Ein unheimlicher Fund

(Infection)

Staffel 1, Folge 4

Dr. Hendricks, ein alter Dozent von Stephen Franklin, kommt auf die Station, und bittet um seine Hilfe: Auf Ikarra 7 hat er einige Artefakte gefunden, in denen sich Hinweise auf organische Technologie finden lassen. An einer eben solchen Technologie wären viele führende Unternehmen der Erde sehr interessiert, ist es doch der Menschheit bisher nicht gelungen, dieses Rätsel zu entschlüsseln. Dr. Franklin ist zwar nicht wohl dabei, Artefakte näher zu studieren, die von einem fremden Planeten gestohlen wurden, trotzdem reizt ihn die Möglichkeit, mit seiner Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Biotechnologie zu leisten. Eben jene Technologie ist allerdings längst nicht so inaktiv wie angenommen: Als Nelson Drake, Dr. Hendricks Mann fürs Grobe, einige der Artefakte verstaut, öffnet sich eine Schatulle, und ein Lichtstrahl erfasst ihn. Daraufhin beginnt eine unheimliche Verwandlung, durch die sich Drake zu einer Kriegsmaschine entwickelt, deren Ziel es ist, alles nicht ikarranisches Leben zu vernichten...

Denkwürdige Zitate:
"Stephen, there's a Martian War Machine parked outside. They'd like to have a word with you about a common cold."
(Dr. Hendricks versucht die Aufmerksamkeit des wie besessen an den Artefakten arbeitenden Franklin zu gewinnen.)

Erwähnenswerte Synchro-Fehler:
Ein paar Kleinigkeiten hie und da, aber nichts weltbewegendes, weshalb ich diesen Bereich ausnahmsweise mal auslassen will.

... doch kommen wir nun zur Episodenkritik:

"Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa". So beginnt JMS' Einleitung zur Episodenbesprechung in den "Babylon 5 Script Books". Damit macht er deutlich, was er von dieser Folge hält, empfindet er sie doch als eine der schwächsten und misslungensten. Eine Einschätzung, der auch viele B5-Fans zustimmen - von gar nicht wenigen wird "Ein unheimlicher Fund" sogar als die schlechteste Episode der ganze Serie betrachtet. Nun, ganz so weit würde ich zwar nicht gehen, aber es stimmt schon: Highlight ist diese Folge bei weitem keines, fällt doch zu vieles in die Kategorie "Gewollt, aber nicht gekonnt". Und dabei meine ich nicht nur das nicht gerade überzeugende Gummimonster - in praktisch jedem Bereich gibt es zwar gute Ansätze, die dann aber nur teilweise umgesetzt werden konnten. Das beginnt schon bei der Handlung: Die Grundidee an sich ist ja wirklich interessant: Eine Rasse möchte sich vor Invasoren schützen und erschafft Krieger, die alle nicht 100% reinen Ikkaraner ausschalten soll. Das Problem ist nur, dass kein Ikkaraner, und natürlich auch kein Mensch, vollkommen ist. Zu klein, zu dick, die falsche Haarfarbe... Wir sind alle unterschiedlich, und füttert man solch eine mächtige Waffe mit ideologischen Zielen, muss dass unweigerlich zur Katastrophe führen. 

Doch so gut die Idee auch ist, in "Ein unheimlicher Fund" wird diese Message einfach ungemein schwerfällig präsentiert, und vor allem so subtil wie ein Faustschlag. Sinclairs Monolog, als er die Waffe wütend machen und von ihrem Fehler überzeugen will, ist einfach zu viel des Guten, da zu übertrieben. Noch schlimmer ist natürlich, dass es ihm durch dieses Geplapper sogar gelingt, dem bösen Buben seine bösen Taten auszureden. Jedenfalls war die Handlung einer B5-Episode selten so klischeehaft und gewöhnlich wie hier - und die Ausführung ist leider auch nicht besser. Vor allem das Monsterkostüm wirkt ziemlich billig und kann beim besten Willen nicht überzeugen. Vor allem durch die steifen Bewegungen gleitet das ganze teilweise sogar ins Lächerliche ab. Doch selbst beim Monster muss man anmerken, dass der Grundgedanke eines Mannes im Monsterkostüm ja nicht mal so verkehrt ist, bedenkt man, dass in dieser Rüstung ja in der Tat immer noch ein Mann steckt. Trotzdem überwiegen natürlich auch hier klar die negativen Aspekte, und vor allem die Rückverwandlung ist ungemein billig und einfallslos: Zuerst sehen wir Nelson noch in voller Montur, dann blenden wir für 2 Sekunden auf Sinclair, und als wir zu Nelson zurückblenden ist die Rüstung komplett verschwunden. Ich weiß ja, dass das Budget von B5 knapp war, aber angesichts zahlreicher gelungener Effekt-Szenen kann und will ich nicht glauben, dass man das nicht hätte besser hinbekommen können. Generell kann auch die Inszenierung dieser Folge nicht wirklich überzeugen, was insofern überrascht, als mit Mike Vejar einer der verlässlichsten und besten B5-Regisseure hinter der Kamera stand, der von JMS immer wieder gerne als der Glücksbringer der Serie bezeichnet wird. Zahlreiche wichtige Episoden  und Momente gehen auf sein Konto, wie z.B. auch jene Szene aus der 4. Staffel, in der Sheridan gefangen genommen wird - eine der wenigen Momenten in denen B5 mit einer ausgefeilten Inszenierung aufwarten konnte. Mit "Ein unheimlicher Fund" feiert er allerdings einen alles andere als überzeugenden Einstand - im Gegensatz zu Janet Greek, die ebenfalls viele Episoden inszeniert hat und mit "Die Macht des Geistes" einen ungleich runderen und gelungeneren Einstieg zu verzeichnen hatte.

Allerdings gibt es auch einige gelungene Elemente, die trotz der zahlreichen Kritikpunkte eine allzu schlechte Wertung verhindern. Einerseits ist dies natürlich der wieder einmal gelungene Humor: Sei es das Zitat der Folge oder auch die amüsante Einstiegsszene, in der sich Garibaldi nicht gerade wenig über die ISN-Reporterin lustig macht, der (eher dialogbezogene) Humor der Serie liegt genau auf meiner Wellenlänge. Mit IPX wird zudem wieder einmal eine Organisation vorgestellt, die uns im weiteren Verlauf der Serie noch einige Male unterkommen wird. Auch die letzte Szene zwischen Dr. Hendricks und Stephen Franklin konnte mir gut gefallen. Eventuell habe ich seinen Blick am Ende ja falsch interpretiert, aber  zumindest ich hatte den Eindruck als hätte Franklin hier ernsthaft über Hendricks Vorschlag nachgedacht - ehe die Wachen kamen um ihn fortzubringen. Herrlich auch das Ende der Handlung rund um die organische Technologie: Da bedient sich Ivanova gerade noch des berühmten Zitats von wegen "Wer die Fehler der Vergangenheit nicht kennt ist dazu verdammt sie zu wiederholen", und schon reißt sich die Erdregierung die organische Technologie der Ikarraner unter den Nagel. Die absolute Schlüsselszene von "Ein unheimlicher Fund" ist jedoch das abschließende Gespräch zwischen Garibaldi und Sinclair. Im Gegensatz zur Message rund um die ikarranische Technologie ist dieses nämlich höchst ungewöhnlich, ist man es doch auch von anderen Serien gewohnt, dass sich der Held wieder und wieder in Todesgefahr begibt - hinterfragt wird dies jedoch nie. Babylon 5 geht hier andere Wege, als Garibaldi hinter Sinclairs Heldenmut zumindest einen Hauch von Todessehnsucht vermutet. Ein großartig geschriebener, vorgetragener und gespielter Dialog, der mit seiner Klasse irgendwie gar nicht zum Rest der Folge passt. Gemeinsam mit der nachfolgenden Rede Sinclairs zum Grund, warum die Menschheit ins All vordringen muss um zu überleben, sorgt dies für einen sehr versöhnlichen und gelungenen Abschluss einer der schwächsten Babylon 5-Folgen.

Fazit: So sehr mir die Message dieser Folge auch gefallen konnte, der Holzhammer mit dem diese präsentiert wurde überschattet die positiven Aspekte bei weitem. Gleiches gilt für das wenig überzeugende Gummimonster und die etwas holprige Inszenierung. Trotzdem gibt es auch einige gelungene Momente und Szenen, und so kann abschließend festgehalten werden: Ja, "Ein unheimlicher Fund" ist eine der schlechtesten Folgen von Babylon 5, aber die schlechtesten Episoden der meisten anderen Serien könnten sich von ihr noch einige Scheiben abschneiden...

Wertung: (4/10)

Verfasser: cornholio

Veröffentlicht am: 05.04.2007

 

  1x05 - Angriff auf G'Kar

  1x02 - Der Seelenjäger

 

Zurück zur Übersicht

Deutscher Lurker's Guide

Guide-Seite auf FictionBox

Zur Hauptseite

 

Bilder  © 1993 PTEN Consortium