Juttas Mathe-Newsletter

Nr. 13 / März 2006

Kalender (2)

Letztes Mal haben wir einige Kalender kennengelernt und die Probleme, die bei ihrer Berechnung auftreten. Heute wollen wir zwei spezielle Fragen untersuchen.

Wie berechnet man den Wochentag?

Vor einiger Zeit trat in "Wetten, dass ...?" ein Bub auf, der zu einem beliebigen Datum im Kopf den Wochentag berechnen konnte. Das ist gar nicht so schwer, wenn man ein paar Regeln kennt. Im Prinzip müssen wir die Tage zählen, die seit einem bekannten Datum vergangen sind. Wir können zum Beispiel von 31. Dezember 2000 ausgehen - das war ein Sonntag. Uns interessiert dabei nur der Rest, den diese Zahl bei der Division durch 7 übriglässt - wir können also modulo 7 rechnen (siehe Newsletter 2: Restklassen). Beispiel: 365 : 7 = 52, Rest 1; das heißt, für jedes Jahr müssen wir nur 1 addieren (für Schaltjahre 2).

Wir wollen also eine "Wochentagszahl" W berechnen, die sich zusammensetzt aus:

Damit wir auch für Schaltjahre das richtige Ergebnis erhalten, benutzen wir einen Trick: wir zählen die Monate Jänner und Februar noch zum vorigen Jahr und erhöhen dafür die Monatsziffer um 1. Wir erhalten dann folgende Monatsziffern:

Jänner
0
Juli
5
Februar
3
August
1
März
2
September
4
April
5
Oktober
6
Mai
0
November
2
Juni
3
Dezember
4

Unsere Formel für die Jahre 2001 - 2099 lautet:

W = J + [J/4] + M + T mod 7

Für W = 0 ist der betreffende Tag ein Sonntag, für W = 1 ein Montag usw.

Beispiele:

Auf welchen Wochentag wird der 11. 11. 2011 fallen?
11 + [2,75] + 2 + 11 = 11 + 2 + 2 + 11 = 26
26 : 7 = 3, Rest 5 => es wird ein Freitag sein.

Welcher Tag war der 13. Jänner 2006? (Das könnten wir einfach im Kalender nachsehen, aber wir wollen unsere Formel testen!)
Da das Datum im Jänner liegt, rechnen wir mit J = 5:
5 + [1,25] + 0 + 13 = 5 + 1 + 0 + 13 = 19
19 : 7 = 2, Rest 5 => es war ein Freitag.

Übrigens kann man durch Abzählen aller Möglichkeiten feststellen, dass der 13. eines Monats öfter auf einen Freitag fällt als auf jeden anderen Wochentag!

Wir können die Formel auch für andere Jahrhunderte anpassen: ein Jahrhundert hat nach der gregorianischen Schaltregel 24 Schaltjahre. Wir müssen also pro Jahrhundert 124 mod 7 = 5 Tage addieren, für jedes Jahrhundert, das durch 400 teilbar ist, sogar 6 Tage. (Stattdessen kann man auch 2 bzw. 1 abziehen.)

Wie wir gesehen haben, verschieben sich die Wochentage pro Jahr um einen Tag - wenn der 13. Jänner heuer ein Freitag war, wird er nächstes Jahr auf einen Samstag fallen. In Schaltjahren kommt es zu einer Verschiebung um zwei Tage. Insgesamt erhalten wir einen Zyklus von 7*4 = 28 Jahren (den sogenannten Sonnenzirkel), nach dem sich alle Kombinationen von Datum und Wochentag wiederholen. Wenn es also nur auf die Wochentage ankommt, könnte man seinen Kalender nach 28 Jahren wieder verwenden.

Ausführliche Erklärungen zur Wochentagsberechnung findet ihr auf http://www.math.uni-bonn.de/people/gw/wochentag.html. Ich habe den Algorithmus von dort etwas abgewandelt, damit er für das 21. Jahrhundert passt.

Wann ist Ostern?

Vielleicht habt ihr euch schon gefragt, warum Ostern nicht jedes Jahr zum gleichen Termin gefeiert wird. Die Regeln zur Berechnung des Ostertermins sind wirklich nicht ganz einfach. Das liegt daran, dass hier verschiedene Kalender miteinander kombiniert werden müssen.

Nach dem Neuen Testament wurde Jesus zum Pessachfest gekreuzigt, und zwar an einem Freitag, und ist am darauffolgenden Sonntag auferstanden. Das jüdische Pessachfest wird am 14./15. Nisan gefeiert. Weil im jüdischen Kalender alle Monate mit einem Neumond beginnen, ist zu diesem Termin immer Vollmond. In der frühen Kirche gab es verschiedene Traditionen, wann Ostern gefeiert werden sollte. Auf dem Konzil von Nizäa (325) wurde schließlich festgelegt: Ostern ist am Sonntag, der auf den ersten Vollmond nach der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche folgt. Der frühestmögliche Termin ist also der 22. März, der späteste der 25. April (die sogenannten Ostergrenzen).

Das klingt ziemlich einfach. Allerdings konnte man den Termin nicht einfach dadurch festlegen, dass man den Mond beobachtet, wie zum Beispiel im islamischen Kalender, sondern man musste ihn im voraus berechnen. Denn alle anderen beweglichen Feste hängen von Ostern ab: Aschermittwoch (46 Tage vor Ostern), Christi Himmelfahrt (40 Tage danach) und Pfingsten (50 Tage danach). Man musste also Berechnungsformeln finden, die drei verschiedene Zyklen unter einen Hut bringen: das Sonnenjahr (Tag-und-Nachtgleiche), das Mondjahr (Vollmond) und die Woche (Sonntag). Das war einer der wesentlichen Gründe, warum man sich im Europa des Mittelalters mit Mathematik beschäftigte. In jedem Kloster sollte zumindest ein Mönch so viel von Mathematik verstehen, das er das Osterdatum berechnen konnte.

Wie wir oben gesehen haben, wiederholt sich die Abfolge der Wochentage alle 28 Jahre. Die Mondphasen wiederholen sich nach 19 Jahren, dem sogenannten Metonischen Zyklus (siehe letzter Newsletter). Zusammen ergibt sich also eine Periode von 19*28 = 532 Jahren, nach der alle möglichen Ostertermine wiederkehren. Das stellte schon Dionysius Exiguus im 6. Jahrhundert fest. Der englische Mönch Beda Venerabilis (673 - 735) erstellte auf Grundlage dieser Überlegungen eine Ostertafel, die bis in das Jahr 1063 reichte. In seinen Werken De temporibus und De temporum ratione erklärte er die genauen Berechnungsregeln. Die Kunst der Osterrechnung wurde im Mittelalter zu einer eigenen Wissenschaft, dem Computus ecclesiasticus bzw. Komputistik. (Hier könnt ihr eine Ostertafel aus dem 12. Jahrhundert bewundern: http://www.computus.de/menton/osterkal.htm)

In manchen Kalendern findet man noch folgende Angaben:

Diese Angaben standen auch in den Ostertabellen. Mit ihrer Hilfe konnte man im Julianischen Kalender den Ostertermin bestimmen. Im Gregorianischen Kalender ersetzte man die Goldene Zahl durch die

Der Grund für die Gregorianische Kalenderreform von 1582 war, dass sich die Tag-und-Nachtgleichen im Lauf der Jahrhunderte verschoben hatten. Das wäre an sich kein Problem - der Frühlingsbeginn könnte zum Beispiel genausogut auf den 1. März fallen -, aber Gregor XIII wollte, dass Ostern zum "richtigen", auf dem Konzil von Nizäa festgelegten Termin gefeiert würde. Und weil das Frühlingsäquinoktium damals auf den 21. März gefallen war, wollte er diesen Zustand wiederherstellen. Die notwendigen Berechnungen wurdne vom Arzt Aloysius Lilius und dem Jesuiten Christopher Clavius durchgeführt. Sie gaben auch die neuen Regeln zur Berechnung des Ostertermins an. Dabei korrigierten sie gleichzeitig eine kleine Ungenauigkeit des Metonischen Zyklus, der in 2500 Jahren um 8 Tage zu lang ist.

Carl Friedrich Gauß (1777 - 1854) fand folgende Formeln, die einfacher zu handhaben sind:

a = J mod 19
b = J mod 4
c = J mod 7
d = (19a + M) mod 30
e = (2b + 4c + 6d + N) mod 7

J bedeutet hier die vollständige Jahreszahl (also alle vier Stellen). Die Konstanten M und N entnimmt man folgender Tabelle:

Zeitraum
M
N
bis 1582
(Julianischer Kalender)
15
6
1583 - 1599
22
2
1600 - 1699
22
2
1700 - 1799
23
3
1800 - 1899
23
4
1900 - 1999
24
5
2000 - 2099
24
5
2100 - 2199
24
6
2200 - 2299
25
0
2300 - 2399
26
1
2400 - 2499
25
1

Ostersonntag ist am (22 + d + e). März bzw. am (d + e - 9). April.

Rechenbeispiel für 2006:
2006 : 19 = 105, Rest 11 a = 11
2006 : 4 = 501, Rest 2 b = 2
2006 : 7 = 286, Rest 4 c = 4
(19*11 + 24) : 30 = 7, Rest 23 d = 23
(2*2 + 4*4 + 6*23 + 5) : 7 = 23, Rest 2 e = 2
Ostern fällt also heuer auf den (23 + 2 - 9). = 16. April.

Bei dieser Formel gibt es zwei Ausnahmen:
Ist das Ergebnis der 26. April, so fällt der Ostersonntag auf den 19. April.
Ist a > 10 und d = 28 und das Ergebnis der 25. April, dann ist der Ostersonntag stattdessen der 18. April.

J.-M. Oudin veröffentlichte 1940 eine weitere Formel, die ohne Tabelle auskommt.

Die orthodoxen Kirchen berechnen den Ostertermin nach wie vor nach dem Julianischen Kalender. Es kann sein, dass das katholische und das orthodoxe Osterfest auf denselben Tag fallen - das war zuletzt 2004 der Fall und wird 2007 wieder eintreten. Heuer fällt der Ostersonntag in der Ostkirche auf den 23. April, eine Woche nach dem westliche Termin. Der Unterschied kann aber auch 4 oder 5 Wochen betragen.

Links zur Osterberechnung

http://www.ortelius.de/kalender/east_de.php: ausführliche Erklärung der verschiedenen Methoden
http://krapfen.org/ostern/ostern.html: Facharbeit über die Gauß'sche Osterformel
http://www.nabkal.de/index.html: eine Seite mit vielen historischen Informationen, auch über andere Kalender
http://www.tondering.dk/claus/cal/calendar28.html: Kalender-FAQ (englisch), in dem auch die Oudinsche Formel zu finden ist

Ich wünsche euch allen frohe Ostern!

Jutta


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