Niemand konnte ahnen, daß das Pulverfaß Kosovo explodieren
würde. Zum Zeitpunkt unserer Buchung sah es jedenfalls nicht
danach aus. Wir wollten diesmal auf die bequeme Art reisen und
nach Split fliegen. Von dort sollte uns ein Transfer-Shuttle in
die Marina Kremik bringen. Als wir jedoch erfuhren, daß der
Flughafen Split für eine Woche gesperrt war, suchten wir sofort
nach einer anderen Möglichkeit. Hiebei bot sich der
Marina-Expreß (Acht-Personen-Bus) an. Unglücklicherweise
erkrankten die Angehörigen zweier Crewmitglieder, so daß sich
unser Team auf fünf Personen reduzierte. Ein Crewmitglied wollte
dem Krieg nicht zu nahe kommen und daher wurde auch der Bus
uninteressant. Dank unserer abgeschlossenen Reiseversicherung
konnte eine Rückerstattung der Buchungskosten für zwei
Mitglieder erfolgen.
An dieser Stelle möchten wir uns bei der Charteragentur CSI,
insbesondere bei Herrn Schinagl, für die flexible Abwicklung
unserer Änderungswünsche herzlichst bedanken.
Sehr viel Verständnis für unsere Sorgen und Bedenken zeigte
auch die Firma Offshore, Familie Bergmann.
Die auf vier Personen geschrumpfte Mannschaft machte sich nun mit
einem Auto auf den Weg nach Kremik. Es war das erste Mal nach dem
Bosnienkrieg, daß wir durch das Landesinnere zu unserem
Ausgangshafen fuhren. Wir waren tief betroffen und etwas
geschockt über das, was wir während der Fahrt sahen: die
zerschossenen, zerbombten und ausgebrannten Häuser entlang der
Straße, die menschenleere Krajna und die vielen Verbotsschilder,
die es nicht erlaubten, die befestigten Wege und Straßen wegen
der vielen Minen zu verlassen oder zu betreten. Auch der Verkehr
war wegen des Krieges im Kosovo dementsprechend gering. Auf der
Brücke zwischen Vodice und Sibenik füllten wir unsere Lungen
mit der guten Seeluft. In Kremik
angekommen, erfolgte der Check-In in einer so unkomplizierten Art
und Weise, daß wir rasch mit dem Einräumen unserer Sachen
fertig waren. Am Abend ging es mit dem Taxi nach Primosten zum Mediterane, wo uns der
Maitre sofort wiedererkannte und das Beste auftrug, was er hatte.
Wir waren die einzigen Gäste und ansonsten war in Primosten auch
nicht viel los.
Sonntag, 9. Mai 1999
Wieder im Süden und es regnet. Doch wir wollten nicht länger
warten und legten gegen Mittag in Richtung Sv. Klement ab. Der Regen begleitete uns bis zur Durchfahrt
zwischen Solta und Brac, danach kamen langsam kleine blaue
Flecken am Himmel durch. Es war ein komisches Gefühl, mit einem
so großen Motorboot unterwegs zu sein, denn trotz Regen wurden
wir nicht naß. Die nächste Überraschung erwartete uns in der ACI-Marina Palmizana: es lagen nur drei
Schiffe hier und die Marina war auch noch geschlossen
(Aufgrabungen und Umbauarbeiten). Wir legten uns längsseits an
einen Steg und sicherten das Schiff mit Vorleine, Achterleine und
zwei Springs. Nun aktivierten wir unser Beiboot (Hartkiel und 9,9
PS Außenborder) und Franz erlebte zum ersten Mal in seinem
Leben, einen Geschwindigkeitsrausch auf dem Wasser, als Martin,
bekannt als Mr. Gummi, ordentlich Gas gab. Der abendliche
Spaziergang in die Kneipenbucht am Südufer erwies sich als
Überraschung, nur zwei Schiffe vor Anker und zwei von drei
Restaurants waren geschlossen. Dafür hatten wir fast einen
steirischen Heimatabend, denn die Besatzungen der beiden Schiffe
kam aus Graz und einer hatte eine Gitarre dabei und brachte so
manches komisches Lied (G'stanzl) zum Vortrag. Das Schweizer
Ehepaar, mit dem wir uns zuvor unterhielten, hatte so manches
Verständigungsproblem. Die Auswahl an Speisen war zwar gering,
Fisch oder Kotelett, dafür um so besser. Der Hauswein sorgte
für die nötige Bettschwere.
Montag, 10. Mai 1999
Der nächste Morgen empfing uns mit blauem Himmel und
Sonnenschein. Wir konnten mit kurzer Hose unseren nächsten
Schlag nach Jezera auf der Insel Murter antreten. Das blaue Meer,
der wolkenlose Himmel und die super Stimmung an Bord, ließ uns
die Zeit wie im Flug vergehen. Die hohen weißen Wolken über dem
Festland versprachen, daß das Wetter für die nächsten Tage so
bleiben wird. Die Ansteuerung in die ACI-Marina
Jezera war auch für Eddy und mich neu, noch dazu mit einem
Verdränger. Durch die Zweihebel-Steuerung gestaltete sich das
Anlegemanöver jedoch leichter als gedacht. Der Rundgang durch
Jezera wurde gleich mit einem Einkauf verknüpft, ebenso mit
einem Blick in die diversen Restaurants. Als Glücksgriff erwies
sich das Marina-Restaurant, wir ließen auftragen, was es zu
bieten hatte und was kam, war vorzüglich. Fischaufstrich mit
getoastetem Weißbrot als Vorspeise, Tomatensuppe, Huhn vom
Grill, Schweinemedaillons mit Champignon und Reis, Grillplatte
für zwei Personen und als Nachspeise Palatschinken in
Wein-Parfait oder mit Marmelade oder Schokolade. Als Schlaftrunk
nahmen wir an Bord noch eine Flasche Rotwein (Babic) zu uns.
Dienstag, 11. Mai 1999
Bereits um 1000 Uhr waren wir alle in der Badehose und
Sonnenschmiere unterwegs. Wir waren leicht erschüttert, denn wir
waren ein Zeit lang die einzigen, die am Wasser unterwegs waren.
In Zut legten wir zum Mittagessen an und
waren hier ganz alleine, nur das Marina-Personal war zugegen. Als
wir nach Molat weiterfuhren, kamen uns doch tatsächlich zwei
Segelschiffe entgegen. Kurz vor Molat stiegen Martin und Robert in
das Beiboot, um das Anlegemanöver bei eine Boje in Brgulje für Eddy zu erleichtern. Es
klappte sofort und ohne Probleme. Auch hier war nur ein Schiff
und der Wirt mit den besten kroatischen Rasnici sperrte erst in
ein paar Tagen auf. Wir ließen uns aber nicht unterkriegen und
kochten selbst groß auf: Griesnockerlsuppe und überbackene
Brote (siehe: Kochrezepte). Die
Bacardi-Time währte den ganzen Nachmittag und wurde am Abend mit
zwei Flaschen besten Rotwein (Kastelec) abgeschlossen. Wir waren
genauso wie der Mini-Market, der war nämlich auch zu.
Mittwoch, 12. Mai 1999
Die Überfahrt nach Zut war auch wieder so einsam, wie die
Marina. Wir waren bereits zu Mittag in der ACI-Marina
Zut und konnten so den Nachmittag am Achterdeck in der Sonne
verbringen. Robert wurde so heiß, daß er trotz 17 Grad kaltem
Wasser ein erfrischendes Bad nehmen mußte. Er schwamm eine
Runde um das Schiff und ließ sich anschließend von der Sonne
trocknen und wärmen. Herrlich. Es wurden einige Rundfahrten mit
dem Schlauchboot absolviert, Spaziergänge und Einkäufe
getätigt und süßes Nichtstun rundeten den Tag ab. Die
Anstrengung kam aber erst, als wir den 160 Meter hohen Hügel
hinter der Marina bestiegen. Eine Anstrengung die sich lohnte,
denn der Ausblick war gewaltig, Franz rief voller Begeisterung
aus: "Ein toller rundumdum Blick."
Donnerstag, 13. Mai 1999
Wieder nur mit Badehose bekleidet erreichten wir die Einfahrt
nach Sibenik und fuhren durch die Schluchten nach Skradin. Auch hier waren nur wenige
Schiffe, aber am späten Nachmittag legten dann doch noch einige
in der Marina an. Die Ortsbesichtigung endete am anderen
Ortsende, wo wir bei Toni einkehrten und vorzüglich bewirtet
wurden. Wer in Skradin anlegt, kommt am Weinkeller Mate nicht
vorbei. Wir konnten das auch nicht und tranken herrlichen Rotwein
in einem Keller, wie man es sich nur schwer vorstellen kann. Die
Tische sind alt und wackelig, ebenso die Sitzbänke, an der Wand
hängt noch immer ein Bild von Tito, daneben der typische Prsut
(dalmatinischer Rohschinken) und die Wände sind vollgepflastert
mit allen nur erdenklichen, von denen, die da waren. Von der
Wirtin kam nur eine Frage, und die lautete: "Rot oder
Weiß?". Unaufgefordert stellte sie eine Karaffe mit der
bestellten Farbe und soviele Gläser, wie notwendig auf den
Tisch, dann verzog sie sich wieder zurück auf einen Stuhl im
hinteren Teil des Kellers. Auf unsere Frage, wie lange es dieses
Lokal schon gibt, griff sie nach unten und zauberte eine schon
etwas abgegriffene Yacht-Revue hervor und meinte: "Wir
werden schon in Zeitung erwähnt." Wie alt der Keller ist,
erfuhren wir dann doch nicht, entweder lag es an meiner
kroatischen Aussprache oder sie wollte es ganz einfach nicht
sagen. Zurück am Schiff wurde es mit einem Mal sehr laut, in der
ansonst so ruhigen Marina. Einige Jungs hatten ein Schlauchboot
aufgepumpt und veranstalteten nun eine Wettfahrt zwischen dem
Steg, wo die Schiffe festgemacht sind und der Kaimauer. Von den
anderen Schiffen kamen immer mehr Leute, ließen sich von der
Schlauchbootcrew herausfordern und nun wurde auch noch die Zeit
gestoppt. Wir kamen uns wie auf einem Jahrmarkt vor, der jedoch
jäh unterbrochen wurde. Als es wieder einen Aufschrei gab,
wollte Franz nach achtern laufen und stieß sich die Belegklampe
zwischen die Zehen. Die Wunde blutete stark und wurde von Martin
und Robert erstversorgt, es war aber nur eine nicht allzu tiefe
Rißwunde. Wir bandagierten den Fuß nach einer gründlichen
Reinigung und Desinfektion so ein, daß sich die Wunde wieder von
selbst schließen konnte. Die behandelnde Ärztin in Wien meinte,
daß die Erstversorgung ausgezeichnet war, Franz mußte nicht
genäht werden. Der Jahrmarkt jedoch dauert noch bis weit in den
Morgen hinein.
Freitag, 14. Mai 1999
Mit dem Taxiboot fuhren wir am Vormittag zu den
Krka-Wasserfällen, wo sich uns ein berauschendes Schauspiel bot.
Die Krka führte sehr viel Wasser und dementsprechend toll
anzusehen waren dadurch die Wasserfälle. Leider konnten wir auch
diesmal keinen Rundgang, aufgrund der Verletzung von Franz,
machen. Es tat ihm doch ein wenig weh, aber er hielt tapfer durch
und nach einer kleinen Erfrischung in einem Lokal, die es
zahlreich entlang der Fälle gibt, kehrten wir zu unserem Schiff
zurück. Bei der Ausfahrt von Sibenik empfing uns dann das Meer,
wie es auch sein konnte. Trotz blauem Himmel blies der Wind mit
fünf Beaufort und die Wellen erreichten eine Höhe von etwa 2,5
Meter. Es schaukelte uns gewaltig, aber unser schweres Schiff
ließ sich davon nicht beeindrucken. Das Anlegemanöver in der Marina Kremik gestaltete sich wegen des
starken Windes schwierig, aber im vierten Anlauf gelang uns auch
das. Die anderen Schiffe, die hierher später zurückkehrten,
taten sich noch schwerer. Der Nachmittag bot somit viel Aufregung
und ein tolles Programm, daß uns, die schon sicher festgemacht
hatten, nicht langweilig wurde. Unter der Dusche wurde dann noch
lange gefachsimpelt. In Primosten trafen
wir im Restaurant Mediterane dann noch die Familie Bergmann und
konnten noch nett mit ihnen plaudern.
Samstag, 15. Mai 1999
Der für gestern angesetzte Tankstop war aus verständlichen
Gründen auf heute morgen verlegt worden. Heute gab es keinen
Wind, und so wurden die An- und Ablegemanöver zu einem
Routinespiel. Der Check-Out verlief genauso wie der Check-In und
kurze Zeit später saßen wir bereits in unserem Auto Richtung
Heimat. Glücklich und erholt kamen wir am Abend in Wien an und
wurden von unseren Lieben empfangen.
Resümee:
Man kann keinen Vergleich zwischen Segelboot und Motorboot
machen. Martin fand die richtige Definition dafür: "Am
Motorboot bist du Gast und am Segelboot bist du aktives
Mitglied." Wir hatten eine einsame Woche mit schönstem
Wetter und toller Landschaft hinter uns und waren eine wunderbare
harmonische Crew.
Nachwort:
Aufgrund der Informationen des österreichischen Außenministerium und des deutschen
Außenministerium im Internet, sowie der Medien und der
telefonischen Rücksprache mit der Familie Bergmann in Kremik,
konnte ich es verantworten, mit meiner Crew nach Kroatien zu
fahren. Wir haben es nicht bereut, denn wir hatten in dieser
Woche kein einziges militärischen Fahrzeug, sei es nun auf der
Straße, auf dem Wasser oder in der Luft, zu sehen bekommen. Nur
von weitem und ganz leise war das Geräusch der Jagdbomber zu
hören, und das aber auch nur nachts.