Themenbeitrag: Ratten und andere Haustiere Wien, 9. Jänner 2002

TierliebeTiere haben mich schon mein ganzes Leben lang begleitet. Angefangen mit Schnecken, Regenwürmern, Eidechsen, verwaisten Vogelkinder, verstoßene Siebenschläferbabys und so weiter, die ich auf der Straße aufgelesen habe, bis hin zu Haustieren für die ich mich meist freiwillig entschieden habe.

Die erste Ratte trat vor 12 Jahre in mein Leben. Ich bemerkte bei unserem Komposthaufen etwas Grau-weiß-braunes. Als ich mich näherte, erkannte ich, dass es sich um einen jungen Ratterich handelt. Ich fing ihn ein, päppelte ihn auf und konnte mich nicht mehr von ihm trennen. Das war der Anfang vom Ende. Er hieß, wie so viele andere Ratten auch, Ben, eh klar! Schon damals hatte ich meinen ersten Hund, einen Schäfer-Dackel-was-es-sonst-noch-so-gibt-Supermix, der Ben eher tolerierte als akzeptierte. Das hat sich auch nie geändert und ich musste bis Cocktails Tod immer aufpassen, dass die Türe während des Auslaufs auch gut verschlossen war, und dass Cocktail keine Chance hatte an den Käfig der Ratten zu gelangen.

Leider verstarb Cocktail schon sehr früh und ein neuer Hund zog ein, Murphy. Murphy, ein reinrassiger Zwergschnauzer und eigentlich zum Rattenfange gezüchtet worden, ich sag es ihm nur nicht, ist mit Ratten groß geworden und hat gehörigen Respekt vor ihnen. Wenn sie ihren Auslauf genießen verkrümelt er sich auf das Sofa und hält sein Schläfchen. Kommt ihm eine Ratte aber zu nahe (seine Toleranzgrenze liegt bei etwa einem Meter) sucht er schnell das Weite.

Nun zog ich vor über 4 Jahren von Zuhause aus und gründete einen eigenen Haushalt. Leider hat Murphy es nie richtig gelernt alleine zu Hause zu bleiben und so war es mir nicht möglich ihn immer um mich zu haben. Ich vermisste die Nähe eines treuen Vierbeiners und letzten Juni war der Wunsch nach einem Hund so groß, dass wir, mein Verlobter und ich, ins Tierheim gingen und einen Welpen zu uns nahmen. Chantalle ist ein süßer Dackel-Saluki-Mischling und war bei ihrem Einzug gerade einmal 9 Wochen alt und 2 Kilo schwer. Sie brauchte keine 15 Minuten um den Rattenkäfig zu öffnen und hineinzukriechen. Es war ein Bild für die Götter, wie diese zugrossgeratene "Ratte" im Einstreu saß und gar nicht wusste, wo sie zuerst hinsehen sollte um auch ja nichts zu verpassen. Ihre liebenswürdige Einstellung zu anderen Tieren hat sich nie geändert und ich kann Chantalle auch alleine mit den Ratten in einem Raum lassen, ohne Angst um sie zu haben. Sie schlichtet jeden Streit zwischen den Teppichtorpedos und wird von allen Ratten als Rudelmitglied akzeptiert. Wenn Chantalle einen Neuankömmling mal so richtig ausgiebig gewaschen hat, ist er auch schon so gut wie integriert, denn wer nach Chantalle riecht, gehört einfach mit dazu. Es kam sogar so weit, dass Chantalle ihre "eigene" Ratte hat, die sie sich auf der letzten MV in Frankfurt ausgesucht hat und die zwei sind ein Herz und eine Seele. Wenn wir eine neue Ratte aufnehmen wollen, wird unser Hund in die Entscheidung miteingebunden und darf sie quasi "auswählen". Manche von euch haben die Kleine auf der MV in Frankfurt ja kennen gelernt und können uns vielleicht verstehen. Chantalle ist irgendwie kein richtiger Hund, sondern verhält sich auch wie eine Ratte. Zum Beispiel versucht sie immer wieder ihr Kauknochen mit den Pfoten festzuhalten und ihn aufrecht sitzend zu bearbeiten. Ihr Lieblingsplatz ist auf unserer Schulter. Das war ja kein Problem, solange sie noch klein und leicht war, mittlerweile hat sie eine Schulterhöhe von über 50 Zentimeter und wiegt über 8 Kilo, sie lässt sich aber nicht davon abbringen auf die Schulter zu klettern und sich dort niederzulassen. Eines Morgens lag sie in einem selbstgebautem Heunest unter unserem Hochbett. Sie musste zwar kräftigst niesen und es juckte sie überall aber sie war stolz wie Oskar, als sie uns ihr Nachtlager präsentierte.

TierliebeNun sind die beiden Hunde nicht die einzigen nicht-rattigen Hausbewohner. Hier leben auch noch drei Katzen. Wir überlegten uns lange Zeit, ob wir im kommenden Frühjahr 2002 in der neuen, großen Wohnung Katzen oder Frettchen aufnehmen sollten. Chantalle kam mit beiden Tierarten super klar und um Murphy mussten wir uns auch keine Sorgen machen, denn er ist ja darauf bedacht seine Toleranzgrenze zu wahren (diese lag bei Katzen bei etwa 5 Meter, denn vor ihnen hatte er noch größere Angst, als vor Ratten). An einem heißen Samstag im August waren wir wieder einmal im Wiener Tierschutzverein und Chantalle flippte vor den Außengehegen der Katzen richtig aus. Sie sprang auf und ab und japste zum Herzzerreißen. Chantalle hatte uns die Entscheidung zwischen Frettchen und Katzen abgenommen. Wir fuhren wieder nach Hause und ich entdeckte im Internet eine Anzeige von einer Katze. Na ja, was soll ich euch sagen, wir haben nicht bis zum Frühjahr gewartet, sondern schon am nächsten Tag Lydia zu uns geholt. Das konnte ja was werden. Diese Katze hatte noch nie in ihrem Leben mit Hunden oder Ratten zu tun und war plötzlich von ihnen umzingelt! Doch da hatte ich mich in meiner Diva getäuscht! Nach drei Tagen kuschelte sie bereits in trauter Dreisamkeit mit den Hunden und sie hatte kein sonderliches Interesse an den Ratten. Auch der erste Auslauf der Ratten nach dem Einzug klappte ganz gut, wobei wir Lydia aber die ganze Zeit bei uns auf dem Schoß unter Kontrolle hatten. Kurze Zeit nach ihrem Einzug stellte mich endlich in einer allgemeinen Tiere-Newsgroup, in der ich schon lange geschrieben hatte, vor und erwähnt eher beiläufig, dass wir uns im Frühjahr noch eine zweite Katze dazunehmen wollten, denn wir halten nichts davon Tiere einzeln zu halten. Na, wer hat's erraten? Aus dem Frühjahr wurde es wieder einmal nichts und im September zog ein ehemaliger Zuchtkater mit einer vererbbaren Nierenkrankheit bei uns ein! El Che war von Anfang an sehr friedlich zu den anderen Tieren, obwohl auch er noch nie mit ihnen zu tun hatte. Er putzt unsere Ratten beim Auslauf ausgiebig und sie revanchieren sich bei ihm, in dem sie die Stellen säubern, die er nur schwer oder gar nicht erreichen kann. Eigentlich wurde bei uns der absolute Ausnahmestop verhängt, doch wie sollte es bei mir anders sein (wer mich kennt, weiß wie viecher-närrisch ich bin), ich entdeckte erneut ein Inserat im Netz - Siamkatzenbabys, meine absoluten Traumkatzen. Nach langem hin und her und der Anwendung diverser Erpressungsmittel hatte ich meinen Schatz so weit, dass ich ihm die Katze zu unserem Verlobungsjubiläum schenken "durfte". Zu einem Geschenk kann er ja schlecht nein sagen, und so kam es, dass im Oktober, wieder nicht im Frühjahr 2002, Ophelia bei uns ein neues Zuhause fand. Auch sie kommt ganz gut mit den Hunden und Ratten klar, allerdings ist sie auch noch sehr jung. Wenn unsere Ratten jetzt Auslauf haben, verdrückt sich Lydia auf unser Hochbett, El Che legt sich extra auf die Couch um geputzt zu werden und Ophelia macht, worauf auch immer sie gerade Lust hat! Allerdings lasse ich Ratten und Katzen niemals unbeaufsichtigt, denn man kann bei Katzen wirklich nie wissen. Ich möchte euch aber in diesem Zusammenhang noch von einer herzzerreißenden Begebenheit erzählen: Wir haben eine sehr kleinwüchsige, junge Ratte (mit 3 Monaten grad mal so groß wie ein Feuerzeug) mit dem Namen Stradivari. Sie ist ein wahrer Sonnenschein, immer gut aufgelegt und zu Späßen bereit. Einer dieser Schabernacke bestand darin aus dem Käfig zu klettern und "nichtautorisierte" Spaziergänge zu unternehmen. Einmal muss sie ihre eigene Größe unterschätz haben, denn sie steckte plötzlich und unbemerkt mit dem Kopf im Käfig, der Körper baumelte im Freien. Lydia erkannte die brenzlige Situation, in der die Kleine steckte und stützte mit ihrem Kopf den Körper des Zwergs, um sie vor dem Erstickungstod zu bewahren. Gleichzeitig miaute sie so laut, dass mein Verlobter aufmerksam wurde, dem Ganzen nachging und Stradivari erblickte. Während Lydia weiterhin Stradivari stützte, zwickte er die Gitterstäbe ab und befreite die Kleine. Seither kleben die zwei wie Kletten aneinander und Stradivari wird von Lydia sogar auf dem Rücken spazieren getragen. El Che wiederum scheint einen sehr guten Zugang zu einem unserer Böcke zu haben. Gismo ist ein sehr schwieriger Ratz. Er musste als Rattenkind mit ansehen wie seine Brüder an die Schlange verfüttert wurden und überlebte als Einziger, da er einen Hodenhochstand hatte und schon bei einem meiner Bekannten untergekommen war, bevor er sich als Mann zu erkennen gab. Er ist sehr aggressiv, vor allem Männern gegenüber und auch ich darf ihn nur sehr selten anfassen ohne gebissen zu werden. Ein Zusammenleben gestaltet sich eigentlich sehr schwierig, allerdings liebe ich gerade diese Ratte über die Maßen. Aber wie sieht es bei dem Kater aus? Die beiden kuscheln durch die Gitterstäbe. El Che drückt sich von außen ganz eng daran und Gismo liegt auf der anderen Seite und knuspert mit geschlossenen Augen! Versteh einer diese Tiere!

Neben den bereits erwähnten Tieren gibt es da noch 4 Farbmäuse-Damen. Sie zogen im November ein. Die Hunde haben sie ganz lieb, aber mit Katzen und Ratten will ich es erst gar nicht wissen. Der Käfig steht an einer, für Ratten nicht erreichbaren Stelle, auf dem Kasten. Ich weiß, dass Mäuse auf dem Speiseplan von Ratten stehen und unser Frankenstein hat bei seiner Vorbesitzerin bewiesen, dass das kein Gerücht ist und mal eben zwei Mäuse verdrückt, die in seinem Käfig Asyl suchten.

Ich denke, dass es bei uns ganz gut war, dass die Ratten als erste unsere Wohnung beheimateten und die anderen Tiere sich auf sie einstellen mussten. Wären die Ratten nach den Katzen eingezogen hätten wir wahrscheinlich massivere Probleme. Die Katzen und Hunde verzeihen den Ratten so ziemlich jeden Schabernack, wie zum Beispiel ins Ohr zwicken, im Schlaf die Barthaare kürzen und so weiter. Im Moment liegt unsere Diva auf der Couch und wickelt sich um den Krankenkäfig in dem eine frisch operierte Ratte liegt. Wer weiß, vielleicht will sie Lillith ja warm halten?

Das Wort zum Sonntag: Also bei uns klappt ein Zusammenleben unter Beachtung gewisser Regeln sehr gut. Als Beweis habe ich euch ein paar Fotos von meinen Tieren beigelegt.

Liebe Grüße
Liv