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Staffel 4, Folge 20
Dank
der Einmischung des Secret Service ist es Marwan zum wiederholten Mal gelungen,
sich dem Griff der CTU zu entziehen. Doch nach Chloés tapferem Außeneinsatz
findet sich schon bald die nächste Spur: Ein chinesischer Staatsbürger scheint
Marvan bei der Programmierung des Sprengsatzes geholfen zu haben - nun sucht er
Zuflucht im chinesischen Konsulat in L.A. Aus diesem Grund wendet sich
Ex-Präsident Palmer, der auf Wunsch von Mike Novick dem neuen Präsidenten nun
bei der Bewältigung dieser Krise unter die Arme greift, an den chinesischen
Konsul. Dieser zeigt sich durchaus zur Kooperation bereit, erbittet sich jedoch
2-3 Stunden, um das weitere Vorgehen mit seiner Regierung abzusprechen. Das
Problem daran: Die CTU hat keine 2-3 Stunden mehr Zeit, um die Bombe zu finden.
Und so ordnet Palmer eine Geheimoperation an, um den Verdächtigen aus dem
chinesischen Konsulat zu entführen...
Mit Folge 20 dürften wir wohl den dramatischen Höhepunkt dieser Staffel
erreicht haben. Sicher, die Atomrakete fliegt immer noch durch die Lüfte, und
es gilt auch noch, Marvan zu schnappen, aber ich vermute stark, dass sich von
der Dramatik her keine Szene mehr mit jener messen wird können, als Jack den
Arzt dazu zwingt, die Operation an Paul abzubrechen, um Lee Yong zu retten. Was
mir an dieser Wendung unter anderem so gut gefallen hat, ist, dass ich sie
eigentlich relativ früh vorhergesehen habe - dies jedoch die Wirkung der
entsprechenden Szenen nicht im geringsten beeinflusst hat. Als Paul die ersten
Herzprobleme hatte, war mir schon klar, wo sich die Ereignisse dieser Folge
hinbewegen werden. Doch wo sich 24 in den vorangegangenen Staffeln sehr darauf
verlassen hat, die Wirkung einer Wendung vor allem durch den Überraschungseffekt
zu erzielen, verlegt man sich in der 4. Staffel mehr und mehr auf die Dramatik.
Tatsächlich empfand ich es fast als Segen, dass ich bereits kommen sah, wohin
die Ereignisse dieser Folge hinauslaufen - wurde doch dadurch für mich die
Spannung erst recht gesteigert. Ich vergleiche entsprechende Szenen immer gern
mit einem kurz bevorstehenden Unfall, den man als unbeteiligter Beobachter
verfolgt, jedoch ohne auch nur das Geringste dagegen unternehmen zu können.
Diese Hilflosigkeit, die man dabei spürt, das schreckliche Bewusstsein, dass
hier auf eine Katastrophe zugesteuert wird - all dies hat für mich die Spannung
der Minuten zuvor (insbesondere natürlich der Entführung) deutlich erhöht. Es
gibt den Ereignissen der Folge einfach eine gewisse Tragik, wenn man schon genau
weiß, dass Jack zwar mit der Entführung an sich erfolgreich sein wird, für
die Informationen, die er (hoffentlich) von Lee erhält, jedoch einen hohen
Preis bezahlen muss.
Doch
viel wichtiger als die Tatsache, ob man nun schon im vorhinein wusste worauf die
Ereignisse dieser Folge hinauslaufen oder nicht - entscheidend ist natürlich,
inwiefern die Wirkung der entsprechenden Szene dadurch beeinflusst wird.
Immerhin bedeutetet eine entsprechende Vorahnung ja zugleich, dass man von einer
entsprechenden Wendung nicht mehr kalt erwischt wird sondern sich in gewisser
Weise darauf vorbereiten konnte. Wie ich es jedoch bereits zuvor erwähnt hatte:
Das Wissen, was passieren wird, hat die Wirkung der entsprechenden Szenen für
mich nicht im geringsten reduziert. Ich saß einfach nur völlig schockiert und
mitgenommen da, und habe mit allen Beteiligten mitgefühlt. Mit Audrey, die
ihren Geliebten erneut in einer Rolle beobachten muss, die ihr nicht im
geringsten gefällt - und noch dazu ob seines Verhalten ihren Ehemann verliert.
Mit Paul, der in einer selbstlosen Reaktion Jack das Leben gerettet hat, und für
diese Aktion nun mit seinem eigenen bezahlt. Und natürlich vor allem auch mit
Jack selbst, dem diese Entscheidung ganz offensichtlich unheimlich schwer fällt,
und der alles versucht, um Pauls Leben doch noch zu retten. Der Moment, als er
von Audrey beschimpft und angegriffen wird, und ihm kurz darauf erst so recht
bewusst zu werden scheint, was er soeben gemacht hat - dass er das Leben der
Person geopfert hat, der er es überhaupt verdankt, selbst noch am Leben zu sein
- und wie ihn eben diese Tatsache mitnimmt... das war einfach nur großartig.
Von allen Beteiligten, insbesondere natürlich dem wieder einmal überragenden
Kiefer Sutherland, herausragend gespielt, und wie gewohnt auch großartig in
Szene gesetzt und mit Sean Callery's gänsehauterzeugender Musik kongenial
unterlegt. Ein großartiger Moment der 24-Geschichte, den ich auf einer Stufe
mit Mason's Tod aus Staffel 2 sehen würde - lediglich Teri's Tod aus Season 1
bleibt auch weiterhin in seiner Wirkung unerreicht...
Zwei Absätze lang habe ich mich nun im Prinzip über eine einzige Szene
ausgelassen, ohne zum Rest der Folge auch nur ein Wort zu verlieren - was ich
zwar in Anbetracht der Tatsache, wie gut mir dieser Moment gefallen und wie sehr
er mich beeindruckt hat, durchaus nachvollziehen kann, trotzdem will ich natürlich
auch die restlichen 40 (Echtzeit-)Minuten nicht völlig vernachlässigen.
Tatsache ist: Wenn diese Folge auch eindeutig dieser letzten großartigen Szene
die Höchstnote verdankt... auch der Rest der Episode war wirklich gelungen. Die
kurze Szene zwischen Chloé und Edgar, als diese ihren Schock darüber kund tut,
dass sie nach der Ermordung des Terroristen gar nichts gefühlt hat. Die
verzweifelten Versuche von Palmer, mit dem chinesischen Konsulat eine Einigung
zu erzielen. Sein geheimer Auftrag an Jack, der wieder einmal großartig
inszeniert wurde und bei dem - wie ich es für solch eine komplizierte und
spontane Aktion auch durchaus für realistisch halte - nicht alles nach Plan
verläuft. Sicher mag es etwas konstruiert erscheinen, dass es just den
chinesischen Konsul erwischt - und dieser noch dazu durch die Waffen seiner
eigenen Leute fällt. Trotzdem werden durch diese Wendung ein paar interessante
Fragen in den Raum geworfen (wenn auch, zumindest bisher, noch nicht näher
verfolgt - das Einzige, was man 24 meines Erachtens in dieser Hinsicht vorwerfen
konnte): Ist der Tod des chinesischen Konsuls ein zu hoher Preis, um sich Lee zu
holen und mit seiner Hilfe Marvan zu schnappen und die Atomrakete zu stoppen?
Was ist mit Paul? Bei wie vielen unschuldigen Opfern ist die Vorgehensweise der
CTU nicht mehr gerechtfertigt, um Millionen von Amerikanern das Leben zu retten?
All dies sind interessante Untertöne, die zwar vielleicht leider nicht ganz so
vehement verfolgt werden wie ich mir das vielleicht wünschen würde, aber doch
die eine oder andere interessante Diskussion entfachen könnten. Und das ist
immer noch besser, als entsprechende Untertöne völlig auszusparen...
Fazit: Die letzten Minuten dieser Folge boten wirklich Dramatik vom Feinsten, gepaart mit großartigen Darstellerleistungen. Einer der besten Momente in der Geschichte von 24 - und zugleich eine der besten Episoden der Staffel...
Wertung:
Verfasser: cornholio
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