Spielbesprechung von Györög Kurt
Amazonas
04.08.2005

von Stefan Dorra
Kosmos
für 3 - 4 Spieler
ab 10 Jahren

„Als Forscher des 19. Jahrhunderts begeben sich die Spieler auf die Suche nach seltenen Tier- und Pflanzenarten. Um eine Expedition von einem Standort zum Nächsten zu führen, benutzt man Dschungelpfade oder Wasserwege und errichtet am Ziel eine neue Hütte. Sind jedoch Krokodile im Fluss, ist es zu gefährlich, dort unterwegs zu sein. Auch bei umherstreifenden Jaguars kann man den Dschungel nicht durchqueren. Zu lange sollte man jedoch nicht warten, denn je später man einen Ort erreicht, desto höher sind die Baukosten. Und bei allem darf man seinen geheimen Auftrag nicht vergessen: Wer am Schluss nicht alle darin geforderten Orte erreicht hat, verliert einen Teil seines frisch erworbenen Ruhmes.“

Aufbruch ins grüne Paradies …

Spielmaterial:
1 Spielplan, 48 Hütten (in 4 Farben), 60 Forschungsplättchen (Fisch, Orchidee, Leguan, Schmetterling und Papagei ), 4 Indio-Plättchen, 28 Einnahmenkarten (4 Sets in 4 Farben mit je 7 Karten), 18 Ereigniskarten, 8 Auftrags- und 4 Reihenfolgenkarten, 4 Wertungschips, 28 Gold- und 16 Silbermünzen und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Ende des Spieles die meisten Siegpunkte zu haben.

Spielablauf:
Der Spielplan kommt in die Mitte des Tisches. Die Forschungsplättchen werden nach den 5 Sorten sortiert und neben dem Spielplan abgelegt, sowie die 4 Indio- und die Wertungsplättchen auch. Die Reihenfolgenkarten kommen ebenfalls griffbereit auf den Tisch.
Die 18 Ereigniskarten werden gut gemischt und als verdeckter Stapel bereitgelegt.

Jeder Spieler erhält nun 3 Goldmünzen, 12 Hütten seiner Farbe und die dazugehörigen 7 Einnahmekarten. Außerdem werden die Auftragskarten verdeckt gut gemischt - jeder Spieler erhält eine davon zugeteilt. Die restlichen Auftragskarten kommen unbesehen in die Spielschachtel zurück. Auf jeder Auftragskarte sind 4 Dörfer markiert, in denen der Spieler während des Spieles unbedingt eine Hütte bauen soll - wenn er nicht Strafpunkte kassieren will.
Die Karten werden von den Spielern auf die Hand genommen - das Gold wird offen am Tisch abgelegt. Die restlichen Gold- und Silbermünzen bilden die Kasse. (Silbermünzen können immer 3:1 in Gold gewechselt werden.)

Der Spielplan zeigt ein Gebiet des Amazonas mit Dörfern, die durch Dschungelpfade und Wasserwege miteinander verbunden sind. Zu jedem Dorf gibt es verschieden viele Bauplätze, die unterschiedlich teuer sind. Außerdem ist jedem Dorf eine Art eines Forschungsplättchens zugeteilt, welches man erhält, wenn man im Dorf eine Hütte baut.

Der jüngste Spieler wird zum Startspieler. Er stellt eine Hütte in ein beliebiges Dorf seiner Wahl und zahl die auf dem Bauplatz angegebene Anzahl Goldmünzen in die Kasse. Nachdem er die Hütte gebaut hat, darf er sich ein - diesem Dorf zugeteiltes Forschungsplättchen nehmen. Dieses wird offen vor dem Spieler auf den Tisch gelegt.
Nachdem jeder Spieler eine Hütte errichtet und ein Forschungsplättchen erhalten hat, beginnt das eigentliche Spiel.

Das Spiel geht über 18 Runden - und wer an der Reihe ist, führt folgende Aktionen aus:
1. Eine Ereigniskarte aufdecken: der Startspieler deckt eine Ereigniskarte auf, die für diese Runde Gültigkeit hat. Es gibt gute und schlechte Ereignisse:
  • Jaguar (2x): die Spieler dürfen in dieser Runde keine Dschungelpfade benutzen.
  • Krokodil (2x): die Spieler dürfen in dieser Runde keine Wasserwege benutzen.
  • Waldbrand (3x): die Spieler erhalten in dieser Runde nur die Hälfte ihrer Einnahmen.
  • Diebstahl (2x): die Spieler müssen - wenn sie ihre Einnahmen erhalten - in dieser Runde für jedes ihrer Forschungsplättchen - in der Sorte von denen sie am meisten haben - eine Silbermünze in die Kasse geben.
  • Bonus (5x): jeder Spieler erhält in dieser Runde 1 Silbermünze als Bonus für jedes - auf der Karte vorgegebene - Forschungsplättchen, dass er besitzt. (Für jede Forschungsart gibt es eine entsprechende Bonuskarte.)
  • Indio (4x): wenn eine Indio-Karte aufgedeckt wird, kommt sofort ein Indio-Plättchen darauf. Der Spieler, der zuerst an der Reihe ist, hat als Erster die Auswahl, auf seine Einnahmen zu verzichten und dafür das Indio-Plättchen zu nehmen. Nimmt er stattdessen seine Einnahmen, hat der folgende Spieler wieder die Möglichkeit, das Indio-Plättchen zu erhalten.
    Wer ein Indio-Plättchen erhält, muss dieses einer seiner Forschungsplättchen zuordnen. Das Indio-Plättchen gilt ab sofort für den Rest des Spieles als Forschungsplättchen dieser Art.
    Außerdem erhöht es den Wert der Indio-Einnahmekarte um „1“.

2. Einnahmekarte ausspielen und Spielreihenfolge ermitteln: jeder Spieler legt verdeckt eine seiner Einnahmekarte auf den Tisch. Wenn dies alle Spieler getan haben, werden die Karten aufgedeckt und der „Geldwert“ (in Silbermünzen) ermittelt.
Dieser besteht aus …
  • der Zahl, die auf der Einnahmekarte steht und
  • der Anzahl an Forschungsplättchen, die der Spieler in der - auf der Einnahme-Karte vorgegebenen Sorte - besitzt …
    und die beide zusammengezählt werden.
    Die Karte mit der „0“ gilt für jene Sorte Forschungskarten, von denen der Spieler am meisten Plättchen besitzt.
    Die Karte mit der „6“ ist die „Indio-Einnahmekarte“ und bringt dem Spieler zusätzlich den Vorteil, dass er in dieser Runde von allen schlechten Ereigniskarten nicht betroffen ist.

    Einmal ausgespielte Einnahmekarten bleiben solange auf dem Tisch liegen, bis auch die 7. Karte aus der Hand gespielt wurde. Erst danach darf man alle Karten wieder auf die Hand nehmen und erneut verwenden.

    Der Spieler, der den höchsten Geldwert „ausgelegt“ hat, bekommt die Reihenfolgekarte mit dem Wert „1“, der Spieler mit dem zweithöchsten Wert die Reihenfolgekarte mit dem Wert „2“, usw.
    Bei einem Gleichstand entscheidet die höchste der kleinen, weißen Zahlen auf der Einnahmekarte, wer als Erster an der Reihe ist.

    3. Einnahmen kassieren und Hütten bauen: entsprechend den Reihefolgekarten sind die Spieler nun an der Reihe und können sich ihre Einnahmen nehmen, wobei 3 Silbermünzen immer 1 Goldmünze ergeben. Dabei darf man aber nicht auf etwaige Ereigniskarten vergessen, die diese Runde Gültigkeit haben.

    Wer nun über genug Geld verfügt, darf neue Hütten bauen. Dabei ist folgendes zu beachten:
    • eine Hütte kann nur in eine Dorf gebaut werden, dass durch einen Dschungelpfad bzw. Wasserweg mit einem anderen Dorf verbunden ist, indem der Spieler bereits eine eigene Hütte stehen hat.
    • in jedem Dorf darf ein Spieler immer nur eine eigene Hütte bauen.
    • ein Spieler darf in einer Runde auf mehrere Hütten nacheinander bauen.
    • für jede Hütte muss der, auf dem Bauplatz vorgegebenen Betrag an Goldmünzen in die Kasse gezahlt werden.
    • wurde in einem Dorf eine Hütte errichtet, darf sich der Spieler ein - dem Dorf zugeteiltes - Forschungsplättchen nehmen.

    Nachdem jeder Spieler an der Reihe war, ist diese Runde beendet - und eine neue Runde startet, indem eine neue Ereigniskarte aufgedeckt wird.

    Zwischenwertung für 5 verschiedene Forschungsbereiche: gelingt es einem Spieler von jedem Forschungsbereich mindestens ein Forschungsplättchen zu besitzen, so darf er sich sofort einen Wertungschip nehmen. Der 1. Spieler, dem dies gelingt, erhält den Wertungschip mit dem Wert „5“, der 2. Spieler den Chip mit dem Wert „4“, usw.

    Spielende:
    Das Spiel endet nach der 18. Runde. Danach erfolgt die Schlusswertung:
    • Ein Spieler, der mindestens 3 Forschungsplättchen einer Sorte gesammelt hat, erhält dafür so viele Siegpunkte, wie er Plättchen dieser Sorte besitzt.
    • Hat ein Spieler nur 1 bzw. 2 Forschungsplättchen einer Sorte, so gibt es dafür keine Siegpunkte.
    • Zu diesen Siegpunkten kommen nun noch Siegpunkte für etwaige Wertungschips.
    • Zum Schluss werden doch die Auftragskarten aufgedeckt. Für jeden nicht erreichten Ort auf dieser Karte muss der Spieler 3 Siegpunkte wieder abgeben.

    Wer nach dieser Schlusswertung die meisten Siegpunkte besitzt ist der Gewinner. Gibt es einen Gleichstand, gewinnt der Spieler, der mehr Plättchen gesammelt hat. Gibt noch immer einen Gleichstand entscheidet das restliche Geld.

    Fazit:
    Amazonas ist ein interessantes und lustiges Lauf-, Positions- und Sammelspiel für die ganze Familie.
    Es ist aber auch ein Spiel, bei dem das Glück - außer bei der Verteilung der Auftragskarten - recht wenig Einfluss hat. Die Ereigniskarten kommen alle - früher oder später - ins Spiel, hier gibt eher das Überraschungsmoment seinen Ausschlag. Da das Ereignis aber immer vor jeder Runde gezogen werden - und somit allen Spielern immer bekannt ist. welches gerade aktiv ist - kann man sich darauf einstellen und auch dementsprechend agieren.
    Hier kann es dann schon auch einmal sinnvoll sein, sozusagen eine Runde auszusetzen und nur Einnahmen zu sammeln.

    Amazonas ist aber auch ein Spiel, bei dem es ab und zu vorkommen kann, dass ein Spielzug auch mal etwas dauert. Wenn Tüftler und Denker am Tisch sitzen - und wirklich das Maximum herausholen wollen - dann kann es auch zu Wartezeiten kommen. Dies ist in meinen Runden zwar nur sehr selten der Fall gewesen, aber dennoch vorgekommen. In den meisten Fällen wurde aber recht flott und zügig gespielt, da man ja schon im vor hinein sich einen Plan machen kann, was man alles - und wo - sammeln möchte.
    Da in jedem Dorf jeder Spieler nur einmal vertreten sein darf, kommt es - vor allem im Dreier-Spiel - nur selten dazu, dass man in ein gewünschtes Dorf nicht ziehen kann.
    Schon eher kann dies durch das Geld beeinflusst werden, dass eigentlich während des ganzen Spieles ziemlich Mangelware ist.

    Einziges Manko im Spiel ist eine kleine „Ungerechtigkeit“ im Spiel, die aber bei fast eigentlich nie zum Tragen gekommen ist:
    Es gibt im unteren Spielplanteil viele Dörfer mit „2er“-Bauplätzen, die auch noch zusammenhängend sind. Wer sich eine solche „Straße“ zum Nutzen machen kann, hat natürlich einen großen Vorteil, der nur schwer wieder aufgeholt werden.
    Hier sollte man schon darauf achten, dass ein Spieler diese Dörfer nicht im Alleingang und ungehindert „nehmen“ kann.
    Es ist bei Amazonas eben darauf zu achten, dass man nicht ins „Hintertreffen“ kommt und zu viel Rückstand hat. Dieser ist meist nur sehr schwer wieder aufzuholen.

    Um den genannten „Ungerechtigkeiten“ etwas entgegenzuwirken, hat der Autor auf seiner Homepage eine offizielle Regelergänzungen bereitgestellt.

    Das Spielmaterial ist ausgezeichnet ausgefallen. Es ist sehr stimmig und passt ausgezeichnet zum Spielthema und auch -mechanismus. Die Spielkarten, aber auch der Spielplan sind liebevollen und detaillierten Illustrationen versehen und machen auch einen Teil der Spielatmosphäre aus. Die Hütten und das Spielgeld sind aus Holz gefertigt und funktionell.
    Alles hat seinen Platz in der - etwas zu groß ausgefallenen - Schachtel. Eigentlich hätte alles auch in einer „2er“-Schachtel von Kosmos untergebracht werden können (vor allem wenn ich an das Spiel Sternenschiff Catan denke).

    Die Spielanleitung ausführlich, übersichtlich und gut strukturiert gestaltet. Sie findet auf 4 „großformatigen“ Seiten Platz und ist mit vielen Bildern und Beispielen versehen. Unklarheiten und Fragen gab es bei uns keine.
    Das Spiel macht nach dem ersten Durchlesen der Spielanleitung einen unfangreichen Eindruck, aber schon nach der 1. Runde merkt man sofort, dass es sich eigentlich sehr einfach und auch (vom Ablauf her) logisch spielt.

    Das Spiel ist für 3 bis 4 Spieler ausgelegt, es gibt aber mittlerweile auch eine Variante für ein 2-Personen-Spiel auf der Homepage des Autors.
    Die Spieldauer ist mit einer knappen Stunde gut bemessen, und verleitet bei diesem Spiel auch immer wieder zu einer Revanche.

    Uns hat Amazonas sehr gut gefallen und wird auch immer wieder verlangt. Es eignet sich ausgezeichnet als Auftakt oder aber auch als Abschluss eines Spieleabends - aber auch für zwischendurch wird es immer wieder gerne auf den Tisch gebracht …

    Vielen Dank an KOSMOS für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

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