Heinz-Dieter Pohl
25 Jahre Kalser
Namenkundliche Symposien
Vom 10. bis 13.
Juni 2010 fand in Kals am Großglockner das 25. Kalser Namenkundliche Symposium
statt. Es war wie immer schwerpunktmäßig dem alpinen Namengut gewidmet, doch
auch andere onomastische Themen standen auf dem Programm gemeinsam mit solchen
zur bairisch-österreichischen Dialektologie und zu anderen Gebieten. Insgesamt
fanden 27 Vorträge statt und mehrere Buchpräsentationen.
Die Gastgebergemeinde
Kals a. Gr. stand im Vortrag von Peter Anreiter „Zur Etymologie ausgewählter
Kalser Namen“ im Mittelpunkt, indem der Referent auch sein neues Buch
„Historische Belege zu Kalser Namen“ (Innsbrucker Beiträge zur Onomastik, Bd.
8/2010) vorstellte, das einige alte Flurnamen hinsichtlich ihrer Deutung in
neuem Licht erscheinen lässt. Einen Rückblick auf die Symposien bot Paul VIDESOTT „25 Jahre Kals und die ladinische Namenforschung“. Durch die
Pflanzenwelt führte Walter WIRKNER „Phytophore Namen
im Kalser Tal“, einen interessanten Einblick in die Baugeschichte erhielt man
durch Barbara LANZ „Bestandsaufnahme der Kalser Bauernhöfe“.
Osttiroler
Themen waren die Vorträge Hubert Bergmann
„Eine Osttiroler ‘Dorflitanei’ aus dem 19. Jh. als onomastisch-dialektologische
Quelle“, Christian Chapman „Die
Osttiroler Grenzbeschreibung von 1501 als onomastische Quelle“, Gerhard Rampl „Zu einigen Virgener Namen“, Heinz-Dieter POHL „Die Osttiroler (und Kärntner) Familiennamen auf
-nig(g)“ gewidmet, dem benachbarten Lesachtal
widmete sich Regina M. Unterguggenberger „quo vadis Flurnamenforschung? Gedanken zu einer qualitativ
orientierten Forschungspraxis am Beispiel des Kärntner Lesachtales“.
Namenkundliches
aus Tirol boten die Vorträge Daniela Feistmantl
und Ingrid Rittler „Vorstellung des Projektes
‘WippDigital – GIS-gestützte Flurnamenforschung im Wipptal’ und erste
Ergebnisse“, Yvonne Kathrein „Auf den Spuren der Knappen.
Historische Bei- und Familiennamen in Tirol im Kontext montanistischer
Tätigkeiten“, Lorelies Ortner und Rüdiger Kaufmann „Flurnamen und Raumsemantik“ und Barbara STEFAN „Zimbrische Flurnamen in Johann Andreas Schmellers Nachlass“, zu
Familiennamen aus dem benachbarten Vorarlberg sprach Guntram PLANGG „Walser Familiennamen im Montafon“.
Zur
slawischen Onomastik sprach Angela BERGERMAYER „Zur morphologischen
Integration slawischer Personennamen ins Deutsche im Mittelalter Überlegungen anhand von Toponymen in Österreich“ und Stefan Schaffner „Die slavischen Ethnonyme
des Typs *poljane ‘Feldbewohner’“. Deutsche
Namen in slawischer Umgebung stellten Stanislava Spinková „Die Spuren von dt. Achtel und Viertel in
mährischen und tschechisch-schlesischen Flurnamen“ und Pavol žigo „Deutsche
Ausgangsformen der Ortsnamen aus dem slowakischen Gebiet“ vor. Das Burgenland war mit dem
Beitrag von Georg ANKER „Woher die
Burgenland-Kroaten ihre Namen haben“ vertreten, Wien mit Anna L. Staudacher „Deutsche und hebräische
Tiernamen als Familiennamen bei Wiener Juden im 19. Jhdt.“; hier ist auch zu
nennen Axel LINSBERGER und Ulrike KRAMER „Prozesshansl und Putzgretel, Urschel und Hiasl:
Rufnamen als lexikalische Einheiten“.
Dem
Namengut der Antike widmeten sich Gert KLINGENSCHMITT „Zur Etymologie
von lateinischen Personennamen“, Ralf-Peter RITTER „Lateinisch flamen und der Gentilname Flaminius“ und Wojciech Sowa „Aus der Welt der griechischen Daemonologie“. Weiters Otto KRONSTEINER „Die Römerstraßen und ihr toponymisches
Umfeld“.
Einen Beitrag
zur bairischen Dialektologie brachte Arnulf PICHLER-STAINERN „Die
Negation in der basilektalen Syntax des Bairischen“, einen literarischen Edwin
SERRO „Goethes Erlkönig – seine
andauernde Aktualität“.
Vorgestellt
wurden folgende Bücher: Heinz-Dieter POHL, „Die Bergnamen der Hohen Tauern“
(Innsbruck 2009), Hubert BERGMANN – Peter JORDAN (Hg.), „Geographische Namen –
Vielfalt und Norm. 40 Jahre institutionalisierte Ortsnamenforschung und -standardisierung
in Österreich. 65. Geburtstag von Isolde Hausner. Akten des Internationalen
Symposions, Wien, 10. und 11. März 2009“, Wien 2010 (= Beihefte zur
Österreichischen Namenforschung 6); Peter JORDAN – Hubert BERGMANN –
Catherine CHEETHAM – Isolde HAUSNER (Hrsg.), „Geographical Names as a Part of
Cultural Heritage“. Wiener Schriften zur Geographie und Kartographie, Band 18.
Wien 2009. sowie (durch Ludwig ZEHETNER – Nicole ELLER) die Reihe „Regensburger
Studien zur Namenforschung (herausgegeben
von Wolfgang Janka und Michael Prinz im Vulpes-Verlag, Regensburg) und
Ludwig Zehetners „Basst scho!“ (2
Bände, Wörter und Wendungen aus den Dialekten und der regionalen Hochprache in
Altbayern). Weiters lag auch das neue Buch „Unsere slowenischen Ortsnamen“ von
H.D. POHL auf (Klagenfurt 2010).
Am Samstag (12. Juni) um 15 Uhr fand unter der
Leitung von Dr. Walter WIRKNER in Zusammenarbeit mit der „Kreativwerkstatt Kals
am Großglockner“ eine hochalpine naturkundliche Wanderung vom Lucknerhaus den Ködnitzbach entlang bis zur Einmündung der Bäche von
der Freiwand und zurück zum Lucknerhaus statt. Man konnte an den Hängen die
Kampfzonen zwischen Wald und alpiner Vegetation an der Waldgrenze betrachten.
Der Lauf des Ködnitzbaches bietet viel morphologisches und gewässerkundliches
Anschauungsmaterial über das Wirkungsgefüge der Natur. Leider zog ein kurzes
und heftiges Gewitter während der Exkursion auf.
Die Eröffnung des 25. Kalser Namenkundlichen
Symposiums fand am Donnerstag (10. Juni) um 10.30 Uhr durch den Bürgermeister
Klaus UNTERWEGER statt. Ein Wermutstropfen war das Fehlen des Begründers der
Symposien Karl ODWARKA, der schwer erkrankt ist (auch schon im vergangenen Jahr
nicht mehr teilnehmen konnte und inzwischen leider verstorben ist, zum Nachruf). Der Höhepunkt war der Freitagabend, an dem
das 25. Jubiläum „offiziell“ gefeiert wurde. Zwei Teilnehmer hatten auch am
ersten Symposium im Jahre 1986 teilgenommen (Guntram PLANGG, Universität
Innsbruck und Heinz-Dieter POHL, Universität Klagenfurt), zwei weitere
Teilnehmer der ersten Stunde fehlten: der „Erfinder“ Karl ODWARKA (University of Northern Iowa, USA) und Willi
MAYERTHALER († 2002, Universität Klagenfurt). Ein Jahr später nahm Otto KRONSTEINER
(Universität Salzburg) erstmals teil und ab 1992 Peter ANREITER (Universität
Innsbruck), der auch zunehmend in die Organisation und Planung eingebunden war.
Diese erhielten (zusammen mit einigen weiteren langjährigen Teilnehmern) vom
Bürgermeister ein Geschenk zur Erinnerung an diesen Abend; darüber hinaus
bekamen alle Teilnehmer/innen ein kleine Gabe mit Produkten der Kalser Bauern.
Am Samstagabend gab es ein üppiges Büffet zum Abschied. Für das leibliche Wohl
aller Teilnehmer sorgten wie immer KK (das „Kalser Kaffeehaus“) und der
Ködnitzhof (dieser richtete heuer auch das Abschiedsbüffet aus).
Als wir (Karl ODWARKA, mein Kollege Willi MAYERTHALER
und ich) uns im Juni 1986 zum ersten Mal in Kals zu einem namenkundlichen
Symposium einfanden, sahen wir dies eher als einen Meinungsaustausch unter
Fachleuten im Zusammenhang mit einer geplanten Erhebung aller Kalser Flurnamen
und systematischer Erforschung der österreichischen Bergnamen. Karl ODWARKA
legte damals eine Liste mit einigen hundert Flurnamen aus den oberen
Abschnitten des Kalser Tales (v.a. Dorfer und Ködnitz-Tal) vor, ich ein
Verzeichnis der gängigen Bergappellativa. Dazu bereiteten wir selbst einige
Vorträge vor, weitere Vorträge steuerten einige anderen Kollegen bei. Wir
führten damals interessante Gespräche, auch mit Einheimischen, diskutierten
über die Herkunft der Flurnamen und beschlossen unsere Ergebnisse zu
publizieren. Dazu stellte uns Otto KRONSTEINER die von ihm 1973 gegründete (und
seit 1989 von mir herausgegebene) Zeitschrift „Österreichische Namenforschung“
zur Verfügung, in der laufend Artikel zum Kalser Namengut erschienen sowie die
Druckfassungen der in Kals gehaltenen Vorträge. Und dies nicht nur im ersten
Jahr, sondern auch in den Folgejahren. 2004 erschien als Sonderband das „Kalser
Namenbuch“.
1986 war also der Beginn der Kalser Namenkundlichen
Symposien, deren Erfolg damals noch nicht abzusehen war. Sie fanden wiederholt
auch das Interesse der einheimischen Bevölkerung. Fanden die ersten Symposien
beim „Oberwirt“ statt, wechselten wir dann in den Ködnitzhof und seit Mitte der
90er Jahre finden sie im Gemeindesaal statt. Die Teilnehmer/innen kamen aus
Österreich, Deutschland, Italien, Slowenien, Tschechien, der Slowakei, Polen,
Bulgarien und den USA. Unter ihnen finden sich – außer den heuer anwesenden –
in Fachkreisen allgemein bekannte Persönlichkeiten wie Maria HORNUNG, Baldur panzer, Herbert PENZL, Rudolf šrámek, Jože Toporišič, Peter WIESINGER u.v.a. Eine wichtige Rolle
spielten die Kalser Symposien hinsichtlich der Herstellung von Kontakten für
Forschungsprojekte, von denen hier ALPKULTUR
(Kulturhistorische Namendokumentation im Alpenraum – Die Berg- und Almnamen
Osttirols) und das „Historische Osttiroler Siedlungsnamenbuch“ genannt seien.
Beide stehen unter der Leitung von Isolde HAUSNER, Mitverfasserin des
„Altdeutschen Namenbuchs“, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Österreichische
Dialekt- und Namenlexika (DINAMLEX). Weiters seien die beiden an der
Universität Innsbruck angesiedelten Forschungsprojekte „Flurnamendokumentation im Bundesland Tirol“ (Christian CHAPMAN,
Bernhard MERTELSEDER, Gerhard RAMPL) und „HiMAT:
The History of Mining Activities in the Tyrol“ (unter der Leitung von Peter
ANREITER) genannt. An all diesen Projekten (und mehreren anderen) arbeiten auch
Teilnehmer/innen an den Kalser Namenkundlichen Symposien mit, z.T. in leitender
Funktion. Erwähnt sei auch die Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Hohe Tauern,
der das „Kalser Namenbuch“ gefördert und die Initiative zum namenkundlichen
Führer „Die Bergnamen der Hohen Tauern“ (Heinz-Dieter POHL, hg. vom
Österreichischen Alpenverein) gesetzt hat.
25 Jahre Kalser
Namenkundliche Symposien sind also auch 25 Jahre erfolgreiche Namenforschung
seitens namhafter Onomasten. Und man freut sich bereits heute auf das 26.
Symposium im nächsten Jahr.
Zurück
zu Kals: http://members.chello.at/heinz.pohl/Tagung_Kals_2010.htm
Zurück
zur Österreichischen Namenforschung
Zurück
zur Universität Klagenfurt: http://wwwg.uni-klu.ac.at/spw/oenf/
Zur
Programmübersicht hier klicken