Ebenbild
(Similitude)
Staffel 3, Folge 10
Bei
dem Versuch, die Effizienz des Warpantriebs zu steigern, kommt es zu einem
folgenschweren Unfall. Die Enterprise strandet in einem bisher unbekannten
Sektor der Ausdehnung, der mit seltsamen kleinen magnetischen Teilchen übersät
ist, und Trip fällt ins Koma. Phlox befürchtet, dass Tucker eventuell nie
wieder das Bewusstsein erlangen könnte, und wendet sich an Archer mit einem
recht außergewöhnlichen Vorschlag: Eine der Wesen, die Phlox in seinem
seltsamen "Streichelzoo" hält, hat die Fähigkeit, ein anderes Wesen
quasi zu kopieren, sofern ihm dessen DNA eingespeist wird. Dieser Klon verfügt
jedoch über einen deutlich schnelleren Stoffwechsel, der dazu führt, dass
dieser in ca. zwei Wochen Tuckers Alter zum Zeitpunkt des Unfalls erreicht hat.
Dann könnte Phlox dem Klon eine Gewebeprobe des Gehirns entnehmen und Trip
dadurch heilen. Archer hat was diesen Eingriff betrifft große moralische
Bedenken, stimmt allerdings zu, da sich die Lage der Enterprise zuspitzt: Immer
mehr magnetische Teilchen strömen dem Schiff entgegen und befestigen sich an
der Außenhaut, wodurch der Enterprise Energie entzogen wird - binnen weniger
Tage wird die Enterprise gestrandet sein, falls es nicht gelingt, die Maschinen
wieder in Gang zu bringen und das seltsame Feld zu verlassen. Anfangs läuft
alles wie geplant, der Klon reift erstaunlich schnell heran und verfügt sogar
über Trip's Erinnerungen. Doch dann macht Phlox eine unerfreuliche Entdeckung:
Entgegen seinen bisherigen Annahmen würde der Klon den Eingriff nicht
überstehen...
Das ist sie also: Die erste Folge der Serie, die auf einem Drehbuch von Manny Coto basiert, und wenn diese Folge auch nur ansatzweise ein Beispiel dafür ist, in welche Richtung Coto (ab der 4. Staffel Executive Producer) mit der Serie gehen will, dann freue ich ich jetzt schon riesig auf die 4. Staffel. Und dabei hat es zu Beginn alles andere als vielversprechend ausgesehen, denn langsam aber sicher bin ich diese peinlich-bemühten Teaser leid, die noch vor dem Einsatz der Introsequenz Spannung erzeugen und die wie ein verzweifelter Versuch wirken, die Leute davon abzuhalten, umzuschalten. Nun mal ehrlich... da wird T'Pol in offenbar verwirrt-kritischem Zustand auf die Krankenstation gebracht, da erleben wir die Zerstörung der Erde, bzw. in vorliegendem Fall sehen wir Trip in seinem Sarg liegen - ein derartiger "Schock" gleich zu Beginn gehört zu den absolut billigsten Stilmitteln, und langsam aber sicher droht es lächerlich bis hin zu richtiggehend nervtötend zu werden.
Insofern
stand die Folge an und für sich unter keinem guten Stern - musste sie mich nach
diesem Einstieg, dem ich doch eher skeptisch gegenübersah, erst wieder für
sich gewinnen - was ihr jedoch mit Bravour gelungen ist. Von Minute zu Minute
wandelte sich meine anfängliche Skepsis in Interesse, Erstaunen bis hin zu
richtiggehender Freude und Zufriedenheit ob einer derart gehaltvollen Episode,
wie es von "Enterprise" meines Erachtens wirklich viel zu wenig gibt.
Beachtlich: Dies ist die erste Folge der 3. Staffel, die gänzlich ohne jegliche
Action-Elemente auskommt - und war interessanterweise deutlich spannender und
mitreißender als so manche "Anomalie" oder gar ein
"Morgengrauen". Wie schon in "Cogenitor" steht auch hier
wieder ein moralischer Konflikt im Mittelpunkt: Soll tatsächlich für das Wohl
der Enterprise ein Klon von Trip erschaffen werden, der jedoch nach ca. 2 Wochen
sein Leben opfern muss, um den richtigen Trip zu retten? Ist das grundsätzlich
moralisch vertretbar, bzw. ist es das unter den gegebenen Umständen, dass es
immerhin die Mission der Enterprise ist, die gesamte Menschheit vor der
Vernichtung zu retten? Kann man vom Klon wirklich so ein Opfer erwarten, ihn gar
dazu zwingen? Hier werden sehr interessante Fragen gestellt, die sich durchaus
auch in der momentanen Diskussion um Gentechnik, Klone etc. finden lassen.
Doch nicht nur die Thematik an sich weiß zu gefallen, sondern auch das Drehbuch generell und auch die schauspielerischen Leistungen, insbesondere natürlich von Dominic Keating und Scott Bakula. Letztere Darstellung mag einigen schon fast wieder ein wenig zu extrem und unsympathisch sein, insbesondere wenn er dem Trip-Klon Sim androht, ihn nötigenfalls sogar zur Operation zu zwingen - doch für mich haben diese Szenen endlich geschafft, was man nun schon seit mehreren Folgen vergeblich versucht hat: Archer Ecken und Kanten zu verleihen. Er ist nicht der Kapitän eines Vergnügungsdampfers, sondern der Captain eines Raumschiffs, dass sich noch dazu auf einer für die Menschheit entscheidenden und lebensnotwendigen Mission befindet - was bedeutet, hin und wieder auch mit schweren Entscheidungen konfrontiert zu werden. Und damit meine ich nicht Sachen wie "soll ich den Piraten der uns angegriffen und einige meiner Männer verletzt hat mal in die Luftschleuse sperren", sondern Situationen wie hier, wo er das Ebenbild von Trip, ein selbständiges und intelligentes Wesen dazu zu überreden versucht, sein Leben für die Mission aufzugeben...
Besonders
interessant finde ich auch, dass mich das sich langsam entwickelnde romantische
Verhältnis zwischen T'Pol und Trip hier zum ersten Mal nicht gestört hat -
ganz im Gegenteil, ich fand ihre sich ankündigende Beziehung hier wirklich
gelungen. Dies liegt wohl auch daran, dass wir diesmal mit peinlichen
Erotik-Einlagen verschont geblieben sind und man sich stattdessen wirklich auf
die Gefühle der beiden füreinander konzentriert hat. Insgesamt würde ich
diese Folge also sogar noch besser einstufen als "Cogenitor", da man
auf auflockernde Humoreinlagen fast gänzlich verzichtet hat, insbesondere aber,
da es "Ebenbild" gelungen ist, mich zu berühren - etwas, das bisher
noch keiner "Enterprise"-Folge gelungen ist. Da stört es auch nicht
weiter, wenn sich einige Charaktere teilweise nicht ganz schlüssig verhalten,
wie z.B. T'Pol, die sich gegen einen Klon von Trip ausspricht - und das, obwohl
doch gerade die Vulkanier das Mantra "Das Leben von vielen ist wichtiger
als das von wenigen, oder eines Einzelnen" so hoch halten - wie es uns
Spock so ergreifend in "Der Zorn des Khan" gelehrt hat. Denn
angesichts der Klasse dieser Folge verblassen solche Kritikpunkte wie Tränen im
Regen...
Fazit: Eine angenehm anspruchsvolle Episode, die sich rein auf Charaktermomente und den moralischen Konflikt konzentriert und auf Action komplett verzichtet - und der es außerdem als erste Enterprise-Folge gelungen ist, mich zu berühren...
Wertung:
(9/10)
Verfasser: cornholio
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