Spielbesprechung von Györög Kurt
San Juan
08.03.2004

von Andreas Seyfarth
Alea
für 2 - 4 Spieler
ab 10 Jahren

Goldsucher oder Gouverneur - Ratsherr oder Baumeister?
Welche Rolle ihr auch in der Neuen Welt spielt, ihr habt nur ein Ziel: möglichst viel Wohlstand und Ansehen zu erlangen! Wer besitzt die einträglichsten Produktionsstätten? Wer errichtet die bedeutendsten Gebäude? Wer erringt die meisten Siegpunkte...?“


Das Kartenspiel zum mehrfach ausgezeichneten Erfolgsspiel Puerto Rico ...

Spielmaterial:
110 Spielkarten (42 Produktions- und 68 violette Gebäude), 1 Gouverneur-Karten (=Startspieler einer Runde), 5 Rollenkarten (Baumeister, Aufseher, Händler, Ratsherr und Goldsucher), 5 Handelshaus-Kärtchen (mit verschiedenen Verkaufspreisen), 1 Block, 1 Bleistift und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Spielende die meisten Siegpunkte erzielt zu haben.

Spielablauf:
Die 5 Rollenkarten kommen offen in die Tischmitte. Die 5 Handelshaus-Kärtchen werden gemischt und bilden einen verdeckten Stapel, der neben die Rollenkarten kommt. Bevor die 110 Spielkarten gut gemischt werden, erhält noch jeder Spieler eine Indigoküperei, die er offen vor sich auslegt. Danach kommt - der gut gemischte Kartenstapel - als verdeckter Nachziehstapel in die Tischmitte. Von diesem erhält nun jeder Spieler noch 4 Karten, die er auf die Hand nimmt.

Das Spiel läuft nun über mehrere Runden, die wie folgt ablaufen:
Der Spieler der die Gouverneur-Karte besitzt, beginnt, und wählt sich eine der offenen Rollenkarten in der Tischmitte aus. Er nimmt diese Karte, legt sie vor sich hin und führt als Erster die - auf der Karte vorgegebene - Aktion aus. Danach sind die Mitspieler im Uhrzeigersinn auch an der Reihe, und dürfen die entsprechende Aktion ausführen.
Danach ist der linke Nachbar des Gouverneurs an der Reihe, und darf sich aus den restlichen Rollenkarten in der Tischmitte eine aussuchen, vor sich ablegen und als Erster ausführen. Danach sind wiederum die Mitspieler ebenfalls an der Reihe, die entsprechende Aktion auszuführen.

Wenn jeder Spieler einmal - mit der „Rollenwahl“ an der Reihe war, endet eine Runde.
Alle benutzen Rollenkarten kommen wieder in die Tischmitte und der linke Nachbar des Gouverneurs erhält die Gouverneur-Karte und wird damit auch neuer Gouverneur.

Er startet eine neue Runde, indem er sich als Erster wieder eine der Rollenkarten aussucht, vor sich ablegt und ausführt …

Jede Rollenwahl löst einerseits eine Aktion für alle Spieler aus, bietet aber auch ein Privileg, das nur der Spieler nutzen darf bzw. kann, der die Karte wählt.

Folgende Rollen stehen zur Auswahl:

Baumeister:
Aktion: jeder Spieler kann ein Gebäude bauen.
Privileg: der Baumeister zahlt 1 Karte weniger.

Ein Gebäude wird gebaut, indem man eine seiner Handkarten (=das gewünschte Gebäude) offen vor sich ablegt, und den aufgedruckten Baupreis in Form von Handkarten bezahlt. Die zu zahlenden Handkarten kommen verdeckt auf einen Ablagestapel.
Dabei ist zu beachten, dass jeder Spieler von jedem violetten Gebäude jeweils nur eines jeder Art bauen darf.
Produktionsstätte können beliebig viele der gleichen Sorte gebaut werden.

Aufseher:
Aktion. jeder Spieler kann eine Ware produzieren.
Privileg: der Aufseher darf eine weitere Ware produzieren.

Eine Ware wird produziert, indem man eine Karte vom Nachziehstapel nimmt und verdeckt auf ein Produktionsgebäude legt. Auf jedem Produktionsgebäude kann nur eine Ware liegen.

Händler:
Aktion: jeder Spieler kann eine Ware verkaufen.
Privileg: der Händler darf eine weitere Ware verkaufen.

Der Händler deckt das oberste Handelshaus-Kärtchen auf. Dieses gibt nun an, wie viele Karten Ertrag man nun für die verschiedenen Waren erhält. Die Waren die man verkaufen darf bzw. kann werden verdeckt auf den Ablagestapel gelegt, und so viele Karten vom Nachziehstapel auf die Hand gezogen, wie man Ertrag erwirtschaftet hat.
Danach kommt das aufgedeckte Handelshaus-Kärtchen wieder unter den restlichen Stapel.

Ratsherr:
Aktion: jeder Spieler darf 2 Karten vom Nachziehstapel ziehen, und von diesen 1 Karte behalten und auf die Hand nehmen.
Privileg: der Ratsherr darf zu den vorgegebenen 2 Karten zusätzlich 3 Karten ziehen, und aus diesen dann eine Karte aussuchen und auf die Hand nehmen.

Goldsucher:
Aktion: keine.
Privileg: der Goldsucher darf eine Karte vom Nachziehstapel ziehen.

Folgende Karten gibt es:

Produktionsstätten: werden für die Produktion von Waren benötigt, die man dann später wieder verkaufen kann.
Es gibt 5 verschiedene Produktionsgebäude: Indigoküperei (10x), Zuckermühlen, Tabakspeicher, Kaffeeröstereien und Silberschmelzen (je 8x), wobei die Wertigkeit der Produktionsstätten auch genau in dieser Reihenfolge gegeben ist. Im Verkauf wird man für 1 Indigo immer nur 1 Ertrag haben - der Ertrag der Silberschmelze variiert zwischen 2 und 3 Karten.

Violette Gebäude: verändern die Grundregeln der Rollen bzw. des Spieles, bringen zusätzliche Siegpunkte oder aber auch Zusatzpunkte bei der Endabrechnung.
Es gibt 24 verschiedene violette Gebäude, wobei jedes Gebäude 3-mal vorhanden ist, mit Ausnahme der vier 6-er-Gebäude, die es nur je 2-mal gibt.
Folgende violette Gebäude gibt es:
  • Schmiede: der Bau einer Produktionsstätte kostet 1 Karte weniger.
  • Goldgrube: in der Goldsucherphase kann 1 Karte gewonnen werden.
  • Archiv: in die Ratsherrenphase dürfen auch die Handkarten miteinbezogen werden.
  • Armenhaus: wenn man nach dem Bauen keine oder nur 1 Handkarte hat, erhält man eine zusätzliche Karte.
  • Schwarzmarkt: bis zu 2 Waren dürfen in die Bezahlung miteinbezogen werden.
  • Handelsstation: in der Händlerphase darf zusätzlich eine Ware verkauft werden.
  • Brunnen: produziert man mindestens 2 Waren, erhält man eine zusätzliche Karte.
  • Marktstand: verkauft man mindestens 2 Waren, erhält man eine zusätzliche Karte.
  • Kran: erlaubt, dass bestehende Gebäude - für den Differenzwert - überbaut werden dürfen.
  • Kapelle: am Beginn jeder Runde darf man eine eigene Handkarte - als Siegpunkt - unter die Kapelle legen.
  • Turm: Handkartenlimit wird von 7 auf 12 erhöht.
  • Aquädukt: es darf 1 zusätzliche Ware produziert werden.
  • Schreinerei: für den Bau eines violetten Gebäudes erhält man eine zusätzliche Karte.
  • Präfektur: man erhält in der Ratsherrenphase 2 anstatt nur 1 Karte.
  • Markthalle: beim Verkauf von Waren, erhält man für 1 Ware eine Karte mehr als Ertrag.
  • Steinbruch: der Bau eines violetten Gebäudes kostet 1 Karte weniger.
  • Bibliothek: das Privileg der Rollenwahl kann doppelt genutzt werden.
  • Statue: bringt besonders viele Siegpunkte.
  • Siegessäule: bringt besonders viele Siegpunkte.
  • Reiter: bringt besonders viele Siegpunkte.
  • Zunfthalle: man erhält am Spielende für jedes Produktionsgebäude zusätzlich 2 Siegpunkte.
  • Rathaus: man erhält am Spielende für jedes violette Gebäude zusätzlich 1 Siegpunkt.
  • Triumphbogen: man erhält am Spielende für Denkmäler (Statue, Siegessäule und Reiter) zusätzliche Siegpunkte.
  • Palast: man erhält am Spielende für je 4 Siegpunkte zusätzlich 1 Siegpunkt.

Jede Karte hat einen eigenen Preis, und bringt auch unterschiedlich viele Siegpunkte am Ende des Spieles.

Spielende:
Das Spiel endet nach der Baumeisterphase, in der ein Spieler sein 12. Gebäude baut.

Nun werden noch wie folgt die Siegpunkte errechnet:
  • Siegpunkte der Gebäude
  • + je einen Siegpunkt für jede Karte unter der Kapelle
  • + Siegpunkte für Triumphbogen, Zunfthalle und Rathaus
  • + Siegpunkte vom Palast.

Der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt. Bei Gleichstand gewinnt der Spieler, der noch mehr Handkarten und Waren besitzt.

Variante:
Jeder Spieler erhält zu seinen 4 Handkarten am Spielbeginn noch so viele Karten, wie seine Sitzposition vorgibt. D.h. der Startspieler erhält insgesamt 5 Karten, der Zweite 6 Karten usw.
Jeder Spieler wählt nun aus seinen Karten 4 Karten aus, mit denen er das Spiel beginnen möchte. Die restlichen Karten kommen auf den Ablagestapel.

Fazit:
San Juan ist ein ausgezeichnetes, spannendes und immer wieder anderes Kartenspiel der Sonderklasse. Es wird zwar als „kleiner“ Bruder von Puerto Rico gehandelt und angepriesen, ist aber ein „groß“-artiges Spiel, vor dem man warnen muss - denn es macht süchtig ;-))

Jedes Spiel verläuft nämlich anders, und mit jedem Mal kommt man auf neue Taktiken, Strategien und Möglichkeiten, die man ausprobieren möchte. Und obwohl der Glücksfaktor im Spiel durch das Nachziehen der Karten gegeben ist, fällt dieser doch nicht allzu sehr ins Gewicht. Einiges wird dadurch wett gemacht, indem die Karten doch recht oft in „Umlauf“ kommen, da mit ihnen gebaut, bezahlt und produziert wird - und auch aus recht vielen Karten immer wieder mittels Ratsherr ausgesucht werden kann.
Und da jede Karte - an und für sich - 3-mal vorhanden ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man auch die richtige Karte findet, gegeben.
Außerdem besteht der Reiz in diesem Spiel auch darin, sich verschiedene Strategien und Taktiken aufgrund der verschieden Karten - die man eben auf die Hand bekommt - zu recht zu legen und geschickt zu nutzen.

Die Spieldauer ist mit ca. 45 - 60 Minuten angegeben. Diese wird man anfänglich auf alle Fälle brauchen, da man die Karten erst lesen und somit kennen und nutzen lernen muss. Jede Runde wird aber danach runder und schneller, und auch ausgeglichener, interessanter und spannender.

Dies, aber auch die Vielfältigkeit, machen San Juan zu einem Spiel mit sehr, sehr großen Spielspaß und Wiederspielreiz - dass man einfach immer und immer wieder spielen will.

Die Spielanleitung ist wieder - wie bei Alea üblich - sehr gut ausgefallen. Sie beschreibt auf 11 mittelgroßen Seiten ausführlich und sehr gut den Spielablauf, aber auch alle 29 Gebäude. Es gibt viele Bilder und Beispiele, aber auch Hinweise, die nach dem Durchlesen keine Fragen offen lassen.
Auch gibt es wieder den üblichen „rechten“ Rand, indem das gesamte Spiel - inklusive Gebäude - in einer Kurzanleitung beschreiben wird.
Beides wird man aber normalerweise nach einem Spiel nicht wieder brauchen, da der Ablauf sehr einfach und einprägsam ist - und auf den Gebäudekarten alle notwendigen Informationen enthalten sind, die man braucht um zu wissen, wofür sie verwendet werden können bzw. welchen Nutzen sie bringen.

Das Spielmaterial selbst besteht aus 110 schön und detailliert illustrierten Karten, sowie aus 5 Handelshaus-Kärtchen und 5 Rollenkarten aus kompakten Karton. Der beigelegt Block und Bleistift sind zwar gut gemeint, werden aber nicht benötigt. Untergebracht ist das ganze in einer „kleinen“ Alea-Schachtel, die von der Grafik her sehr an Puerto Rico angelehnt ist.

Tipps zu San Juan mit einer Betrachtung aller Karten findet man auf der Homepage der Pöppelkiste unter folgendem Link: San Juan - Kartenbeschreibung und -tipps

Auch das Spielgefühl bei San Juan kommt durch die Rollenwahl, das Bauen, Produzieren und Verkaufen sehr Nahe an das von Puerto Rico heran, und ist ihm somit auch sehr ähnlich und bekannt. Es ist aber einfacher aufgebaut und spielt sich auch schneller. Aus diesem Grund zahlt es sich auch auf alle Fälle aus, beide Spiele zu besitzen. Dabei kann dann San Juan sehr gut als „Einsteiger“ für den „großen“ Bruder eingesetzt werden. Man wird mit beiden Spielen seinen Spaß haben - und den Kauf nicht bereuen.
Wobei San Juan sicher mehr noch für Gelegenheitsspieler geeignet ist, und auch aufgrund seiner Spieldauer und auch seinem schnelleren und einfacheren Aufbau, öfter mal auf den Tisch kommen wird - da es eben auch sehr gut als Spiel für Zwischendurch und auch für 2 verwendet werden kann.

Das Spiel spielt sich aber auch in allen Besetzungen sehr gut. Der Ablauf bleibt auch mit 4 Spielern rund und flüssig, da ja auch immer alle Spieler - mehr oder weniger - gleichzeitig an der Reihe sind. Der größte Unterschied zwischen 4-er und 2-er Spiel besteht da wohl nur darin, das bei 4 Spielern nicht alle auch das gleiche Gebäude bauen können - da es ja nur (max.) 3 von jedem violetten Gebäude gibt. Das macht das Ganze vielleicht um ein kleinwenig interessanter und spannender.

San Juan ist momentan das gefragteste und meistgespielte Spiel bei uns - und das wird auch noch sehr lange so bleiben ...

Vielen Dank an ALEA/RAVENSBURGER für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

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