Spielbesprechung von Györög Kurt
Zug um Zug Europa
07.12.2005

von Alan R. Moon
Days of Wonder
für 2 - 5 Spieler
ab 8 Jahren

„Von den schroffen Hügeln bei Edinburgh zur sonnenüberfluteten Hafenanlage von Konstantinopel, von den staubigen Gassen Pamplonas zu einem zugigen Bahnhof in Berlin - Zug um Zug Europa entführt Sie zu einem Zug-Abenteuer durch die großen europäischen Städte zur Zeit der Jahrhundertwende.
Wollen Sie eine Fahrt durch die finsteren Tunnels in der Schweiz riskieren? Wagen Sie sich an Bord einer Fähre auf dem Schwarzen Meer? Oder errichten Sie große Bahnhöfe in den Hauptstädten der alten Reiche? Vielleicht werden Sie schon durch Ihren nächsten Zug durch Europas bedeutendster Bahnmagnat!
Packen Sie Ihren Koffer, rufen Sie den Gepäckträger und steigen Sie ein!


Zug für Zug - quer durch Europa ...

Spielmaterial:
1 Spielplan (mit einer Karte europäischer Bahnstrecken), 240 Waggons (je 45 in blau, rot, grün, gelb und schwarz, sowie 3 Ersatzwaggons je Farbe), 15 Bahnhöfe (je 3 in blau, rot, grün, gelb und schwarz), 144 Spielkarten (110 Wagenkarten - je 12 in lila, weiß, blau, gelb, braun, schwarz, rot und grün und 14 bunten Lokomotiven, 46 Zielkarten (6 Karten „lange Strecke“ in blau und 40 normale Strecken), 1 Übersichtskarte, 1 Bonuskarte „Längste Strecke“ und 2 Werbekarten), 5 Zählsteine in den Spielerfarben und 1 Spielanleitung (mit 1 Days of Wonder-Webnummer auf der Rückseite).

Spielziel:
Am Spielende die meisten Punkte zu haben.

Spielablauf:
Der Spielplan kommt in die Tischmitte. Jeder Spieler erhält 45 Waggons und 3 Bahnhöfe einer Spielfarbe, und den dazugehörigen Zählstein, der auf das Startfeld der Zählleiste am Spielplan gelegt wird.
Die Wagen- und Zielkarten werden getrennt gemischt und als verdeckte Stapel bereitgelegt.
Die 5 obersten Wagenkarten werden offen ausgelegt, und außerdem erhält jeder Spieler 4 Wagenkarten auf die Hand.
Die Zielkarten werden nach „langen“ und normalen Strecken getrennt und verdeckt gemischt. Jeder Spieler erhält 1 „lange Strecke“ zugeteilt - und die er behalten muss. Restliche „lange Strecken“ kommen aus dem Spiel.
Von den normalen Zielkarten werden je 3 Karten jedem Spieler zugeteilt, von denen er mindestens 2 behalten muss - aber auch alle 3 behalten kann. Nicht benötigte Karten werden (wiederum verdeckt) unter den Zielkartenstapel zurückgelegt.

Nun wird noch die Bonuskarte „Längste Strecke“ und die Übersichtskarte bereitgelegt und der Startspieler bestimmt.

Wer an der Reihe ist, muss eine der 4 folgenden Aktionen durchführen:

1. Wagenkarten nehmen:
Der Spieler darf sich 2 Wagenkarten nehmen. Er sucht sich zuerst eine der offen liegenden Karten - oder aber die oberste Karte vom verdeckten Nachziehstapel - aus, und nimmt diese auf die Hand. Wurde eine offene Karte gewählt, wird sofort die oberste Karte vom Nachziehstapel als Ersatz offen ausgelegt.
Danach nimmt sich der Spieler eine weitere Karte, wobei er sich wieder eine der offen liegenden - oder aber die oberste Karte vom Nachziehstapel - aussuchen kann.

Dabei ist darauf zu achten, dass man in dieser Aktion nur 1 Lokomotivkarte (= Jokerkarte) offen aufnehmen darf.
D.h. wurde als 1. Karte eine Lokomotive gewählt, so darf man keine 2. Karte mehr nehmen. Ebenso darf als 2. Karte keine Lokomotive genommen werden.
Ausnahme: Man zieht die Lokomotive(n) vom verdeckten Nachziehstapel ...

Wagenkarten gibt es in 8 unterschiedlichen Farben - sowie als bunte Lokomotiven (= Jokerkarten).
Liegen zugleich 3 oder mehr Lokomotivkarten offen aus, so kommen alle 5 Karten auf den Ablagestapel und werden durch neue Karten vom Nachziehstapel ersetzt.

2. Eine Strecke nutzen:
Am Spielplan sind die verschiedenen Städte durch verschieden-färbige und verschieden-lange Strecken miteinander verbunden.
Um nun so eine Strecke zu nutzen, muss der Spieler genau so viele gleichfärbige Waggonkarten abgeben, wie sie am Spielplan vorgegeben sind. Dabei können Lokomotivkarten (= Jokerkarten) als Ersatz für jede Waggonkarte herangezogen werden.
Graue Strecken können mit jeder beliebigen Waggonfarbe genutzt werden.
Ein Waggonkarten-Set, das nur aus Lokomotiven besteht, kann für jede beliebige Farbe eingesetzt werden.

Der Spieler legt nun die benötigten Karten auf den Ablagestapel, und stellt Waggons seiner Farbe auf die Felder der von ihm nun genutzten Strecke.
Je nach Länge der Strecke (1, 2, 3, 4, 6 bzw. 8 Waggons) erhält der Spieler (1, 2, 4, 7, 15 bzw. 21) Punkte. Diese markiert er mit seinem Zählstein auf der Zählleiste am Spielplan.

Manche Städte sind durch Doppelstrecken miteinander verbunden. Es ist nicht erlaubt, dass ein Spieler beide Strecken für sich nutzt. Außerdem darf im Spiel zu zweit oder zu dritt überhaupt nur eine der beiden Strecken genutzt werden.

Fähren sind spezielle graue Strecken, die zwei benachbarte Städte - welche durch das Meer verbunden sind - miteinander verbinden. Sie sind auch an dem Lokomotivsymbol zu erkennen, das sich auf mindestens einem Feld dieser Strecke befindet.
Um eine Fähre zu nutzen, muss der Spiele im benötigten Kartenset mindestens so viele Lokomotivkarten haben, wie auf der Strecke vorgegeben sind. Ansonsten können - wie bei einer grauen Strecke üblich - Waggons einer beliebigen Farbe verwendet werden.

Tunnels sind besondere Strecken, die an der speziellen Tunnelmarkierung und -umrahmung zu erkennen sind. Das Besondere an den Tunnels ist aber, dass ein Spieler niemals genau weiß, wie lang die Strecke - die er zu überwinden haben wird - ist.
Wenn ein Spieler einen Tunnel nutzen will, spielt er erstmal ein passendes Kartenset aus, das zunächst der vorgegebenen Anzahl an Karten für die entsprechende Strecke entspricht. Anschließend zieht er sofort die obersten 3 Waggonkarten des Nachziehstapels und legt diese offen aus. Für jede aufgedeckte Karte, die der Farbe des Kartensets entspricht, muss der Spieler eine zusätzliche Karte dieser Farbe (oder eine Lokomotive) aus seiner Hand ausspielen. Nur wenn dies möglich ist, darf der Spieler den Tunnel nutzen.
Sollte ein Spieler keine passenden Karten haben oder ausspielen wollen, so darf er keine Waggons auf die Strecke stellen. Stattdessen nimmt er seine ausgespielten Karten wieder auf die Hand, und der nächste Spieler ist an der Reihe.
Die 3 aufgedeckten Karten des Nachziehstapels kommen auf die Ablage.

3. Zielkarten ziehen:
Der Spieler zieht die 3 obersten Zielkarten vom Nachziehstapel. Davon muss er mindestens 1 Karte - kann aber auch 2 oder alle 3 Karten - behalten.
Nicht benötigte Karten werden wieder verdeckt unter den Nachziehstapel zurückgelegt.

Auf jeder Zielkarte sind 2 Städte, sowie eine Punktezahl angegeben.
Wenn ein Spieler mit Waggons seiner Farbe eine durchgehende Verbindung zwischen diesen beiden Städte zusammenbekommt, erhält er am Ende des Spieles die aufgedruckte Punktezahl gutgeschrieben. Schafft er es nicht, stellen die aufgedruckten Punkte Minuspunkte dar.

4. Einen Bahnhof bauen:
Ein Bahnhof kann in jede beliebige - unbesetzte - Stadt gebaut werden, und erlaubt es seinem Besitzer genau eine Strecke zu nutzen, die einem anderen Spieler gehört und in dieser Stadt endet bzw. beginnt. Dadurch können Zielkarten am Spielende leichter erfüllt werden.
Für seinen 1. Bahnhof muss der Spieler 1 beliebige Waggonkarte ausspielen, für seinen 2. Bahnhof 2 beliebige (aber gleichfarbige) Waggonkarten und für seinen 3. Bahnhof 3 beliebige (aber gleichfarbige) Waggonkarten. Auch Lokomotivkarten als Joker können natürlich Verwendung finden.
Welche Strecke er von seinem Bahnhof aus benutzen möchte, muss der Spieler aber erst nach Spielende bekannt geben.

Bahnhöfe müssen nicht verwendet werden. Ein Spieler erhält nämlich für jeden - nicht verbauten Bahnhof - am Spielende 4 Pluspunkte gutgeschrieben.

Spielende:
Wenn ein Spieler am Ende seines Zuges nur noch 2 - oder weniger - Waggons besitzt, dann kommt jeder Spieler (auch er selbst) genau noch einmal an die Reihe. Danach endet das Spiel und es kommt zur ...

Berechnung der Punkte:
Jeder Spieler legt nun seine Zielkarten offen.
Zu den Punkten - die durch die Zählsteine auf der Zählleiste angezeigt werden - werden nun noch die Punkte für „erfüllte“ Städteverbindungen dazugezählt bzw. die Punkte für „nicht erfüllte“ Städteverbindungen abgezogen.
Jeder Spieler erhält außerdem 4 Punkte für jeden Bahnhof, den er nicht verbaut hat.
Zuletzt darf sich der Spieler mit der längsten durchgehenden Strecke noch einen Bonus von 10 Punkten gutschreiben. (Bei Gleichstand erhalten alle den Bonus).

Wer nun die meisten Punkte besitzt, ist Sieger. Bei Gleichstand der Spieler mit den meisten („erfüllten“) Zielkarten - ansonsten der Spieler mit der längsten durchgehenden Strecke.

Fazit:
Zug um Zug Europa ist - wie das „Spiel des Jahres 2004“ Zug um Zug auch schon - ein schnell zu erlernendes, flottes Spiel um das Thema Eisenbahn für die ganze Familie.
Es vereint eine gelungene Mischung aus Glück, Taktik und dem Mut zum Risiko und der Hoffnung, doch den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Glück - die richtigen Wagenkarten zu ziehen bzw. aussuchen zu können, bzw. auch Glück beim Ziehen von zusätzlichen Zielkarten zu habe. Dabei schon (vielleicht) vorab die richtigen Strecken auszubauen bzw. auch zu besetzen, um möglichst flexibel zu bleiben, aber auch (hoffentlich) immer den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, und nicht da oder dort (beim Bauen) das Nachsehen zu haben, weil die Mitspieler (mit dem gleichen Vorsatz und der gleichen Idee) doch schneller waren.
In diesem Spiel kommen aber noch ein paar kleine - aber feine - Neuheiten bzw. Änderungen dazu. Durch die vielen kürzeren Strecken wird das Spiel schneller und flotter, und die Fähren und Tunnels bringen neue - aber auch risikoreichere Möglichkeiten, sein Schienennetz auszubauen. Sie machen das Spiel - meiner Meinung nach - aber auch spannender und interessanter als das Original - und das war schon ausgezeichnet …

Das Spielmaterial selbst besteht aus einem großen, kompakten Spielplan und vielen Plastikwaggons und -bahnhöfen. Weiters aus hölzernen Zählsteinen, und - im Gegensatz zum Spiel des Jahres 2004 Zug um Zug - normal großen und handlichen Karten. Alles ist in einer großen Schachtel untergebracht, wo alles seinen Platz hat und gut verstaut werden kann. Jeweils 3 Ersatzwaggons für jede Spielerfarbe sind auch gleich dabei - sollte mal ein Waggon „verloren“ gehen.

Die Spielanleitung findet auf 8 großformatigen Seiten Platz, wobei davon das Deckblatt nur die Hintergrundgeschichte wiedergibt und auf der Rückseite ein Inhaltsverzeichnis aufgedruckt ist. Die restlichen 6 Seiten sind übersichtlich und ausführlich gestaltet, und großzügig mit Bildern und Beispielen versehen. Alles ist verständlich erklärt und lässt keine Fragen offen.
Mitverantwortlich ist aber sicher auch der sehr einfache, und leicht zu merkende Spielablauf - der vielen aus Zug um Zug schon sicherlich bestens bekannt ist.
Einzig die „Spielende“-Bedingung - „Wenn ein Spieler am Ende seines Zugs nur noch einen oder zwei Waggons seiner Farbe übrig hat, ...“ - lässt für mich auch in diesem Spiel die Frage offen:
Was passiert, wenn ein Spieler am Ende seines Zugs keinen Waggon mehr übrig hat? Sofortiges Ende?
Ich nehme an - und wir haben es auch immer so gespielt - dass dann auch das „normale Ende“ zu tragen kommt.

Das Spiel spielt sich sowohl zu zweit - aber auch in voller Besetzung - sehr gut. Es gibt so gut wie keine Wartezeiten, und das Spiel verläuft sehr zügig und flüssig. Wobei man sich ab 4 Spieler natürlich mehr - und vor allem schneller - in die Quere kommt, auch mit bzw. ohne Doppelstrecken.

Die Spieldauer ist mit 30 bis 60 Minuten angegeben, wobei bei uns so gut wie kein Spiel (auch in voller Besetzung) viel länger als 45 Minuten gedauert hat. Ein ideales Spiel somit, um einen Spieleabend zu beginnen - oder ausklingen zu lassen - oder aber auch nur für zwischendurch ...

Außerdem gibt es im Spiel mehrere Möglichkeiten auf die man setzen kann, um (vielleicht) am Spielende bei den Punkten die Nase vorne zu haben. Einerseits kann man auf das Glück bei den Zielkarten setzen, und versuchen hier recht viele Punkte zu erzielen, andererseits hat immer noch die Möglichkeit, durch geschickten Einsatz von Bahnhöfen Strecken von Mitspieler mitzunutzen um an Punkte zu kommen ….
Aber auch der Blick auf die „längste Strecke“ mit 10 „Bonus“-Punkten sollte nicht außer Acht gelassen werden.
Langanhaltender Spielspaß und hoher Wiederspielreiz - bei uns sogar etwas mehr als auch schon bei Zug um Zug - sind somit gegeben ...

Zug um Zug Europa - ein würdiger Nachfolger von Zug um Zug - ist ein Spiel, das bei uns sehr oft auf den Tisch kommt und regelmäßig gespielt wird. Es hat seinem Vorgänger Zug um Zug durch die zusätzlichen Möglichkeiten sogar den Rang abgelaufen. Da wir beide Spiele besitzen, kommt bei uns eigentlich nur mehr Zug um Zug Europa auf den Tisch.

Deshalb würde ich jedem empfehlen, der bis heute noch nicht zum Spiel des Jahres 2004 gegriffen hat, sich zumindest Zug um Zug Europa anzuschaffen (sofern man Eisenbahnspiele mag). Wer aber schon im Besitz von Zug um Zug ist, sollte auf alle Fälle einmal ein Partie Zug um Zug Europa spielen, um für sich selbst abzuschätzen, ob er nicht auch noch dieses Spiel „braucht“ …

Vielen Dank an PIATNIK/DAYS OF WONDER für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars