Die Purpurdaten

(Born to the Purple)

Staffel 1, Folge 3

Londo schwebt im siebenten Himmel: Schon seit einiger Zeit pflegt er eine Affäre mit der bezaubernden Tänzerin Adira, die ihn zumindest für einige Stunden die Verantwortung seines Amtes, die ständigen Streitereien mit G'Kar, die langwierigen Verhandlungen mit den Narn, insbesondere aber seine Melancholie wegen des Falls des einstig so stolzen Centauri-Imperiums vergessen lässt. Doch die Idylle trügt: Adira ist die Sklavin des fiesen Gangsters Thrakiss, der von ihr verlangt, Londo's Purpurdaten zu stehlen. In eben diesen Daten befinden sich alle großen Geheimnisse des Imperiums der Centauri - ein unschätzbar wertvoller Schatz, für den wohl viele Völker (unter anderem auch die Narn) Unsummen zahlen würden. Zwar hat sich Adira mittlerweile in Londo verliebt, und der Gedanke ihn so zu hintergehen schmerzt sie, doch Thrakiss lässt ihr keine andere Wahl: Bei ihrem nächsten gemeinsamen Treffen flösst sie Londo ein Schlafmittel ein und stiehlt die Purpurdaten. Als Londo am nächsten Tag den Diebstahl bemerkt, ist er außer sich vor Wut. In seiner Verzweiflung bittet der Commander Sinclair um Hilfe. Unterdessen ist Garibaldi einem Hacker auf der Spur, der den sicheren (und streng den obersten Offizieren und Botschaftern für wichtige Nachrichten vorbehaltenen) Goldkanal für private Transmissionen benutzt. Sein kleiner Wettstreit gegen den Hacker offenbart jedoch schon bald einen höchst tragischen Hintergrund...

Denkwürdige Zitate:
"What do you want, you moon-faced assassin of joy?"

(Londo reagiert auf Vir's Störung eher ungehalten...)

"Whispers in the dark, a knife in the back"
(Thrakiss über die Politik der Centauri)

Erwähnenswerte Synchro-Fehler:
Auch diese Folge bietet wieder mehrere Beispiele, wo durch die unsorgfältige Übersetzung einiges an Humor verlorengegangen ist. Neben dem in der deutschen Synchrofassung deutlich weniger witzigen Dialog zwischen Londo und G'Kar zu Beginn der Folge finde ich da insbesondere die Szenen erwähnenswert, in denen Londo und G'Kar ihre jeweiligen Attachés auf die Verhandlungen vorbereiten:
Londo: "Don't give away the homeworld."

G'Kar: "Just don't give away the homeworld."

Dieser Gag wurde aus welchen Gründen auch immer in der deutschen Fassung nicht übernommen:
Londo: "Nichts riskieren wenn's um die Heimat geht."

G'Kar: "Lassen Sie sich nicht über den Tisch ziehen."

... doch kommen wir nun zur Episodenkritik:

Vor allem zu Beginn dominieren noch die leichteren Töne, wie z.B. der Dialog zwischen G'Kar und Londo und die köstliche Ankunft von Ko'Dath. Auch die (übrigens von beiden wirklich phänomenal gespielte) Romanze macht zunächst einen äußerst harmonischen und unproblematischen Eindruck. Doch mit der Zeit werden diesem Heile Welt-Szenario immer tiefere Risse zugefügt. Wir erfahren, dass Adira eine Sklavin ist und von Thrakiss dazu gezwungen wird, ihm Londo's Purpurdaten zu besorgen. In einer Szene kurz darauf wird uns ein weiteres mal auf sehr anschauliche Weise aufgezeigt, dass Londo längst nicht der unbedarfte Spaßmacher ist, für den man ihn halten könnte. Tatsächlich steckt hinter der stets gut gelaunten Fassade ein zutiefst einsamer, enttäuschter, deprimierender und verlorener Mensch (bzw. Centauri ). Es ist genau diese melancholisch-verzweifelte Seite, weshalb man Londo sein Abenteuer mit Adira so richtig gönnt. Um so bestürzter ist man, als sich dann herausstellt, was dahinter steckt. Die darauffolgenden Szenen, also Londo immer noch zutiefst glücklich zu sein scheint und Adira mit romantischen Geschenken überhäuft, sind wirklich herzzerreißend - weiß man doch da schon, dass Adira Londo gegen ihren Willen hintergehen und bestehlen wird. Es bricht einen das Herz, zu sehen, wie sich dieser in seinem Leben verlorene Mensch gänzlich an sein Abenteuer mit dieser bezaubernden Tänzerin klammert, wie ein Ertrinkender an einen Grashalm - der in Kürze zu reißen droht.

Zusätzliche Tragik erhält die Romanze natürlich dadurch, dass Adira sich mittlerweile ebenfalls in Londo verliebt hat, und ihn zu hintergehen das letzte ist was sie tun will. Auch hier gilt wieder festzuhalten, dass die gemeinsamen Szenen zwischen Londo und Adira sowohl von Peter Jurasik als auch von Fabiana Udenio glänzend gespielt werden. Zudem wird die Handlung, auch wenn sie mit zunehmender Laufzeit immer tragischere Untertöne annimmt, immer wieder durch humorvolle Momente aufgelockert. Köstlich z.B. jene Szene, als sich Vir mit einer Art centaurischem Gameboy die Warterei auf Botschafter Londo vertreibt, und wenig später dann G'Kar damit spielt. Auch die ungewöhnliche und gelungene "Paarung" von Sinclair und Londo sorgt für einiges an Humor, z.B. wie sich Sinclair beim Barbesitzer durchsetzt, oder auch als das Team kurz nach Londo's Versicherung, er hätte auch in der Unterwelt einige Freunde, angegriffen wird. Vor allem Sinclairs herrlich trocken-zynisches "I take it these are not them?" ist einfach nur köstlich. Am Ende gibt es dann nochmal eine herrliche Ironie des Schicksals, als just G'Kar Londo's Karriere und die gesamte Centaurirepublik - natürlich unbewusst und unbeabsichtigt - rettet. Zu einem Zeitpunkt, als G'Kar noch eher den Charakter eines Unruhestifters und Bösewichts hatte, sorgt dies für beim geneigten Zuschauer für einiges an Schadenfreude - man gönnt es diesem listigen Reptilienwesen einfach . Und auch das Ende dieser Episode ist sehr gelungen: anstatt uns ein Happy End zu servieren, muss Londo mitansehen, wie ihn die große Liebe seines Lebens, von Schuldgefühlen geplagt, verlässt. Wer hier mit Londo kein Mitgefühl empfindet, der hat echt ein Herz aus Stein.

Die B-Story rund um den Hacker im Goldkanal ähnelt in Struktur und Aufbau der Handlung rund um Londo und Adira. Auch hier wirkt das ganze zu Beginn wie ein eher lockerer, witziger Wettstreit, der vor allem rückwirkend betrachtet - mit dem Wissen dass Ivanova für die private Nutzung des Goldkanals verantwortlich ist - einiges an Humor zu bieten hat. Doch auch hier nimmt die anfangs sehr humoristische Handlung am Ende tragische Züge an, als der Grund für Ivanova's Handeln offenbart wird, versucht sie doch nur, mit ihrem sterbenden Vater in Verbindung zu treten, um sich von ihm verabschieden zu können. Christopher Franke's Musik ist zwar vielleicht in dieser Szene nicht ganz so gelungen wie in späteren, tragischen Momenten der Serie, da er etwas zu verkrampft versucht auf die Tränendrüse zu drücken, trotzdem konnte diese Szene überzeugen und auch berühren - und war zudem sowohl von Robert Phalen als auch insbesondere von Claudia Christian glänzend gespielt. Gleiches gilt für die darauffolgende, abschließende Szene zwischen Garibaldi und Ivanova, als dieser ihr offenbart dass er das Problem gefunden hat. Er macht ihr klar, dass sie ihn im Endeffekt doch nicht austricksen konnte, trotzdem wird er sie nicht verraten und richtet ihr zugleich sein Mitgefühl aus. Auch hier konnten die Darstellerleistungen wieder einmal absolut überzeugen - vor allem im englischen Originalton, wo die Darsteller in ihrer Stimme doch noch etwas mehr Emotionen und Nuancen erkennen lassen.

Bei allem Lob für die Folge muss jedoch auch festgestellt werden, dass es im Vergleich zu späteren Episoden noch etwas an Spannung und vor allem Dramatik mangelt. Zudem hatte die Serie zu dieser frühen Stunde noch nicht ihre Stimme und ihr Tempo gefunden - alles wirkt noch etwas unbeholfen zusammengestoppelt und nicht wie aus einem Guss. Kleinere Schwächen wie das mittlerweile doch eher veraltet wirkende Neon-Design der Clubs oder auch, dass Londos sonst so hochstehendes Haar völlig unter der an seinem Kopf eng anliegenden Kapuze verschwindet, drücken die Folge schließlich trotz der gelungenen Romanze und einiger starker Szenen auf "nur" durchschnittliches Unterhaltungsniveau.  

Fazit: "Die Purpurdaten" bietet eine gute Kombination aus Humor und Tragik, bei der vor allem einige witzige Dialoge und großartige Einzelszenen überzeugen können. Insgesamt fehlt es aber der Handlung etwas an Spannung, Tempo und vor allem Dramatik, da die Serie in diesem frühen Stadium einfach noch nicht ihren Erzählfluss gefunden hat.

Wertung: (5/10)

Verfasser: cornholio

Veröffentlicht am: 05.04.2007

 

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