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Sweet sixteen 3: Hollywood ruft!
Ende September fragte mich ein Bekannter, der sich bei österreichischen Film- und Fernsehproduktionen um den Fuhrpark kümmert, ob ich meine beiden Babies, den R4 und den R16 für eine Fernsehproduktion zur Verfügung stellen würde. Wer würde nicht gern seinen Oldie im Fernsehen sehen – solange es sich nicht um Action-und-alle-Autos-sind-hin-Produktionen wie „Alarm für Cobra 11“ handelt? Natürlich sagte ich zu.
Anfang Oktober gab mir Ernst die Details: eine TV-Produktion zum Thema „50 Jahre Fernsehen in Österreich“, die in verschiedenen Jahrzehnten handelt. Für die Aufnahmen, die im Jahr 1968 sowie 1978 spielten, würden mein R16 und mein R4 gebraucht.
Am 25. Oktober war es soweit, Drehort war der 2. Bezirk, ein Altbau. Als wir mit dem R4 ankamen, war schon einiges vorbereitet – Kameras samt Stativen wurden aufgebaut – d.h. Stative im herkömmlichen Sinn waren es keine, sondern ein auf Schienen fahrbarer Auslegerkran mit Sitzgelegenheit, in dem der Kameramann sitzt. Knapp 50 Leute wuselten geschäftig hin und her – und von Schauspielern war weit und breit nichts zu sehen.
An diesem Tag wurden die Außenaufnahmen für die Jahre 1978, 1988, 1998 und 1968 gedreht – in dieser Reihenfolge. Geplanter Drehbeginn war 15:00 Uhr, um eins war ich mit dem R4 vor Ort. Die weiteren Autos, die für diese Aufnahme ins Bild gesetzt wurden, ein 68er Käfer (der bei den Aufnahmen für 1968 noch einmal ins Bild kam), ein 76er Passat und ein Ford Escort, sowie mein 4er wurden für die Aufnahmen vorbereitet: Nummerntafeln runter, schwarze Tafeln rauf, grüne Überprüfungsplaketten mit roten überklebt, eventuell vorhandene Aufschriften, die es zu dieser Zeit noch nicht geben konnte, wurden ebenfalls überklebt. Alles Requisite! Ferdl, mein 4er, schaute natürlich super aus mit den schwarzen Tafeln. Allerdings würde einem echten Kenner auffallen, dass er so nicht genau ins Jahr 1978 passt: die grauen Stoßstangen und der graue Grill wurden 1978 eingeführt, aber nur beim GTL, der dann aber auch die grauen Seitenschutzleisten hat. Ohne Stoßleisten, als TL, müsste ein schwarzer Grill und Chromstoßstangen verbaut sein. Die Spiegel waren 1978 ausschließlich aus Metall, verchromt beim TL, grau beim GTL – und keinesfalls schwarze Kunststoffspiegel wie beim Ferdl. Auch wäre er 1978 praktisch ein Neuwagen – und sicher ohne Rost an den Stoßstangenecken. Aber wurscht, R4 in verschiedenen Stadien des Gebrauchszustands gab es damals auch zur Genüge, und außerdem stand er sowieso (leider) ganz am Ende der Autoschlange, daher sieht man ohnehin nicht sehr viel davon.
Nach eineinhalb Stunden war der Auftritt vorbei – die Szene dauerte ungefähr eine Minute, und zeigt zwei Frauen, die im 70er Outfit an dem Haus und an den dort geparkten Autos vorbeigehen. Unglaublich, dieser Aufwand. Dann war Ferdl erst einmal entlassen, und wir fuhren heim – mit einem Kennzeichen für zwei Autos ist das alles ja nicht so einfach. Daher habe ich die Aufnahme für 1988 und die erste für 1998 versäumt – aber die sind eh nicht so interessant. Was allerdings interessant war, waren die diversen Umbauten, die getätigt wurden, um das Haus dem entsprechenden Jahrzehnt anzupassen: zeitgenössische Reklametafeln wurden aufgestellt, und ein leerstehendes Geschäftslokal wurde mit relativ einfachen Mitteln zum Friseurladen bzw. zum Internet-Café umgebaut.
Ich hatte ein paar Fotos gemacht, schließlich sieht man ein solches Arrangement nicht alle Tage. Darauf wurde ich von einem der Filmleute angesprochen, dass ich die gemachten Fotos nicht veröffentlichen darf, da sämtliche Rechte an der Szene inklusive der gemachten Fotos beim ORF liegen, und ich bei einer Veröffentlichung in einem Magazin oder auch im Internet eventuell Probleme mit der ORF-Rechtsabteilung bekommen könnte. Gut, daher werde ich erst einmal bis zur Ausstrahlung des Films keine Bilder online stellen. Später kann ich ja immer noch beim ORF anfragen...
Als ich zurück zum Drehort kam, war der zweite Dreh für 1998 gerade in Gange. Beginn für die Szene 1968 war für 18:00 Uhr geplant, dieser Zeitplan ließ sich aber beim besten Willen nicht aufrecht erhalten. Ernst, einige andere „Autoleute“ und ich nahmen mittlerweile einen kleinen Imbiss – es gab grausliches Geselchtes mit gummiartigem Erdäpfelpüree. Ich blieb bei Tomaten mit Mozzarella, das war immerhin genießbar, da kann man nicht viel falsch machen. Gegen 7 machten wir die 1968er Autos fertig – wieder schwarze Taferln und rote Pickerl. Ein kurzer Moment der Verwirrung kam auf, als einer der Autoeigner meinte, die Überprüfungsplaketten gäbe es erst seit 1970. Kurzes Überlegen, dann die Entscheidung „Wurscht, das weiß eh keiner mehr so genau!“.
Beim Aufstellen hatte der Regisseur die Idee, eines der vier Autos vorbeifahren zu lassen. Aber welches? Die vier vorhandenen Autos waren der vorhin erwähnte Käfer, ein VW Typ 3 Stufenheck, ein 911er Targa und mein Viktor, der R16. Ernstl meinte, der 16er ist der Leiseste, also sollte der vorbeifahren. Da kam die Gegenmeinung, ausschließlich abgestellte VAG-Produkte käme schon fast einer Schleichwerbung nahe. Also wurde entschieden: „Der 16er steht direkt vor der Tür, da ist er gut platziert. Der Käfer klingt nicht mehr nach Käfer, und war schon 1978 im Bild, also steht er rechts am Bildrand. Der Porsche kommt nicht in Frage, also fährt das Stufenheck vorbei.“ Während die Autos aufgestellt wurden, kam der Hauptdarsteller aus dem Schminkkammerl heraus. Ich kannte ihn nicht, aber das ist auch nicht weiter verwunderlich, bei einem TV – Konsum von ca. 10 Stunden im Monat. Er hatte ein fürchterlich oranges 60er-Jahre Sakko an, und sollte einen Besoffenen spielen – was er dann auch mit Hingabe getan hat. Er torkelte, eine Zigarette in der Hand, über die Straße, gegen den R16, ging bis zum Friseur, brüllte „Wos isn do los!!!???“ ging zurück zum Haustor und dann hinein. Keine Panik- Viktor ist nichts passiert, der hält so was aus. Für diese Szene, die insgesamt auch nicht länger als eine Minute Filmzeit ausgemacht hat, brauchte das Team ungefähr zwei Stunden.
Alles in allem eine interessante Erfahrung
– und für mich das Fazit, dass ich froh bin, nicht beruflich am
Film zu arbeiten. Die meiste Zeit ist Wartezeit, es ist kalt (bin ich froh,
dass nicht im Winter gedreht wurde!) und fad. Aber war nett und auch lohnend
– und wer weiß, vielleicht kommen meine Babies wieder einmal ins
Bild?