Unsere Familiennamen
Allgemeines zu den deutschen und österreichischen Familiennamen
1. Allgemeines
Mit einem Familiennamen wird in der Regel die Zugehörigkeit zu
einer Familie ausgedrückt, was sich
sowohl im Geburtsnamen als auch im Ehenamen (Zugehörigkeit zur Familie des Ehepartners,
mitunter auch der Ehepartnerin) und im Doppelnamen (gebildet aus beiden
Familien der Ehepartner) manifestiert. Auch Künstlernamen können als
Familiennamen gelten, ohne hierzu einen verwandtschaftlichen Bezug zu haben,
z.B. Udo Jürgens, eigentlich Bockelmann.
Als häufigster Familienname der Welt gilt chinesisch Li mit über 90 Millionen Belegen in
verschiedenen Schreibweisen, doch in China gibt es nur 3600 Familiennamen. Im
deutschen Sprachraum sind es mindestens 100 000 verschiedene Familiennamen;
wenn man verschiedene Schreibungen und lokale Varianten berücksichtigt, wird
man sich wohl der Millionengrenze nähern. Zum überwiegenden Teil sind sie
etymologisch deutscher Herkunft, doch auch der Anteil fremdsprachiger
Familiennamen ist beträchtlich. So beläuft sich im deutschen Sprachraum allein
der Anteil von Familiennamen slawischer Herkunft auf rund 15% (regional auch
höher, v.a. in Österreich wie in Wien und Kärnten ca. 25%). Für die
fremdsprachigen Familiennamen war einerseits die Nachbarschaft, andererseits
die zu allen Zeiten erfolgte Zuwanderung die Ursache. Von den ca. 3000
Familiennamen, die Maria Hornungs „Lexikon der österreichischen Familiennamen“
enthält, sind rund ein Drittel nicht
deutscher Herkunft, wobei es oft schwierig ist, hier eine klare Aussage zu
machen, z.B. Mayer
usw.: er enthält zwar ein romanisches Lehnwort (von lateinisch maior ‘der Größere, Höherstehende
usw.’), ist gleichzeitig aber auch ein deutsches Wort wie auch Meister (von magister ‘Lehrer’), Koch
(von coquus ‘Koch’) usw., oder Kürschner ist
slawischer Herkunft (zu slaw. kъrzno
‘Pelz’), aber bereits ein deutsches Wort usw., alle sind gleichzeitig auch
Familiennamen. Unter den 1000
häufigsten
Familiennamen Österreichs sind ca. 6%
nicht-deutscher Herkunft.
Bezüglich der Geschichte und Entstehung der Familiennamen ist
Österreich dem gesamtdeutschen Sprachraum zuzuordnen, wobei auf Grund seiner
Lage im Süden und Südosten auch die umliegenden Sprachlandschaften mitgewirkt
haben. Die Entstehung der Familiennamen ist aber in einem gesamteuropäischen
Zusammenhang zu sehen, die erst gegen Ende des Mittelalters ihren Abschluss
fand.
Die Römer hatten ein dreigliedriges Namensystem, bestehend aus
(einer beschränkten Zahl von) Vornamen, einem Gentilnamen (Zugehörigkeit zu
einem bestimmten Geschlecht) und einem Beinamen (Cognomen), z.B. Gaius Iulius Caesar oder Marcus Tullius Cicero. Die alten
Germanen hatten nur einen Namen –
meist Zusammensetzungen aus zwei selbständigen Wörtern, wie dies bei den
meisten Indogermanen – nicht aber bei den Römern! – üblich war. Wie auch bei
anderen Kulturen wurde mit dem Namen des Kindes ein bestimmter Wunsch für das
weitere Leben mitgegeben. Viele dieser Namen hängen sehr eng mit der
kriegerischen Vergangenheit unserer Vorfahren zusammen, indem Wörter wie
‘Ruhm’, ‘Sieg’, ‘Kampf’ und ‘herrschen’ besonders häufig waren und sie eng mit
der epischen Sprache (Heldenlieder) verknüpft waren. Als Beispiele können hier
u.a. Siegfried ‘Sieg + Frieden’ (also
‘der im Sieg den Frieden erringt’) und Gunther
‘Kampf + Heer’ (also ‘der ein Heer in en Kampf führt’) genannt werden; ähnlich
war es u.a. auch bei den Slawen, z.B. Borislav
(bor- ‘kämpfen’ + slava ‘Ruhm’, also ‘der im Kampf
Ruhmreiche’) und Griechen, z.B. Perikles
‘der rundum Berühmte’ (entspricht etymologisch genau dem slawischen Prěslavъ). Daneben bildeten
sich dann auch Kurzformen zu diesen Namen heraus (wie Otto zu mit Ot- ‘Besitz’
beginnenden Namen wie Otmar, Otfried usw.) und schließlich kamen auch
eingliedrige Namen auf wie Karl (‘freier Mann’, verwandt mit Kerl). Dazu kamen dann die christlichen
Namen.
Vorläufer zu Familiennamen waren Beinamen, die das
Vater-Sohn/Tochter-Verhältnis, den Herkunftsort oder die Wohnstatt
bezeichneten, z.B. urkundlich Henricus
filius Arnoldi ‘Heinrich, der Sohn des Arnold’ oder Conradus Cellarius ‘Konrad aus Zell’ oder Berhard im Tal, später Taler.
Dazu kamen dann Berufsbezeichnungen (wie Schuster
und Schneider) und v.a. Übernamen;
letztere beziehen sich auf bestimmte Merkmale und charakterisieren den Träger
(z.B. Groß / Klein). Das Aufkommen dieser Beinamen ist am frühesten in Italien
belegbar (10. Jhdt.) und schreitet immer weiter nach Norden vor (Salzburg und
Regensburg 12. Jhdt., Basel und Zürich 13. Jhdt.). Im Laufe der Zeit wurde
diese Beinamen „fest“, es scheint hier ein enger Zusammenhang mit den
Bedürfnissen des städtischen Lebens und mit dem Handel bestanden zu haben, denn
in ländlichen Gegenden hält sich die Einnamigkeit am längsten; dort spielte
aber der Name der Wohnstätte eine bedeutende Rolle, was in der Folge zu den
Hofnamen führte. Nachdem sich auch im ländlichen Raum die Zweinamigkeit
durchgesetzt hatte, wurden die Hofnamen mehr oder weniger unabhängig von den
„Schreib- oder Vulgonamen“, d.h., wenn eine Familie vom Hof wegzog, nahm sie ihren
Familiennamen mit, der Hofname blieb jedoch erhalten – Ursache dafür, dass noch
heute in weiten Teilen Österreichs der Hof- und Bewohnername verschieden sind.
Eine besondere Stellung nehmen die Adelsnamen ein. Einerseits war
es beim Hochadel üblich, immer wieder die gleichen Taufnamen zu geben, worauf
die Geschlechternamen der Welfen (zu Welpe) und Aribonen (von aribo
‘Erbe’) beruhen. Viele Adelige nannten sich nach ihrer Stammburg wie die Habsburger (nach der im Aargau gelegenen
Habichtsburg) oder nach ihrem
Herrschaftsgebiet wie Grafen von Görz;
die Habsburger nannten sich zeitweise auch Haus
Österreich. Bedeutende Herrscher
trugen auch dazu bei, dass deren Vornamen sehr häufig wurden wie u.a. Karl, Ludwig, Otto, Heinrich, Konrad und Friedrich; da
viele Familiennamen auf Vornamen zurückgehen, sind diese Namen auch in diesem
Bereich sehr verbreitet.
Durch seine Lage im Süden des deutschen Sprachgebietes und durch
das vielsprachige Habsburgerreich haben die österreichischen Familiennamen ein
etwas anderes Gepräge als die in Deutschland und der Schweiz. Dies sieht man
schon an der Häufigkeit bestimmter Namen: hier die 20 häufigsten Familiennamen:
Reihung |
Österreich |
Deutschland |
Schweiz |
1 |
Gruber |
Müller |
Müller |
2 |
Huber |
Schmidt |
Meier |
3 |
Bauer |
Schneider |
Schmid |
4 |
Müller |
Fischer |
Keller |
5 |
Wagner |
Meyer |
Weber |
6 |
Mayer |
Weber |
Huber |
7 |
Steiner |
Schulz |
Schneider |
8 |
Pichler |
Wagner |
Meyer |
9 |
Moser |
Becker |
Steiner |
10 |
Hofer |
Hoffmann |
Fischer |
11 |
Berger |
Schäfer |
Brunner |
12 |
Fuchs |
Koch |
Baumann |
13 |
Leitner |
Bauer |
Gerber |
14 |
Fischer |
Schröder |
Frei |
15 |
Eder |
Klein |
Zimmermann |
16 |
Schmid |
Richter |
Moser |
17 |
Weber |
Wolf |
Widmer |
18 |
Schwarz |
Neumann |
Wyss |
19 |
Schneider |
Schwarz |
Graf |
20 |
Winkler |
Schmitz |
Peter |
Die Ursachen liegen teils in abweichenden (älteren)
Schreibtraditionen und im dialektalen Hintergrund (die meisten Familiennamen stammen
ja noch aus der Zeit, bevor es eine einheitliche deutsche Schreib- und
Schriftsprache gab). Die Unterschiede zwischen Vorarlberg und der Schweiz
einerseits und Österreich und Bayern andererseits sind freilich geringer als
die mit dem Gesamtstaat. Auch das slawische Namengut hat in Österreich ein
anderes Gepräge als in Deutschland; liegen den Familiennamen slawischer
Herkunft in Österreich meist
tschechische und slowenische Vorbilder
zu Grunde, sind es in Deutschland (neben den tschechischen) v.a. sorbische,
polabische, pomoranische und polnische. Das romanische Element ist v.a. im
Westen Österreichs verbreitet, in Tirol klingen viele Namen deutsch, sind aber
romanischer Herkunft (z.B. Groder, Wallnöfer usw.). In
Kärnten (und Osttirol) schätze ich den Anteil von Familiennamen
slowenischer Herkunft auf ca. ein Viertel, einige bringen es auf hohe
Zahlen, z.B. Ogris
351 (das ist wenig gegenüber Huber
2560 [lt. Herold], Steiner
1248, Müller
995, Pichler
953, Gruber
632, Leitner 578,
Fischer
555), aber mit Bauer
388 oder Koch
315 kann er sich messen. Übrigens: Huber
übertrifft in Kärnten alle Maier/Mayer/Mair/Maier/Meier/Meyer/Meir
(alle Varianten zusammengenommen 1967, in ganz Österreich ca. 36 000). Ogris (aus
slowenisch Vgriz oder Ogriz; vgriz oder ogriz bedeutet wörtlich ‘Abbiss’, als Geländename ‘Abrutschung, wo die
blanke Erde hervorkommt’, also ein Wohnstättenname) bringt es in
ganz Österreich auf 540 Einträge, gegenüber Novak
/ Nowak (tschechisch Novák
‘Neumann’) über 3000.
Die häufigsten Familiennamen ungarischer Herkunft in Österreich sind Horvat 2833 (‘Kroate’) und Nagy 731
(‘groß’).
2. Zur Herkunft der Familiennamen
Wir wollen uns nun der konkreten Herkunft unserer Familiennamen zuwenden,
sowohl nach Bildungsweise als auch Sprachschicht. Die Familiennamen lassen sich
in vier Gruppen einteilen:
1
Familiennamen aus
Personennamen;
2
Herkunfts- und
Wohnstattnamen (einschließlich Völkernamen);
3
Berufsnamen;
4
Übernamen (die wohl
umfangreichste Gruppe).
Nicht alle (erklärbaren) Namen sind eindeutig, so kann z.B. Bergmann sowohl ein Wohnstätten- (‘der
auf dem Berg wohnt’) als auch Berufsname sein, Baierl(e) usw. kann die Diminutivform sowohl zu Baier (usw.) ‘Einwohner Bayerns bzw. zum
Stamm der Baiern gehörig’ als auch eine mundartliche Variante von Bäuerlein sein. Oder Katz kann zu Katze gehören oder ein jüdischer Name (‘Priester der
Gerechtigkeit’) sein, mein Name Pohl
kann mit Polen oder mit dem Vornahmen
Paul zusammenhängen, aber auch ein
Wohnstattname sein (v.a. ‘Teich’).
2.1. Familiennamen aus Personennamen
Als Ausgangsnamen kommen sowohl altdeutsche (germanische) als auch
christliche (römisch-griechische und jüdische) Vornamen in Frage; später
gesellen sich dann v.a. slawische Anthroponyme dazu. Personennamen als
Familiennamen sind meist aus Wendungen wie ‘Sohn des/der…’ (wohl auch ‘Tochter
des/der…’) hervorgegangen; sie bilden
eine relativ große Gruppe und kommen sowohl in ihrer ursprünglichen Vollform vor
als auch in Kurzformen, diese z.T. auch mit suffixalen Erweiterungen
(Verkleinerungsformen, Koseformen u.dgl.). Ihre Funktion ist – zumindest
ursprünglich – patronymisch. Einige Beispiele möge die hier folgende Übersicht
zeigen:
Vollform |
Kurzform |
erweiterte Kurzform |
Arnold |
Arndt, Arlt |
Arntz |
Bernhard |
Berndt |
|
Eberhard |
Ebert |
Eberl |
Leopold, Leupold, Lippold, Leibold |
Lippel(t), Ippold, Pold |
|
Hildebrand |
Brand |
Brandl |
Friedrich |
Fried |
Friedl, Fritz |
Herbert |
Bertl |
|
Heinrich |
Hein(e), Heyn(e) |
Heinl, Heind(e)l, Heinz, Heinzl |
Meinrad, -hard |
|
Meindl, Meinl |
Otto(kar) |
Ott |
Öttl |
Johann(es) |
John, Jahn,
Hannes, Hans, Hann, Hahn |
Jandl, Hand(e)l |
Andreas |
Ander |
Anderl(e) |
Matthias, Matthäus |
Matt |
Matl, Matz |
Wie man bei den erweiterten Kurzformen sieht, liegt hier oft die
bairisch-österreichische Verkleinerung auf -(e)l
vor, ihr entspricht im Alemannischen -(e)le
(wie oben Anderle, ein anderes
Beispiel Dieterle zu Diet(h)er bzw. Dietrich). Im nördlichen Deutschen wird das k-Suffix zur Verkleinerung verwendet wie z.B. Heineke, Heinike usw. zu Heinrich oder Jonke, Johnke, Jöhnk usw. zu Johannes.
Ihrem Charakter als Namen von Nachkommen entsprechend begegnen im
deutschen Norden sehr oft Familiennamen mit Genitiv-s, z.B. Heinrichs, Friedrichs, Diederichs, mitunter nicht mehr klar erkennbar, z.B. Liebherz (< Liebhart + -s), Rodrix
(< Roderich + -s). Aus der
Urkundensprache stammen latinisierte Genitiv-Bildungen auf -i wie Conradi (zu Konrad) und He(i)nrici (zu Heinrich).
Nicht nur in Norddeutschland, sondern auch in Skandinavien sind die
patronymischen Bildungen auf -son/-sen ‘Sohn’ (v.a. im Isländischen auch
auf -dottir ‘Tochter’) sehr
verbreitet, z.B. Jakobson, Johannsen, Friedrichsen usw. (in Island z.B. Eriksdottir ‘Tochter des Erik’). Weitere patronymische Bildungen
werden mit dem Suffix -ing
(Nebenformen -ung und ig) gebildet, das ursprünglich
gemeindeutsch war (vgl. die zahlreichen bairisch-österr. Ortsnamen auf -ing, die von Personennamen abgeleitet
sind, wie z.B. Hietzing ‘Ort des
Hietzo’) und heute eher im Norden häufig ist wie z.B. Benning (zu Bernhard), Harting/Hartung/Hartig (zu Hartmann).
Typisch oberdeutsch und somit auch in Österreich sehr geläufig
sind die patronymischen Bildungen auf -er
(dieses Suffix dient auch zur Bildung von Herkunftsnamen) wie z.B. Arnolder, Lexer (zu Alexius, Alexander), Hanser (zu Hans bzw. Johannes), Heinricher usw., auch zu Berufs- und Übernamen, z.B. Pfisterer (zu Pfister ‘Bäcker’) bzw. Vogler
(zu Vogel). Gelegentlich kommt auch -mann in dieser Funktion vor (meist aber
in Herkunfts- und Wohnstättennamen) wie Friedmann
(zu Friedrich) oder Atzmann (zu Azzo, Kurzform von Adalbert).
Auch viele Familiennamen slawischer Herkunft gehen auf Vornamen
zurück, es gibt auch hier Vollformen und Kurzformen, z.B. tschechisch Václav, älter Váceslav ‘Wenzeslaus, Wenzel’ (eigentlich ‘ruhmreich’, > Watzlaw), davon mit Verkleinerungssuffix
Václavek, Václavík (> Watzlawik),
Kurzform Vácek (> Watzek, Watzke) oder Borislav ‘um
Ruhm kämpfend’, Kurzform Bor (> Bohr), erweitert Borek, von christlichen
Namen z.B. Androš ‘Andreas’ (> Androsch), Nebenformen Ondra und Vondra, dazu dann Androšek,
Ondruš, Vondraček usw. Fürs Tschechische und Slowakische (auch
Polnische) sind die Ableitungen auf -ek
(auch -ík) charakteristisch (auch zu
christlichen Namen wie z.B. Martinek
und Lukaschek), hingegen sind die
Patronymika auf -itsch und -owitsch/-ewitsch für den südslawischen
Raum charakteristisch, slowenisch -ič,
-ovič/-evič, kroatisch und serbisch -ić, -ović/-ević, z.B. slowenisch Mihič/Mihitsch ‘Sohn des Michael’, Štefanič/Stefanitsch ‘Sohn des Stefan’,
serbisch-kroatisch entsprechend Mihajlović,
Štefanić, Stevanović usw. Im Süden Österreichs und im Burgenland konnte
-itsch auch an Namen und Wörter
deutscher Herkunft treten, wie z.B. Schusteritsch,
Müllneritsch ‘Sohn des
Schusters/Müllers’ (Kärnten), Frančić,
ungarische Schreibung Francsics, -ich ‘Sohn des Franz’ (Burgenland).
Polnische Patronymika enden gewöhnlich auf -owski/-ewski
wie z.B. Jakubowski (zu Jakob) und Tomaszewski (zu Thomas);
daneben kommt auch -czyk vor
(entstanden aus -ek + -ik) wie z.B. Urbanczyk ‘Sohn des Urban’.
Wie schon festgestellt sind die patronymischen Suffixe
ursprünglich oft Verkleinerungsformen, so ist wie bairisch-österreichisch Jandl ‘der kleine Johannes’ auch
slawisch Petritsch ‘der kleine Peter’
und beide wurden dann in der Folge zum ‘Sohn des Johannes/Peter’. Im
Tschechischen und Polnischen war -ek
ursprünglich eine Verkleinerungsform,
die dann ebenfalls patronymisch verwendet wurde. Vergleichbare Suffixe sind im
Italienischen -ello/-elli, -etto/-etti, -ino/-ini,
z.B. Gianello/Gianelli (zu Gianni
‘Johann’), Nicoletti/Nicoletto (zu Nicolò ‘Nikolaus’), Marcolino/Marcolini (zu Marco ‘Markus’, in Kärnten Markolin).
Im Griechischen entspricht -idis (alt
-idēs), auch -adis und -akis, in österreichischen Familiennamen z.B. in Stefanides, Issakides, Petrakis, Georgiadis usw. – Im Russischen ist der „Vatersname“ obligatorisch, der Sohn eines
Ivan ‘Johann’ führt zusätzlich zu
seinem Familiennamen auch den seines Vaters, z.B. Pjotr Ivanovič ‘Peter, Sohn des Ivan’, seine Schwester Anna würde dementsprechend Anna Ivanovna heißen.
Die polnischen Bildungen auf -owski/-ewski (s.o.) sind ursprünglich Adjektiva
gewesen, wörtlich übersetzt würde Jakubowski
‘der Jakobsche’ bedeuten, analog den deutschen Bildungen auf -er (wie Jakober). Typologisch entsprechen die überaus häufigen rumänischen
Familiennamen auf -escu wie z.B. Ionescu (zu Ion ‘Johann’) und Petrescu.
2.2. Herkunfts- und
Wohnstattnamen (einschließlich Völkernamen)
Herkunfts- und Wohnstattnamen sind nicht exakt voneinander zu
trennen; beiden ist gemeinsam, dass der Namensträger entweder aus der dem
Familiennamen zu Grunde liegenden Örtlichkeit stammt (dies ist meist so bei den
Herkunftsnamen) oder dort ansässig ist (Wohnstattnamen im engeren Sinne). Es
kann sich dabei um eine größere Siedlung handeln wie z.B. Wiener (als Name ‘aus Wien stammend’), Friesacher (‘aus Friesach stammend’) oder Grillparzer (aus dem kleinen Ort Grillparz ‘Grillenhügel’ stammend), aber auch um einen Einzelhof
wie z.B. Tiefenbacher im Kärntner
Lesachtal (zum seit dem 13. Jhdt. bezeugten Hof Tiefenbach); oft konnten Hof- und Hausnamen selbst zu Familiennamen
werden wie Gruber ‘der an der Grube
(= Bodensenkung o.dgl.) wohnt’, Rainer
(zu Rain ‘Abhang’ oder aus slowenisch
ravnjar ‘Ebner’), Weger ‘Gehöft am Weg’, ähnlich Wögerbauer usw. Manche Namen können mehrdeutig
sein wie der bereits genannte Rainer,
aber auch Gra(t)zer ist nicht
zwingend ‘aus Graz stammend’, sondern kann auch ‘Burger’ bedeuten (slowenisch gradec ‘kleine Burg’) und auch zum
Personennamen Gratz (zu Pankraz) gehören (wie übrigens auch Rainer zu Rainer/Reiner). Auch
Länder- und Landschaftsnamen können zu Grunde liegen, z.B. Deutschländer, Österreicher,
Vogtländer, Schwei(t)zer, Krainer,
mitunter alte Namensformen fortsetzend wie Karner
‘Kärntner’ und Tyroller ‘Tiroler’.
Weitere häufige Wohnstättennamen Österreichs: Berger, Leitner (zu Leite ‘Abhang’), Wald(n)er, Weidner, Bacher, Ebner (zu Eben ‘Ebene’), Rauter/Reuter/Reiter (zu Raut ‘Rodung’), Hochner (‘Anhöhe’), Taler,
Dorfer/Dörfler, Bichler/Pichler (‘Bühel’), Ortner (zu Ort ‘Ende der
Siedlung’) usw., weiters Zusammensetzungen wie Unterberger, Hinterberger,
Unterweger z.B.
Herkunfts- und Wohnstattnamen sind im deutschen Süden in der Regel
mit dem (überaus produktiven) Suffix -er
versehen; im Norddeutschen wird kein Suffix verwendet, z.B. Erlach statt Erlacher, Wien statt Wiener usw. Auch Herkunftsnamen auf -mann sind eher für den Norden typisch,
z.B. Kielmann (‘aus Kiel stammend’).
Westslawische Herkunftsnamen enden auf -sky/-ski, -cky/-cki, -tzky usw., sie sind v.a. fürs
Tschechische (Endung -ý) und
Polnische (Endung -i) typisch. Im Tschech. aus Ortsnamen,
z.B. Pražský ‘Prager’, Vranický/Vranitzky ‘aus der Ortschaft Vranice’ (von vrána
‘Krähe’), Holešovský ‘aus Holešov’, Dubský ‘aus Dub stammend’ usw.; noch häufiger
im Polnischen -ski neben -ewski/-owski und -iński, z.B. Brzeziński
‘aus Brzezina usw. (= ‘Birkengegend’), Kowalski
bzw. Kowalewski ‘aus dem Ort Kowale
bzw. Kowalewo’ (= ‘Schmiede’).
Im Süden Österreichs enden Wohnstatt- und
Herkunftsnamen sehr oft auf -nig.
Dieses war ein besonderes Charakteristikum der Slavia submersa Süd- und
Südostösterreichs bzw. des Alpenslawischen, wo
zahlreiche Hof- und Familiennamen (urspr. Lagenamen) auf -nig(g) (auch -nich,
-nick, nigkh, -nik und -nikch) aus slow.
-nik enden, die in den dem zusammenhängenden
slowenischen Sprachraum vorgelagerten deutschsprachigen Gebieten Kärntens,
Osttirols, des Salzburger Lungaus und der Steiermark weitaus häufiger sind als
im slowenischen Kerngebiet; sie können als „nordslowenisch“, gleichzeitig als
typisch kärntnerisch bezeichnet werden. Eine
Übersicht dazu hier.
Beispiele (Kärnten und Osttirol): Ladinig (zu slow. ledina ‘Brache’), Pototschnig
/ Petutschnig(g) (slow. Potočnik
‘Bacher’), Glantschnig(g) /
Quantschnig (slow. Kłančnik
zu klanec ‘Steile; Hohlweg’), an
dt. Wortstämme tretend z.B. Kogelnig u.
Freithofnig zu altem Freithof ‘Friedhof’). In Osttirol kommen
auch romanische Wortstämme vor, z.B. in Kals Rantschnigg (zu roman. *runca
‘Rodung’ neben dem „dt.“ HN Rantschner
und dem „echt“ rom. Ranggetin(er)).
Häufige Namen auf -nig(g) in Kärnten:
Blatnig, -nik ‘Moser’ (slowen. blato ‘Moos, Moor’)
Zablatnik, Sablatnig
usw. ‘Hintermoser’, Variante Sablatschan
bzw. Zablačan
Potnik, -nik ‘Weger’
(slowen. pot ‘Weg’, demnach) Razpotik/Raspotnig ‘Wegscheider’
(slowen. raz- ‘auseinander-’), Popotnik/Popotnik (aus *podpotnik ‘Unterweger’), Zapotnik/Sapotnig ‘Hinterweger’.
Kotnik/Kotnig/Kottnig/Kattnig usw. (auch Variante Kočnik usw.) ‘Winkler’, demnach Zakotnik/Sakotnig ‘Hinterwinkler’ (zu
slowen. kot ‘Winkel’, auch im
Gelände)
Laznik/Lassnig usw. ‘Reuter’ (zu slowen. laz ‘Rodung’). Da slowen. l-
mundartlich zu ł- [w-] wird,
auch Wasnig usw.; demnach Prilaznik/Privaznik/Priwasnik usw. ‘der
beim Gereut wohnt’, auch Prowaznik
usw.
Gornik/GornigHornig ‘Berger’ (slowen. gora ‘Berg’), Goričnik/Goritschnig usw. ‘Bichler’
(slowen. gorica ‘kleiner Berg,
Bichl’)
Rebernik/Rebernig ‘Leitner, Hochner o.ä.’ (slowen. reber ‘Abhang, Leite, Anhöhe’, eigentlich
‘Rippe’, so auch romanisch costa,
ebenfalls häufig in der Toponymie und somit in Tiroler Familiennamen, z.B. Gostner/Kostner)
Sauerschnig = Završnik ‘hinter dem Gupf wohnend’ (slowen. vrh ‘Anhöhe, Gupf’). Mit anderer
Wortbildung Vrhovnik/Werhounig o.ä.
Werdnig/Wernig/Werdounig usw. aus Brd(ov)nik zu slowen. brdo ‘Anhöhe, Egg’ (z.B. im Ortsnamen Brdo/Egg, Gailtal), etwa ‘Berger,
Egger’. Die Ableitung Brdnica
bedeutet ‘Bachsteg’ (z.B. Ortsname Fürnitz/Brnca),
demnach Wernitznig usw. ‘Steger’.
Globočnik/Globotschnig/Glabuschnig
usw. ‘Tiefenbacher’ (zu slowen. globok
‘tief’, Ortsname Globoče ‘tiefes
Tal’).
Glawischnig teils wie Globočnik,
meist aber zum slowen. Wort hlevišče
‘Stall’, also aus Hleviščnik als
Wohnstättenname (vgl. Ortsname Klabisch
bei Mörtschach. Ob. Mölltal).
In Tirol und Vorarlberg finden wir viele Namen
romanischer Herkunft, z.B. Ranggetin(er)
und Gostner/Kostner (s.o.). Sie klingen sehr oft „deutsch“ wie Glieber (zu romanisch clivus ‘Abhang’) oder Prader/Prater (zu roman. pratu ‘Wiese’) sowie Golliseller (zu roman. collicellu ‘kleiner Hügel, Bichl’), sie
entsprechen einem ‘Leitner’, ‘Wieser’ und ‘Bichler’. Weitere Beispiele: Wallnöfer aus roman. aquale novo
‘neuer Bewässerungsgraben’ (Wohnstättenname, vgl. mundartlich Wal ‘Bewässerungsgraben’), Fallmerayer aus roman. val marraria ‘Murental’ (zu vorrömisch marra ‘Mure’), Pfurtscheller/Purtscheller
zu roman. forcella ‘Einsattelung,
Scharte, Törl’, Runggaldier aus
roman. runcu altu etwa ‘hoch gelegene Rodung’ usw.
Auch Völker- und Stammesnamen können zu Herkunftsbezeichnungen
werden und somit zu Familiennamen, hier eine kleine Übersicht:
Böhm, Böhmer, Čech, Tschech;
Bayer, Peyer, Beier, Bayerl usw.;
Deutsch, Deutschmann, slawisch Nemec, Niemec usw., auch Dutschke
ist slawischer Herkunft;
Frank (‘Franke’);
Fries, Vries (‘Friese’);
Furlan (‘aus Friaul’);
Hanák (‘aus der mährischen Landschaft Haná stammend’);
Hess, Hesse, Heß usw.
Horvat (ungarisch für ‘Kroate’);
Hunger (zu latein. Hungaria,
kann auch Übername eines Hungrigen sein), Ungar,
Unger;
Karner (‘Kärntner’), slowen. Korošec
(Karner
kann auch auf Kärrner ‘Fahrender, der
einen Karren benützt’ beruhen);
Krainer, Kraner, Krainz, slowen. Kranjec;
Pollak, Polak, Pohl ‘Pole’, ungar. Lengyel;
Sachs (‘Sachse’), Sax, Saxer;
Schwab, Schwob (‘Schwabe’);
Schwed (‘Schwede’);
Srb (‘Serbe’)
Tot, Toth (ungarisch für
‘Slowake, Slawe’);
Ungar, Unger, Hunger (s.o.);
Wallisch, Welisch, Walch, Welsch usw., tschech. Olah;
Windisch, Wend, Wendt, Wende, Windischmann
(‘Slawe, Slowene’).
2.3. Berufsnamen
Zu dieser Namengruppe gehören sowohl Berufsnamen im engeren Sinne
(darunter oft sehr spezialisierte Bezeichnungen) als auch Standes- und
Funktionsnamen wie z.B. Schulz
‘Bürgermeister’ oder Vogt ‘Amtsperson
mit rechtlichen Befugnissen’. Sie sind kulturgeschichtlich höchst
aufschlussreich und bieten eine außergewöhnlich große Vielfalt; unter den 20
häufigsten österreichischen Familiennamen sind 10 Berufsbezeichnungen, in
Deutschland noch mehr. In ihnen widerspiegelt sich die Vielfalt der deutschen
regionalen Varietäten (Mundarten und ältere Schreibsprachen), z.B. Tischler, Tischer, Schreiner, Schreinert und Fleischer, Fleischhauer, Fleischhacker, Metzger, Metzler; auch
ältere Gewerbe und Berufe leben im Namengut weiter, z.B. Schindler ‘Schindelmacher’, Pfister
‘Bäcker’, Leitgeb/Leutgeb ‘Wirt’ usw. Zu den Namen
deutscher Herkunft gesellen sich auch latinisierte Namensformen (z.B. Agricola ‘Bauer’) und jene aus den
Nachbarsprachen.
Beispiele für Berufsnamen in Österreich: Schuster, Schmied/Schmidt usw., Müller/Müllner, Bauer, Glaser, Koller
(‘Köhler’), Brenner
(‘Schnapsbrenner’), Marcher (‘Hüter
der Grenzsteine’), Kornmesser (ein
Marktbeamter), Kastner/Kästner (Verwalter des „Kornkastens“,
Getreidespeichers), Wurster, Messner/Meßner (‘Mesner’), Herter
(‘Hirte’), Scherer, Fragner (‘Kleinhändler’), Kraxner (‘Hausierer’, weil sie mit einer
Krachse ‘Rückentrage’ unterwegs
sind) u.v.a.
Aus dem Romanischen stammen Familiennamen wie Purtscher (< porcellus
‘Ferkel’ + -arius, etwa
‘Schweinehirt’, ähnlich bairisch-österreichisch Fockenhuber/Vockenhuber/Voggenhuber ‘Schweinebauer’, zu
mundartlich Fåck ‘Schwein’) und Faber (‘Schmied’) sowie Maier (< lateinisch maior (domus) ‘Bewirtschafter eines
Gutshofes, Oberster auf einem Gut u.dgl.’) usw.
Häufig sind slawische Familiennamen, v.a. tschechische (im Raum
Wien) und slowenische (in Kärnten). Typisch tschechisch sind u.a. Bednář/Bednar ‘Fassbinder’, Kovář/Kovar/Kowar usw.
‘Schmied’, Mlynář/Mlynar/Mlinar usw. ‘Müller’, Švec/Schwetz usw. und Ševčík/Schefcik usw.
‘Schuster’, Krejčí/Kreitschi usw. und Krejčík/Kreitschik
usw. ‘Schneider’, Kadlec/Kadletz usw., eigentlich Tkadlec ‘Weber’.
Typisch slowenische Familiennamen sind u.a. Kovač/Kowatsch
‘Schmied’, Mlinar und Mlečnik/Mletschnik ‘Müller’, Tekalec/Tkalec ‘Weber’, Župan/Suppan usw. und Županc/Suppanz usw. ‘Gemeindevorsteher, Bürgermeister, Vogt’ (eigentlich
‘Gaufürst’), Klobučar
‘Hutmacher’. Bemerkenswert sind ins Slowenische entlehnte und dann umgeformte
Berufsbezeichnungen wie Šusterič/Schusteritsch oder Müllneritsch sowie Pauritsch
(zu mundartlich pavr
‘Bauer’).
Aus anderen slawischen Sprachen stammen dann Varianten zu den
genannten wie Kowal ‘Schmied’, Szewc ‘Schuster’ (beide v.a. polnisch),
kroatisch in ungarischer Schreibung (Burgenland) z.B. Kovács ‘Schmied’, auch als Lehnwort im Ungarischen geläufig – auch
als Familienname. Weitere ungarische Berufsnamen sind u.a. Molnár ‘Müller’, Szabó
‘Schneider’, Halász ‘Fischer’.
2.4. Übernamen
Die Gruppe der Übernamen ist wohl die
größte. Manche Autoren (so H. Naumann) zählen bis zu 14 Untergruppen auf, wobei
es freilich fließende Übergange gibt. Unter einem Übernamen versteht man einen Namen, der besondere Eigenheiten
einer Person oder der von ihr ausgeübten Tätigkeit darstellt. So zahlreich wie
die körperlichen Auffälligkeiten,
charakterlichen Eigenheiten und Tätigkeiten von Menschen sind, so
zahlreich sind auch die aus den Übernamen gebildeten heutigen Familiennamen,
wobei – wie bei den andern Familiennamen – sich auch regionale sprachliche
Unterschiede zeigen, z.B. norddeutsch Störtebecker,
süddeutsch Stürzenbecher (Übername
eines Menschen, der gerne trinkt, ‘den Becher stürzt’) oder norddeutsch Knoop, Knopp, süddeutsch Knopf
(dazu alemannisch Knöpfle, Knöpfli, Übername eines Knopfmachers
oder auch für einen kleinen, rundlichen Menschen). Zu den Übernamen sind auch
zahlreiche ursprüngliche Spott und Spitznamen zu rechnen, wie die beiden soeben
genannten Beispiele.
Die Übernamen „rekrutieren“ sich, wenn
sie sich auf Berufe beziehen, aus Wörtern von Werkzeugen (z.B. Hobel) und -stoffen (z.B. Glas) sowie Geräten (z.B. Pflug) und Erzeugnissen (z.B. Wurst), wenn sie sich auf charakterliche
Eigenschaften beziehen, aus Wörtern für soziale Ränge (z.B. Graf für einen überheblichen oder
selbstbewussten Menschen), für Tiere (z.B. Fuchs
für einen listigen Menschen), für bestimmte Vorlieben (z.B. Trinkl, Trinks für trinkfreudige Personen) und Verhaltensweisen (z.B. Holaus, Hollaus für einen Raufbold: ‘hol aus’) u.v.a.m. Diese kleine Übersicht
möge dies näher illustrieren:
1.
Körperliche
Kennzeichen und Körperteile: Kraus/Krause/Krauskopf usw., Strobl/Strobel (‘struppig’),
Groß/Großmann usw., Klein/Kleiner/Kleinert, Haupt, Schiller (‘Schieler’),
Schenkel.
2.
Geistige
und charakterliche Eigenschaften, Gewohnheiten, Sprechweise: Schnell,
Klug/Kluge, Frühauf, Ohnesorg, Bier, Stürzenbecher (s.o.), Zorn, Zänker,
Stammler, Stotter.
3.
Verwandtschaft,
Alter, Geschlecht, zwischenmenschliche Beziehungen:
Alt/Alter/Altmann, Jung/Jungmann, Oheim/Ohm, Vetter/Vetters, Freund, Gstrein
(für einen lange ohne Nachwuchs gebliebenen, Spottname aus roman. castrone ‘kastrierter Bock’).
4.
Weltliche
und geistliche Würdenträger: Kaiser/Keyser usw., König, Ritter, Marschall, Probst, Vogt
(ursprünglich Spitznamen auf Grund des Verhaltens der so benannten Person).
5.
Tiere und
deren Körperteile: Adler, Falk (beide nach dem Aussehen oder dem scharfen Blick),
Fuchs/Fux/Voss usw. (‘schlau, listig’), Pfau (‘eitel’), Storch (nach dem Gang,
nach dünnen, langen Beinen u.dgl.), Hasenöhrl/Hosenedl usw. (‘hellhörig,
wachsam’), Hasenfuß (‘flink, furchtsam’).
6.
Pflanzen
und Früchte: Blum/Blume (Übername für Gärtner, sich mit Blumen schmückende
Personen, für gut Aussehende u.dgl.), Knoblauch/Knobloch/Knoblich, Pilz/Pils,
Pfeffer/Pfefferkorn, Haber/Haberl (‘Hafer’).
7.
Speisen und
Getränke: Senf/Senft, Sauerteig, Bier/Biermann, Sauerbier,
Dünnbier/Dienstbier.
8.
Kleidung:
Blauärmel/-hut/-rock, Kapp/Kappe/Kappler, Schuh/Schuch.
9.
Rohstoffe
und Arbeitsmaterialien: Glas, Leder, Rohleder, Bleiweiß.
10.
Arbeitsgeräte, Werkzeuge und Gefäße, Produkte: Hammer, Hobel, Nagel,
Kober/Köber (‘Korb, Tasche, Fischreuse’), Kesselring, Hackel/Hackl.
11.
Waffen und
Rüstung: Degen, Harnisch/Hornisch, Pfeil, Lanz.
12.
Münzen, Maße und Gewichte sowie Zahlen und alles, was damit zusammenhängt: Schilling,
Heller/Haller, Scheffel, Zwölfer, Zwanziger (beide als Mitglieder einer
Körperschaft, die aus 12 bzw. 20 Personen besteht), Habenicht,
Leikauf/Leihkauf/Leikam usw. (‘Gelöbnistrunk beim Abschluss eines Handels’).
13.
Religion
und Brauchtum, Mythologie und Aberglaube:
Teufel/Deibel/Teifel usw., Rosenkranz, Kirchtag = Kirmes/Kirmse
(‘Kirchweihfest’), Ungeheuer.
14.
Zeit und
Wetter: Hornung (‘Februar’), Mai/May usw., Mittag, Freitag, Sommer,
Herbst, Sturm/Storm, Ungewitter, Frost.
Auch aus anderen Sprachen stammen sehr
viele Übernamen wie u.a. aus dem Tschechischen:
z.B. zu 1. Malý/Mally
usw. (slowenisch Male/Malle) ‘klein, kurz’, Hlavač/Hlawatsch usw. (slowenisch Glavač,
Glavar) ‘Großkopf’; zu 4. Král/Krahl usw. (slowenisch Kralj/Krall, polnisch Król), Knez/Knes
‘Priester’ usw. (slowen. Knez
‘Fürst’); 5. Kozel/Kozlík/ Kozlíček/Koslitschek usw. (slowenisch Kozel/Kozlik, polnisch Kozioł) ‘(Ziegen-) Bock’, Liška/Lischka ‘Fuchs’, Kos (slowen. Kos/Kues) ‘Amsel’; 7. Buchta ‘Buchtel, Wuchtel’, Smetana
‘Rahm’ (so auch Slowenisch); 14. Zíma/Sima
(slowen. Zima/Sima) ‘Winter’, Mráz
(slowen. Mraz, polnisch Mróz/Mrózek/Mrosek) ‘Frost’. Einige ungarische
Beispiele: Nagy ‘groß’, Fekete ‘schwarz’, Farkas ‘Wolf’.
Unter den Familiennamen slawischer Herkunft stechen zwei Gruppen
besonders hervor: dies sind die zahlreichen „Vogelnamen“ (sowohl im
Tschechischen als auch Slowenischen, s.u.) sowie die von Verben gebildeten
Übernamen auf -l wie z.B. Musil ‘er hat müssen/gemusst’, zu
tschech. musit ‘müssen’– die tschechischen Namen auf -al und -il
(selten -el und -ul, Partizipium der Vergangenheit) sind von
Zeitwörtern gebildet und gehen auf ein Ereignis oder Erlebnis des ersten
Namensträgers zurück, dementsprechend Navratil ‘der heimgekehrt ist’, Doležal/Doleschal ‘der liegen
geblieben ist’, Übername für ‘Faulenzer’, Dohnal ‘der eingeholt hat, das
Ziel erreicht hat’, Dostal ‘der bekommen hat’ bzw. ‘ausgeharrt, sein
Versprechen gehalten (usw.) hat’ (von dostat),
Pospíšil/Pospischil ‘der sich
beeilt hat’, Klestil ‘hat gestutzt bzw. abgeschnitten’ (von klestit
‘stutzen, ausschneiden’), usw. Dieser Typus ist v.a. für Mähren typisch.
Die Vogelnamen scheinen bei allen Slawen sehr beliebt zu sein;
einige tschechische Beispiele: Čížek/Cizek usw. ‘Zeisig’, Slavík/Slawik ‘Nachtigall’ (polnisch Słowik/Slowick), Kavka/Kafka ‘Dohle’, Čermák/Cermak
‘Rotkehlchen’, Sova/Sowa ‘Eule’, Sokol ‘Falke’, Strnad
‘Goldammer’, Vrána ‘Krähe’, Havran ‘Rabe’; in Kärnten aus dem
Slowenischen Strnad/Sternat ‘Goldammer’, Kos ‘Amsel’, auch
Kues, Šoja/Schoier/Tschojer
‘Eichelhäher’, usw.
3. Familiennamen aus
anderen Sprachen
Einige ungarische Familiennamen wurden bereits in 2 genannt, auch einige romanische;
italienische (und in Kärnten auch furlanische) Namen stammen aus der Zeit, als
noch Teile Italiens in habsburgischem Besitz waren; sie sind v.a. durch
Zuwanderer ins heutige Bundesgebiet gelangt. Einige für Kärnten typische
Familiennamen aus der romanischen Nachbarschaft sind in dieser Hinsicht z.B. Kaspret (zu italien. Casparetto von Kaspar), Markolin (zu Marcus), Capellari/Kappellari
(‘Mesner’), Fillafer (furlanisch filafer ‘Drahtzieher’), Majeron (furlanisch majaròn ‘Majoran’), Planton
(zu furlanisch plantòn ‘Setzling, geteilter
Ast’, in übertragener Bedeutung ‘Hinkender’), Legat (furlanisch legât ‘Gesandter;
Vermächtnisinhaber’, kirchlich), Magnet
(wohl zu magnus ‘groß’).
In neuerer Zeit sind durch Zuwanderung zahlreiche neue
Familiennamen zu uns gekommen, aus den Balkanländern moslemisch-slawische
(bosnische) und albanische Namen, weiters türkische Familiennamen und Namen aus
dem Orient., deren Erörterung hier zu weit führen würde.
4. Jüdische
Familiennamen
Die Juden führten seit eh und je sehr häufig als Beinamen den des
Vaters, z.B. Aron Ben Jakob (also
‘Aron, Sohn des Jakob; hebräisch Ben
‘Sohn’). Seit dem 15. Jhdt kommen in Angleichung an die Entwicklung in der
deutschsprachigen Umgebung jüdische Familiennamen auf, doch in großem Umfang
erst seit dem ausgehenden 18. Jhdt. Die Juden konnten ihre neuen Namen nicht
immer frei wählen; so kam es in vielen Fällen zu ungewöhnlichen Namen wie Stiefelschaft, Nachtlicht, Silberstein
usw., die zwar später geändert werden konnten, z.T. aber weiter geführt wurden.
Die österreichischen (und französischen) Gesetze jener Zeit ließen keine neuen
Namen zu, die den jüdischen Hintergrund des Trägers deutlich zeigten (z.B.
Namen aus dem Alten Testament). Die jüdischen Familiennamen sollten sich
nämlich von den deutschen möglichst nicht unterscheiden, um die Integration der
Juden zu fördern, die in dieser Zeit volle Bürgerrechte erhielten.
Es ist eine weit verbreitete Ansicht, dass damals viele Juden sich
wohlklingende Namen erkaufen konnten, während sie sonst eher abfällige Namen von
selbstherrlichen Commissären „verliehen“ bekamen. Solche Vorkommnisse sind aus
Galizien bezeugt und dürfen – da andernorts nicht nachweisbar – nicht
verallgemeinert werden. Trotzdem hat sich eine erkleckliche Zahl von solchen
„Namen der Häme“, wie sie die Wiener Namenforscherin Anna Staudacher nennt,
erhalten. Sie hat dies und die dann beantragten Namensänderungen in vielen
Publikationen aufgezeigt. Einige Beispiele: Saurüssel
wurde durch Sauer, Esel durch Edel oder Nessl, Schweindl durch Schwendl, Schnupftaback
durch Schmidt ersetzt. Wie man sieht,
blieben die Anlaute meist erhalten. Auch allzu jüdisch klingende Vornamen
wurden oft geändert, so wurden z.B. Abel
zu Albert, Abraham zu Alfred oder Adolf, auch Wolf, Chaim zu Heinrich oder Karl, Pinkas zu Philipp oder Paul. Weiters änderten auch Konvertiten (also Personen, die vom
jüdischen Glauben zum Christentum übergetreten sind) vielfach ihren Namen.
Bei den Familiennamen aus Vornamen fallen die bei der christlichen
Bevölkerung unüblichen Namen auf wie Levi/Levy/Levison,
Mendel/Mendelson (zu Emmanuel)
und Itzig (zu Isaak). Auch
Herkunftsnamen waren bei den Juden verbreitet, wie z.B. Berliner, Oppenheimer, Schlesinger (‘Schlesier’), weiters
Hausnamen, z.B. Rothschild, Nussbaum, Stern. Im Zusammenhang mit der Religion steht der häufige
Familienname Kohn/Cohen/Cahn ‘Priester’, der verdunkelt auch in Katz (< kohen-zedek
‘Priester der Gerechtigkeit’) vorliegt. Während im Allgemeinen Übernamen ihren
Trägern von der Umgebung „verpasst“ wurden, sind jüdische Übernamen oft selbst
gewählte Phantasienamen (ähnlich sind viele schwedische Familiennamen). Sie
entsprechen dem seinerzeitigen poetischen Zeitgeschmack wie Morgentau, Lindenfels, Tugendreich, Rosenduft, Mandelbaum. Viele davon wurden später zur Diffamierung ihrer Träger
missbraucht, sodass viele ihre Namen ändern ließen; besonders häufig kam es zur
„Namensflucht“ bei Cohn/Kohn und Levy/Lewy sowie u.a. auch
von Schmul/Schmuhl und Rosenthal/Rosenbaum.