Liebeskrankes Lügen-Lala
.....schließlich hatte Kurzmann einmal in einem Standard-Interview erklärt, niemals würde er, der
mitteilungshungrige Gesinnungsmensch, in einem Lied einfach nur "schubidubidu" singen.
Genau das allerdings sei nun beim "Orgel Hit" passiert: "Ich mein', das Stück hat zwar schon einen Text,
aber das macht wenig Unterschied, weil der ist von vorn bis hinten nicht wahr." Und selbstironisch zitieren die Extended
Versions in ihrem liebeskranken Lügen-Lala aus einer ihrer älteren Nummern "I never knew/what to do/ with a girl like
you". Und man ist versucht, statt "girl" den Namen "Jörg" einzusetzen - schon sieht die vermeintliche
Lieblichkeit um einiges hintergründiger, vielleicht sogar entwaffnender aus.
Dieser "Orgel Hit" befindet sich nun in drei verschiedenen Versionen auf der sieben Tracks umfassenden Tonträgerwiederkehr
der Extended Versions, die ob ihrer scheinbaren Inhaltslosigkeit einfach "Maxi" genannt wurde. Musikalisch demonstriert das
Duo, daß es seine Lektion für die neunziger Jahre gelernt hat. Nicht nur, daß manches an den eleganten Bristol-Sound Marke
Portishead erinnert, wurden zwei Stücke auch an befreundete Musiker zwecks Remix weitergereicht. Während der Hamburger Produzent
Matthias Arfmann seine Fassungen mit saftig böllernden Dopebeats auffettet, hat der Wiener Ambient-Spezialist Christian Fennesz
bei seinem "Jetlag"-Remix von "Friends" das Stück gleich komplett auseinandergenommen, um es anschließend in neuer Form wieder
zusammenzusetzen. Trotzdem blieb der Sound der Extended Versions sofort wiedererkennbar. Nicht nur wegen der charakteristischen,
körperlosen Stimme von Kurzmann, sondern auch weil der, der "Nichtmusiker", nach wie vor findig seine Möglichkeiten erkundet,
während sich "Gitarrenwürger" Heiland gelassen in Understatement übt - und so trifft man sich auf einer Wellenlänge.
Dies ist Pop 96.
Chris Duller/Falter Juni 1996
Extended Versions
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