Ragesh 3

(Midnight on the Firing Line)

Staffel 1, Folge 1

Die abgelegene Centauri-Kolonie Ragesh 3 wird von einer Streitmacht der Narn angegriffen. Londo ist außer sich und stellt G'Kar zur Rede. Doch dieser zeigt in einer Besprechung des Rates die (offensichtlich erzwungene) Aussage von Londo's Neffen, in der behauptet wird, dass die Narn von den Centauri eingeladen wurden, um die Kontrolle über die Kolonie zu übernehmen. Londo ist außer sich und beschließt, an G'Kar Rache zu nehmen. Währenddessen erhält Commander Sinclair wenig erfreuliche Befehle der Erdregierung: Er soll die Versammlung des Rates möglichst verschieben oder sich im Falle einer Abstimmung enthalten. Man ist zu nervös, dass die Unsicherheit ob eines neuen Krieges die in Kürze bevorstehende Präsidentschaftswahl negativ beeinflussen könnte. Doch das ist nicht Sinclairs einziges Problem: Die Raiders werden immer aktiver, und drohen in Kürze ein Frachtschiff mit Flüchtlingen anzugreifen. Zusammen mit einer Staffel Starfuries fliegt Sinclair los, um dem Transporter zu Hilfe zu kommen...

Denkwürdige Zitate:
"Well, it seems I'm still on target for my appointment 20 years from now."
(Londo, nachdem ihn Garibaldi davon abgehalten hat, G'Kar zu töten.)

Erwähnenswerte Synchro-Fehler:
Talia und Ivanova unterhalten sich in der Bar. Ivanova meint, dass ihre Mutter ein Opfer ihrer Fähigkeiten war, genau wie Talia. Im Original läuft der Dialog folgendermaßen ab:
Talia: "I don't feel like a victim."
Ivanova: "No, and so far I cannot tell if that is good, or bad."
Talia: "Perhaps tomorrow, we can start out on better terms..."
Ivanova: "I very much doubt it."

In der Synchro ist Ivanova deutlich freundlicher. Überhaupt wurde der Sinn des ganzen Dialogs komplett verändert:
Talia: "Nein, so empfinde ich das nicht. Nehmen Sie mir das übel?"
Ivanova: "Nein, aber ich kann auch nicht sagen, dass es mich glücklich macht, verstehen Sie?"
Talia: "Auf jeden Fall sollten wir versuchen, uns mit mehr Toleranz zu begegnen."
Ivanova: "Ich werde mir Mühe geben."

... doch kommen wir nun zur Episodenkritik:

"Ragesh 3" ist in gewisser Weise ein weiterer Pilotfilm für die Serie - nicht nur, weil zwischen der Ausstrahlung von "The Gathering" und dem Start der 1. Staffel mehr als ein Jahr verging, sondern auch, weil sich insbesondere was die Besetzung betrifft einiges geändert hatte. Dementsprechend hatte JMS in "Ragesh 3" die Aufgabe, die neuen Figuren einzuführen, zugleich aber auch allen, die den Pilotfilm nicht gesehen haben, einen möglichst einfachen Einstieg in die Serie zu ermöglichen. Dazu sollte man natürlich auch noch möglichst den Fehler des Pilotfilms (zumindest in dessen Urfassung) vermeiden, zu viel Hintergrundinformationen zu liefern und dabei die eigentliche Handlung zu vernachlässigen. Für all das stand ihm außerdem nur die Hälfte der Zeit aus dem eigentlichen Pilotfilm zur Verfügung. Um so erstaunlicher ist das Ergebnis, ist JMS doch mit "Ragesh 3" in allen Punkten erfolgreich, die er sich vorgenommen hatte. Viele Stärken, welche die Serie so auszeichnen, sind hier bereits präsent: erstaunlich interessante und vielschichtige Charaktere, die großartige Mischung aus Humor und Dramatik, die beeindruckenden schauspielerischen Leistungen, sowohl interessant aussehende als auch originell wirkende Außerirdische, die für eine TV-Serie wegweisenden Effekte, die hohe Komplexität des von JMS erschaffenen Universum, und vor allem das epische "Feeling", das Babylon 5 dank immer wieder kurz eingestreuter Anekdoten, Informationen und Ideen selbst hier schon versprüht.

Auch die Einführung der neuen Charaktere ist gut gelungen. Sowohl bei Ivanova als auch Talia wird kurz erwähnt, dass beide noch nicht so lange auf der Station sind, und dadurch, dass Talia versucht, Ivanova näher zu kommen, bietet sich dem Zuschauer die perfekte Gelegenheit, BEIDE näher kennen zu lernen. Auch Vir hat hier seinen ersten Auftritt und ist dem Zuschauer mit seiner nervös-zappeligen Art eigentlich gleich auf den ersten Blick sympathisch, bietet er doch mit seiner naiven Unschuld einen großartigen Kontrast zu Londo, der in Grundzügen bereits in dieser Folge zu erkennen ist. Ebenfalls beeindruckend, wie viel Hintergrundinformationen JMS neben all den anderen Aspekten und der interessanten Handlung hineinzupacken vermochte. So werden wir bereits in das tragische Schicksal von Ivanova's Mutter eingeweiht, erfahren mehr über die Funktionsweise des Psi-Corps, und Londo erzählt Sinclair von seinem Traum, in dem er sieht wie er und G'Kar sich in ungefähr 20 Jahren gegenseitig erwürgen. Eben letzteres ist eine der großen Stärken von Babylon 5 bzw. JMS: Immer wieder werden dem Zuschauer kleine Ausblicke in die Zukunft geben - was natürlich nur funktioniert, weil es sich bei Babylon 5 nun mal nicht um eine Ansammlung von Einzelgeschichten mit gelegentlichem roten Faden handelt, sondern um eine epische, bis ins kleinste Detail durchdachte und vorausgeplante Saga, die sich nicht über eine, sondern über ganze 5 Staffeln erstreckt. Dadurch ist es JMS möglich, ungewöhnlich früh gewisse Köder, Hinweise und Informationen auszuwerfen (Londo's Traum) und eine kontinuierliche Handlung aufzubauen (Präsidentschaftswahlen) - und eben dies macht Babylon 5 so einzigartig.

Was die Effekte betrifft, konnte sich "Babylon 5" im Vergleich zum Pilotfilm noch einmal deutlich steigern, und auch wenn man den Weltraumsequenzen ihre Computerherkunft natürlich ansieht, konnten mich die Effekte selbst hier schon wirklich begeistern - erhält doch Babylon 5 dadurch einen ganz eigenständigen Look, der die Serie doch deutlich von der Konkurrenz abgrenzt. Der Kampf zwischen den Starfuries und den Rangers sticht dabei natürlich besonders hervor - was insbesondere am originellen, einfallsreichen und gut durchdachten Design und Flugverhalten der Kampfflieger liegt. Hier ist Babylon 5 der Konkurrenz wirklich um Welten voraus. Auch die Figuren wissen, wie bereits erwähnt, absolut zu überzeugen - wobei in "Ragesh 3" natürlich insbesondere Londo und G'Kar aus dem Ensemble hervorstechen, wird doch bereits in der ersten Folge die ganz eigene Dynamik dieser zwei Charaktere deutlich. Neben Drehbuchautor JMS, der die Figuren erschaffen hat, gebührt jedoch natürlich auch den Schauspielern großes Lob, gelingt es doch allen Hauptdarstellern, ihre jeweiligen Rollen wirklich perfekt darzustellen und die Figuren mit Leben zu füllen. Ebenfalls bereits erwähnt, dennoch möchte ich ihn noch einmal kurz hervorheben: den Humor, der das durchaus dramatische und ernsthafte Geschehen immer wieder auflockert. Hier sind natürlich insbesondere die Szene zwischen Garibaldi und Londo gleich zu Beginn der Folge sowie Garibaldi's 2.liebstes Ding im Universum (Duck Dodgers ) zu nennen. Es sind solche originelle Ideen, welche den Figuren ihre ganz persönliche Note verleihen und sie unverwechselbar, vielschichtig und interessant machen...

Angesichts dieses Reviews, dass "Ragesh 3" in höchsten Tönen lobt und keine negativen Aspekte aufführt, mag sich der eine oder andere über die zwar gute, aber eben nicht überragende Benotung meinerseits wundern. Nun, das ist leicht erklärt: Ja, Ragesh 3 ist ohne jeden Zweifel eine sehr gute Folge und ein gelungener Einstieg in die Serie, Tatsache ist aber: Es kommt noch viel besser... und zwar in ALLEN Belangen, sei es die Action, das Drehbuch, die Effekte, die Spannung, die Dramatik, die schauspielerischen Leistungen etc. Ragesh 3 ist ein Vorgeschmack, ein durchaus wohlschmeckender Aperitif, der Lust macht auf mehr - aber das Hauptgericht steht nun mal erst bevor. Und daher muss ich Abstriche machen - nicht, weil die Folge nicht gut wäre, sondern weil das, was folgt, noch viel besser ist...

Fazit: "Ragesh 3" ist eine gute Folge und ein gelungener (Neu-)Einstieg in die Serie - doch es kommt noch so viel besser, dass ich aus Gründen der Vergleichbarkeit trotz des Fehlens von nennenswerten Schwächen "nur" 8/10 vergeben kann...

Wertung: (8/10)

Verfasser: cornholio

 

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