Michael Aharon Schüller's Private Office
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1) Insolvenzverwalter: Phoenix-Geschädigte müssen langen Atem haben
(dpa-AFX 24.4.) mehr...
2) AUSBLICK: Wirtschaftsweise dürften Prognose für Wachstum senken (dpa-AFX
24.4.) mehr...
3) EU-Kommissar geht gegen Textilschwemme aus China vor (dpa-AFX 24.4.) mehr....
4) Gesetzgebung noch vor Sommerpause abschließen (HB 24.4.) mehr...
Eichel mahnt Zustimmung zu Steuerkonzept an
5) Die Top Ten der Geldverwalter (HB 24.4.) mehr...
Deutsche Fondsmanager zählen zu den Besten ihres Fachs
Britisches Analysehaus Citywire legt Untersuchung zur Qualität von Vermögensverwaltern vor
6) Benedikt XVI. im Amt: „Die Kirche ist jung“ - Hunderttausende jubeln (HB
24.4.) mehr...
Großer Jubel für demütigen Papst
7) Papst Benedikt XVI. will den Dialog suchen (NZZ 24.4.) mehr...
Feierliche Amtseinführung auf Petersplatz
8) Überraschende Auszahlung (NZZ 24.4.) mehr...
Greta Beer erhält aus Bankenvergleich 50000 Franken
9) Schönborn lehnt Homo-Ehe ab: "Eine Frage von Physiologie" (Der Standard
24.4.) mehr...
Wiener Erzbischof sorgt mit gesellschaftspolitischen Aussagen für Aufsehen: "Immigrationsdruck enorm"
1) Insolvenzverwalter: Phoenix-Geschädigte müssen langen Atem haben
(dpa-AFX 24.4.) nach oben
FRANKFURT (dpa-AFX) - Im Betrugsskandal beim Phoenix Kapitaldienst müssen die 30.000 Geschädigten nach Einschätzung des vorläufigen Insolvenzverwalters langen Atem haben. Bis diese in einem der größten Fälle von Anlagebetrug in Deutschland einen Teil ihres Geldes zurückbekämen, könnten einige Jahre vergehen, sagte Rechtsanwalt Frank Schmitt in einem dpa-Gespräch. 'Ich rechne nicht mit einem Abschluss des Insolvenzverfahrens unter fünf Jahren.' Für Gläubiger werde es in jedem Fall eine Quote auf die angemeldeten Forderungen geben, über deren Höhe sich aber noch nichts sagen lasse. Bislang seien rund 200 Millionen Euro auf Konten im In- und Ausland sichergestellt worden, erläuterte Schmitt. Die Anleger hätten in der Vergangenheit bei Phoenix aber rund 500 Millionen Euro eingezahlt. Würden von den fehlenden 300 Millionen Euro die Kosten für den Geschäftsbetrieb der Phoenix Kapitaldienst GmbH abgezogen, gebe es noch eine Differenz von rund 50 Millionen Euro. 'Es wird viel Zeit vergehen, bis wir geklärt haben, wann welche Gelder eingenommen wurden und wohin diese geflossen sind', sagte Schmitt.
BETRUG ÜBER VIELE JAHRE
Als besonders erstaunlich bezeichnete es der Jurist, der als Insolvenzverwalter auch an der Aufklärung der Flowtex-Pleite beteiligt war, dass Phoenix das Betrugssystem über viele Jahre hinweg aufrechterhalten konnte. 'Das hat nicht einer alleine gemacht, das war ein Netz von mehreren Beteiligten', sagte der Rechtsanwalt. Es sei aber noch nicht klar, wer das Betrugssystem aufgebaut und Helfer von außen installiert habe, die Belege des vorgetäuschten Handels fingiert hätten. Das System funktionierte auch nach dem Tod des Firmeninhabers Dieter Breitkreuz im April 2004 noch knapp ein Jahr. Derzeit ist eine Arbeitsgruppe der auf Insolvenzverfahren spezialisierten Frankfurter Kanzlei Schultze & Braun mit dem Aufbau einer Datenbank beschäftigt, in der alle Zahlungsausgänge und - eingänge der Phoenix in den vergangenen Jahren erfasst werden sollen. 'Das ist ein erheblicher Aufwand, weil die EDV-gestützte Buchhaltung bei Phoenix mehrfach gewechselt wurde', sagte Schmitt. Voraussichtlich im Juni oder Juli werde das Insolvenzverfahren eröffnet. Danach bekämen alle Anleger Formulare zur Forderungsanmeldung mit Informationen zur Gläubigerversammlung. 'Dann müssen wir aus den erwarteten 30.000 Rückläufen jede einzelne Forderung prüfen, was bis zum Prüfungsabschluss ein bis zwei Jahre dauern kann', sagte Schmitt./as/DP/tav
Quelle: DPA AFX
2) AUSBLICK: Wirtschaftsweise dürften Prognose für Wachstum senken
(dpa-AFX 24.4.) nach oben
HAMBURG (dpa-AFX) - Inmitten deutlich gedämpfter Konjunkturerwartungen legen die sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute am Dienstag (26. April) ihr Frühjahrsgutachten vor. Sie dürften angesichts der Entwicklung der vergangenen Monate mit hohen Ölpreisen, andauernder Konsumschwäche und hoher Arbeitslosigkeit ihre Prognose für dieses Jahr herabsetzen. Im Herbst 2004 hatten sie noch ein Wachstum von 1,5 Prozent vorhergesagt. Inzwischen haben alle Institute ihren eigenen Erwartungen für 2005 zum Teil deutlich bis auf 0,8 Prozent nach unten korrigiert. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) wird am Freitag seinen Ausblick geben. Bislang hat die Bundesregierung für 2005 ein Konjunkturwachstum von 1,6 Prozent unterstellt. Auch die Regierung werde ihre Annahmen zurücknehmen, allerdings 'nicht so stark', wie manche dächten, schrieb das 'Handelsblatt'. Medien hatten spekuliert, Berlin werde nur noch 1,0 Prozent Wachstum annehmen. Die EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten ihre Prognosen erst kürzlich auf 0,8 Prozent gesenkt. Der Bundesverband der Deutschen Industrie revidierte seine Vorhersage von vormals 1,5 auf ein Prozent. Die Bundesbank geht nach Angaben vom März ebenfalls von einem Prozent Wachstum aus. Nach Darstellung in Brüssel wird Deutschland in diesem Jahr sogar das Schlusslicht beim Wachstum in der EU sein. Am Donnerstag legt die Bundesagentur für Arbeit die Arbeitslosenzahlen für April vor. 'Bild' und 'Handelsblatt' schrieben unter Berufung auf Kreise der Nürnberger Agentur von 4,98 bzw. 4,97 Millionen Menschen ohne Arbeit, von dpa befragte Experten sahen die Zahl knapp über der Marke von fünf Millionen. Im März waren 5,176 Millionen Menschen offiziell als arbeitslos registriert./ra/DP/tav
Quelle: DPA AFX
3) EU-Kommissar geht gegen Textilschwemme aus China vor (dpa-AFX
24.4.) nach oben
BRÜSSEL (dpa-AFX) - EU-Handelskommissar Peter Mandelson leitet konkrete Schritte gegen die sprunghaft gestiegenen Textil-Einfuhren aus China ein. Der Kommissar kündigte am Sonntag in Brüssel eine Untersuchung der Marktentwicklung in neun Kategorien an. 'Die wachsenden Importe sind seit der Aufhebung der Quoten ein sehr heikles Thema in vielen Mitgliedstaaten geworden', sagte Mandelson zur Begründung. Seit die Mengenbeschränkungen zum Jahresbeginn wegfielen, sind beispielsweise die EU-Importe von Pullovern aus China um 534 Prozent gestiegen. Mandelson will nun prüfen lassen, wie sich die gewachsene Einfuhr von T-Shirts, Pullovern, Herrenhosen, Blusen, Strümpfe und Socken, Damenmäntel und Büstenhalter auf die Marktteilnehmer ausgewirkt habe. Außerdem wolle er die Entwicklung bei Flachsgarnen und Leinengeweben unter die Lupe nehmen. 'Der Beginn von Untersuchungen führt nicht automatisch zu Schutzmaßnahmen', stellte Mandelson gleichzeitig klar. Denkbar sei eine vorübergehende Begrenzung der Importe auf ein bestimmtes Maß. Langfristig dürfe der Warenaustausch zwischen China und Europa nicht darunter leiden: 'Ich glaube an den Freihandel.' Mandelsons neun Punkte umfassende Liste geht nur zum Teil auf die Forderungen des europäischen Branchenverbandes Eurotex ein. Dieser hatte verlangt, zwölf Produktgruppen unter die Lupe zu nehmen. Sieben davon übernahm der EU-Kommissar. Zusätzlich will er die Entwicklung bei den Einfuhren von T-Shirts und Flachsgarnen prüfen. Die EU- Kommission soll seinen Vorschlag an diesem Montag beschließen.
INDUSTRIE DRINGT AUF EINGREIFEN
Die europäische Textilindustrie und EU-Länder wie Frankreich und Italien dringen seit Wochen auf ein Eingreifen der Kommission, die für internationale Handelsfragen zuständig ist. Mandelson betonte, kein einziges EU-Land habe ihn formell zum Handeln aufgefordert. Ohnehin könne er nur auf der Grundlage harter Fakten tätig werden. Inzwischen hätten die Mitgliedstaaten ihre Importstatistiken für das erste Quartal 2005 übermittelt. 'In mehreren Kategorien geben die Einfuhren von Textilien und Kleidung Anlass zu ernster Sorge', betonte der Brite. Er forderte China auf, die vereinbarten Regeln einzuhalten. Die im vergangenen Herbst von Peking beschlossenen Maßnahmen zeitigten offenbar nicht den gewünschten Erfolg. Die Prüfungsphase soll Mandelson zufolge höchstens 60 Tage dauern. Gleichzeitig werde die EU mit den Chinesen informelle Gespräche führen. Hätten diese keinen Erfolg, werde er formelle Verhandlungen beantragen. Dann könnten auch Schutzmaßnahmen eingeführt werden. Sollte es dazu im Juni kommen, könnten die Textilimporte aus China auf dem Niveau der Einfuhren von Mai 2004 bis April 2005 plus 7,5 Prozent eingefroren werden./ff/DP/tav
Quelle: DPA AFX
4) Gesetzgebung noch vor Sommerpause abschließen (HB 24.4.) nach
oben
Eichel mahnt Zustimmung zu Steuerkonzept an
Bundesfinanzminister Eichel hat die Union erneut eindringlich aufgerufen, den Widerstand gegen seine Pläne für die verabredete Steuerentlastung von Unternehmen aufzugeben.
HB BERLIN. Eichel kritisierte in einem Interview: „Es reicht nicht, immer nur Nein zu sagen, wenn ich Vorschläge mache.“ Den Unions-Unterhändler und bayerischen Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) unterrichtete er in einem Brief, dass das Bundeskabinett am 4. Mai über seinen Gesetzentwurf zur Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 19 Prozent entscheiden soll.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) schloss weitere Steuererleichterungen für Unternehmen aus. Der Deutsche Gewerkschaftsbund bekräftige sein Ablehnung der Reform.
„Bisher hat die Union keinen einzigen konkreten Vorschlag gemacht“, kritisierte Eichel in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Die Umsetzung der Ergebnisse des Job-Gipfels zwischen Regierung und Union dulde keine Verzögerung. Eichel hatte sein ursprüngliches Finanzierungskonzept geändert und war damit auf die Union zugegangen, die die Änderungen verlangt hatte. Angesichts weiter bestehender Differenzen hatte der Minister die Union auch am Freitag im Bundestag schon zu weiteren Gesprächen aufgerufen. Für konstruktive Änderungsvorschläge an seinem Konzept sei er weiter offen.
Gesetzgebung noch vor Sommerpause abschließen
Nach den Plänen Eichels soll der von der Union dominierte Bundesrat am 27. Mai erstmals und am 8. Juli abschließend über die Vorlage beraten. Wie im Bundestag rief der Minister in seinem Schreiben an Faltlhauser nach Darstellung der „Süddeutschen Zeitung“ die Union auf, noch vor der Sommerpause das Gesetzgebungsverfahren abzuschließen und ein zeitaufwendiges Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat zu vermeiden.
Die Spitzen von Regierung und Opposition hatten sich auf dem Job-Gipfel Mitte März geeinigt, den Körperschaftsteuersatz auf 19 von 25 Prozent zu senken und bei der Gewerbe- und Erbschaftsteuer Entlastungen vorzunehmen. Finanziert werden sollte das unter anderem durch eine höhere Gewerbesteuerumlage des Bundes zu Lasten der Länder, worauf Eichel aber mittlerweile verzichtet. Die Kosten der Entlastung betragen auf Basis bayerischer Zahlen 5,2 Milliarden Euro. Die Erbschaftsteuerentlastung ist nicht mehr Teil des Konzeptes, weil es unter den Ländern noch Klärungsbedarf gibt.
Steinbrück sagte im Deutschlandfunk, einige Vertreter von Wirtschaftsverbänden hätten nichts Besseres zu tun, „als nach der nächsten Steuersenkung sofort weitere Nachforderungen zu stellen“. Namentlich griff er Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt an. Der habe in einem Interview mit keinem Satz erwähnt, dass die Körperschaftsteuer unter der SPD-geführten Bundesregierung von bis zu 45 auf 19 Prozent gesenkt werden solle. Stattdessen sei von Hundt „immer nur ein weiteres Lamento“ zu hören. Weitere Steuersenkungen für die Unternehmen darüber hinaus seien aber nach seiner Auffassung definitiv ausgeschlossen.
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer sagte der „netzeitung“, der Staat könne nicht auf weitere Steuereinnahmen verzichten: „Wir brauchen kein Absenken der Körperschaftsteuer.“ Das Problem seien nicht die Steuersätze, sondern die Steuerschlupflöcher.
HANDELSBLATT, Sonntag, 24. April 2005, 18:02 Uhr
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5) Die Top Ten der Geldverwalter
(HB 24.4.) nach oben
Deutsche Fondsmanager zählen zu den Besten ihres Fachs
Britisches Analysehaus Citywire legt Untersuchung zur Qualität von Vermögensverwaltern vor
Von Ingo Narat
Die deutschen Fondsmanager müssen sich in puncto Leistung nicht vor ihren ausländischen Kollegen verstecken. Eine umfassende Auswertung der Londoner Analysefirma Citywire, die sich auf die Performancemessung von Fondsmanagern spezialisiert hat, belegt sogar, dass deutsche Verwalter zu den Besten ihres Faches zählen. Mit Markus Kaiser, Stephan Albrech und Tobias Klein stehen gleich drei Landesvertreter in der Top-Ten-Liste (Tabelle).
FRANKFURT/M. Allerdings lässt die Nationalität der Fondslenker keinen Schluss auf die Nationalität des Arbeitgebers oder den Arbeitsstandort zu. Die Anlageszene ist im Gegenteil multikulturell, die Globalisierung trägt ihren Anteil dazu bei. So arbeitet beispielsweise der bestplatzierte Deutsche, Markus Kaiser, für eine französische Gesellschaft – allerdings in Frankfurt.
Die Aufschlüsselung nach Standorten fördert noch ein anderes Bild zu Tage. Unter den Top 100 in der Rangliste arbeiten mehr Manager in Großbritannien als in jedem anderen Land. Insgesamt sind dort 25 Strategen ansässig. Deutschland folgt als Domizil direkt danach: Hier arbeiten 20 der 100 besten Köpfe.
Unter den Spitzenleuten dominieren Vertreter kleinerer Häuser mit kleinen Fonds. So führt der Franzose Eric Bendahan von Axa Investment Managers die Bestenliste an. Er investiert mit seinem Aktienfonds in Portugal, Spanien, Italien und Griechenland. Bendahan sucht nach attraktiven Firmen mit Wachstumspotenzial, „die von anderen Analysten übersehen werden“. Dabei verfolgt er unabhängig von Benchmarkzwängen einen Value-Ansatz.
Der Zweitplatzierte Markus Kaiser lenkt mehrere Dachfonds für die Veritas SG, die deutsche Kapitalanlagegesellschaft der Société Générale. Er verlässt sich auf die Computerunterstützung: „Wir arbeiten mit einem Marktphasenmodell, dass Trends folgt, darüber hinaus aber auch antizyklische Signale liefert.“
Stark auf Antizyklik setzt der Drittplatzierte Daniel Varela. Der gebürtige Spanier setzt im Anleihenfonds für die hier bekannte schweizerische Banque Piguet einen „Contrary-Opinion“-Ansatz um. „Und weil alle Welt an ein Ende der Bondhausse glaubt, fühle ich mit meinem Optimismus für Anleihen sehr wohl“, sagt der Mann aus Genf.
Namen von Gurus wie Klaus Kaldemorgen von der DWS sucht man dagegen vergeblich. Von den international bekannten Köpfen großer Adressen tauchen nur zwei vorne auf: auf Platz 25 Graham French von M & G sowie auf Rang 74 Murdo Muchison, der bei Franklin Templeton den milliardenschweren Growth-Fonds steuert.
In die Auswertung einbezogen sind rund 2 500 Manager von etwa 3 700 in Europa angebotenen Fonds, die eine Länder übergreifende und damit regionale bis globale Ausrichtung haben. Bewertungskriterium ist die risikobereinigte Performance der Fonds während der vergangenen drei Jahre.
Im Gegensatz zu anderen Analysefirmen ordnet Citywire aber nicht einzelne Fonds nach ihrer Wertentwicklung, sondern stellt den Manager mit seiner Gesamtleistung in den Mittelpunkt. „Das beinhaltet alle von ihm betreuten Portfolios. Und wenn er das Management eines neuen Fonds übernimmt, berücksichtigen wir weiterhin seine frühere Leistung“, erläutert Richard Lander von Citywire.
Die Liste belegt, dass die Manager mit unterschiedlichen Investmentkonzepten Erfolg haben. Das Spektrum reicht von Befürwortern computergestützter Modelle über Value-Konzepte bis hin zu denjenigen, die Minderheitsmeinungen („contrary opinion“) in ihre Anlageentscheidungen einbeziehen. Benchmarks als Orientierung für die Strukturierung der Portfolios spielen in der Spitzengruppe meist keine Rolle. Parallel dazu haben die erfolgreichen Profis relativ große Freiheiten. Tendenziell steigen die Spielräume des Einzelnen mit abnehmender Größe des Fondshauses.
HANDELSBLATT, Sonntag, 24. April 2005, 10:00 Uhr
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6) Benedikt XVI. im Amt: „Die Kirche ist jung“ - Hunderttausende jubeln
(HB 24.4.) nach oben
Großer Jubel für demütigen Papst
Vor 350 000 Menschen und Staatsgästen aus aller Welt ist Papst Benedikt XVI. am Sonntag auf dem Petersplatz in Rom feierlich in sein Amt eingeführt worden. „Die Kirche lebt. Die Kirche ist jung“, rief Joseph Ratzinger (78) bei strahlendem Sonnenschein unter stürmischem Beifall.
Kardinal Joseph Ratzinger kurz nach seiner Wahl zum Papst. Foto: dpa
Bild vergrößern Kardinal Joseph Ratzinger kurz nach seiner Wahl zum Papst. Foto: dpa
HB ROM. Demütig nannte er sich einen „schwachen Diener Gottes“ und beschwor erneut die Einheit der Christen. Der erste deutsche Papst seit fast 500 Jahren betonte, er wolle sein Amt in Kollegialität ausführen. In ganz Deutschland läuteten am Mittag die Glocken katholischer Kirchen. Die Gläubigen waren aufgerufen, für den Papst zu beten.
In seiner bildhaften und spirituellen Predigt rief Benedikt die Menschheit zum Glauben auf. Dabei erinnerte er mehrfach an seinen Vorgänger Johannes Paul II. Zehntausende Deutsche, überwiegend aus Ratzingers bayerischer Heimat, waren bei der feierlichen Amtseinführung dabei. Der Pontifex machte nach seiner gut 35- minütigen, italienisch gehaltenen Predigt einen entspannten und heiteren Eindruck. Mehrfach winkte er den Menschenmassen auf dem Platz zu.
Mit eindringlichen Worten verurteilte der 78-Jährige Gewalt und totalitäre Ideologien. Armut, Hunger und Einsamkeit dürften sich nicht weiter ausbreiten. „Nicht die Gewalt erlöst, sondern die Liebe“, rief er den Menschen zu. „Wie oft wünschten wir, dass Gott sich stärker zeigen würde. Dass er dreinschlagen würde, das Böse ausrotten und die bessere Welt schaffen.“ Aber die Welt werde durch die Ungeduld der Menschen verwüstet - und durch die Geduld Gottes erlöst. „Wer glaubt, ist nie allein“, sagte Benedikt.
Nach einem neuen Ritus hatte Ratzinger erstmals zu Beginn der rund zweistündigen Feierlichkeiten mit kirchlichen Würdenträgern am Grab des Apostels Petrus unter dem Petersdom gebetet. Der Apostel Petrus gilt nach kirchlicher Überlieferung als erster Papst. Begrüßt von stürmischem Beifall schritt die Prozession der Kardinäle mit dem Papst an der Spitze dann ins Freie zum Altar. Umhüllt von einem golddurchwirkten Priestergewand grüßte Benedikt die Menschen. Erstmals in der Neuzeit wurde dem Pontifex bei der Messe eine mit fünf roten Kreuzen - die fünf Wundmale Jesu symbolisierend - bestickte lange Wollstola umgelegt. Diese Form des Palliums war im ersten Jahrtausend Tradition, als Ost- und Westkirche noch nicht getrennt waren. Neu gestaltet war auch der Ring, den der Papst bekam. Die Menschen auf dem Petersplatz klatschten Beifall, als hohe Kurienkardinäle Ratzinger den Ring über den Finger streiften und die weiße Wollstola über die Schulter legten. Der Ring ist das Symbol für den ersten Papst Petrus, den „Menschenfischer“. Das Pallium aus Lamm-Wolle weist auf die Aufgabe des Papstes als obersten Hirten hin.
In die bewegende, immer wieder von Applaus unterbrochene Messe waren auch Laien eingebunden. Beim traditionellen „Akt des Gehorsams“ gingen neben drei Kardinälen, einem Bischof, einem Priester, einem Diakon und zwei Ordensleuten auch eine Familie aus Korea sowie zwei junge Firmlinge aus Sri Lanka und dem Kongo zum Papst. Ergriffen stiegen sie als Repräsentanten der verschiedenen Ständegruppierungen in der Kirche die Treppen zum Thron empor, wo der Pontifex sie lächelnd segnete.
Nach der Eucharistie (Abendmahl) fuhr der Pontifex zum Abschluss mit wehendem Gewand in einem offenen Auto stehend durch die jubelnde Menge. Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder gehörten zu den Staats- und Regierungschefs, die Benedikt nach den Feierlichleiten im Petersdom beglückwünschten.
Mitglieder der deutschen Delegation waren auch Bundesinnenminister Otto Schily und die Unionsvorsitzenden Angela Merkel und Edmund Stoiber. Der bayerische Ministerpräsident lud Benedikt nach Bayern ein. „Ich komme bald“, zitierte Stoiber das Oberhaupt von weltweit rund 1,1 Milliarden Katholiken. Zu den angereisten Bayern gehörten 40 Gebirgsschützen aus Tegernsee in ihren farbenprächtigen Trachten. Viele hatten Fahnen mit weiß-blauen Rautenmuster dabei.
Tausende Gläubige aus aller Welt verfolgten in Rom das Geschehen auch auf Großbildleinwänden. Der italienische Zivilschutz und die Sicherheitskräfte hatten das Gebiet um den Vatikan weiträumig abgesperrt. Zum Schutz der rund 200 Staatsgäste, unter ihnen der spanische König Juan Carlos mit Königin Sofia und der schwedische Monarch Carl XVI. Gustaf, waren Anti-Terror-Truppen im Einsatz.
In Deutschland wurde die Messe im Fernsehen live übertragen. In Ratzingers Geburtsort Marktl verfolgten Einwohner die Zeremonie auf einer Großleinwand. Bei einem Pontifikalgottesdienst im nahe gelegenen Wallfahrtsort Altötting beteten die Menschen wie auch in anderen Gottesdiensten für den Papst. In der Domstadt Köln fand die Inthronisierung nur wenig Interesse. „Noch 144 Tage bis zum Weltjugendtag“, stand dort zu lesen. Der Papst hat bereits zugesagt, dass ihn eine der ersten Auslandsreisen zu dem Großereignis im August nach Köln führen wird.
Für Aufsehen sorgte am Wochenende ein Bericht der „Bild“-Zeitung (Samstagausgabe), der Papst wolle Kardinal Karl Lehmann (68) als Kurienkardinal nach Rom holen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz solle sich bis Montag entscheiden. Lehmann dementierte in mehreren Interviews, er wisse nichts von einem Angebot. Ratzinger hatte als Präfekt der Glaubenskongregation wiederholt Positionen Lehmanns - etwa bei der Schwangerenkonfliktberatung - kategorisch abgelehnt. Beide Theologen kennen sich seit über 40 Jahren.
Am Tag vor der Amtseinführung hatte der neue Papst Benedikt XVI. bei seinem ersten Zusammentreffen mit der internationalen Presse an die Medien appelliert, sich ihrer ethischen Verantwortung bewusst zu sein und die Würde des Menschen zu achten. So könnten sie einen „bedeutenden Dienst an der Gesellschaft leisten“. Ihr Ziel müsse immer die „aufrichtige Suche nach der Wahrheit sein“. Ratzinger stellte einen „offenen Dialog“ mit den Journalisten in Aussicht.
HANDELSBLATT, Sonntag, 24. April 2005, 17:12 Uhr
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7) Papst Benedikt XVI. will den Dialog suchen (NZZ 24.4.) nach
oben
Feierliche Amtseinführung auf Petersplatz
Papst Benedikt XVI. hat den Fischerring und das Pallium als Zeichen der päpstlichen Macht erhalten. In seiner Predigt erklärte er, den Dialog mit den Menschen suchen zu wollen. Zur feierlichen Messe auf dem Petersplatz kamen hunderttausende von Menschen zusammen. Anwesend waren auch zahlreiche hochrangige politische und religiöse Vertreter aus aller Welt.
(sda/ap) In seiner Predigt bekannte sich Benedikt XVI. dazu, als Papst den Dialog mit den Menschen suchen. Bei der Messe zur feierlichen Amtseinführung wandte sich das neue Oberhaupt der katholischen Kirche auch an die Christen der anderen Konfessionen, an «die Brüder und Schwestern des jüdischen Volks» und an Nichtgläubige. Vor rund 350'000 Menschen versicherte er, kein eigenes Programm verfolgen zu wollen, sondern «zusammen mit der ganzen Kirche auf das Wort und den Willen des Herrn zu hören».
Mehrfach von Applaus unterbrochen
«Die Kirche lebt. Und die Kirche ist jung. Sie trägt die Zukunft der Welt in sich und zeigt daher auch jedem Einzelnen den Weg in die Zukunft», sagte Benedikt XVI. in seiner auf Italienisch gehaltenen Predigt. Mit eindringlichen Worten verurteilte der Papst in seiner Ansprache Gewalt und totalitäre Ideologien. Die auf dem Petersplatz versammelte Menschenmenge unterbrach die Ansprache des Papstes mehrfach mit Applaus. Besonders kräftigen Beifall erhielt Benedikt bei der Würdigung seines Vorgängers Johannes Paul II. Benedikt bezeichnete sich als «schwacher Diener» für eine Aufgabe, die «alles menschliche Vermögen übersteigt».
Fischerring und Pallium erhalten
Das Hochamt zur Amtseinführung des neuen Papstes wurde als Krönungsmesse gefeiert, auch wenn sich die Päpste seit Paul VI. nicht mehr die Tiara aufsetzen lassen, die der Krone eines weltlichen Herrschers nachempfunden war. Stattdessen wurde Benedikt XVI. als Zeichen seiner Autorität ein mit roten Kreuzen besticktes Pallium umgelegt. Diese Stola wurde aus Wolle von Schafen und Lämmern gefertigt, die von Trappistenmönchen am Rand von Rom geweidet werden. Als weiteres Zeichen seiner Würde erhielt der Papst einen neuen Fischerring, der die Figur des Fischers Petrus zeigt, wie er sein Netz auswirft.
Bundesrat Couchepin als Vertreter der Schweiz
Rund 200 Staatsgäste wohnten dem Gottesdienst bei, der weltweit von Fernsehsendern live übertragen wird. Die Schweiz wurde von Bundesrat Pascal Couchepin vertreten. Die offizielle Delegation aus Deutschland wurde angeführt von Bundeskanzler Schröder und Bundespräsident Köhler. Die USA waren vom Bruder von Präsident Bush vertreten: dem zum Katholizismus konvertierten Gouverneur des Gliedstaates Florida, Jeb Bush. Unter den weiteren Gästen waren unter anderem Spaniens König Juan Carlos und der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams.
Massive Sicherheitsvorkehrungen
Nach der Messe fuhr das neue Oberhaupt der katholischen Kirche im Papstmobil durch die Menge auf dem Petersplatz und segnet sie. Der Papst traf am Sonntag ausserdem noch mit den anwesenden Staats- und Regierungschefs sowie Vertretern anderer Glaubensgemeinschaften zusammentreffen. Für die mehrstündige Zeremonie auf dem Petersplatz waren massive Sicherheitsvorkehrungen angeordnet. Der Luftraum über dem Vatikan wurde gesperrt und Abwehrraketen in Stellung gebracht.
8) Überraschende Auszahlung (NZZ
24.4.) nach oben
Greta Beer erhält aus Bankenvergleich 50000 Franken
Das Schiedsgericht CRT spricht der in Rumänien geborenen Holocaust-Überlebenden Greta Beer und ihrem Bruder knapp 50 000 Franken zu - für ein Konto, auf das sie nie Anspruch erhoben hat.
Andreas Mink, New York
Wenige Wochen nach Bekanntwerden eines Kontos ihres Vaters in Israel wurden Greta Beer überraschend 49 375 Franken aus dem Holocaust-Vergleich mit den Schweizer Banken zugesprochen. Diese Entscheidung hat das für die Klärung von Ansprüchen zuständige Schiedsgericht, das Claims Resolution Tribunal (CRT), Ende März getroffen.
Seit ihrem Auftritt vor dem Finanzausschuss des US-Senats im April 1996 gilt Greta Beer als die Kronzeugin gegen die Schweizer Banken. Beer sagte damals, ihr Vater, der in Czernowitz ansässige Textilindustrielle Siegfried Deligdisch, habe ihr und ihrer Mutter 1940 auf dem Sterbebett anvertraut, dass er ein Nummernkonto in der Schweiz habe. Vor dem Senat führte Beer zudem aus, sie habe 1964 gemeinsam mit ihrer Mutter in Lausanne und Zürich Auskunft über dieses Konto verlangt - vergeblich, da die Banken die Unterlagen dazu zerstört hätten.
Konto des Onkels
Die Aussage von Greta Beer hatte damals den Schweizer Banquier Hans Bär dazu bewegt, sie zu einem Besuch in der Schweiz einzuladen. Damit begann eine intensive Suche nach dem Nummernkonto von Siegfried Deligdisch, die in der Schweiz bis heute ohne Ergebnis geblieben ist. Gleichwohl haben diese Recherchen und die Tatsache, dass die Opfer-Anwälte und das für den Vergleich zuständige Gericht in Brooklyn Beer eine zentrale Rolle in der Auseinandersetzung zusprechen, nun dazu geführt, dass das CRT ihr und ihrem Bruder einen Anspruch bewilligt hat. Die 49 375 Franken basieren jedoch nicht auf dem nach wie vor nicht gefundenen Konto ihres Vaters, sondern auf einer Kontokarte, die den Namen ihres Onkels Bernhard Deligdisch trägt. Weder Beer noch ihr Bruder Otto Deligdisch haben jemals einen Anspruch auf dieses Konto erhoben.
Aus dem Entscheid des Schiedsgerichts geht hervor, dass die fragliche Kontokarte von Bernhard Deligdisch auf ein Nummernkonto hinweist, das «spätestens 1949» saldiert worden ist. Es lägen keine Nachweise dafür vor, dass dies durch den Kontoinhaber geschehen sei, schreibt das CRT weiter. Zudem sei der Kontoinhaber «nach dem Krieg nicht imstande gewesen, Informationen über das Konto zu erhalten, weil die Banken entweder keine oder irreführende Auskunft erteilt hätten». Davon ausgehend stufte das CRT das leere Konto als «Guthaben unbekannten Typs» ein, bewertete es mit 3950 Franken und rechnete diesen Betrag auf 49 375 Franken hoch.
Das CRT geht gar nicht auf die Möglichkeit ein, dass das Guthaben damals von seinem Inhaber abgehoben worden ist. Hingegen erhebt es den Vorwurf gegen die Schweizer Finanzinstitute, sie hätten es jahrelang versäumt, Beer auf die Existenz der Kontokarte hinzuweisen. Das Schiedsgericht sieht in der Karte eine Bestätigung der Aussagen von Beer und führt aus: «Das CRT bedauert, dass bisher noch kein Konto des Vaters der Antragstellerin gefunden werden konnte.»
In den Augen des CRT macht es das Konto von Beers Onkel noch «wahrscheinlicher, dass auch ihr Vater ein Guthaben in der Schweiz unterhalten hat». Die Unterlagen könnten als «dokumentarischer Beweis» dienen, «um die bereits mehr als glaubwürdige Geschichte der Anspruchstellerin» über ein Konto ihres Vaters zu erhärten. Zudem hebt der Entscheid die grossen Verdienste Beers um die Durchsetzung des Vergleichs hervor. Aufgrund einer im vergangenen Jahr eingeführten Regelung habe das CRT daher entschieden, Beer und ihrem Bruder das Konto zuzusprechen, auf das offensichtlich bis heute keine weiteren Ansprüche erhoben worden sind.
Gribetz kritisiert Banken
Der Sympathie, welche Beer beim Gericht geniesst, gab auf Anfrage auch der für die Vergleichs-Aufsicht zuständige «Special Master» Judah Gribetz Ausdruck. Er bezeichnete es als «eine Tragödie», dass das Konto von Siegfried Deligdisch immer noch nicht aufgefunden worden sei. Er zweifle nicht im Geringsten an dessen Existenz, sagte er. Die Verantwortung dafür, dass das Konto noch nicht gefunden worden sei, trügen die Banken. Diese hätten nach 1945 «systematisch Konten- Unterlagen zerstört», sagte Special Master Gribetz weiter.
Obwohl dieser Vorwurf durch die historische Forschung nicht belegt ist, dient er dem Gericht nun als Schlüsselargument zur Rechtfertigung seiner Arbeit, die Gribetz wegen der fehlenden Unterlagen als «sehr schwierig» bezeichnet.
9) Schönborn lehnt Homo-Ehe ab: "Eine Frage von Physiologie"
(Der Standard 24.4.) nach oben
Wiener Erzbischof sorgt mit gesellschaftspolitischen Aussagen für Aufsehen: "Immigrationsdruck enorm"
Wien - Der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn sorgt mit Aussagen zu gesellschaftlichen Fragen für Aufsehen. In einem Gespräch für das neue Buch "Österreich - und jetzt?" des ehemaligen "Presse"-Chefredakteurs Andreas Unterberger übt Schönborn scharfe Kritik an der Political correctness, bedauert den Immigrationsdruck, der auf Österreich liegt, und lehnt die Homosexuellenehe vehement ab.
"Besondere Sorgen" bereitet Schönborn, dass Europa "in sehr dramatischer Weise Abschied von einem Weiterleben in der nächsten Generation genommen" habe. "So wie die Entwicklung in Europa ist, wird der Immigrationsdruck in den nächsten Jahrzehnten enorm sein ... Es wird in diesem Vakuum der europäischen Geburtenverweigerung ein Immigrationsdruck entstehen, der verständlicherweise vielen Menschen Angst und Sorge macht." Eine solche Entwicklung sei "natürlich immer auch mit Trauer verbunden. Weil diese europäischen Kulturen sind ja nicht so einfach etwas, von dem man so leicht Abschied nimmt. Das sehe ich tatsächlich mit einem gewissen Bedauern, aber nicht hoffnungslos."
Vom christlichen Charakter Europas zeigte sich der Wiener Kardinal dennoch überzeugt. Auch wenn es eine "Verdünnung" gebe, glaubt Schönborn nicht, "dass das Christentum sozusagen verdunsten wird, sondern dass es durchaus auch in Europa so etwas wie eine Trendwende weg von der Säkularisierung gibt".
Schönborn stellt sich schützend vor Butiglione
In diesem Zusammenhang stellt sich Schönborn schützend vor den italienischen Politiker und Vatikan-Berater Rocco Butiglione, der im vergangenen Herbst bereits als EU-Kommissar für Inneres und Justiz nominiert worden war, auf Grund seiner prononciert konservativen Äußerungen über Homosexuelle und Frauen aber im EU-Parlament durchfiel. "Die Reaktionen auf Buttiglione sind nicht nur Reaktionen gegen seine christlichen Positionen, sondern es ist einfach die Feigheit der Political correctness, Dinge beim Namen zu nennen, von der ein Großteil der Bevölkerung überzeugt ist."
"Zwischen Menschen gleichen Geschlechts gibt es keine Ehe", so Schönborn. "Das ist nicht eine Frage von Religion, das ist eine Frage - pardon - von Physiologie, von Psychologie, das ist eine Frage dessen, was wir Natur nennen. Das gehört nicht nur zum klassischen christlichen Erbe, sondern auch zum klassischen antiken Erbe, dass es so etwas wie die menschliche Natur gibt, und dass die dauerhafte Beziehung zwischen Mann und Frau Ehe genannt wird und die Fruchtbarkeit dieser Beziehung Familie genannt wird. Das nicht in dieser Klarheit zu sagen, ist die Feigheit der Political correctness."
Auf die Frage, warum er sich dann nicht auch auf die Seite von Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer (V) gestellt habe, die gemeint hatte, dass der Sinn des Lebens nicht nur im Partygehen liege und dafür heftig kritisiert wurde, meinte der Wiener Erzbischof: "Meine Entschuldigung ist, dass ich damals im Ausland auf Urlaub war. Sie haben völlig Recht, es ist manchmal erfrischend, wenn man Stimmen in unserem Land hört, die sich trauen, Dinge einfach unaggressiv, unaufgeregt, aber klar beim Namen zu nennen."
Mit Sorge beobachtet Schönborn die wachsende Schere zwischen den vielen immer mehr Verdienenden und denen, die tendenziell eher weniger verdienen. "Soziale Spannungen haben sich in früheren Jahrhunderten auch anders entladen als durch Ideologien, sie haben zu Bürgerkriegen geführt, sie haben zu Gewaltausbrüchen geführt. Und das kann bei uns wieder kommen."
Das Gespräch wurde kurz vor Ende der Ära Johannes Paul II. geführt und stellt eines der ausführlichsten mit dem Wiener Kardinal dar. Schönborn wurde zuletzt im Vorfeld der Wahl des neuen Papstes als möglicher Kandidat für das Amt des Heiligen Vaters gehandelt. Seit der Wahl von Josef Ratzinger zum neuen Papst Benedikt XVI. halten Vatikan-Kenner auch einen Karrieresprung Schönborns - etwa als Nachfolger Ratzingers zum Präfekten der Glaubenskongregation - für möglich. (APA)
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