Half-Pig-Two, der zweite seiner
Art, wurde von der Zentralregierung geschaffen,um die maximalen
Kontroll- und Einsatzmöglichkeiten der neuen Generation von
Untertanen zu erforschen und gegebenenfalls, wenn notwendig, zu
korrigieren.
Nachdem sein Vorgänger, Half-Pig-One,
die Initialisierungsprogramme nicht überstanden hatte, setzte
man alle Hoffnung nun auf ihn. Wie schon sein Name verrät,
entstand er aus den Genexperimenten des früheren Herrschersystems,
wobei man sich der biologischen Informationen eines früher
sehr häufig verbreiteten Nahrungswesens und einer speziell
aus den Affen herausgezüchteten Zweibeinerrasse bediente.
Half-Pig-Two durchlief bereits in
den vielen Monaten seiner Initialisierungs-programmierung alle nur
denkbaren Möglichkeiten, die es in allen möglichen Zukunften
eines Schweinelebens nur geben konnte, was sein Denkvermögen
in einen etwas weiter gesetzten Rahmen stellte.
Subjektiv war sich Half-Pig-Two
dieses Rahmens natürlich nicht bewußt, und es hätte
auch sicher nur seiner effektiven Denkweise und seiner Einsetzbarkeit
geschadet.
Nachdem Half-Pig-Two in seiner Initialisierungsphase
alle möglichen freudigen und schmerzlichen Lebensentwicklungsmöglichkeiten
in realistisch wirkender visueller und emotioneller Weise durchlaufen
hatte, hatte er sicher mehr Wissen und Verarbeitungsmöglichkeiten
als alle Schweinegenerationen zuvor.
Und dies war auch gut so. Denn für
die Aufgabe die ihm die Zentralregierung zugedacht hatte war dies
absolut notwendig.
Doch zuvor mußte er noch,
als Abschluß der Initialisierungsprogramme, die Barriere des
Vergessens durchlaufen.
Die Programme und deren Inhalte,
welche die Barrieren des Vergessens schufen, war wohl das was sich
ein Durchschnittsindividuum am Wenigsten vorstellen konnte oder
auch nur wollte.
Warscheinlich hätte selbst
Half-Pig-Two diese Programme nicht überlebt wenn er sie bei
vollen Bewußtsein erleben hätte müssen.
Aber gerade dadurch waren sie auch
so wirksam.
Durch ein seltsames zufälliges
Missgeschick in dieser Programmierung sollte es Half-Pig-Two später
möglich sein, einen winzigen Blick, hinter den ansonsten undurchdringlichen
Rahmen der festgesetzten Individuellen Bewußtseinsbegrenzung
zu machen.
Davon wußte die Zentralregierung
jedoch nichts. Oder vielleicht doch?
Neotropolis die große mächtige
Stadt des neuen Herrschergeschlechtes wurde geschaffen, nachdem
die alten Herrscherreiche zugrunde gegangen waren.
Sie war in allen ihren Einzelheiten
bis ins kleinste Detail durchgeplant, und zu berechnen, und es gab
kaum Ereignisse die dem Zufall oder sogar der freien Willkür
ihrer Untertanen überlassen blieben.
Es hätte eigentlich eine zufriedenen
Existenz für das Herrschergeschlecht sein können, wäre
da nicht das "Eine" gewesen was sie aufs Höchste
beunruhigte.
Natürlich bewegten sich die
Untertanen nur auf den Bahnen und in den Tätigkeiten welche
man ihnen vorgegeben hatten. Sie lachten wenn sie Feste feiern mußten
und sie waren ernsthaft bei der Sache wenn sie die Ihnen zugedachten
verschiedenen Aufgaben und Rollen ausführten.
Aber wer weiß was sich wirklich
hinter den Stirnen ihrer Köpfe abspielte. Waren sie ergeben
in den Aufgaben die man ihnen zugedacht hatte, oder hegten sie vielleicht
gar einen heimlichen Groll gegenüber dem Herrschergeschlecht?
Wie würden sie wohl denken
oder gar handeln wenn sie vielleicht irgendwo einmal einen Freiraum
in dem Netz ihrer Begrenzungen und Programme entdecken würden?
Besonders dem jungen Sohn des Herrschers
beunruhigte dieser Gedanke aufs Äußerste.
Dies war dann auch der Anlass welcher
zur Schaffung von Half-Pig-Two führte.
Das Herrscherhaus wußte von
Anfang an, daß sie diese "neue Maschine" nicht alleine
bauen und in Betrieb nehmen konnten.
Denn um sie wirklich auf ihre "Echtheit"
zu eichen und zu programmieren, war es ja auch notwendig einen Blick
hinter die Stirnen der kleinen Schweinegehirne ihrer Untertanen
zu werfen. Und dazu wollten sich die Herrscher ja nun wirklich nicht
herablassen.
Half-Pig-Two war dazu das ideale
Objekt um dieses Gerät zu bauen und auch in Betrieb zu nehmen.
Als Half-Pig-Two nach mehrmonatiger
intensiver Zusammenarbeit mit der Zentralregierung das Gerät
fertiggestellt hat, steht er voll Zufriedenheit in der "großen
Passage" der mehrstöckig geschichteten Stadt.
Hier laufen alle möglichen
Wege zusammen welche die Untertanen auf den Wegen zu ihren vorbestimmten
Wegen gehen dürfen und können.
Riesige Mengen von Einzelindividuen
strömen die fahrbahren Treppen und Wege hinauf und hinunter.
An manchen Punkten machen sie eine scheinbar willkürliche Wende,
um eine neue vorbestimmte Richtung einzuschlagen.
Half-Pig-Two lächelte, es war
fast wie immer. Doch heute war etwas anders.
Vor dem Monitor des gutduftenden
Frühstücksladens, wurden auch schon früher immer
wieder alle möglichen Filme vorgeführt. Es schien nichts
anders zu sein, -bis der erste Individuentrom die Passage erreichte.
Plötzlich erstarrte die Bewegung.
Eine immer größere Traube von Personen bildete sich vor
dem großen Monitor, welche scheinbar auf ein unsichtbares
Zeichen wartete.
Nun wußte Half-Pig-Two das
seine Maschine funktionierte. Gruppe für Gruppe scharte sich
um den großen Monitor, der viele bunte Bilder produzierte,
wo sie lachten, weinten, voll Staunen und Ergriffenheit sprachlos
waren, und manchmal auch hasserfüllte Sätze herausschrien.
Dann plötzlich nach Ende der kurzen Vorführung verließen
sie, in gleich teilnahmsloser Weise, mit Ausdruckslosen Gesichtern
diesen Ort, um den Neuankommenden Platz zu machen, und den Orten
ihrer individuellen Bestimmungen und Aufgaben zuzustreben.
Der kleine, kaum merkliche rote
Punkte auf den Stirnen der Scharen, welche in die Freiheit der nächsthöheren
Etagen entlassen wurden, signalisierte Half-Pig-Two das er seine
Aufgabe zur vollste Zufriedenheit des Herrschergeschlechtes erfüllt
hatte und daß nun auch die letzte mögliche Lücke
in dem Zaun ihrer geistigen Begrenzungen geschlossen war.
(In der Folge der Geschichte
hinterfragt Half-Pig-Two die Pläne
der Zentralregierung, wie auch die Rolle seiner eigenen Existenz,
durchbricht die Barriere des Vergessens, wodurch er den direkten
Zugang zum Gesamtwissen seiner Initialisierungsprogramme erlangt.-Als
er vor den weiteren geplanten Programmen der Zentralregierung flüchten
will, und sich in der weit entfernten freien wilden Naturlandschaft
wähnt, merkt er plötzlich, daß auch dies nur eine
Illusion ist, und die weit verzweigten geistigen und technischen
Netze auch dort vorhanden sind. Durch die Felder gehend stellt er
leicht resignierende fest: "Neotropolis ist überall".
- Das Ende ist offen)