Vom fernen Horizont sinkt sachte die Einsamkeit zu Boden. Nach dieser leisen Berührung verhält sie schwebend an einer Stelle, bevor sie sich langsam ausbreitet und lautlos die endliche Weite zwischen mir und jenem Kontaktpunkt von Erde und Unendlichkeit ausfüllt. Schweigend türmt sich die dunkle Wand vor mir auf und in mir entsteht das Bild einer Frage, die unverstanden in mir fortlebt, da mein lnneres nur Raum für den chaotischen Kampf meiner Gefühle hat. Noch fehlt mir die Ruhe, noch sträube ich mich gegen die Einsicht, dass ich, als menschliches Wesen, auch ohne persönliche Bindungen leben kann, dass Einsamkeit als letztes Stadium menschlichen Seins mir Ruhe und Zufriedenheit bringen kann.
Die dunkle Substanz der Einsamkeit umschließt mich mit sanfter Gewallt, nimmt mich in sich auf.
Plötzlich erscheinen Bilder in unheimlicher Schnelligkeit, Gedanken überfluten mich, verbinden sich mit den meinen und übermittelt mir ein Gefühl des Glücks und der wohltuenden Ermattung.
Jetzt verstehe ich die vorhin gestellte Frage, jetzt bin ich zur Aufnahme bereit.
Nachdem sie sich langsam und unspührbar von und aus mir zurückgezogen hat, sinke ich sachte zu Boden. Noch ein letztes Mal sehe ich den dunklen Schatten, bevor er sich vom Horizont löst und in die Unendlichkeit entschwindet. Aber ich fühle, dass ich ein Teil seines Wesens geworden bin. Ein Stück von ihm wird in mir weiterbestehen.

Ein kleines, schwaches Licht keimt in der undurchdringlichen Dunkelheit des Nichts auf und schickt seine Strahlen herunter auf die leere, weite Fläche meines Seins. Dort entzündet es einen Widerschein, der sich sternförmig ausbreitet und mir den Gedanken eines Gefühls vermittelt. Bevor ich diesen jedoch richtig erfassen kann, hat sich das Licht wieder in sich zurückgezogen und der Gedanke eines Gefühls verblasst.
So lebe ich ohne eine wirkliche Gefühlsregung und bemerke nicht, dass ich langsam aber unentwegt einer völligen Abgestumpftheit zustrebe.
Vom runden Tisch meiner Gedanken, gedeckt mit den allermöglichsten und unmöglichsten Gerichten, ohne System, fallen zwei Tropfen, zerspritzen am Boden, werden danach von dünnen Lieferbändern ergriffen und weiterbefördert, doch sind sie längst nicht mehr als das zu erkennen, was sie einmal waren und es kommt dazu, dass ich nie einen Gedanken wirklich ausführen kann.
Der Wind weint leise in mein Ohr. Sein Seufzen und Jammern erfüllt mich mit seiner Sehnsucht, die doch nie gestillt werden kann. Ich ahne, dass er mein Bruder sein muss - rastlos und unruhig, auf der Suche nach Zufriedenheit und Stille - wie ich.

Meine Seele ist ein tiefer See - ruhig, doch unergründlich, nimmt sie alles auf und gibt nichts mehr heraus. Wer weiß, was in ihr verborgen ruht, wenn nicht ich. Aber auch ich fühle, dass mein Wissen nur ein leichter Hauch von Ahnung ist.