Pop
Charmant, charmant! Zu ihrer Neuinterpretation des Stückes "Mother Sky" von der deutschen Gruppe "Can" merkt
die Wiener Band "Extended Versions" an: "Versuch einer phonetischen Wiedergabe des von der Platte nicht
herunterzu- hörenden Textes." Das Scheitern wird sozusagen zum Stilprinzip. Das Verfehlen eines angepeilten Originals schafft
eine Differenz, einen Spannungsraum, in den die beiden Multi-Instrumentalisten Christof Kurzmann und Helmut Heiland ihre
Fähigkeiten und Unfähigkeiten, ihre Leidenschaften und ihren Ennui projizieren. Das ergibt Saxophon-Harlekinaden, die von
der burlesken Vitalität des verstorbenen Jazz-Großmeisters Albert Ayler zehren, aber durch ein
beigemischtes blechenes Punk-Element gleichzeitig Distanz herstellen. Das führt zu martialisch schleifenden Gitarrenriffs,
die sich um die hypnotische Monotonie der Krautrock-Vorbilder "Can" bemühen, aber in viel stärkerem Maße die zerklüftete Topographie zeitgenössischer
Metal-Monstrositäten evozieren. Das läßt das abgenutzte Genre Polit-Rock durch epigrammatische Textverdichtung in
neuem Glanz erstrahlen und ein spielerisch-perfides Gedicht Konrad Bayers mit ermatteter Sitar-Psychedelik
zusammenwachsen. "Same" nennt sich die erste LP von "Extended Versions".
Und sie ist ein Meisterwerk der multiplen Traditionsaneignung, das klanggewaltigste Manifest, das der österreichische Underground
je hervorgebracht hat.
Profil 13.1.92
Extended Versions
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