen tüchtig. Beobachten
dabei lassen sie sich aber nicht gerne, auch Lohn wollen sie keinen,
außer etwas zu essen. Die Menschen stellten ihnen gerne
zum Danke für ihre Liebe und Hilfe eine große Schüssel
geschmalzenen Breies auf den Herd, den sie jedesmal vollständig
aufaßen.
Unter dem Anwesen des Bauernhofes zu Untervierau
befinden sich sogenannte Schrazenlöcher und man kann jetzt
noch vom Kartoffelkeller aus in dieselben gelangen. Ein unterirdisch
freiliegender Eingang wurde vor längerer Zeit gelegentlich
eines Brunnenbaues verschüttet. Wer schmächtig genug
ist, kann in diesen unterirdischen Schlupfwinkeln herumkriechen,
man sieht auch noch, das sie einmal bewohnt gewesensn sind: die
Ecken und Kanten sind wie abgeschliffen, fast wie poliert. Die
Gänge laufen in einer kleinen Halle, der Kapelle, wie die
Leute hier sagen, und die verschiedene Nischen aufweist, zusammen.
Wie der alte Prünstmüller erzählte,
hat man in ihnen Topfscherben, Steine so scharf wie Messer und
spitzige Knöchelchen gefunden. Auch soll sich vor langer
Zeit am Eingang hie und da bei Mondenschein ein winziges, käsgelbes
Weiblein gezeigt haben, das den Vorübergehenden zurief: "Duck,
duck, duck di!" und dann war es Zeit, die Feldfrüchte
schleunigst heimzubringen; denn regelmäßig zog bald
darauf ein Hagelwetter durch die Gegend, das alles, was auf den
Feldern stand, in Grund und Boden schlug. So halfen die Schrazen
mit ihren Warnungen den Menschen.
Beim Bauer zu Untervierau kamen diese Erdweiblein
immer nachts durch das Aschenloch in die Küche und der Bäuerin
kam jedesmal die für den anderen Tag hergerichtete Kälbersuppe
weg. Einmal blieb sie auf, um aufzupassen. Da sah sie zwei Schrazen
aus dem Aschenloche schlüpfen. Schnurstracks machten sie
sich wieder über den vollen Suppentopf her, aßen sich
nicht nur satt, sondern füllten auch noch ihre mitgebrachten
Töpfe.
Das war der Bäuerin zu viel. Sie nahm
den Suppenbesen und prügelte damit die kleinen Frisslinge
tüchtig durch. Weinend liefen sie davon und blieben von da
ab verschwunden. Die Bäuerin ließ am nächsten
Tag gleich das Aschenloch zumauern.
Mit den Schrazen verschwand aber das Glück
aus Haus und Stall und die Bäurin gereute es noch oft, dass
sie die hilfreichen Schrazen, die so großen Hunger haben,
verdroschen und verjagt hatte.
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