SALIGE, WEISSE & WILDE FRAUEN

 

Die Wilden Frauen im Untersberg

Die Grödicher EinwohnerInnen und Bauersleute erzählen, dass um
das Jahr 1753 oft die wilden Frauen aus dem Wunderberge zu den Mädchen und Buben, die nahe dem Loch innerhalb Glanegg das Weidevieh hüteten,
herauskamen und ihnen Brot zu essen gaben.

Die wilden Frauen kamen oft und halfen den Leuten bei der Ährenschneidung. Sie kamen ganz zeitig am Morgen und und abends, da die anderen Leute Feierabend machten, gingen sie - ohne eine Abendmahlzeit mitzunehmen - wiederum in den Wunderberg hinein.

Einmal geschah in der Nähe des Wunderberges, dass ein kleiner Bub auf einem
Pferd saß, das sein Vater zum Umackern eingespannt hatte. Da kamen auch die
wilden Frauen aus dem Berge hervor und wollten den Buben mitnehmen. Der Vater aber nahm ihnen den Sohn ab und sagte: "Was erlaubt ihr euch, so oft herauszugehen und mir jetzt sogar meinen Buben wegzunehmen? Was wollt ihr mit ihm machen?"

Die wilden Frauen antworteten ihm: "Er wird bei uns bessere Pflege haben und ihm wird es bei uns besser gehen als bei dir zu Haus; hier wird ihm kein Leid widerfahren."

Doch der Vater ließ seinen Buben nicht aus den Händen, und die wilden Frauen gingen bitterlich weinend von dannen.

Mehrmals hat es sich begeben, daß eine wilde Frau aus dem Wunderberg gegen
das Dorf Anif ging, welches eine gute halbe Stunde vom Berg entlegen ist.
Dort machte sie sich in die Erde Löcher und Lagerstätte. Sie hatte sehr langes, sehr schönes Haar, das ihr beinahe bis zu den Fußsohlen hinabreichte.

Ein Bauer aus dem Dorf sah diese Frau öfter herumgehen und verliebte sich in sie, hauptsächlich wegen der Schönheit ihrer Haare. Er konnte sich nicht erwehren, zu ihr zu gehen, betrachtete sie mit Wohlgefallen und legte sich endlich in seiner Einfalt ohne Scheu zu ihr in ihre Lagerstätte.

Es sagte eins zum andern nichts, viel weniger, dass sie etwas Ungebührliches
getrieben. In der zweiten Nacht aber fragte die wilde Frau den Bauern, ob er nicht
selbst eine Frau hätte? Der Bauer aber verleugnete seine Ehefrau und log: "Nein, ich bin nicht verheiratet".

Doch seine Ehefrau machte sich viel Gedanken, wo ihr Mann abends hingehe und
nachts schlafen möge. Sie spähte ihm daher nach und traf ihn auf dem Feld
schlafend bei der wilden Frau. "O behüte", sprach sie zur wilden Frau, "deine
schönen Haare! Was tut ihr da miteinander?"

Mit diesen Worten ging die Ehefrau fort, und der Bauer erschrak sehr hierüber. Aber die wilde Frau hielt dem Bauern seine treulose Verleugnung vor und sprach zu ihm: "Hätte deine Frau bösen Hass und Ärger gegen mich zu erkennen gegeben, so würdest du jetzt unglücklich sein und nicht mehr von dieser Stelle kommen. Weil deine Frau aber nicht böse war, so liebe sie fortan und lebe mit ihr getreu und untersteh dich nicht mehr, zu mir zu kommen. Nimm diesen Schuh von Gold von mir, geh fort und sieh dich nicht mehr um."

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