Das Inspirationszeitalter
Kreativarbeiter
(Ein
Paradigmenwechsel)
Die kritische Masse ist erreicht - Ein Paradigmenwechsel
In
den letzten Jahren hat in den westlichen Wirtschafts- und
Gesellschaftsformen eine Diskussion über einen Paradigmenwechsel
begonnen. Längst ist man sich in Führungskreisen bewusst, dass
ein Umdenken bezüglich wirtschaftlicher Ziele und
gesellschaftlicher Werte notwendig geworden ist: Weg von der so
genannten „Ellenbogen-Gesellschaft“ und hin zu mehr
Selbstverantwortung mit sozialer Kompetenz.
Es ist Zeit für eine Gesellschaft,
in der
Werte wie Menschlichkeit, Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft,
Verbundenheit, soziales Wohlbefinden und
Verantwortungsbewusstsein wieder an Bedeutung gewinnen.
Es ist
Zeit für eine Wirtschaft,
die ihren Erfolg auf Verantwortungsbewusstsein,
Kooperationsfähigkeit, Umweltbewusstsein, Nachhaltigkeit und
Integration baut.
Es ist
Zeit für Unternehmen,
in der Innovation und Kreativität als Teil der
Unternehmenskultur gilt, soziale Kompetenzen an Bedeutung
gewinnen, Fehler erwünscht und eingestanden werden,
Veränderungen angestrebt und als Entwicklungschance gesehen
werden, Individualität und Authentizität gefragt ist, eine
angstfreie Arbeitsatmosphäre geschaffen wird. Es ist Zeit für
Unternehmen mit einer klaren Positionierung von ethischen
Grundsätzen.
Es ist
Zeit für Menschen,
die in ihrem Job mehr als „Pflichterfüllung“ und „Mittel zur
Sicherung des Lebensunterhaltes“ sehen, sondern nach
Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung streben und das
Prinzip Selbstverantwortung leben. Es ist Zeit für kreative
Denker und Visionäre mit sozialen Kompetenzen. Menschen, die
sich den tieferen Sinn in ihrem Leben selbst schaffen. Menschen,
die authentisch sind und Ihre Individualität leben und die sich
ihrer eigenen Spiritualität öffnen.
Der Weg ins Inspirationszeitalter
Hier möchte ich Dr. Sven Brodmerkel, Kommunikationsberater,
Autor und Coach zu Wort kommen lassen. Er beschreibt den Weg ins
Inspirationszeitalter folgendermaßen.
Im
Industriezeitalter des 19. Jahrhunderts (bis 1980) waren
„Handarbeiter“ gefragt. Es zählten Kraft, Ausdauer,
Arbeitsplatz, Sicherheit und Männlichkeit.
Im
Informationszeitalter des 20. Jahrhunderts (bis 2010)
waren „Wissensarbeiter“ gefragt. Es zählte vor allem das
analytische Denken, das Streben nach Status und Macht, Position,
Kontinuität, Pflichterfüllung, Rationalität und ein Streben nach
einer Karriere, die sich an rein äußerlichem Erfolg ausrichtet.
Zitat Sven Brodmerkel: „Hier ging es darum, ein erworbenes
Wissen anzuwenden. Jeder, der eine gute Berufsausbildung hatte,
konnte danach relativ sicher sein, sein erworbenes Wissen im
Verlauf seiner Karriere kontinuierlich anwenden zu können. Ein
wesentliches Merkmal des Informationszeitalters war, dass ein
formal-logisches Denken dem kreativ-holistischen Denken
vorgezogen wurde. Viele Berufe waren darauf ausgerichtet, Wissen
formelhaft, analytisch anzuwenden. Ein typisches Beispiel sind
die Programmierer. Aber auch bei den Wirtschaftswissenschaftern
kam es in erster Linie auf Formeln und Kennzahlen an.
Ärzte
hielten sich an die vorgegebenen, analytischen Verfahren der
Schulmedizin, Rechtsanwälte konnten sich auf formal-juristische
Arbeit beschränken. Kurz: Als „Kopf- oder Wissensarbeiter“ war
es ausreichend, sein analytisches Wissen anzuwenden und in
regelmäßigen Abständen aufzufrischen.
Was nicht
so sehr gefragt war, war Kreativität, Empathie, Spontanität,
Emotionalität und Spiritualität. Doch das hat sich schlagartig
geändert. Eines der deutlichsten Kennzeichen dafür war wohl die
Aufmerksamkeit, die Daniel Goleman mit seinem Buch „Emotionale
Intelligenz“ erhielt. Seine These: Emotionale Intelligenz ist
für den Berufserfolg entscheidender als die formal-logische
Intelligenz. Mehr noch: Der so genannte EQ sei mehr als doppelt
so wichtig wie der IQ und Fachwissen zusammen. Die öffentliche
Reaktion auf seine These war bemerkenswert. Emotionen und
Gefühle (in der Sprache der Unternehmen: „Emotionsmanagement“)
sind somit plötzlich in den Mittelpunkt des Interesses gerückt.
Auch die
Reaktionen auf „Die Prophezeiungen von Celestine“ oder die
Bücher von Dan Millman (Der Pfad des friedvollen Kriegers)
beweisen die Sehnsucht der Menschen nach neuen Qualitäten und
nach Spiritualität.
Im
Inspirationszeitalter oder Dienstleistungszeitalter (ab
2010) sind „Kreativarbeiter“ gefragt. Es zählt
Kreativität, Spaß, Entwicklung Selbstverwirklichung,
Selbstverantwortung, emotionale Intelligenz, holistische Denken,
Spiritualität, Empathie, Weiblichkeit sowie die Suche nach dem
individuellen sowie nach dem übergeordneten Sinn und Bedeutung.
Auch
Kirsten Brühl und Imke Keicher vom Zukunftsinstitut sprechen in
Ihrer Studie (Creative Work- Business der Zukunft) von „Creative
Work“. Zitat „Wir befinden uns im tiefgreifendsten Wandel der
Arbeit seit der industriellen Revolution. Vor unseren Augen
entsteht eine neue Arbeitskultur. „Creative Work“. Eine
Arbeitskultur, die von Selbstverantwortung, Wandel und
Kreativität geprägt ist. Dabei meint Kreativität mehr als nur
künstlerische Schöpferkraft. Kreatives Denken und Handeln ist
die Fähigkeit, ständig neue Zusammenhänge herzustellen,
unterschiedlichste Perspektiven zu integrieren und Bestehendes
immer wieder neu zu hinterfragen – auch sich selbst und den
eigenen Lebens- und Arbeitsplan.“
Die 3 Gründe für den Weg ins Inspirationszeitalter
Folgende
Gründe nennt Sven Brodmerkel:
1.
Globalisierung
2. Computerisierung
3. Marktsättigung
Eine der
Auswirkungen der Globalisierung ist die so oft beklagte
Verlagerung von Arbeitsplätzen in Länder mit niedrigerem
Lohnniveau oder Produktionskosten. Und welche Jobs lassen sich
am einfachsten „outsourcen“? Genau, alle Tätigkeiten, die
formalen Prozeduren folgen und die sich in klare und eindeutige
Aufgabenbeschreibungen fassen lassen. Denken wir wieder an die
Programmierer: Eben noch die Masters of the Universe, heute
teilweise arbeitslos, weil die Kollegen in Indien die
Standardprogrammierungen (und nicht nur die!) zu einem Viertel
der Kosten leisten. Das gleiche gilt für Banker,
Back-Office-Arbeiter, Facharbeiter, Ingenieure etc. Was bleibt
also? In erster Linie Aufgaben, die Kreativität und
Innovationsgeist erfordern.
Kommen wir
zur Computerisierung: Dass Computer und Maschinen uns
heutzutage viele (lästige und stupide) Arbeiten abnehmen, ist
nicht neu. Dass dadurch Arbeitsplätze verloren gehen (die
eventuell an anderer Stelle neu entstehen) auch nicht. Und
dieser Trend wird weitergehen. Aber die Computerisierung trifft
nicht nur die letzten noch
verbliebenen „Handarbeiter“. Im Gegenteil. Viele
„Wissensarbeiter“, die sich noch bis vor kurzem auf ein
Wissensmonopol verlassen konnten, sehen sich dessen nun durch
das Internet beraubt. Die Folge: Anbieter von Dienstleistungen,
wie z.B. Steuerberater oder Rechtsanwälte müssen sich bemühen,
darüber hinaus einen Mehrwert anzubieten, der nicht
standardisiert werden kann. Und dazu gehören in erster Linie
emotionale Kompetenz, beispielsweise für Mediation und
Schlichtungsverfahren.
Und nun
zum dritten Aspekt, der Marktsättigung: Es gibt
mittlerweile kaum noch einen Bereich der Wirtschaft, in dem ein
Anbieter ein konkretes Alleinstellungsmerkmal genießt.
Betrachtet man Gebrauchsgüter aus einer rein funktionalen
Perspektive, unterscheiden Sie sich kaum grundlegend. Im
Gegenteil: Rund 90 Prozent aller von der Stiftung Warentest
geprüften Artikel erhalten das Qualitätsurteil „gut“. Ein Audi A
4 bringt Sie vermutlich genauso schnell und sicher an Ihr Ziel
wie ein 5er BMW oder ein C-Klasse Mercedes. Daraus folgt, dass
der „emotionale Mehrwert“ zum eigentlichen Kriterium für den
Erfolg eines Produktes wird. Also: Wieder geht es nicht um
formal-logische Verkaufsargumente, sondern um Kommunikation,
Beziehung und Emotion.
Kreativität als zentrales Qualifikationsmerkmal
Christoph
Sahner, Kommunikationsmanager bei Adobe System: „Kreativität ist
einerseits die Fähigkeit, Vertrautes, Bekanntes auf unerwartete
Weise so zu kombinieren, dass etwas Neues entsteht. Andererseits
ist Kreativität die Triebfeder, die Grenzen des Normalen zu
übersteigen. Kreativität im Sinne von kreativem Denken und
Handeln ist überall dort gefordert, wo Lösungen für komplexe
Probleme gefunden werden müssen. Die Zukunftsformel lautet
daher: Ohne Innovation keine Zukunft und ohne Kreativität keine
Problemlösung und auch keine Ideen.“
Kreativität kommt nicht nur von „Kreativen“, sondern ist in
allen Menschen angelegt. Gerade Menschen mit Ecken und Kanten
bringen Kreativität ins Unternehmen.
„Kreativität ist eines der zentralen Qualifikationsmerkmalen der
Manager von morgen.“
Das hat auch die Wirtschaft erkannt. Und obwohl
es manchmal, gerade in Zeiten von Entlassungswellen, wie ein
Lippenbekenntnis klingt: Es wird immer deutlicher, dass die
Menschen zum entscheidenden Erfolgsfaktor von Unternehmen
werden. Prognosen sprechen davon, dass zukünftig nur noch 20
Prozent des Geschäftserfolges auf der Kapitalkraft des
Unternehmens beruhen, die fehlenden 80 Prozent aber durch die
Ideen und die Kreativität der Mitarbeiter generiert werden. Und
das hat einschneidende Auswirkungen auf die Organisationsform,
vor allem aber auf die Personalpolitik von Unternehmen. Die
Mitarbeiter des 21. Jahrhunderts sind nicht mehr passiver
Aufgabenerfüller mit Angestelltenmentalität, sondern ein
freiwilliger Investor mit Individualität und hohen Ansprüchen.
Der „Kreativarbeiter“ - Die kreative Klasse
Imke
Keicher, Zukunftsexpertin und selbständige
Unternehmensberaterin, in einem Vortrag über „Zukunftswissen in
der Arbeitswelt: „Innerhalb der Wissensarbeiter entsteht eine
neue Klasse: die kreative Klasse. Menschen mit großer Expertise
und beträchtlichem Selbstinszenierungspotenzial. Sie verdienen
Ihr Geld mit Erfinden, Gestalten, Coachen, Entwerfen, Beraten.
Es geht Ihnen erst um die Herausforderung, dann um Bezahlung.
Sie arbeiten eigenständig, kreativ, auch wenn Sie in „festen“
Beschäftigungsverhältnissen sind. Vor allem verstehen sie sich
nicht als Weisungsempfänger, sondern als Partner bei
Problemlösungen. Die kreative Klasse gestaltet Arbeitsort,
Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen weitgehend selbst nach ihren
hohen Ansprüchen.“
Veränderungen sind Chancen
Bei vielen Menschen lösen diese Veränderungen aber auch
Unsicherheit und Chaos aus. Sie wissen nicht genau, woran sie
sich orientieren sollen. Es fehlt ihnen die Erfahrung, wie sie
Spiritualität und Alltag miteinander verbinden können. Wer sein
Leben nur realitätsbezogen lebt, dem fehlt die innere Erfüllung.
Umgekehrt verliert das Leben seine Struktur, wenn Spiritualität
ohne Bodenständigkeit praktiziert wird. Viele gute Ideen
verpuffen als Illusionen.
Für den
einzelnen ist es daher wichtig, seine Andersartigkeit, seine
Authentizität zu kultivieren. Es geht um einen „aufgeklärten
Egoismus“ und darum, einen Platz zu finden, an dem man seine
Stärken und Interessen am besten leben kann. Und das gemeinsam
mit anderen und im Interesse des Unternehmens. Coaching kann
dabei unterstützend wirken.
Abschließend
möchte ich hier noch anmerken, dass mit diesen Ausführungen
weder Panikmache betrieben noch Ängste geschürt werden soll und
es auch in Zukunft Hand- und Wissensarbeiter geben wird, die
ihren Job mit Freude ausüben. Die derzeitigen und zukünftigen
Veränderungen sollen lediglich neue Chancen und
Betätigungsfelder bzw. Berufsmöglichkeiten eröffnen. Nicht mehr
und nicht weniger!
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